Miktion (Urinieren)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Flüssigkeitsmengen, die wir täglich trinken, müssen über die Harnwege wieder ausgeschieden werden. Die Ausleitung aus dem Körper findet über die Blasenentleerung – die Miktion – statt.
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Was ist die Miktion?
Der Begriff Miktion steht im medizinischen Fachjargon für die Entleerung der Harnblase. Die Steuerung der Entleerung der Blase ist ein komplexes Zusammenspiel. In der Harnblase reagieren Rezeptoren in der Blasenwand auf den Füllungsgrad der Blase. Wenn der Druck ansteigt, melden sie Harndrang und wir bekommen das Gefühl, eine Toilette aufsuchen zu müssen.
Ältere Kinder und Erwachsene können diesen Vorgang meistens bewusst steuern und dabei den Gang zur Toilette hinauszögern oder dem Harndrang nachgeben und die Blase entleeren. Ab einem gewissen Punkt der Blasenfüllung lässt sich das Urinieren jedoch nicht mehr steuern und funktioniert reflexartig. Wie intensiv der Blasendruck erlebt wird, ist individuell.
Durch ein gezieltes Blasentraining lässt sich die Blasenentleerung trainieren. Dieses Training wird bei Inkontinenzproblemen zur Therapie genutzt, kann aber auch bereits eingesetzt werden, wenn eine Person das Gefühl hat, sehr häufig auf Toilette gehen zu müssen ohne etwa viel getrunken zu haben. In den meisten Fällen entsteht dieses Gefühl aus der Gewohnheit eine Toilette sehr häufig aufzusuchen. Bewusstes längeres Ausharren kann den Blasendrang nun herauszögern.
Funktion & Aufgabe
Die Harnblase ist ein Hohlorgan und dient als Speicherorgan für den Urin. Dort können bis maximal 800 ml Urin gesammelt werden. Ein Harndrang entsteht schon bei ca. 200 bis 400 ml Urinmenge. Ab ungefähr 800 ml Urin in der Blase ist jedoch keine willentliche Kontrolle mehr möglich.
Von Zeit zu Zeit muss die Blase geleert werden und der Urin aus dem Körper befördern werden. In der Phase, in der sich die Blase langsam füllt, bleibt die Blasenmuskulatur untätig und dehnt sich durch die Urinmenge aus, damit sie den Urin aufnehmen kann. Die Blase bleibt dabei durch den Schließmuskel verschlossen. Wenn sie immer mehr gefüllt wird, entsteht Harndrang. Die Entleerung kann dabei über den Willen gesteuert werden. Wenn die Blase geleert wird, zieht sich die Blasenmuskulatur zusammen, dabei wird der Schließmuskel schlaff und die Blase kann entleert werden.
Wenn der Harndrang stärker wird, suchen Menschen eine Toilette auf, um die Blase zu leeren. Wie oft sie entleert werden muss, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Je nach Menge der aufgenommenen Flüssigkeit urinieren wir bis zu 8 x am Tag.
Das Urinieren vollzieht sich in 4 Phasen. Am Anfang zieht sich die Blasenmuskulatur zusammen. Durch das Zusammenziehen öffnet sich der innere Schließmuskel vor der Harnröhre, danach der äußere Schließmuskel. Abschließend fließt der Harn über die Harnröhre ab. Dieser Vorgang wird durch die Bauch- und Beckenbodenmuskulatur unterstützt.
Der Vorgang der Miktion wird vom Gehirn gesteuert. Die Blasenmuskulatur reagiert auf die Füllmenge in der Blase und meldet über die Nervenbahnen Impulse an das Gehirn. Wenn ca. 350 ml Urin in der Blase ist, registriert das Großhirn Harndrang und steuert beim Urinieren über das Rückenmark den Blasenentleerungsreflex, indem Impulse zum Zusammenziehen der Blasenmuskulatur und zur Erschlaffung des inneren und äußeren Schließmuskels gesendet werden.
Der Reflex zur Blasenentleerung kann bis zu einem gewissen Grad unterdrückt und gesteuert werden, dabei sendet das Gehirn über das Rückenmark hemmende Impulse an die Blasenmuskulatur. Bei manchen Menschen, besonders bei älteren Menschen oder bei Inkontinenzproblemen, kann die willentliche Steuerung beeinträchtigt sein und muss durch therapeutische Maßnahmen wieder geübt werden.
Krankheiten & Beschwerden
Bei Infektionen, in der Schwangerschaft, bei Tumoren und einem Dauerkatheter kann es zu häufigen Blasenentleerungen kommen, bei denen aber nur wenig Harn gelassen wird (Pollakisurie).
Bei einer Polyurie wird eine überhöhte Menge Urin am Tag ausgeschieden. Gründe sind meistens ein Diabetes mellitus oder die Einnahme von harntreibenden Medikamenten.
Bei einer Nykturie müssen Betroffene trotz der Aufnahme normaler Mengen an Flüssigkeit auch nachts die Blase entleeren. Die Ursache kann eine Herzschwäche oder ein Blaseninfekt sein. Manchmal handelt es sich jedoch auch schlicht um eine psychische Annahme, die hohen Harndrang suggeriert.
Zu einem Harnverhalt (Anurie) kann es durch mechanische Hindernisse in den Harnwegen wie Steine, Tumore, Fremdkörper oder eine Prostatavergößerung kommen, aber auch durch seelische Einflüsse wie eine Blockade, in Gegenwart anderer Menschen Wasser zu lassen (Paruresis). Beim Harnverhalt besteht die Gefahr der Restharnbildung, durch die eine Blaseninfektion entstehen kann, die meistens mit Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen verbunden ist.
Bei einer Reizblase besteht ein häufiger Harndrang, oft verbunden mit einer Angst, nicht rechtzeitig eine Toilette erreichen zu können. Auch auf Kälte reagiert die Reizblase empfindlich. Bei einer Blasenschwäche (Inkontinenz) kommt es zu einem unabsichtlichen Abgang von Urin, was für die Betroffenen mit Scham verbunden ist.
Es gibt verschiedene Formen der Inkontinzenz, bei denen der Verschlussmechanismus der Blase nicht optimal funktioniert oder das körperliche Zusammenspiel der Miktion durch verschiedene Einflüsse gestört ist. Zu ihnen gehören Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz, Überlaufinkontinenz, Reflexinkontinenz und extraurethrale Harninkontinenz.
Quellen
- Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Urban & Fischer, München 2008
- Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
- Sökeland, J., Schulze, H., Rübben, H.: Urologie. Thieme, Stuttgart 2004