Hodendystopie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Hoden wandern während der Embryonalentwicklung von der Höhe der Nieren in das Skrotum. Wenn diese Wanderung vor der Geburt nicht abgeschlossen wird, ist von einer Hodendystopie die Rede. Hodendystopien lassen sich mittlerweile operativ oder hormonell behandeln.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Hodendystopie?

Die Diagnose der Hodendytopie lässt sich anhand verschiedener Untersuchungen stellen. Eine der wichtigsten Untersuchungen ist die Palpation. Unter Umständen kann zusätzlich eine Bauchspiegelung oder eine Ultraschalluntersuchung sinnvoll sein.
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Hodendystopien sind Lageanomalien des Hodens. Der Hoden liegt dabei vorübergehend oder dauerhaft außerhalb des Hodensacks. Die Hodendystopie entspricht entweder einer Hodenektopie oder einem Hodenhochstand. Beim Hodenhochstand liegt ein unvollständiger Abstieg des Hodens vor. Das heißt, der Hoden ist vom Ort der Bildung nicht vollständig an seinen Bestimmungsort abgestiegen. Dieses Phänomen wird weiter nach dem Wanderungsende unterschieden.

Neben dem Pendelhoden, dem Leistenhoden und dem Gleithoden zählt auch der Kryptorchismus zu diesem Phänomen. Bei der Hodenektomie hat der Hoden bei seiner Wanderung vom Bildungsort zum Bestimmungsort den vorgegebenen Pfad verlassen. Abhängig von der letztendlichen Lage des Hodens gibt es eine penile, femorale, transverse und perineale Hodenektomie. Etwa drei bis sechs Prozent der Neugeborenen leiden an einer Hodendystopie.

Ursachen

Die Hoden entstehen auf Höhe der Nieren. Eine gemeinsame Gonadenanlage ist ihr Entstehungsort. Daher müssen die Hoden durch den Leistenkanal bis zum Skrotalfach hinabwandern. Sie bewegen sich dabei im Bauchfell entlang fingerförmiger Ausstülpungen fort. Diese Wanderung wird auch als Hodenabstieg bezeichnet. Etwa in der fünften Schwangerschaftswoche beginnt der Hodenabstieg. Abgeschlossen ist der Abstieg erst im siebten Monat.

Sobald beide Hoden ihren Bestimmungsort erreicht haben, ist von einem Reifezeichen die Rede. Eine Frühgeburt vor dem siebten Monat kann den Abstieg der Hoden unterbrechen. Der Hodenhochstand ist in diesem Fall nur ein Ausdruck der Unreife und kann sich bis zum eigentlichen Geburtstermin zurückbilden. Eine weitere Ursache kann die Einnahme von Analgetika während der Schwangerschaft sein.

Auch Störungen im Hormonkreislauf, genetische Ursachen oder anatomische Hindernisse kommen als Ursachen für einen permanenten Hodenhochstand in Betracht.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Beim Hodenhochstand ist der Hoden zwar auf dem vorgesehenen Pfad gewandert, seine Wanderung ist aber frühzeitig zum Stillstand gekommen. Die Anzeichen für einen Hodenhochstand unterscheiden sich mit der Art der Anomalie. Beim Kryptochismus liegt der Hoden zum Beispiel im Bauchraum. Der Leistenhoden entspricht einem Hoden, der im Leistenkanal verblieben ist.

Der Gleithoden hat annähernd sein Ziel erreicht, liegt wegen eines kurzen Samenstrangs aber im Leistenkanal, von wo aus er sich in das Skrotum schieben lässt. Der Pendelhoden hat den Hodensack erreicht, bewegt sich bei Erregung aber aus dem Skrotum heraus. Anders als beim Hodenhochstand hat der Hoden bei der Hodenektomie während seiner Wanderung den vorgesehenen Pfad verlassen.

Der femorale Hoden meint so einen Hoden unter der Haut des Oberschenkels. Der perineale Hoden liegt im Dammbereich, der penile Hoden ist auf den Penisschaft verlagert und der transverse Hoden liegt im Skortalfach der jeweils anderen Seite.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose der Hodendytopie lässt sich anhand verschiedener Untersuchungen stellen. Eine der wichtigsten Untersuchungen ist die Palpation. Unter Umständen kann zusätzlich eine Bauchspiegelung oder eine Ultraschalluntersuchung sinnvoll sein. Nicht alle Hodendystopien bergen dasselbe Risiko oder müssen überhaupt behandelt werden.

Ein Pendelhoden ist zum Beispiel mit wenig Risiko behaftet, während andere Hodendystopien mit einem gewissen Entartungsrisiko einhergehen. Ohne entsprechende Therapie kann das Risiko für einen bösartigen Hodentumor für Betroffene bis zu 32 Mal höher sein. Im Bauchraum verbliebene Hoden bergen zum Beispiel das höchste Entartungsrisiko. Daneben kann eine Hodendystopie auch die Fruchtbarkeit gefährden. So gelten Lageanomalien der Hoden als eine der wichtigsten Ursachen für gestörte Fertilität.

