Gastroschisis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Gastroschisis ist eine Fehlbildung der kindlichen Bauchdecke, die bereits im Mutterleib entsteht. Durch noch nicht geklärte Ursachen spaltet sich die Bauchwand und innere Organe dringen nach draußen. Die Therapie der Erkrankung muss sofort nach der Geburt erfolgen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Gastroschisis?

Mittels Ultraschalluntersuchung (Sonografie) lässt sich die Gastroschisis mit großer Sicherheit (90%) bereits ab der 16. Schwangerschaftswoche feststellen, manchmal sogar früher.
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Gastroschisis ist ein Bauchwanddefekt, der bereits vor der Geburt (pränatal) entsteht. Der Begriff kommt aus dem Griechischen von gastro = Bauch, Magen und s-chismà = Spaltung und wird daher Bauchspalte genannt.

Bei der Gastroschisis bildet sich schon in der frühen Schwangerschaft in der Bauchwand des Fötus, meist rechts vom Nabel, eine Spalte von etwa 2-3 cm, durch die innere Organe nach außen dringen. In den meisten Fällen drückt sich der Darm durch die Bauchöffnung und liegt im Fruchtwasser. Es können aber auch andere Organe, wie Leber oder Magen durch die Spalte aus dem Bauchraum fallen.

Weil der Darm dann frei im Fruchtwasser schwimmt und keine Begrenzungen durch die Bauchwand erfährt, entwickelt er sich nicht normal. Die Darmschlingen erweitern sich und das Organ wird größer, als er es sein sollte. Außerdem kann es zu Verdrehungen des Darmes kommen und infolgedessen zu Durchblutungsstörungen, durch die im schlimmsten Fall Gewebe abstirbt. Die Gastroschisis kommt eher selten vor, allerdings wurde in den letzten Jahren ein Anstieg der Häufigkeit beobachtet.

Ursachen

Es gibt keine eindeutige Erklärung für die Entstehung der Gastroschisis. Es existieren verschiedene Theorien. Ein Erklärungsansatz geht davon aus, dass die rechte Nabelvene, ein Gefäß, das nur am Anfang der Schwangerschaft vorhanden ist und sich später zurückbildet, für die Erkrankung verantwortlich ist. Die Aufgabe dieser Vene ist die Ernährung der Bauchwand. Bildet sie sich zu früh zurück, wird die Bauchwand unterversorgt, Gewebe stirbt ab und der Defekt entsteht.

Da etwa zeitgleich das Wachstum des Darmes beginnt, drückt sich dieser durch die Öffnung aus dem Körper. Diese These würde auch erklären, warum die Gastroschisis meist rechts neben dem Nabel auftritt. Eine andere Theorie vermutet, dass der Verschluss einer rechtsseitig liegenden Arterie zu einer Art Gewebeinfarkt führt und die Spaltung verursacht.

Eine dritte These geht davon aus, dass eine Störung Gefäßfehlbildungen hervorruft und dadurch die Bauchwand sich nicht schließt. Zuletzt existiert noch die Meinung, dass die Gastroschisis durch einen Riss der Membran um die Nabelschnur entstehen kann.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Gastroschisis zeigt sich durch eine Bauchspalte, die sofort während und nach der Geburt des Kindes festgestellt wird. Aus dieser Bauchspalte treten im Wesentlichen Teile des Darms nach außen. Das können sowohl Teile des Dick- als auch des Dünndarms sein. Vor der Geburt kann die Gastroschisis durch Ultraschall festgestellt werden.

Während der Darm vor der Geburt noch geschützt ist, kommt es danach zu schweren und mitunter tödlichen Komplikationen. Die außerhalb des Bauchraums befindlichen Darmschlingen sind ungeschützt und daher sehr anfällig für Infektionen. Die Infektionen entwickeln sich leicht zu einer Bauchfellentzündung, die oft einen sehr schwerwiegenden Verlauf nimmt. Des Weiteren kann sich auch eine bedrohliche Darmentzündung ausbilden, die zum Absterben von Teilen des Darms führt.

