Mycophenolsäure

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. September 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Mycophenolsäure handelt es sich um ein Arzneimittel, welches zur Wirkstoffklasse der Immunsuppressiva gehört. Es wurde als erstes charakteristisches Antibiotikum in seiner Wirkweise auf Zellwachstum und Zellteilung erforscht. Es gilt seit etwa 85 Jahren als zuverlässiges Medikament und wird heute häufig im Bereich der Organtransplantation verordnet.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Mycophenolsäure?

Mycophenolsäure gehört zu den Immunsuppressiva und wird häufig im Bereich der Organtransplantation verordnet.

Mycophenolsäure, auch bekannt unter dem lateinischen Namen Acidum mycophenolicum, wurde erstmals 1893 von dem italienischen Arzt und Mikrobiologen Bartolomeo Gosio isoliert hergestellt. Während seiner wissenschaftlichen Forschung konnte Gosio beobachten, dass die Mycophenolsäure das Wachstum von Milzbranderregern deutlich verringerte.

Erst nachdem Alexander Flemming im Jahre 1928 die antibiotische Wirkung von Penicillin erforschte und diese im Jahre 1929 vorstellte und zur medizinischen Anwendung freigab, wurde das Spektrum der medizinischen Versorgung mit Antibiotika erweitert. So stieß ein Mitentdecker des Penicillins auf die Forschungsergebnisse von Bertolomeo Gosio. Er vervollständigte die Beobachtungen und die Wirkweise der selektiven, nicht-kompetitiven und reversiblen Hemmung von Mycophenolsäure.

Das Medikament ist ein weißes kristallines Pulver, welches auch unter der Summenformel C17H20O6 bekannt ist. Es ist fast unlöslich in kaltem Wasser, wenig löslich in Tolul und mäßig löslich Diethylether und Chloroform. Nur unter der Zugabe von Ethanol ist das weiße Pulver leicht löslich.

Pharmakologische Wirkung

Heute wird Mycophenolsäure als Immunsuppressiver zur prophylaktischen Behandlung und bei aggressiven Erkrankungen angewendet. Das pharmakologische Ziel beruht auf der selektiven, nicht-kompetitiven und reversiblen Hemmung eines Enzyms, das für die Biosynthese von Guanosin wichtig ist. Das Enzym ist unter dem Namen Inosinmonophosphat-Dehydrogenas bekannt.

Durch die Hemmung des Enzyms, wird die Proliferation der B- und T-Lymphozyten und die DNA-Synthese blockiert. Während diese Zellen blockiert werden, können sich die anderen Zellen einen andere Biosyntheseweg suchen. Der Unterschied von Mycophenolsäure zu andere Immunsuppressiva ist, dass dieses sich nicht direkt in der DNA festsetzt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Die medizinische Behandlung durch Mycophenolsäure erfolgt in Form von Tabletten. Als Indikation liegt der Focus auf der prophylaktischen Behandlung bei Organtransplantationen, in Kombination mit einem weiteren Immunsuppressivum, um Abstoßungserscheinungen vorzubeugen.

Des Weiteren kann das Medikamente verordnet werden, wenn eine starke rheumatische Erkrankung mit Befall der inneren Organe vorliegt. Wenn noch kein Befall der Organe vorliegt, kann das Medikament prophylaktisch eingenommen werden, um diesen zu verhindern.

Die Therapie mit diesem Immunsuppressivum sollte möglichst nur von Ärzten mit Erfahrungen in den Bereichen der Organtransplantation erfolgen. Die Dosierung wird individuell auf jeden Patienten abgestimmt, orientiert sich meistens bei Erwachsenen um 720mg, zweimal täglich. Das Einschleichen von Mycophenolsäure sollte durch eine regelmäßige Laboruntersuchung des Blutes lückenlos dokumentiert werden, um eine Überdosierung zu vermeiden.

Während einer Schwangerschaft und Stillzeit sollte das Medikament nicht eingenommen werden. Sind Allergien auf die einzelnen Bestandteile der Mycophenolsäure bekannt, sollte auch hier auf die Einnahme verzichtet und gegebenenfalls eine Alternative zu diesem Medikament verordnet werden. Ob die Behandlung durch Mycophenolsäure erfolgreich ist, zeigt sich meist erst 3 Monate nach Beginn der Einnahme.

