Gallensäuren

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Gallensäuren werden körpereigene Steroide aus der Leber bezeichnet, die in der Fettverdauung emulgierend auf Lipide wirken. Gallensäuren werden im Darm zu einem Großteil in die Leber rückresorbiert. Wenn diese Rückresorption zum Beispiel durch Entzündungen gestört ist, stellt sich das Gallensäureverlustsyndrom ein.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Gallensäuren?

Wenn das Verhältnis von Gallensäure zu Cholesterin in der Gallenblase weniger als 13:1 beträgt, kann Cholesterin ausfallen. Dieses Phänomen hat die Bildung von Gallensteinen zur Folge, die auch als Cholesterinsteine bezeichnet werden.
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Gallensäuren sind körpereigene Steroide, die als Endprodukte des Cholesterinstoffwechsels unersetzlich sind und einen wichtigen Bestandteil der Galle bilden. Sie spielen als Derivate des Cholesterins vor allem bei der Fettverdauung und der Resorption von Lipiden eine Rolle. Die Leber stellt Gallensäuren in ihren Hepatozyten aus dem Ausgangsstoff Cholesterin her. Dazu finden Hydroxylierungsreaktionen und oxidative Verkürzungen statt.

Chenodesoxycholsäure und Cholsäure sind die einzigen primären Gallensäuren des menschlichen Körpers. Konjugierte Gallensäuren werden auch als Gallensalze oder sekundäre Gallensäuren bezeichnet. Rund 200 bis 500 Milligramm Gallensäure werden bei einem gesunden Menschen Tag für Tag in der Leber synthetisiert und bei Bedarf in den Darm abgegeben. Gallensäuren nehmen am enterohepatischen Kreislauf teil und werden somit mehrmals wiederverwendet. Sie zirkulieren zwischen Leber und Darm, wo sie in die Leber rückresorbiert werden. Ihre Rückresorption findet im Krummdarm statt.

Anatomie & Aufbau

Gallensäuren sind ein wichtiger Bestandteil der Gallenflüssigkeit, die zu einem Großteil aus Wasser besteht. Cholsäure ist eine primäre Gallensäure. In der Galle liegen diese Säuren nicht frei vor. Sie werden in der Leber zuerst mit Glycin oder Taurin konjugiert, sodass Amide entstehen. Die Konjugierung ergibt Tauro- und Glykocholsäuren, die auch Tauro- und Glykocholat genannt werden. Diese Stoffe sind die Anionen der Cholsäure und werden auch Gallensalze genannt.

Sie werden in der Gallenblase zwischengelagert. Über die Vater-Pupille und die Gallengänge gelangen die Gallensalze in pulsierenden Bewegungen in den Zwölffingerdarm. Es kommt zu einer bakteriellen Aufspaltung des eingelagerten Glycins und Taurins. Bei dieser Aufspaltung wird die Hydroxylgruppe an der Seitenkette entfernt, sodass Desoxycholsäuren entstehen. Diese Desoxycholsäuren werden auch als sekundäre Gallensäuren bezeichnet. Rückresorbiert werden die primären und sekundären Gallensäuren im terminalen Krummdarm etwa sechs bis zehn Mal.

Funktion & Aufgaben

Gallensäuren sind sowohl in Wasser, als auch in Fetten löslich. Nach dem Essen werden sie aus der Galle bei Bedarf in den Dünndarm abgegeben. Sie stabilisieren dort Emulsionen, also Gemische aus nicht mischbaren Substanzen. Das heißt, dass sie speziell auf Nahrungsfette emulgierend wirken, weil sie mit ihnen Micellen ausbilden. Sie setzen die Oberflächenspannung von Wassers herab und emulgieren im Darm wasserunlösliche Komponenten, wie es die Lipide sind. Damit vergrößern sie die Angreifbarkeit der Fette für Enzyme und schaffen so ideale Voraussetzungen für die Resorption.

