Chenodesoxycholsäure

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 29. Juli 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Chenodesoxycholsäure zählt zu den sogenannten primären Gallensäuren, also Endprodukten des menschlichen Cholesterinhaushalts. Die Säure wird in der Leber aus Cholesterin gebildet und funktioniert als Emulgator, der Fette Lipasen zugänglich macht. Sie kann in Arzneien zur Regulierung des Cholesterinhaushalts sowie dem Abbau von Cholesterin-Gallensteinen zum Einsatz kommen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Chenodesoxycholsäure

Innerhalb des menschlichen Körpers ist Chenodesoxycholsäure für die Emulgierung von Nahrungsfetten zuständig. Dieser Prozess findet im Dünndarm statt.
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Bei Chenodesoxycholsäure handelt es sich neben Cholsäure um die wichtigste primäre Gallensäure des Menschen. Unter dem Begriff der Gallensäure werden verschiedene Endprodukte des menschlichen Cholesterinhaushalts zusammengefasst. Ihnen gemein ist, dass sie der Verdauung und Resorption von Fett dienen und zur Gruppe der Steroide gehören.

In der Chemie wird Chenodesoxycholsäure durch die allgemeine Summenformel der primären Gallensäure beschrieben. Diese lautete C 24 – H 40 – O 4, was einer moralen Masse von in etwa 392,57 g/mol entspricht.

Chenodesoxycholsäure findet sich in Form der typischen Struktur eines Steroides. Dementsprechend setzt sich die Säure aus einem Steroid mit einem Cyclopentanoperhydrophenanthren-Ring sowie einem zusätzlichen aromatischen Ring zusammen. Das Grundgerüst von Chenodesoxycholsäure besteht aus Steran, was wiederum eine Besonderheit sämtlicher Steroide ist.

Bei normaler Raumtemperatur liegt Chenodesoxycholsäure als Feststoff vor. Es wird als weißes, kristallines Pulver beschrieben, das manchmal auch weißgelblich sein kann. Der Schmelzpunkt der Säure wird in der medizinischen Fachliteratur zwischen 165 Grad Celsius und 167 Grad Celsius festgesetzt.

In Arzneimitteln kommt Chenodesoxycholsäure zum Einsatz, um den Cholesterinhaushalt zu regeln oder Cholesteringallensteine zu lösen.

Pharmakologische Wirkung auf Körper & Organe

Die Funktion von Chenodesoxycholsäure besteht darin, die Emulgierung von Fetten im menschlichen Dünndarm sicherzustellen. Unter Emulgierung wird der Prozess verstanden, bei dem zwei nicht mischbare Flüssigkeiten ein zerstreubares System bilden.

Chenodesoxycholsäure sorgt für eine Aufbereitung der Nahrungsfette innerhalb des menschlichen Körpers. Die Säure ermöglicht damit die Zugänglichmachung von Nahrungsfetten.

Die Biosynthese von Chenodesoxycholsäure erfolgt in der Leber, genauer gesagt in den Hepatozyten des Organs. Ausgangsprodukt von Chenodesoxycholsäure ist Cholesterin. Dieses wird durch einen komplexen Prozess synthetisiert. Hierbei wird es in diversen Oxidationen sowie Hydroxylierungen der seitlichen Ketten zunächst in Pregnenolon umgewandelt. Dieses stellt allerdings ein bloßes Zwischenprodukt dar, das erst im Anschluss zu vollständig verwertbarer Chenodesoxycholsäure synthetisiert wird.

Medizinische Anwendung & Verwendung zur Behandlung & Vorbeugung

Innerhalb des menschlichen Körpers ist Chenodesoxycholsäure für die Emulgierung von Nahrungsfetten zuständig. Dieser Prozess findet im Dünndarm statt. Durch die Säure werden die Moleküle des Nahrungsfettes für bestimmte Lipasen zugänglich gemacht. Die Lipasen sind für die enzymatische Aufbereitung der Fette zuständig.

Im Anschluss an die Zugänglichmachung der Fette wird eine große Menge der Gallensäure wieder in den Dickdarm zurückversetzt, also rückresorbiert. Von dort aus erfolgt ein Weitertransport hin zur Leber. Dies geschieht durch den sogenannten enterohepatischen Kreislauf. Hierbei handelt es sich um einen Zirkulationsfluss diverser Substanzen, der sich von der Leber über Gallenblase und Darm zurück zur Leber erstreckt.

Chenodesoxycholsäure kann – ebenso wie andere Gallensäuren wie z. B. Dehydrocholsäure – als Arzneistoff verwendet werden. Sinn und Zweck dieser medizinischen Behandlung ist die Anregung der Gallesekretion. Auch existieren chenodesoxycholsäurehaltige Präparate, die für die Auflösung von Colesteringallensteinen sorgen.