Die außen liegenden Darmschlingen lagern außerdem Flüssigkeit ein und erscheinen daher angeschwollen. Durch die Bildung von Fibrin können auch Darmteile miteinander verkleben. Schließlich kann es auch zu einem Darmverschluss kommen, bei welchem große Teile des Darms absterben. Ohne Behandlung verläuft eine Gastroschisis beim Neugeborenen aufgrund der genannten Komplikationen tödlich.

Allerdings ist die Erkrankung operativ leicht zu behandeln. Der Heilungsprozess kann sich zwar mehrere Wochen oder Monate hinziehen. In der Regel heilt dann die Gastroschisis jedoch vollständig aus. In einigen Fällen gibt es allerdings Begleitfehlbildungen wie Verengungen oder Atresien im Darm, die unbedingt auch behandelt werden müssen.

Diagnose & Verlauf

Mittels Ultraschalluntersuchung (Sonografie) lässt sich die Gastroschisis mit großer Sicherheit (90%) bereits ab der 16. Schwangerschaftswoche feststellen, manchmal sogar früher. Auch die Größe des Defekts, wie viel des Darms oder welche anderen Organe aus dem Bauchraum ausgetreten sind, lässt sich durch Sonografie gut erkennen.

Bei Verdacht auf Gastroschisis durch den Ultraschallbefund wird oft zur weiteren Abklärung eine Fruchtwasseruntersuchung durchgeführt. Hierbei kann ein erhöhter AFP-Wert (AFP ist ein Protein) im Fruchtwasser ein weiterer Hinweis auf die Erkrankung sein, gilt aber nicht als Beweis. Durch den Defekt in der Bauchwand fallen die inneren Organe, insbesondere Teile des Darms, in die Fruchthöhle und schwimmen frei im Fruchtwasser.

Die Darmschlingen wachsen aufgrund fehlender Begrenzung stark an und sind aufgequollen (ödematös). Ist der Darm verdreht, kann es zu Durchblutungsstörungen und dadurch zum Absterben von Darmgewebe kommen. Außerdem wird das Fruchtwasser durch die Ausscheidungen des Fötus belastet.

In spezialisierten Kliniken wird, in seltenen Fällen, bei zu hoher Konzentration der Abfallstoffe, ein Austausch von Fruchtwasser vorgenommen. Die Gastroschisis muss während der Schwangerschaft engmaschig überwacht werden. Dabei wird immer sowohl die Reife des Kindes im Blick behalten als auch das Ausmaß der Organschädigung.

Komplikationen

Durch die Gastroschisis kann es im schlimmsten Fall zum Tode des Kindes kommen, wenn die Krankheit nicht direkt nach der Geburt behandelt wird. In den meisten Fällen ist allerdings eine sehr frühe Diagnose möglich, sodass mit der Behandlung direkt nach der Geburt begonnen werden kann. Damit können Folgeschäden und weitere Komplikationen vermieden werden.

Sollte es zu einer Verdrehung des Darms kommen, kann das Darmgewebe absterben, da es nicht mehr richtig durchblutet wird. Ebenso können auch andere Organe beschädigt werden. Die Schädigung hängt dabei stark von der Ausprägung der Gastroschisis ab. In der Regel sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig, um die Schäden dauerhaft zu beobachten.

Bei der Behandlung erfolgt in den meisten Fällen ein operativer Eingriff. Bei diesem Eingriff wird der Darm wieder zurückgedreht, damit es zu keinen Komplikationen und nicht zum Absterben des Gewebes kommt. Ebenso müssen gegebenenfalls andere Schäden an Organen untersucht und auch behandelt werden. In den meisten Fällen kommt es zu einem positiven Krankheitsverlauf des Kindes, wenn die Behandlung sofort nach der Geburt erfolgt. Weitere Komplikationen treten dabei nicht auf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Werdende Mütter sollten grundsätzlich an angebotenen Schwangerschaftsuntersuchungen teilnehmen. Bei den medizinischen Kontrollen können eine Vielzahl von Unregelmäßigkeiten oder Erkrankungen des ungeborenen Kindes festgestellt werden. Im zweiten Trimester kann die Gastroschisis bereits sicher von einem Frauenarzt diagnostiziert werden. Daher ist es ratsam, insbesondere die Möglichkeiten der Ultraschalluntersuchungen ab diesem Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen. Erfolgt eine stationäre Geburt, werden routiniert direkt nach der Niederkunft verschiedene Untersuchungen von Mutter und Kind durchgeführt.

