Miller-Fisher-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter dem Miller-Fisher-Syndrom wird eine heimtückische Infektionskrankheit beschrieben, welche einerseits den Bewegungsablauf stört und andererseits auch das Sprachzentrum beeinträchtigen kann. Die Nerven sowie Nervenwurzeln werden im Rahmen des Miller-Fisher-Syndroms entzündlich zerstört; viele Betroffene sind daher auch auf einen Rollstuhl angewiesen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Miller-Fisher-Syndrom?

Der Betroffene kann weder die Augenbewegung steuern, noch können Impulse, die vom Hirnstamm über die Nerven direkt in die Augenmuskeln fließen, weitergeleitet werden.
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Der Mediziner bezeichnet als Miller-Fisher-Syndrom eine selten auftretende Erkrankung, die vorwiegend das periphere Nervensystem betrifft. Im Regelfall greift das Syndrom die Hirnnerven des Patienten an. Die Krankheit wurde nach Charles Miller Fisher, einem kanadischen Neurologen, benannt.

Zu berücksichtigen ist, dass das Miller-Fisher-Syndrom eine Variante des sogenannten Guillain-Barré-Syndroms darstellt. Je nach Krankheitsverlauf orientiert sich die Therapie; oftmals treten 14 Tage nach dem Miller-Fisher-Syndrom keine Beschwerden mehr auf, mitunter kann es aber vorkommen, dass eine Rehabilitationszeit notwendig ist, um alle Einschränkungen loszuwerden.

Ursachen

Bislang stehen die Mediziner vor einem ungeklärten Rätsel, weshalb das Miller-Fisher-Syndrom auftreten kann. Experten gehen jedoch davon aus, dass das Miller-Fisher-Syndrom eine Autoimmunerkrankung ist, welche nach einem Virusinfekt auftreten kann. Die Gründe, warum und weshalb, sind nicht bekannt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Während das Guillain-Barré-Syndrom die gesamte Körpermuskulatur lähmt, äußert sich das Miller-Fisher-Syndrom zu Beginn noch mit Augenbewegungsstörungen. Mitunter kann aber auch ein Reflexverlust der Muskulatur (Areflexie) festgestellt werden. Auf Grund der Störungen, die vorwiegend die Augenbewegungen betreffen, klagt der Patient über Doppelbilder.

Der Betroffene kann weder die Augenbewegung steuern, noch können Impulse, die vom Hirnstamm über die Nerven direkt in die Augenmuskeln fließen, weitergeleitet werden. Auch wenn der Verlust der Muskeleigenreflexe bemerkt wird, entsteht keine typische Beeinträchtigung, welche den Patienten einschränkt oder dazu führt, dass ein Krankheitswert auftritt.

Der Betroffene klagt in weiterer Folge über Störungen der Zielbewegungen seiner Beine und Arme beziehungsweise auch des Rumpfes, sodass mitunter auch Gleichgewichtsstörungen auftreten können. Laut Statistik leidet jeder sechste Patient unter Blasenfunktionsstörungen. Die Schwere der Störungen der Zielbewegungen spielt eine wesentliche Rolle im Rahmen einer Therapie.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Treten Augenmuskelstörungen auf, muss der Mediziner auch etwaige andere Erkrankungen des Hirnstamms unter Berücksichtigung nehmen. So sind neben dem Miller-Fisher-Syndrom auch Schlaganfälle, Botulismus oder etwa Durchblutungsstörungen möglich. Aus diesem Grund konzentriert sich der behandelnde Arzt zu Beginn auf die Schichtuntersuchung des Hirnstamms. Dabei verwendet er einen Computertomogramm (CT) oder einen Kernspintomogramm (MRT).

Etwaige Ultraschall-Untersuchungen der Arterien, welche das Gehirn versorgen, können ebenfalls einen Aufschluss geben, ob das Miller-Fisher-Syndrom vorliegt. Mittels neurophysiologischen Untersuchungen werden in weiterer Folge die Funktionen des Hirnstamms untersucht. Dabei können die speziellen Nervenbahnen auf ihr Potential überprüft werden. In weiterer Folge untersucht der Mediziner das Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis).