Als Wirkstoff wird die Säure typischerweise in Form von Filmtabletten oder Hartkapseln verabreicht. Die Einnahme erfolgt in jedem Fall oral durch den Patienten. Sie bedarf der vorherigen Verordnung durch den behandelnden Arzt, da sämtliche Präparate der Apotheken- und Verschreibungspflicht unterliegen, also nicht im freien Verkauf erhältlich sind.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Chenodesoxycholsäure, einem Medikament zur Behandlung von Gallensäurestörungen und zur Auflösung bestimmter Gallensteine, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten.

Die übliche Anfangsdosis von Chenodesoxycholsäure liegt bei Erwachsenen bei etwa 13-16 mg pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag, aufgeteilt in zwei bis drei Einzeldosen. Die genaue Dosierung kann je nach individuellem Bedarf und Ansprechen auf die Therapie angepasst werden. Die Einnahme sollte zusammen mit den Mahlzeiten erfolgen, um die Absorption und Verträglichkeit zu verbessern.

Patienten sollten regelmäßig überwacht werden, um die Wirksamkeit der Behandlung und mögliche Nebenwirkungen zu überprüfen. Bluttests zur Überwachung der Leberfunktion und Cholesterinwerte sind besonders wichtig, da Chenodesoxycholsäure die Leber belasten und die Cholesterinwerte beeinflussen kann. Bei Anzeichen von Leberfunktionsstörungen oder anhaltenden Nebenwirkungen sollte die Dosierung angepasst oder die Behandlung abgebrochen werden.

Kontraindikationen umfassen bekannte Überempfindlichkeit gegen Chenodesoxycholsäure, Leberzirrhose, schwere Lebererkrankungen und entzündliche Darmerkrankungen. Schwangere und stillende Frauen sollten Chenodesoxycholsäure nur nach sorgfältiger Abwägung der Risiken und Vorteile durch einen Arzt einnehmen.

Nebenwirkungen können Durchfall, Bauchschmerzen, Übelkeit und erhöhte Leberwerte umfassen. Bei Auftreten von schweren Nebenwirkungen sollte ein Arzt konsultiert werden. Patienten sollten auch auf Anzeichen einer Überdosierung achten, wie starke Durchfälle und elektrolytische Ungleichgewichte, und in solchen Fällen sofort ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

Risiken & Nebenwirkungen

Bei der Einnahme von Chenodesoxycholsäure ist auf das Auftreten von potenziellen Wechselwirkungen zu achten. Präparate, die Chenodesoxycholsäure als Wirkstoff enthalten, dürfen deshalb nicht gleichzeitig mit Aluminium- oder Smektit-haltigen Medikamenten eingenommen werden. Auch während der Einnahme von Colestipol oder Colestyramin sowie anderen Wirkstoffen, die Einfluss auf den Cholesteringehalt haben, sollte Chenodesoxycholsäure nicht eingenommen werden.

In der Regel gelten Arzneistoffe, die Chenodesoxycholsäure enthalten, als gut verträglich. Denkbar ist es jedoch, dass es bei Patienten nach der Einnahme zu weichem Stuhlgang oder Durchfall kommt. Auch Veränderungen der Leberwerte sind denkbar. Die Nebenwirkungen enden in der Regel nach der Behandlung. Sie sind also nicht dauerhaft.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Chenodesoxycholsäure umfassen mehrere medizinische Bedingungen und Situationen, bei denen das Medikament nicht sicher angewendet werden kann.

Lebererkrankungen: Patienten mit aktiven Lebererkrankungen wie Leberzirrhose oder anderen schwerwiegenden Leberfunktionsstörungen sollten Chenodesoxycholsäure nicht einnehmen. Das Medikament kann die Leber weiter belasten und zu einer Verschlechterung der Leberfunktion führen.

Entzündliche Darmerkrankungen: Personen mit entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sollten Chenodesoxycholsäure meiden. Das Medikament kann die Symptome dieser Erkrankungen verschlimmern und die Schleimhaut des Magen-Darm-Trakts weiter irritieren.

Überempfindlichkeit: Eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Chenodesoxycholsäure oder einen der Bestandteile des Medikaments stellt eine klare Kontraindikation dar. Allergische Reaktionen können schwerwiegend sein und erfordern das sofortige Absetzen des Medikaments.

Schwangerschaft und Stillzeit: Schwangere Frauen und stillende Mütter sollten Chenodesoxycholsäure nur nach sorgfältiger Abwägung der Risiken und Vorteile und unter ärztlicher Aufsicht einnehmen. Das Medikament kann potenziell schädliche Auswirkungen auf den Fötus oder das gestillte Kind haben.

Gallenblasenprobleme: Patienten mit akuten Gallenblasenentzündungen oder Gallenwegsobstruktionen sollten das Medikament nicht verwenden. Chenodesoxycholsäure kann die Bewegungen der Gallenblase beeinflussen und die Symptome verschlimmern.

Kinder und Jugendliche: Die Sicherheit und Wirksamkeit von Chenodesoxycholsäure bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist nicht ausreichend untersucht. Daher sollte das Medikament in dieser Altersgruppe mit Vorsicht und nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden.

