Gentamicin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Gentamicin ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum. Es ist vor allem gegen gramnegative Bakterien wirksam, kommt aufgrund nephro- und ototoxischer Nebenwirkungen jedoch nur noch in Notfällen systemisch zum Einsatz.
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Was ist Gentamicin?
Gentamicin ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Aminoglycoside, das sich aus mehreren Stoffen, den sogenannten Gentamicinen, zusammensetzt. Es ist somit ein Stoffgemisch. Als Arzneistoff wird das Sulfatsalz des Gentamicins eingesetzt. Die ersten Gentamicine wurden im Bakterienstamm Micrononospora purpurea entdeckt. Die verschiedenen Gentamicine sind sich strukturell sehr ähnlich.
Gentamicin wirkt bakterizid und ist vor allem gegen gramnegative Bakterien, aber auch gegen Staphylokokken wirksam. Es wird systemisch nur noch als Reserveantibiotikum, vor allem bei nosokomialen Infektionen (sog. Krankenhausinfektionen), eingesetzt, da es schwere Nebenwirkungen verursachen kann. Hier sind vor allem die Nephro- und Ototoxizität zu nennen.
Bei topischer Anwendung sind diese möglichen Nebenwirkungen derart unwahrscheinlich, dass sie zu vernachlässigen sind. Aus diesem Grund wird Gentamicin häufig in Augentropfen und Augensalben verwendet.
Pharmakologische Wirkung
Bei einigen Indikationen, vor allem bei den Krankenhausinfektionen (nosokomiale Infektionen) steht allerdings häufig kein anderes Mittel zur Verfügung oder die anderen zur Verfügung stehenden Antibiotika führen zu ähnlichen oder schwereren Nebenwirkungen.
In der Veterinärmedizin wird Gentamicin hingegen sehr häufig verwendet, was vor allem auf den günstigen Preis zurückzuführen ist.
Der Wirkmechanismus des Gentamicins besteht in der Verhinderung des Ablesens der mRNA an den Ribosomen der Bakterien. Dies geschieht durch Bindung an die 30S-Untereinheit der Ribosomen. Kann die mRNA nicht abgelesen werden, wird die Proteinbiosynthese der Bakterien behindert. Liegt eine hohe Konzentration des Gentamicins vor, kann auch die menschliche Proteinbiosynthese beeinflusst werden.
Bei der Applikation des Gentamicins ist darauf zu achten, dass diese oral nicht möglich ist. Gentamicin muss immer parenteral appliziert werden.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Gentamicin wirkt vor allem gegen gramnegative Bakterien, aber auch gegen Staphylokokken. Gegen anaerobe Bakterien ist es nicht wirksam, in saurem und/oder anaerobem Milieu ist Gentamicin weniger wirksam.
Generell ist Gentamicin ein gut wirksames Antibiotikum und könnte somit bei einer Reihe bakterieller Infektionen eingesetzt werden. Da jedoch ein hohes Risiko für schwere Nebenwirkungen besteht, erfolgt der systemische Einsatz des Gentamicins nur in Notfällen. Dabei wird es meist in Kombination mit Beta-Laktam-Antibiotika verwendet.
Indikationen für den Einsatz von Gentamicin stellen eine Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut), schwere Infektionen durch Pseudomonas, Enterokokken, Listerien, Staphylokokken und Enterobakterien sowie Infektionen durch multipel resistente Tuberkulosebakterien dar.
Der systemische Einsatz des Gentamicins muss in jedem Falle streng gegen das Risiko schwerer Nebenwirkungen abgewogen werden. Bei längerer Behandlung muss dieses Abwägen immer wieder stattfinden. Die therapeutische Breite des Gentamicins ist gering: besteht ein erhöhter Plasmaspiegel, steigt das Risiko für nephro- und ototoxische Reaktionen schnell an. Auch mit zunehmender Behandlungsdauer steigt das Risiko, da das Gentamicin sich in der Nierenrinde anreichert. Somit sind eine strenge Indikationsstellung und eine individuell angepasste Dosierung nötig.
Bei topischer Anwendung ist das Risiko für systemische Nebenwirkungen gering. Aus diesem Grund wird Gentamicin häufig in Augentropfen und -salben verwendet.
In der Chirurgie werden teilweise gentamicinhaltige Kugelketten und gentamicinhaltiger Knochenzement verwendet, um postoperative Weichteil- und Knocheninfektionen zu vermeiden. Zudem werden bei verschiedenen Eingriffen gentamicinhaltige Schwämme verwendet. Gentamicin bietet sich hier aufgrund der hohen Hitzeresistenz und des geringen allergenen Potentials an.
Gentamicin kann zudem gegen Morbus Menière eingesetzt werden, ist für diese Verwendung jedoch nicht zugelassen. Der beim Morbus Menière auftretende Schwindel kann durch Gentamicin behandelt werden, da Gentamicin aufgrund seiner Ototoxizität Sinneszellen im Ohr zerstören kann.
Risiken & Nebenwirkungen
Ototoxische Reaktionen treten ebenfalls häufig auf. In 1-3% der Fälle kommt es zu einem Hörschaden, in bis zu 14% der Fälle treten Gleichgewichtsstörungen auf.
Es gibt keine sichere Gentamicindosis, jedoch steigt das Risiko der Nebenwirkungen mit einer höheren Tages- und mit einer höhere Gesamtdosis. Somit ist bei einer längeren Behandlungsdauer und bei einer höheren Dosis ein höheres Risiko gegeben.
Weitere Nebenwirkungen bestehen in neuromuskuläre Blockaden. Während der Behandlung mit Gentamicin müssen die Plasmaspiegel überprüft werden.