Komplikationen

Durch die Hodendystopie kommt es zu einer Fehlposition der Hoden im Körper des geborenen Kindes. In der Regel kann die Position nicht vorausgesagt werden, da die Ausprägung des Symptoms unterschiedlich verlaufen kann. Nach der Geburt können allerdings operative Eingriffe unternommen werden, um die Beschwerden zu korrigieren. Dabei kommt es in den meisten Fällen nicht zu besonderen Beschwerden oder Komplikationen.

Durch die Wanderung der Hoden treten für den Patienten in der Regel keine besonderen Beschwerden ein. Allerdings erhöht sich das Risiko dfür die Herausbildung eines Tumors extrem, sodass eine Behandlung sehr empfohlen wird und in den meisten Fällen auch durchgeführt wird. Weiterhin kann die Hodendystopie auch zu einer Unfruchtbarkeit führen und damit das Leben des Betroffenen im Erwachsenenalter extrem einschränken.

Dabei kann es zu verschiedenen psychischen Beschwerden und Komplikationen kommen, sodass die Betroffenen nicht selten an Depressionen und an einem verringerten Selbstwertgefühl leiden. Auch der Partner kann dabei depressive Verstimmungen entwickeln. Die Behandlung erfolgt in den meisten Fällen schon nach der Geburt und führt nicht zu Komplikationen. In einigen Fällen verschwindet die Hodendystopie auch von selbst, weswegen der Arzt in der Regel ein halbes Jahr nach der Geburt mit der Operation wartet.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine Hodendystopie wird vom zuständigen Arzt oder dem Geburtshelfer in der Regel unmittelbar nach der Geburt festgestellt. Eine Behandlung ist erforderlich, wenn sich der Hodenhochstand innerhalb einiger Stunden bis Tage nicht von selbst zurückbildet. Eltern, die bei ihrem Kind Schmerzen oder andere Beschwerden bemerken, sollten mit dem zuständigen Arzt sprechen. Sollten sich Komplikationen wie starke Schmerzen oder Durchblutungsstörungen im Bereich des Hodensacks einstellen, muss das Kind in einem Krankenhaus behandelt werden.

Eine Hodendystopie bedarf in jedem Fall einer Abklärung durch den Kinderarzt oder einen Urologen. Andernfalls kann die Fehllage zu Unfruchtbarkeit und Hodenkrebs führen. Personen, bei denen im Kindesalter eine Hodendystopie festgestellt wurde, sollten sich auch im Erwachsenenalter regelmäßig einer urologischen Untersuchung unterziehen. Durch eine engmaschige Überwachung wird sichergestellt, dass sich keine erneute Fehllage entwickelt. Sollten sich bereits Anzeichen einer Unfruchtbarkeit oder einer anderweitigen Erkrankung bemerkbar machen, muss der Patient im Hinblick auf einen möglichen Hodenhochstand untersucht und gegebenenfalls behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Im ersten halben Jahr nach der Geburt werden in der Regel keine therapeutischen Schritte initiiert. Die Ärzte warten in dieser Zeit ab, ob der Hoden möglicherweise noch in die vorgesehene Lage wandert. Falls der Hoden von selbst nicht in seine Position wandert, lässt sich der Abstieg unter Umständen durch Hormongaben fördern. Für vier Wochen wird den Betroffenen im Rahmen einer Hormontherapie Gonadoliberin verabreicht.

Daran schließt eine dreiwöchige Behandlung mit β-hCG an. Beide Hormone werden dem Säugling in der Regel in Form eines Nasensprays verabreicht. In etwa 30 Prozent der Fälle führt diese Behandlung zum Ziel. Falls die hormonelle Behandlung nicht zielführend ist, wird der Hoden zwischen dem 9. und 18. Lebensmonat operativ im Hodensack fixiert. Diese operative Korrektur wird auch als Orchidopexie bezeichnet. Der Hoden wird dabei am tiefsten Punkt des Skrotums fixiert, um eine abermalige Drehung aus dem Hodensack heraus auszuschließen.

Die Mobilität des Hodens wird durch Nähte eingeschränkt. Der Eingriff wird in Vollnarkose durchgeführt. Der Chirurg legt im ersten Schritt den Hoden frei und bringt ihn im zweiten Schritt in Position, wo er ihn mit den Hautschichten am Hodensack vernäht. Nach der Operation sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen angezeigt, die Rezidive ausschließen sollen. Manchmal wird nach einer erfolgten Operation eine abermalige Hormontherapie empfohlen.


Aussicht & Prognose

Die Prognose einer Hodendystopie ist als günstig einzustufen. Mit den heutigen medizinischen Möglichkeiten und unterschiedlichen Therapieansätzen erfolgt die Behandlung bereits innerhalb der ersten Lebensjahre des Patienten. Die Anomalie des Hodens wird unmittelbar nach der Geburt in den routinemäßig stattfindenden nachgeburtlichen Untersuchungen festgestellt und im weiteren Verlauf durch bildgebende Verfahren diagnostiziert.