Insgesamt ist es wichtig, vor der Einnahme von Chenodesoxycholsäure eine gründliche medizinische Anamnese durchzuführen und alle potenziellen Kontraindikationen zu berücksichtigen, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Chenodesoxycholsäure kann mit verschiedenen anderen Medikamenten interagieren, was die Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung beeinflussen kann. Hier sind einige wichtige Interaktionen zu beachten:

Gallensäurebindende Mittel: Medikamente wie Cholestyramin und Colestipol, die zur Bindung von Gallensäuren verwendet werden, können die Wirksamkeit von Chenodesoxycholsäure verringern, indem sie deren Absorption im Darm verhindern. Daher sollte zwischen der Einnahme dieser Medikamente und Chenodesoxycholsäure ein zeitlicher Abstand von mindestens vier Stunden eingehalten werden.

Aluminiumhaltige Antazida: Antazida, die Aluminium enthalten, können die Aufnahme von Chenodesoxycholsäure beeinträchtigen. Es wird empfohlen, diese Antazida zu vermeiden oder zumindest nicht gleichzeitig mit Chenodesoxycholsäure einzunehmen.

Lipidsenker: Medikamente wie Clofibrat, die zur Senkung des Cholesterinspiegels eingesetzt werden, können die Konzentration von Chenodesoxycholsäure im Blut erhöhen und das Risiko von Nebenwirkungen verstärken. Eine regelmäßige Überwachung der Blutwerte ist daher wichtig.

Östrogenhaltige Medikamente: Hormontherapien und orale Kontrazeptiva, die Östrogen enthalten, können die Bildung von Cholesterinsteinen fördern und somit die Wirksamkeit von Chenodesoxycholsäure bei der Auflösung von Gallensteinen beeinträchtigen.

Neomycin: Dieses Antibiotikum kann die Absorption und den Stoffwechsel von Chenodesoxycholsäure beeinflussen, was zu veränderten Plasmakonzentrationen führen kann. Eine enge Überwachung und mögliche Dosisanpassung können erforderlich sein.

Warfarin und andere Antikoagulantien: Die gleichzeitige Anwendung von Chenodesoxycholsäure und Antikoagulantien wie Warfarin kann die Wirkung dieser Blutverdünner verstärken, was das Blutungsrisiko erhöht. Es ist wichtig, die Gerinnungswerte regelmäßig zu überwachen und gegebenenfalls die Dosierung der Antikoagulantien anzupassen.

Diese Interaktionen unterstreichen die Bedeutung einer sorgfältigen Medikamentenanamnese und Überwachung durch den behandelnden Arzt, um unerwünschte Wirkungen und Therapiekomplikationen zu vermeiden.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Chenodesoxycholsäure nicht vertragen wird, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, um Gallensäurestörungen oder Gallensteine zu behandeln.

Ursodesoxycholsäure (UDCA): Ursodesoxycholsäure ist eine häufig verwendete Alternative zu Chenodesoxycholsäure. Sie hilft, Gallensteine aufzulösen und die Leberfunktion bei bestimmten Lebererkrankungen zu verbessern. UDCA wird oft besser vertragen und hat ein günstigeres Nebenwirkungsprofil.

Cholezystektomie: Bei Patienten mit symptomatischen Gallensteinen oder Gallenblasenentzündungen kann eine chirurgische Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie) eine dauerhafte Lösung bieten. Dieser Eingriff wird in der Regel minimalinvasiv durchgeführt und hat eine hohe Erfolgsrate bei der Linderung von Gallenblasenbeschwerden.

Lithotripsie: Diese nicht-invasive Methode verwendet Stoßwellen, um Gallensteine in kleinere Fragmente zu zertrümmern, die dann leichter über den Darm ausgeschieden werden können. Lithotripsie wird selten eingesetzt und ist in bestimmten Fällen von Gallensteinen indiziert.

Diät- und Lebensstiländerungen: Eine fettarme Diät, regelmäßige Bewegung und Gewichtsreduktion können helfen, die Bildung von Gallensteinen zu verhindern und Symptome zu lindern. Eine gesunde Ernährung mit hohem Ballaststoffgehalt kann ebenfalls die Gallenblasenfunktion unterstützen.

Gallensäurebindende Mittel: In bestimmten Fällen können Medikamente wie Cholestyramin verwendet werden, um die Gallensäuren im Darm zu binden und deren Wirkung zu neutralisieren. Diese Medikamente sind jedoch eher für die Behandlung von Juckreiz bei Lebererkrankungen geeignet.

Phytotherapeutika: Einige pflanzliche Präparate, wie Artischockenextrakt und Mariendistel, können die Gallenblasenfunktion unterstützen und die Verdauung fördern. Ihre Wirksamkeit variiert und sollte mit einem Arzt besprochen werden.

Die Wahl der geeigneten Alternative hängt von den spezifischen medizinischen Bedürfnissen und der individuellen Verträglichkeit des Patienten ab. Es ist wichtig, alle Optionen mit einem Arzt zu besprechen, um die beste Behandlungsstrategie zu finden.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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