Mycophenolat

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Mycophenolat ist ein Wirkstoff, welcher die Wirkung des Immunsystems abschwächt. Er wird daher hauptsächlich zur Unterdrückung der Abstoßungsreaktionen bei Organtransplantationen eingesetzt. Allerdings muss bei seinem Einsatz mit vielen Nebenwirkungen gerechnet werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Mycophenolat?

Mycophenolat wird hauptsächlich zur Unterdrückung der Abstoßungsreaktionen bei Organtransplantationen eingesetzt.

Mycophenolat ist ein Immunsuppressivum, welches oft zusammen mit anderen Medikamenten wie Ciclosporin oder Kortikoiden bei Organtransplantationen angewendet wird. Es stellt eine kompliziert aufgebaute chemische Verbindung dar, welche in den Nukleinsäurestoffwechsel eingreift.

Als Mycophenolat-Mofetil wurde das Medikament vom amerikanischen Pharmaunternehmen Synthex entwickelt. In den USA wurde es unter dem Namen CellCept® im Jahre 1995 auf den Markt gebracht. Es war eines der ersten Medikamente, die in Europa durch ein zentrales Zulassungsverfahren für 15 Länder zugelassen wurde. Als chemische Verbindung liegt es als fast weißes kristallines Pulver vor. Es ist unlöslich in Wasser. Allerdings löst es sich ein wenig in absolutem Alkohol. Der Schmelzpunkt des Wirkstoffs liegt bei 93 bis 94 Grad Celsius.

Mycophenolat-Mofetil ist ein sogenanntes Prodrug. Es wird im Organismus in die wirksame Substanz Mycophenolsäure umgewandelt. Im Handel ist dieser Wirkstoff auch als Natriumsalz unter dem Handelsnamen Myfortic® erhältlich. In dieser Form stellt das Medikament einen wasserlöslichen Wirkstoff dar. Auch das Natriumsalz wird im Körper in die wirksame Form Mycophenolsäure umgewandelt.

Pharmakologische Wirkung

Mycophenolsäure (MPA) ist ein Wirkstoff, welcher das Enzym Inosinmonophosphat-Dehydrogenase (IMPDH) hemmt. Inosinmonophosphat-Dehydrogenase ist für die Synthese von Guanosin verantwortlich. Guanosin ist wiederum ein Grundbaustein der Nukleinsäuren DNA und RNA. Es enthält die wichtige Purinbase Guanin.

Durch die Hemmung von IMPDH wird auch Guanosin nicht mehr synthetisiert. Dabei werden auch alle Vorgänge, die von der Nukleinsäurebildung abhängig sind, unterdrückt. Die Hemmung des Enzyms ist jedoch selektiv und reversibel. Es werden also keine anderen Enzyme gehemmt und nach Absetzen des Medikaments findet sofort wieder die Synthese von Guanosin statt.

Die Selektivität bedeutet jedoch auch, dass im Unterschied zu anderen Immunsuppressiva verstärkt und selektiv die Bildung von B- und T-Lymphozyten gehemmt wird. Die Immunzellen sind, wie keine anderen Zellen, auf die Neusynthese von Purinnukleotiden angewiesen, weil sie sich stark vermehren und deren Bedarf durch den Zerfall alter Zellen nicht ausreichend gedeckt werden kann.

Diese Neusynthese von Purinbasen, speziell Guanosin, fällt hier jedoch völlig aus. Andere Körperzellen, die sich nicht so stark vermehren, haben auch noch die Möglichkeit, wieder aufbereitete Purinbasen aus dem Abbau alter Nukleinsäuren zu verwenden. Das Immunsystem ist allerdings in großem Maße von der Verfügbarkeit einer ausreichenden Menge Nukleinsäuren abhängig, da es eine Vielzahl von Immunzellen bilden muss. So müssen ständig neue T-Lymphozyten, B-Lymphozyten, natürliche Killerzellen oder Makrophagen vorhanden sein, um für den Organismus einen ausreichenden Immunschutz zu gewährleisten.

Jedoch werden diese Zellen auch für die Ausführung der Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen gebildet. Für diesen Fall soll das Immunsystem unterdrückt werden. Dabei ist die Wirksamkeit von Mycophenolat jedoch so stark, dass es tatsächlich nur nach Organtransplantationen eingesetzt werden sollte. Denn die Nebenwirkungen sind so gravierend, dass der Einsatz etwa bei Autoimmunerkrankungen eher nachteilige Folgen hätte.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Das Hauptanwendungsgebiet von Mycophenolat ist, wie bereits erwähnt, der Einsatz bei Organtransplantationen. Es wird vor allem bei Nieren-, Leber- oder Herztransplantationen angewendet. Allerdings wird Mycophenolat immer zusammen mit Ciclosporin und den Kortikosteroiden zur Unterdrückung des Immunsystems eingesetzt.

Die Medikation beginnt zwei Tage nach der Transplantation durch orale Einnahme von Tabletten. Die Wirkung ist selektiv. Im Gegensatz zu einigen anderen Immunsuppressiva wird der Metabolit Mycophenolsäure nicht in die DNA eingebaut. Es wird nur die Neusynthese von Purinbasen unterdrückt. Dadurch kommt es nach dem Absetzen des Medikamentes sofort wieder zu einer normalen Immunreaktion. Die Wirkung von Mycophenolat ist sehr stark. Dadurch kann das Medikament die Abstoßungsreaktionen jedoch sehr gut unterdrücken.


Risiken & Nebenwirkungen

Diese starke immunsuppressive Wirkung von Mycophenolat ruft auf der anderen Seite heftige Nebenwirkungen hervor. Die Nebenwirkungen sind häufig schwerwiegend und kommen in großer Zahl vor. Zu den häufigen Nebenwirkungen gehören unter anderem Anämie, Thrombozytopenie, Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle. Die Anämie wird durch die Hemmung der Blutbildung infolge der fehlenden Nukleinsäuresynthese hervorgerufen.

Außerdem wird die immunsuppressive Behandlung von häufigen Infekten wie Herpes Simplex, Herpes Zoster, Candidose oder gar Sepsis begleitet. Es wurde sogar über Missbildungen bei neugeborenen Kindern, deren Mütter mit Mycophenolat in Kombination mit anderen Immunsuppressiva behandelt wurden, berichtet.

In einigen wenigen Fällen kommt es zudem zur Ausbildung einer lebensbedrohlichen progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML). Die PML ist eine Infektion des zentralen Nervensystems mit Polyomaviren, die nur stark abwehrgeschwächte Personen bekommen können. Die Erkrankung schreitet schnell voran und führt zu zahlreichen neurologischen Ausfällen, die schließlich tödlich verlaufen können. Des Weiteren besteht, wie bei den anderen Immunsuppressiva auch, die Möglichkeit der Ausbildung von Hautkrebs. Deshalb ist es wichtig, sich während der Behandlung nicht der UV-Strahlung der Sonne auszusetzen.

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