Häufig bemerken Patienten nach einer Behandlungszeit von 4-8 Wochen eine Linderung der Symptomatik. Die Wirkung zeigt sich durch Abklingen der Schmerzen und weniger Einlagerung von Wasser im Gewebe. Die Entzündungswerte im Blutbild verbessern sich, Morgensteifheit und Müdigkeit nehmen ab, die Belastbarkeit nimmt zu. Um eine kontinuierliche Besserung zu bewirken ist es notwendig, das Medikament langfristig zu nehmen. Die Einnahme muss regelmäßig erfolgen, auch wenn sich der allgemeine Zustand des Patienten verbessert hat.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Mycophenolsäure, einem immunsuppressiven Medikament, das häufig nach Organtransplantationen eingesetzt wird, gibt es wichtige Punkte zu beachten. Es wird in Form von Mycophenolatmofetil oder Mycophenolat-Natrium verabreicht, die beide als Vorstufen von Mycophenolsäure wirken. Die übliche Dosierung variiert je nach Art der Transplantation, Patientengröße und -gewicht sowie individuellen Faktoren, beträgt aber typischerweise 1-2 Gramm pro Tag, aufgeteilt in zwei Dosen.

Es ist entscheidend, dass Mycophenolsäure in gleichbleibenden Intervallen eingenommen wird, um eine konstante Wirkstoffkonzentration im Blut aufrechtzuerhalten. Das Medikament sollte auf nüchternen Magen oder nach einer leichten Mahlzeit eingenommen werden, um Magen-Darm-Beschwerden zu minimieren. Eine genaue Überwachung der Blutspiegel kann bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder bei Risikogruppen erforderlich sein.

Da Mycophenolsäure das Immunsystem unterdrückt, erhöht sie das Risiko für Infektionen und bösartige Erkrankungen wie Hautkrebs. Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind daher essenziell. Schwangere oder Frauen im gebärfähigen Alter sollten darauf achten, dass Mycophenolsäure teratogen wirken kann, weshalb eine zuverlässige Verhütung notwendig ist. Es ist auch wichtig, die Einnahme nicht abrupt abzubrechen, da dies das Risiko einer Organabstoßung erhöhen kann.

Risiken & Nebenwirkungen

Wie bei jeder pharmazeutischen Behandlung können unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Grundsätzlich sollte immer bedacht werden, das Immunsuppressiva das Immunsystem schwächen. Der Körper kann keine starke Abwehr leisten, dadurch steig das allgemeine Infektionsrisiko. Die Infekte können in Form von Bakterien, Viren oder Pilzen auftreten.

Zu weiteren Nebenwirkungen von Mycophenolsäure zählen häufig Magen-Darmbeschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen), grippale Infekte, Blutbildveränderungen, Infektion der Atemwege (Bronchitis) und Nieren- und Leberfunktionsstörungen. Selten hingegen kommt es zur Tachykardie (erhöhter Pulsschlag), Zittern, Haarausfall oder die Bildung von bösartigen oder gutartigen Tumoren.

Während der Einnahme des Immunsuppressivums sollten keine Impfungen erfolgen. Auch sollte UV-Strahlung gemieden werden, da es zu Hautirritationen kommen kann. Der Arzt sollte während der Einnahme von Mycophenolsäure regelmäßige Kontrollen der Laborwerte, sowie der Haut und Schleimhäute durchführen.

Kontraindikationen

Mycophenolsäure, ein Immunsuppressivum, wird häufig bei Organtransplantationen eingesetzt, um eine Abstoßung des Transplantats zu verhindern. Es gibt jedoch mehrere Kontraindikationen, die bei der Verwendung von Mycophenolsäure berücksichtigt werden müssen.

Schwangerschaft: Mycophenolsäure ist teratogen und kann zu schweren Geburtsfehlern führen. Es sollte daher nicht von schwangeren Frauen eingenommen werden. Frauen im gebärfähigen Alter müssen zuverlässige Verhütungsmethoden anwenden, bevor und während der Behandlung mit Mycophenolsäure sowie für eine bestimmte Zeit nach Behandlungsende.

Stillzeit: Das Medikament sollte nicht während der Stillzeit verwendet werden, da es in die Muttermilch übergehen und das gestillte Kind schädigen könnte.