Sollte es zu keiner Spontanheilung der Hodendystopie kommen, erfolgt nach Vollendung der ersten sechs Lebensmonate des Säuglings eine medikamentöse Behandlung. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustand ist innerhalb der ersten Lebensmonate nicht zu erwarten. Meist bleibt der Zustand unverändert. Vielmehr wird dem Organismus ausreichend Zeit eingeräumt, damit eine selbständige und natürlich eingeleitete Korrektur der Hodenpositionierung erfolgen kann.

Findet diese nicht statt, wird mit Hilfe der externen Möglichkeiten eingegriffen. Durch die Gabe von hormonellen Präparaten kommt es bei vielen Patienten bereits zu einer Korrektur und damit zur Heilung der Hodendystopie. In den meisten Fällen kommt es dadurch zu einer lebenslangen Beschwerdefreiheit. Bleibt die Hormontherapie wirkungslos oder zeigt nicht den gewünschten Erfolg, wird in einem operativen Eingriff eine Korrektur vorgenommen. Treten keine weiteren Komplikationen während oder nach der Operation auf, wird der Patient als geheilt aus der Behandlung entlassen. Es folgt nach einiger Zeit eine Kontrolluntersuchung, damit ein Rückfall ausgeschlossen werden kann.

Vorbeugung

Die Ursache einer Hodendystopie ist bislang nicht abschließend geklärt. Da Analgetika ursächlich infrage kommen, kann der Verzicht darauf während der Schwangerschaft der Hodendystopie vorbeugen, wenn dies gesundheitlich möglich ist.

Nachsorge

Die Therapie der Hodendystopie sollte mit Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes abgeschlossen sein. Jede spätere Rückverlagerung der Hoden in den Hodensack birgt ein höheres Risiko einer Zeugungsunfähigkeit. Sofern als Therapie eine Operation erfolgte, obliegt die direkte Nachsorge in der Klinik zunächst den Ärzten.

Nach erfolgter Entlassung müssen die Eltern zunächst für Bettruhe sorgen und das Kind in der ersten Woche in seinem Spielverhalten zügeln, um Komplikationen und einen erneuten Hodenhochstand zu verhindern. Der Hoden muss nach seiner operativen Verlagerung erst an seiner neuen Position im Hoden verwachsen, um dauerhaft fixiert zu sein. Bis zu diesem Zeitpunkt kann eine unbedachte Bewegung, trotz vorhandener innenliegender Naht, zu einer Rückverlagerung führen.

Nach etwa sieben bis zehn Tagen erfolgt die erste Nachuntersuchung zur Kontrolle der Hodenposition und der bislang erfolgten Wundheilung. Der behandelnde Arzt kann hierbei beurteilen, ob die Bewegungseinschränkung bereits gelockert werden kann oder weitere sechs Wochen bis zur nächsten Untersuchung aufrechterhalten werden muss. Fortan werden bis zum Ablauf eines Jahres im Schnitt vierteljährliche Verlaufskontrollen durchgeführt.

Die Möglichkeit eines sich entwickelnden Hodentumors besteht trotz Operation bis ins Erwachsenenalter und erfordert daher bis nach der Pubertät weiterhin Besuche beim Urologen. Bei Vergrößerungen oder Verhärtungen des Hodens ist umgehend der behandelnde Arzt zu konsultieren.

Das können Sie selbst tun

Eltern, die bei ihrem Kind Anzeichen einer Hodendystopie bemerken, sollten umgehend den Kinderarzt einschalten. In manchen Fällen wandert der Hoden von selbst in seine Position zurück und es ist keine weitere Behandlung notwendig.

Ist eine medikamentöse oder operative Behandlung notwendig, muss darauf geachtet werden, dass das Kind keinem zusätzlichen Stress ausgesetzt wird und sich möglichst schont. Körperliche Bewegung sollte in den ersten Tagen nur eingeschränkt stattfinden, damit der Hoden wieder in seine Position wandern kann bzw. nach einer Operation im Hodensack verbleibt. Bei Schmerzen kann der Arzt ein mildes Arzneimittel verschreiben. Unter Umständen sind auch Mittel aus der Naturheilkunde erlaubt, zum Beispiel Ringelblumensalbe oder Präparate mit Arnika.

Nach einer Operation sollte der Hodensack leicht gekühlt werden, damit sich die Schwellung schnell zurückbildet. Durch strikte Hygienemaßnahmen lassen sich Komplikationen wie Wundheilstörungen oder Infektionen vermeiden. Begleitend dazu ist eine ärztliche Überwachung der Hoden erforderlich. Manchmal tritt erneut eine Hodendystopie auf, die möglichst rasch erkannt und entsprechend behandelt werden muss. Es wird vermutet, dass sich eine Hodendystopie vermeiden lässt, indem während der Schwangerschaft auf Analgetika verzichtet wird.

Quellen

  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
  • Hautmann, R.: Urologie. Springer, Berlin Heidelberg 2014
  • Sökeland, J., Schulze, H., Rübben, H.: Urologie. Thieme, Stuttgart 2004

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