Jenes zeigt eine enorme Zunahme des Eiweiß-Gehaltes, jedoch nur eine geringe Zunahme der nachweisbaren Zellen, sodass von einer zytoalbuminischen Dissoziation gesprochen werden muss. Im Blut können des Weiteren auch spezielle Antikörper nachgewiesen werden. So können beim Miller-Fisher-Syndrom Antikörper gegen das sogenannte GQ1b-Gangliosid nachgewiesen werden.

Eine Prognose kann nicht erstellt werden; die Krankheitsverläufe können derart unterschiedlich sein, dass bereits nach 14 Tagen alle Beschwerden verschwunden sind, jedoch auch die Problematik auftreten kann, dass tatsächlich anhaltende Schäden bleiben. Der Patient muss sich jedoch bewusst sein, dass er im Regelfall eine lange Rehabilitation in Anspruch nehmen muss, damit alle Störungen, die im Rahmen des Miller-Fisher-Syndroms aufgetreten sind, wieder abgebaut werden können.

Komplikationen

Durch das Miller-Fischer-Syndrom kommt es zu Lähmungen in verschiedenen Regionen des Körpers. In den meisten Fällen sind dabei in erster Linie die Augen betroffen, sodass die Betroffenen diese nicht mehr bewegen können. Ebenso kommt es zu anderen Sehbeschwerden, zu Doppelbildern und zum sogenannten Schleiersehen. Die Lebensqualität des Patienten wird durch das Miller-Fischer-Syndrom deutlich verringert und eingeschränkt.

Auch die Beine können meistens nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt bewegt werden, sodass es zu Bewegungseinschränkungen und zu anderen Einschränkungen im Alltag kommt. Weiterhin treten auch Störungen des Gleichgewichts und der Koordination auf, sodass die Betroffenen nicht selten auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen sind. Weiterhin kann es auch zu einem Schlaganfall oder zu anderen Störungen der Durchblutung kommen.

Nicht selten treten die Beschwerden des Miller-Fischer-Syndroms dauerhaft auf und verschwinden nicht wieder. Dabei können diese Beschwerden auch durch eine Behandlung in der Regel nicht wieder entfernt werden. Die Behandlung selbst kann nur sehr eingeschränkt erfolgen und richtet sich nach verschiedenen Therapien. Nicht selten sind auch psychologische Behandlungen notwendig, um Depressionen und andere Verstimmungen vorzubeugen oder zu behandeln. Ob es durch das Miller-Fischer-Syndrom zu einer Verringerung der Lebenserwartung kommt, kann nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein allgemeines Unwohlsein, ein Krankheitsgefühl und eine Abnahme der inneren Kräfte weisen auf eine gesundheitliche Unstimmigkeit hin. Halten die Beschwerden an oder kommt es zu weiteren Störungen, sollte ein Arzt konsultiert werden. Auffälligkeiten der Augenbewegungen oder Besonderheiten des Sehvermögens sind untersuchen und behandeln zu lassen. In vielen Fällen kommt es zur Wahrnehmung von Doppelbildern oder einem verminderten Sehvermögen. Ein Reflexverlust der Muskulatur ist alarmierend und sollte unverzüglich einem Arzt vorgestellt werden. Können die Augenbewegungen nicht mehr willentlich reguliert werden oder stellt sich ein Verlust der Eigenreflexe ein, muss ein Arzt aufgesucht werden. Unregelmäßigkeiten der allgemeinen Bewegungsabläufe sind ebenfalls besorgniserregend und sollten ärztlich abgeklärt werden.