Ein Eingreifen der Angehörigen ist daher in den meisten Fällen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr notwendig. Oftmals erfolgt aufgrund der erkannten Gastroschisis ein Kaiserschnitt, so dass in der Klinik eine unverzügliche medizinische Versorgung des Kindes stattfindet. Findet eine unplanmäßige Hausgeburt statt, ist bereits während der Geburt ein Arzt für einen Hausbesuch einzubestellen oder der Rettungsdienst zu informieren. Auch wenn die Erkrankung nicht während der Schwangerschaft bemerkt wurde, ist in jedem Fall unmittelbar nach einer Hausgeburt ein Arzt aufzusuchen.

Generell sollte eine Schwangere einen Arzt konsultieren, sobald sie ein diffuses Gefühl hat, dass etwas mit ihrem heranwachsenden Kind nicht stimmen könnte. Abgesehen von der Teilnahme an den Kontrolluntersuchungen ist es wichtig, dass bei wahrgenommenen Unregelmäßigkeiten, einem allgemeinen Krankheitsempfinden oder anderen Auffälligkeiten eine Konsultation des Arztes stattfindet.

Behandlung & Therapie

Die Möglichkeit, die Gastroschisis zu behandeln, setzt erst nach der Geburt ein. Meist wird zu einem Kaiserschnitt (Sectio) geraten, jedoch hat sich in der Praxis nicht eindeutig ein Vorteil gegenüber der normalen vaginalen Geburt gezeigt. Die einzige mögliche Therapie des Defekts ist ein operativer Eingriff, der zeitnah nach der Geburt erfolgen sollte, spätestens 18 Stunden danach. Die erste Versorgung besteht darin, dass ein eventuell verdrehter Darm wieder zurückgedreht (derotiert) wird.

Der Säugling wird auf die Seite gelegt, damit sich keine Gefäße abklemmen. Weiterhin wird der Körper des Kindes in eine sterile Plastikhülle gepackt, damit die außen liegenden Organe nicht austrocknen und der Säugling warm bleibt. Um dem Körper Medikamente und Nahrung zuführen zu können, werden eine Magensonde und ein venöser Zugang gelegt. Während der Operation werden die Organe auf Gewebeschäden untersucht und, falls möglich, in die Bauchhöhle zurückgebracht. Diese Operation wird Primärverschluss genannt.

Sind die Organe aber zu groß, würden sie in der Bauchhöhle des Säuglings nicht genügend Platz finden. Dadurch würde sich ein zu hoher Druck entwickeln, der wiederum auf Gefäße und Organe einwirkt, Durchblutungsstörungen verursacht und das Herz beeinträchtigen kann. In diesem Fall wird ein sogenannter mehrzeitiger Verschluss vorgenommen.

Dabei werden die Organe in einem Beutel über dem Bauchwanddefekt untergebracht. Dieser Beutel wird nach und nach verkleinert, wodurch die Organe langsam in die Bauchhöhle geschoben werden. Zuletzt erfolgt der Verschluss der Bauchhöhle. Diese Methode verhindert den übermäßigen Druckanstieg.

Aussicht & Prognose

Unbehandelt kommt es mit einer Gastroschisis zu einem ungünstigen Krankheitsverlauf. Unmittelbar nach der Geburt muss bei den Patienten eine ausreichende medizinische Versorgung eingeleitet werden, damit das Überleben des Betroffenen gesichert wird.

Obgleich eine Diagnosestellung bereits im Mutterleib möglich ist und durch eine Fruchtwasseruntersuchung erfolgt, kann eine Behandlung erst nach der Niederkunft stattfinden. In einem operativen Eingriff wird eine Korrektur der Fehlbildung vorgenommen. Dadurch wird die Funktionsfähigkeit des Darms hergestellt. Findet die Operation ohne weitere Komplikationen statt, gilt der Patient anschließend als geheilt.

Es erfolgen insbesondere in den ersten Wochen und Monaten des Lebens mehrfache Kontrolluntersuchungen. Dabei werden die Darmtätigkeit sowie die Durchblutung abgeklärt. Treten keinerlei Beschwerden auf, werden keine weiteren Maßnahmen benötigt.

