Intrazytoplasmatische Spermieninjektion
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die intrazytoplasmatische Spermieninjektion, ICSI, ist eine bewährte Methode der Reproduktionsmedizin, die schon vielen kinderlosen Paaren zum Wunschkind verhelfen konnte. ICSI ist mittlerweile die am häufigsten angewandte Methode bei der künstlichen Befruchtung.
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Was ist die intrazytoplasmatische Spermieninjektion?
Ganz unterschiedliche Störungen der Fruchtbarkeit auf körperlicher oder seelischer Ebene können bei Männern und Frauen zu einem unerfüllten Kinderwunsch führen. Die moderne Reproduktionsmedizin kann bei vielen Fertilitätsstörungen sehr hilfreich sein, um letztendlich doch noch zum oft langersehnten Wunschkind zu verhelfen. Vorläufer der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion ist die Verschmelzung von Ei und Samenzellen im Reagenzglas, besser bekannt unter der Bezeichnung In-vitro-Fertilisation, kurz IVF.
Damit ist also eine Befruchtung außerhalb des Körpers gemeint, wo die Befruchtung sonst normalerweise stattfindet. ICSI ist eine Sonderform der IVF und wird nach Jahren der präklinischen Forschung seit dem Jahr 1992 durchgeführt. Es gibt also derzeit noch nicht viele Erwachsene, die mittels der ICSI-Methode gezeugt wurden.
Die intrazytoplasmatische Spermieninjektion ist besonders für diejenigen Paarbeziehungen interessant, bei denen die Spermien des Mannes die Ursache der Fertilitätsstörung ist. Die Spermienqualität ist im Sinne einer ausreichenden Motilität oder Mobilität der Spermien für eine natürliche Befruchtung nicht ausreichend. Oder aber die Anzahl der Spermien im Ejakulat ist signifikant vermindert, sodass eine natürliche Befruchtung nicht möglich ist. In beiden Fällen schaffen es die Samenzellen nicht aus eigener Kraft, aktiv in eine Einzelle einzudringen. Genau diesen Vorgang simuliert die ICSI-Methode, indem ein einziges Spermium mit einer Eizelle unter mikroskopischer Kontrolle aktiv verschmolzen wird.
Funktion, Wirkung & Ziele
Voraussetzung für eine intrazytoplasmatische Spermieninjektion ist immer das Vorhandensein von Samenzellen in der Spermaflüssigkeit, auch wenn es nur wenige sind. Im Normalfall enthält ein Milliliter Spermien Millionen gesunder Samenzellen. Mit dem sogenannten MESA und TESE Verfahren werden die Samenzellen bei obstruktiver Azoospermie direkt aus dem Gewebe des Hodens oder Nebenhodens entnommen. Bei allen Formen der nicht obstruktiven Azoospermie und bei der Oligospermie, also der stark verminderten Anzahl von Samenzellen im Sperma, ist die intrazytoplasmatische Spermieninjektion die Methode der Wahl.
Unter den wenigen verfügbaren Spermien muss im Labor unter dem Lichtmikroskop das für eine ICSI-Behandlung beste herausgefiltert werden. Zur ICSI werden nur mobile und anatomisch intakte Spermien verwendet, da ansonsten nicht mit einer Befruchtung zu rechnen ist. Am Tag der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion muss sich das Paar gemeinsam in der Kinderwunschklinik einfinden.
Der Mann muss eine Samenspende abgeben, während die Frau für den Eingriff vorbereitet wird. Vor einer ICSI-Behandlung werden der Frau hochdosierte Geschlechtshormone verabreicht, um den Tag des Eisprungs besser kontrollieren zu können. Blutwerte sowie Größe und Reife der Eibläschen werden regelmäßig kontrolliert. Sobald der Eisprung ausgelöst wurde, werden Eizellen durch die Scheide entnommen. Jetzt muss auch das frische Sperma bereitstehen, es ist aber auch möglich, eine tiefgefrorene Spermaportion für den Eingriff zu verwenden.
Nun findet die eigentliche intrazytoplasmatische Spermieninjektion unter dem Mikroskop statt. Dazu wird mittels einer speziellen Glaspipette ein einzelnes Spermium direkt in die Eizelle eingeführt. Die so künstlich befruchtete Eizelle kommt in einer speziellen Nährlösung zur Inkubation in einen Wärmeschrank bei einer Temperatur von 37 Grad Celsius.
Nur wenn die Befruchtung erfolgreich war, reifen dort innerhalb von 2 bis 5 Tagen Embryonen heran, die dann mit einer feinen Nadel durch die Scheide in die Gebärmutter übertragen werden können. Nistet sich ein Embryo in der Gebärmutterschleimhaut ein und beginnt die Zellteilung, gilt die Frau als schwanger und der Vorgang der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion als erfolgreich abgeschlossen.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Die staatlichen Zuschüsse wurden in den letzten Jahren stetig reduziert, sodass ein Großteil der Kosten von den Paaren selbst aufgebracht werden muss. Langzeitfolgen durch ICSI sind derzeit noch nicht abschätzbar. Denn es gibt bislang nur wenige Erwachsene, die mittels ICSI gezeugt wurden. Die neugeborenen ICSI-Kinder zeigten aber im Vergleich zu Säuglingen aus Normalgeburten keinerlei Auffälligkeiten.
Die genetischen Risiken können derzeit noch nicht abschließend eingeschätzt werden, das Kosten-Nutzen-Risiko einer ICSI Behandlung gilt dennoch als medizinisch vertretbar. Die durchschnittliche maximale Geburtenrate durch die intrazytoplasmatische Spermieninjektionen liegt derzeit bei 20 Prozent. Es wird alles unternommen, um diese noch magere Erfolgsquote weiter zu steigern, dazu bedarf es auch weiterer Grundlagenforschung.
Im Rahmen eines Überstimulationssyndroms durch die Hormongabe kann es bei der Frau zu schwerwiegenden, jedoch reversiblen Nebenwirkungen kommen. Wie bei der natürlichen Fruchtbarkeit, so kann auch bei ICSI eine Frau umso besser schwanger werden, je jünger sie zur Zeit des Eingriffs ist. Eine weitere Besonderheit bei der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion ist die Möglichkeit einer Mehrlingsschwangerschaft, wenn versehentlich zwei oder drei intakte Embryonen übertragen wurden.
Quellen
- Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
- Haag, P., Harnhart, N., Müller, M. (Hrsg.): Gynäkologie und Urologie. Für Studium und Praxis 2014/15. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2014
- Sökeland, J., Schulze, H., Rübben, H.: Urologie. Thieme, Stuttgart 2004