Hat der Betroffene keine Kontrolle über die Willkürbewegung von Armen und Beinen, benötigt er medizinische Hilfe. Ist die Fortbewegung erschwert oder gibt es Störungen der Motorik, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Steigt aufgrund der Unstimmigkeiten der Bewegungsabläufe das allgemeine Unfall- und Verletzungsrisiko, sollte ein Arztbesuch erfolgen. Können die alltäglichen Verpflichtungen nicht mehr wie gewohnt erfüllt werden, stellt sich eine verminderte Lebensqualität ein oder sinkt das Wohlbefinden, ist ein Arzt zu konsultieren. Gangunsicherheiten und Störungen des Gleichgewichts sind weitere Hinweise einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Verhaltensauffälligkeiten, Stimmungsänderungen und ein Rückzugsverhalten sind ebenfalls mit einem Arzt zu besprechen.

Behandlung & Therapie

Nach dem Krankheitsverlauf richtet sich auch die Therapie des Miller-Fisher-Syndroms. Bei schweren Fällen behandelt der Mediziner den Patienten mit Immunglobulinen oder Plasmapherese. Unter der Plasmapherese-Behandlung wird eine Art Blutwäsche bezeichnet; dabei werden die Immunglobuline und auch jene Antikörper, welche für das Miller-Fisher-Syndrom verantwortlich sind, aus dem Blut gewaschen.

Im Regelfall erhält der Betroffene zwei bis vier Behandlungen; danach sollte das Blut vom Antikörper gereinigt sein. Nach der ursächlichen Behandlung folgt die Therapie; hat der Patient Schwierigkeiten mit seinen Bewegungen, müssen jene derart therapiert und trainiert werden, dass ein selbständiges Leben wieder möglich ist und mitunter auf etwaige Hilfsmittel - wie etwa den Rollstuhl - auf lange Sicht verzichtet werden kann.

Die Therapie ist dann effektiv, wenn sich ein Team aus Ärzten, Ergotherapeuten, Logopäden sowie Krankengymnasten sowie Psychologen und Sozialarbeitern findet, welches den Patienten betreut. Denn nach dem Miller-Fisher-Syndrom ist oftmals eine Rehabilitation notwendig, wobei im Mittelpunkt die Ataxie - die Störung der Zielbewegungen - steht. Mittels Krankengymnastik lernt der Patient, dass er seine Bewegungen wieder genau durchführen kann.

Im Rahmen der Physiotherapie lernt der Patient wieder etwaige Störungen beim Gehen oder Stehen zu beheben. Die Ergotherapie befasst sich hingegen vorwiegend mit feinmotorischen Störungen. Wichtig ist, dass im Rahmen der Therapien eine genaue Abstimmung zwischen den Gruppen erfolgt. So sollten die Krankengymnasten sehr wohl in Kenntnis gesetzt werden, welche Einheiten vom Ergotherapeuten durchgeführt wurden.

Der Ergotherapeut kümmert sich vorwiegend darum, dass der Patient - nach sehr schweren Fällen - wieder das selbständige Waschen, Essen sowie Anziehen schafft und wird in seinen Alltagssituationen unterstützt. Am Ende der Rehabilitation sollte der Patient keine bleibenden Schäden mehr aufweisen. Je nach Krankheitsbild können auch noch weitere therapeutische Maßnahmen gesetzt werden.


Aussicht & Prognose

Die Prognose bei einem Miller-Fisher-Syndrom ist in der Regel sehr gut, wenn die Ursache bekannt und heilbar ist. Da es sich zumeist um eine Folge einer Infektion handelt, wird die Beseitigung der Infektion auch zu einer allmählichen Erholung der Nerven führen. Die ausgefallenen oder eingeschränkten Körperfunktionen können binnen weniger Monate zurückkehren, wobei weitere Schäden oder anderweitige Folgen nicht zu erwarten sind.

In einigen Fällen bleiben aber motorische Störungen bestehen. Diesen kann mit Physiotherapie oder Ergotherapie begegnet werden, was eine sehr hohe Aussicht auf Erfolg hat. Das Miller-Fisher-Syndrom geht nur sehr selten mit komplett irreparabel geschädigten Nerven einher.