Bei Komplikationen oder Entzündungen im Bauchraum kommt es zu einer Verzögerung des Heilungsprozesses. Der Säugling wird in schweren Fällen weiter stationär behandelt, bis der Gesundheitszustand stabil ist, so dass keine Gerätschaften benötigt werden. Es kann zu Gewebeschäden kommen oder eine Magensonde wird verlegt. Nur in sehr seltenen Fällen sind die Schäden der Organe in einem so starken Ausmaß, dass weitere Eingriffe notwendig sind. Wahrscheinlicher ist der Einsatz eines Beutels, der zur Positionierung und Verschiebung der Organe an deren Bestimmungsort genutzt wird.


Vorbeugung

Vorbeugemaßnahmen gegen die Gastroschisis existieren nicht. Allerdings ist eine frühzeitige Diagnosestellung wichtig. Dadurch können die Entwicklung des Kindes und die Ausprägung der Erkrankung überwacht werden, was schließlich den Erfolg der postnatalen Behandlung erhöht.

Nachsorge

Eine Gastroschisis kann nicht durch Maßnahmen der Nachsorge behandelt werden. Dabei ist der Betroffene auf eine direkte und vor allem auf eine frühzeitige Behandlung angewiesen, um weitere Beschwerden oder sogar den Tod des Kindes zu vermeiden. Die Behandlung der Gastroschisis erfolgt daher in der Regel direkt nach der Geburt.

Das Kind wird operiert, wobei die Organe wieder an die richtige Position gebracht werden. Meistens kommt es nicht zu besonderen Komplikationen oder zu anderen Beschwerden, falls die Gastroschisis schon vor der Geburt direkt erkannt wird. Die betroffenen Eltern müssen dabei besonders unterstützt werden.

Hierbei ist vor allem die Pflege und die Unterstützung durch Freunde und durch die eigene Familie sehr hilfreich und notwendig. Vor allem eine psychotische Unterstützung kann dabei sinnvoll sein. In schwerwiegenden Fällen oder beim Versterben des Kindes durch die Gastroschisis kann auch eine professionelle, psychologische Beratung aufgesucht werden.

Das Kind muss sich nach dem Eingriff ausruhen und sollte keinen besonderen oder anstrengenden Tätigkeiten ausgesetzt werden. In der Regel sind auch nach dem Eingriff regelmäßige Untersuchungen durch einen Arzt notwendig. Sollte die Behandlung der Gastroschisis erfolgreich verlaufen, so ist in der Regel die Lebenserwartung des Betroffenen nicht verringert.

Das können Sie selbst tun

Nach der Operation sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Kinderarzt angezeigt. Der Mediziner wird den Eltern die genauen Zeitabstände mitteilen und sie außerdem über Gründe für außerordentliche Untersuchungen informieren. Grundsätzlich müssen Kinder, bei denen ein Gastroschisis vorliegt, in den ersten Wochen und Monaten wöchentlich untersucht werden, um eine saubere Wundheilung zu gewährleisten und etwaige Komplikationen frühzeitig zu erkennen.

Im Umgang mit dem Kind sind weitere Hygienemaßnahmen erforderlich. So sollten sämtliche Utensilien (z.B. Fläschchen und Geschirr) und Kleidungsstücke nach der Benutzung ausgekocht werden. Die Operationswunde selbst muss nach Vorgaben des Kinderarztes versorgt werden. Den Eltern empfiehlt sich außerdem eine fachliche Beratung durch einen Spezialisten für frühkindliche Fehlbildungen. Durch umfassende Gespräche kann die Erkrankung besser verstanden und letztlich auch der Umgang damit erleichtert werden.

Sollte die Gastroschisis im späteren Leben Probleme verursachen und beispielsweise Funktionsstörungen des Magen-Darm-Traktes hervorrufen, muss ein Arzt konsultiert werden. Später muss das Kind über die Fehlbildung informiert werden, da es aufgrund der sichtbaren Narben ohnehin Fragen stellen wird. Unter Umständen ist eine begleitende Beratung durch den Arzt oder einen Therapeuten sinnvoll.

Quellen

  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Rodeck, B., Zimmer, K.-P.: Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung. Springer, Heidelberg 2013

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