Insbesondere ermöglichen die Gallensäuren die Zersetzung der Fette durch das wasserlösliche Enzym Lipase. Dank der Gallensäuren kann der menschliche Körper außerdem überschüssiges Cholesterin ausscheiden. Die Gruppe der primären Gallensäuren besteht aus Cholsäure und Chenodesoxycholsäure, die nach der Erfüllung ihrer Aufgaben zu rund 95 Prozent wieder rückresorbiert werden. Sekundäre Gallensäuren sind alle Produkte der primären Gallensäuren, die durch leberexterne Prozesse generiert werden. Die Rückresorption der Gallensäuren erfolgt durch ionische und nichtionische Diffusion.

Der Rücktransport ins Blut der Pfortader erfolgt über die basolaterale Membran durch Anionenaustauscher und zytosolische Transportproteine. Etwa 0,6 Gramm Gallensäure geht täglich über den Stuhl verloren. Dieser Verlust wird über die Cholesterinbiosynthese in der Leber wieder ausgeglichen. Die sekundäre Gallensäure Desoxycholsäure ist den Steroidhormone strukturverwandt. Daher bestehen für sekundäre Gallensäuren Spekulationen über ihre Beteiligung am Hormonhaushalt. Vor allem über eine antagonistische Wechselwirkung mit Glucocorticoiden wird spekuliert.


Krankheiten

Wenn das Verhältnis von Gallensäure zu Cholesterin in der Gallenblase weniger als 13:1 beträgt, kann Cholesterin ausfallen. Dieses Phänomen hat die Bildung von Gallensteinen zur Folge, die auch als Cholesterinsteine bezeichnet werden. In vielen Fällen machen Gallensteine keine Beschwerden und bleiben so lange unbemerkt. Wenn sich die Steine einklemmen, verursachen sie in der Regel Koliken oder Entzündungen und müssen deshalb entfernt werden. Die Gallenflüssigkeit kann sich durch Gallensteine in den Gallengängen aufstauen. Im Blut liegt dann eine erhöhte Konzentration des Gallensäurewerts vor.

Zu einer vermehrten Bildung von Gallensäure kommt es dagegen bei Dickdarmkrebs. Ein anderes Phänomen liegt vor, wenn Teile des Dünndarms entfernt werden oder regelmäßig von chronischen Entzündungen befallen sind. So werden die Gallensalze nicht mehr ausreichend rückresorbiert, denn zu 98 Prozent findet die Rückresorption im Dünndarm statt. Nach der Entfernung von Darmteilen oder bei einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn leiden die Patienten daher an einer gestörten Fettverdauung. Der Großteil der Gallensalze wird nicht mehr rückresorbiert, sondern über den Stuhl ausgeschieden.

Dieses Phänomen macht sich in Fettstühlen mit großem Volumen bemerkbar, die auch als chologene Diarrhoe bezeichnet werden. Gallensäure gelangt in den Dickdarm, den sie durch die Prozesse der Rückresorption eigentlich nicht erreichen sollte. Dieses Gallensäureverlustsyndrom kann den Darm reizen und das Risiko für Darmkrebs erhöhen. In der Regel ist das Gallensäureverlustsyndrom vor allem eine Folge von Schäden an der Bauhin´schen Klappe. Wenn die Gallenwerte im Blut erniedrigt sind, kann außerdem eine Lebererkrankung vorliegen. Bei Leberschädigungen durch Alkoholismus synthetisieren die Leberzellen zum Beispiel deutlich weniger Gallensäuren.

Quellen

  • Lang, F., et al.: Basiswissen Physiologie. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2007
  • Lohr, M., Keppler, B. (Hrsg.): Innere Medizin – Kompendium für Studium und Klinik. Urban & Fischer, München 2005
  • Schünke, M., et al.: PROMETHEUS Innere Organe. LernAtlas Anatomie. Thieme, Stuttgart 2018

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