Relevant ist, wie bei allen Syndromen oder Krankheiten, die die Nervenfunktionen betreffen, eine frühzeitige Diagnose. Diese führt zu einer frühzeitigen Behandlung. Wird die Symptomatik nicht richtig erkannt oder falsch eingeordnet, kann die Prognose sich aufgrund einer falschen Behandlung arg verschlechtern. In einigen wenigen Fällen, kann das Miller-Fisher-Syndrom auch die Atmung betreffen, was die Prognose des Patienten sehr schlecht ausfallen lässt. Allerdings sind in solchen Fällen auch häufig noch andere Krankheiten der Nerven beteiligt.

Vorbeugung

Da bislang keine Ursache bekannt ist, welche Faktoren das Miller-Fisher-Syndrom begünstigen, können auch keine vorbeugenden Maßnahmen empfohlen werden. Das Miller-Fisher-Syndrom kann daher nicht vorgebeugt werden.

Nachsorge

Das Miller-Fisher-Syndrom kann zu verschiedenen Komplikationen führen, die sich sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken können. Im Allgemeinen sollte daher schon frühzeitig ein Arzt aufgesucht werden, um eine weitere Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern. Die meisten Betroffenen leiden durch dieses Syndrom an Störungen der Augenbewegung.

Es kommt meist zu einer unkontrollierten Bewegung und oft auch zu einem Verlust der Kontrolle über die Augenmuskulatur. Häufig führt das Syndrom dadurch auch zu Störungen der Entwicklung bei Kindern, sodass diese auch an Depressionen oder an anderen psychischen Verstimmungen erkranken können. Vor allem im Kindesalter kommt es durch das Miller-Fisher-Syndrom nicht selten zu Mobbing.

Mitunter treten Störungen des Gleichgewichtes auf, wobei die meisten Patienten die Blase nicht richtig kontrollieren können. Die Beine können dabei ebenfalls nicht zielgerecht bewegt werden, sodass es zu Einschränkungen in der Bewegung kommen kann. Sollte das Syndrom nicht behandelt werden, kann es auch zu einem Schlaganfall kommen, welcher eventuell die Lebenserwartung des Betroffenen deutlich verringert. Der weitere Verlauf hängt sehr stark von der Ursache der Krankheit ab, sodass eine allgemeine Voraussage nicht möglich ist.

Das können Sie selbst tun

Das Miller-Fisher-Syndrom bedarf in jedem Fall einer ärztlichen Diagnose und Behandlung. Die medizinische Therapie kann durch eine Reihe von Selbsthilfe-Maßnahmen unterstützt werden.

Als wichtigste Maßnahme sollte während und vor der Therapie auf Nikotin und Alkohol verzichtet werden, da diese Stoffe unter Umständen Probleme bei der Blutwäsche hervorrufen können. Der Arzt wird dem Patienten mitteilen, wie er sich vor der Plasmaphere-Behandlung ernähren muss und so eine beschwerdefreie Therapie ermöglichen. Nach der Behandlung ist eine umfassende Nachsorge vonnöten. Zudem muss der Patient regelmäßig krankengymnastische Übungen durchführen, um die Bewegungsabläufe zu verbessern und etwaige Störungen beim Stehen oder Gehen zu beheben. Im Rahmen der Ergotherapie werden hauptsächlich die feinmotorischen Störungen behandelt. Der Patient kann diese Maßnahmen zu Hause unterstützen, indem er vom Arzt oder Therapeuten empfohlene Übungen durchführt.

In schweren Fällen muss der Betroffene auch normale Abläufe und Tätigkeiten wie das Waschen oder Anziehen wieder erlernen. Hier sind vor allem die Angehörigen gefragt, die als unterstützende Hilfe zur Seite stehen müssen. Unter Umständen müssen Hilfsmittel wie zum Beispiel Krücken oder ein Rollstuhl sowie eine behindertengerechte Einrichtung organisiert werden.

Quellen

  • Hahn, H., et al.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Springer, Berlin 2012
  • Suttorp, N., et al.: Infektionskrankheiten. Thieme, Stuttgart 2004
  • Wolff, H.-P., Weihrauch, T.R. (Hrsg.): Internistische Therapie. Urban & Fischer, München 2012

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