Schwere Magen-Darm-Erkrankungen: Mycophenolsäure kann die Magen-Darm-Schleimhaut reizen und zu Geschwüren, Blutungen oder Perforationen führen. Bei Patienten mit schweren Magen-Darm-Erkrankungen sollte die Anwendung vermieden werden.

Schwere Nierenfunktionsstörungen: Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz kann die Ausscheidung von Mycophenolsäure beeinträchtigt sein, was zu einer erhöhten Toxizität führen kann. Die Anwendung sollte in solchen Fällen mit Vorsicht erfolgen und die Dosis entsprechend angepasst werden.

Allergien: Patienten mit einer bekannten Allergie oder Überempfindlichkeit gegenüber Mycophenolsäure oder einem ihrer Bestandteile sollten das Medikament nicht einnehmen.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Mycophenolsäure zeigt verschiedene Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die bei der Verabreichung beachtet werden müssen. Eine wichtige Interaktion besteht mit Antazida und anderen Medikamenten, die Magnesium oder Aluminium enthalten, da diese die Aufnahme von Mycophenolsäure im Magen-Darm-Trakt verringern können. Es wird empfohlen, Antazida mit einem zeitlichen Abstand von mindestens 2 Stunden zur Einnahme von Mycophenolsäure zu verwenden.

Cholestyramin, ein Mittel zur Senkung des Cholesterinspiegels, kann ebenfalls die Resorption von Mycophenolsäure beeinträchtigen, was zu einer verringerten Wirksamkeit führt. Ciclosporin, ein anderes Immunsuppressivum, kann die Konzentration von Mycophenolsäure senken, wenn beide Medikamente zusammen eingenommen werden, was eine Anpassung der Dosierung notwendig machen kann.

Azathioprin, ein weiteres Immunsuppressivum, sollte nicht zusammen mit Mycophenolsäure angewendet werden, da dies das Risiko für übermäßige Immunsuppression und daraus resultierende Infektionen erhöhen kann.

Die gleichzeitige Anwendung von Protonenpumpenhemmern wie Omeprazol kann die Bioverfügbarkeit von Mycophenolsäure reduzieren, allerdings ist die klinische Relevanz dieser Wechselwirkung meist gering.

Patienten sollten bei der Anwendung von oralen Kontrazeptiva ebenfalls vorsichtig sein, da Mycophenolsäure die Wirksamkeit hormoneller Verhütungsmittel möglicherweise vermindern kann. Es wird empfohlen, zusätzliche Verhütungsmethoden anzuwenden, um eine ungewollte Schwangerschaft zu vermeiden.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Mycophenolsäure nicht vertragen wird oder aufgrund von Nebenwirkungen oder Kontraindikationen nicht eingesetzt werden kann, stehen alternative immunsuppressive Medikamente zur Verfügung, insbesondere bei Organtransplantationen.

Eine häufige Alternative ist Azathioprin, ein Immunsuppressivum, das ebenfalls die Funktion der Immunzellen hemmt und verhindert, dass der Körper das Transplantat abstößt. Azathioprin ist seit Jahrzehnten im Einsatz und wird oft gut vertragen. Allerdings hat es auch potenzielle Nebenwirkungen, wie Knochenmarksuppression, was regelmäßige Blutbildkontrollen erfordert.

Ein weiterer Wirkstoff ist Tacrolimus, ein Calcineurin-Inhibitor, der die Aktivierung von T-Zellen hemmt. Tacrolimus wird häufig bei Nierentransplantationen eingesetzt und gilt als hochwirksam bei der Verhinderung von Organabstoßungen. Es erfordert jedoch ebenfalls eine enge Überwachung, da es nephrotoxisch sein kann und das Risiko für Infektionen erhöht.

Sirolimus ist eine weitere Option. Es gehört zur Klasse der mTOR-Inhibitoren und blockiert die Zellproliferation der Immunzellen. Sirolimus wird bei Patienten verwendet, die Calcineurin-Inhibitoren nicht vertragen, da es eine andere Wirkweise hat. Es hat jedoch ebenfalls Nebenwirkungen, darunter eine verzögerte Wundheilung und ein erhöhtes Infektionsrisiko.

Insgesamt hängt die Wahl der Alternativen von der individuellen Situation des Patienten ab, einschließlich der Verträglichkeit, Begleiterkrankungen und des spezifischen Transplantats.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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