Mistel
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Heilpflanzen Mistel
Als Mistel bezeichnet man eine Pflanzengattung, die als Halbschmarotzer im Geäst größerer Bäume wächst. Das Gewächs erscheint oft kugelförmig und in unterschiedlichster Größe und gelangt durch Verzweigung mit seinem Wirt an Wasser und alle benötigten Nährstoffe.
Inhaltsverzeichnis |
Vorkommen & Anbau der Mistel
Die geografische Verbreitung der Mistel ist sehr weitreichend - verschiedene Arten der Mistel sind von gemäßigten Klimazonen bis hin zu den Tropen und Subtropen zu finden.
Je nach den verwendeten Abgrenzungskriterien umfasst die Gattung der Mistel bis zu 1400 verschiedene Arten. Der Pflanzenkörper ist dicht verzweigt und strauchförmig, besetzt von Blättern mit gerade einmal 1 bis 3 Millimetern Durchmesser.
Je nach Mistelart bilden sich zu unterschiedlichen Jahreszeiten weiße, blaue oder rote Beeren an den Blättern der Mistel. Diese sind von einer Hülle klebriger Konsistenz umgeben, die dafür sorgt, dass die Mistelsamen nach Verbreitung durch Vögel oder Wind am nächsten Wirt haften.
Mistel in der Natur finden
Misteln sind halbparasitäre Pflanzen, die bekannt dafür sind, dass sie auf den Ästen verschiedener Laubbäume und Nadelbäume wachsen. Um Mistel in der Natur erfolgreich zu finden und zu identifizieren, gibt es einige wichtige Merkmale und Tipps, die man beachten sollte:
Standorte und Wirtsbäume: Misteln bevorzugen offene Wälder, Parkanlagen und oft auch Obstgärten, wo sie sich an gesunde Bäume heften können. Häufig findet man sie auf Äpfel-, Pappeln-, Linden- und verschiedenen anderen Laubbaumarten. In manchen Regionen kommen sie auch auf Nadelbäumen vor.
Erkennungsmerkmale: Misteln sind vor allem im Winter leicht zu erkennen, wenn die meisten Laubbäume ihre Blätter verloren haben, die immergrünen Misteln jedoch deutlich sichtbar in den kahlen Ästen hängen. Sie bilden kugel- oder schirmförmige Büsche, die bis zu einem Meter Durchmesser erreichen können. Ihre Blätter sind dick, ledrig und meist oval bis spatelförmig, mit einer glänzenden, dunkelgrünen Oberfläche.
Blüten und Früchte: Misteln blühen zwischen Februar und April mit kleinen, unauffälligen gelblichen oder grünlichen Blüten. Ihre charakteristischen weißen oder gelblichen Beeren erscheinen im Herbst und bleiben oft den ganzen Winter über an der Pflanze.
Vorsichtsmaßnahmen: Beim Sammeln von Misteln sollte man vorsichtig sein, da die Pflanze als ganzes sowie ihre Beeren giftig sind. Auch ist es wichtig, den Baum nicht zu beschädigen und die Umwelt zu respektieren.
Die Fähigkeit, Misteln zu erkennen, kann besonders in der Winterzeit ein interessantes Naturerlebnis sein und bietet zudem die Möglichkeit, mehr über die lokale Flora und die ökologischen Beziehungen in Waldgebieten zu lernen.
Anwendung & Verwendung
Die Verwendung der Mistel in der Heilkunde bzw. Medizin reicht Jahrtausende zurück. Schon in frühesten Aufzeichnungen der Kelten und Römer wird die Mistel erwähnt, die damals als heilig angesehen wurde und nur von Druiden für rituelle Handlungen unter Beachtung strenger Vorschriften geerntet werden durfte.
Ihrer positiven Wirkung bei verschiedensten gesundheitlichen Beschwerden verdankt die Mistel ihren früheren Ruf als "Zauberpflanze". Auch in der modernen Medizin kommt der Mistel als Naturheilmittel eine sehr große Bedeutung zu. Die Darreichung der Mistel erfolgt meist in Form von Tee. Dieser wird mit kaltem Wasser angesetzt, da die Mistel schädliche Giftstoffe enthält, die sich in heißem Wasser lösen und entfalten würden. Misteltee kann bereits getrocknet in herkömmlichen Teebeuteln erworben werden.
Jedoch gilt die Verwendung von frischer Mistel als effektiver, da durch die Trocknung Wirkstoffe verloren gehen können. Auch eine äußerliche Anwendung des aus der Mistel gewonnenen Tees ist möglich. Hierbei wird der Tee in Form von Umschlägen auf die Haut gelegt oder als Badezusatz ins Wasser gegeben. In einigen Fällen werden die getrockneten Blätter der Mistel sogar geschnupft.
Neben diesen urtümlichen Darreichungsformen der Mistelpflanze existieren heute auch diverse fertige Präparate und Salben, die sich der Heilkraft der Mistel bedienen und sie um weitere Komponenten erweitern.
Welche Inhaltsstoffe kommen in der Mistel vor?
Misteln sind nicht nur für ihre kulturelle Bedeutung bekannt, sondern auch für ihre vielfältigen bioaktiven Inhaltsstoffe, die in der traditionellen Medizin genutzt werden. Hier sind einige der wichtigsten chemischen Komponenten, die in Misteln gefunden werden können:
Viscotoxine: Diese sind kleine, peptidartige Substanzen, die starke zytotoxische und immunmodulierende Eigenschaften haben. Sie gehören zu den Hauptwirkstoffen in Mistelpräparaten, die in der komplementären Krebstherapie verwendet werden.
Lektine: Besonders die Mistellektine (ML I, ML II und ML III) sind von medizinischem Interesse, da sie das Immunsystem stimulieren können. Diese Proteine sind dafür bekannt, dass sie die Zelladhäsion beeinflussen und das Zellwachstum hemmen können, was sie zu potenziellen Wirkstoffen in der Krebstherapie macht.
Flavonoide: Diese Pflanzenstoffe sind bekannt für ihre antioxidativen Eigenschaften. Sie helfen, schädliche freie Radikale im Körper zu neutralisieren und tragen zur allgemeinen Gesundheitsförderung bei.
Phenolcarbonsäuren: Misteln enthalten auch verschiedene Phenolcarbonsäuren wie Ferulasäure und Kaffeesäure, die entzündungshemmende und antioxidative Wirkungen haben.
Polysaccharide: Diese komplexen Kohlenhydrate können das Immunsystem stimulieren und spielen eine Rolle bei der Unterstützung der körpereigenen Abwehrkräfte.
Alkaloide: Obwohl in geringeren Mengen vorhanden, tragen einige Alkaloide in der Mistel möglicherweise zu deren pharmakologischen Aktivitäten bei, einschließlich schmerzlindernder und beruhigender Effekte.
Oligo- und Polypeptide: Diese kleineren Proteine können verschiedene bioaktive Rollen in der Pflanze spielen und zur Gesamtwirkung von Mistelpräparaten beitragen.
Trotz dieser potenziell nützlichen Inhaltsstoffe ist zu beachten, dass Mistelpräparate sorgfältig verwendet werden sollten, da die Mistel selbst giftige Komponenten enthält, insbesondere ihre Beeren. Die Verwendung von Mistelpräparaten sollte unter Aufsicht von Fachpersonal erfolgen, insbesondere in therapeutischen Kontexten.
Bedeutung für Gesundheit, Behandlung & Vorbeugung
Das Spektrum der Krankheiten, die unter Zuhilfenahme der Mistel behandelt werden, ist sehr weitreichend. Das hauptsächliche Einsatzgebiet ist die Behandlung von Unregelmäßigkeiten im Blutdruck.
Hierbei kann durch die Einnahme von Misteltee, der anregend und regulierend auf den Kreislauf wirkt, eine blutdrucksteigernde aber auch -senkende Wirkung erzielt werden. Auch Folgeerkrankungen von Bluthochdruck, wie Herzschwäche oder Arteriosklerose, kann durch die Heilkraft der Mistel vorgebeugt werden. Misteltee wirkt außerdem blutstillend. So wird er oftmals nach Geburten verabreicht, um das Ausmaß des Wochenflusses gering zu halten. Auch bei Menstruationsbeschwerden ist die Einnahme von Misteltee empfehlenswert.
Hierbei wird oftmals eine deutliche Verringerung der Blutung sowie eine Linderung der einhergehenden Beschwerden, wie Unterleibsschmerzen oder Verdauungsproblemen, festgestellt. Die regulierenden Wirkstoffe der Mistel können auch auf Frauen in den Wechseljahren einen positiven Einfluss haben. Äußerlich angewendet entfaltet die Mistel ihre wohltuende Wirkung zum Beispiel bei juckenden oder sogar blutenden Hautekzemen.
Durch Neurodermitis oder Schuppenflechte beanspruchte Haut wird durch das Auflegen von Mistelumschlägen beruhigt und bei langfristiger Anwendung sogar widerstandsfähiger gegen schädliche Umwelteinflüsse. In Misteltee getränkte Umschläge werden außerdem zur Linderung von rheumatischen, arthritischen oder neuralgischen Schmerzen aufgelegt.
Sogar in der Krebstherapie kommt die Heilkraft der Mistel zum Einsatz. Allerdings ist sehr umstritten, inwiefern die Heilung einer solch schwerwiegenden Krankheit durch pflanzliche Präparate sinnvoll ergänzt werden kann. Obwohl die Wirksamkeit von Mistelpräparaten durch zahlreiche Studien untermauert wurde, ist eine alleinige Behandlung von Krebs durch Homöopathie in keinem Fall zu empfehlen.
Vielmehr sollte die schuldmedizinische Behandlung der Erkrankung durch die natürlichen Wirkstoffe der Mistel ergänzt werden, um beispielsweise die durch Chemotherapie auftretenden Beschwerden zu lindern und das Wohlbefinden des Patienten im Allgemeinen zu erhöhen.
Nebenwirkungen & Wechselwirkungen
Die Verwendung von Mistel, insbesondere in Form von Extrakten für therapeutische Zwecke, kann mit verschiedenen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen verbunden sein. Während Mistelpräparate in der Komplementärmedizin, besonders in der onkologischen Behandlung, genutzt werden, ist es wichtig, sich der möglichen Risiken bewusst zu sein:
Nebenwirkungen:
Lokale Reaktionen: An der Injektionsstelle von Mistelpräparaten können Rötungen, Schwellungen und Schmerzen auftreten. Diese sind meist mild und vorübergehend.
Allergische Reaktionen: Obwohl selten, können allergische Reaktionen auf Mistelpräparate auftreten, einschließlich Hautausschlag, Juckreiz und in schweren Fällen anaphylaktische Reaktionen.
Grippeähnliche Symptome: Einige Personen berichten über grippeähnliche Symptome wie Fieber, Schüttelfrost und Müdigkeit nach der Verabreichung von Mistel. Diese Symptome sind in der Regel mild und selbstlimitierend.
Gastrointestinale Beschwerden: Übelkeit, Erbrechen und Durchfall können ebenfalls auftreten, besonders bei höheren Dosierungen.
Wechselwirkungen:
Interaktion mit Chemotherapeutika: Mistel kann die Wirkung bestimmter Chemotherapeutika beeinflussen. In einigen Fällen kann sie synergistisch wirken, in anderen Fällen kann sie die Effektivität von Krebsmedikamenten herabsetzen. Eine sorgfältige Abstimmung mit dem behandelnden Onkologen ist erforderlich.
Einfluss auf Blutgerinnung: Mistelpräparate können die Blutgerinnung beeinflussen, was insbesondere für Patienten, die Antikoagulantien einnehmen, relevant ist. Dies könnte das Risiko für Blutungen erhöhen.
Wechselwirkungen mit Immuntherapien: Da Mistel immunmodulierende Eigenschaften hat, kann sie die Wirkung von immuntherapeutischen Medikamenten beeinträchtigen oder unvorhergesehene Immunreaktionen hervorrufen.
Aufgrund dieser potenziellen Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sollte die Verwendung von Mistelpräparaten unter medizinischer Aufsicht erfolgen, insbesondere bei Patienten mit komplexen medizinischen Bedingungen oder jenen, die eine Krebstherapie erhalten. Es ist wichtig, alle Behandlungen mit dem Arzt abzusprechen, um sicherzustellen, dass die Anwendung sicher und angemessen ist.
Quellen
- "Medicinal Plants of the World" von Ben-Erik Van Wyk und Michael Wink
- "Phytotherapy: A Quick Reference to Herbal Medicine" von Francesco Capasso, Timothy S. Gaginella
- "Medicinal Plants of the World: Chemical Constituents, Traditional and Modern Medicinal Uses" von Ivan A. Ross