Neugeborenensepsis
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Krankheiten Neugeborenensepsis
Bei der Neugeborenensepsis handelt es sich um eine bakterielle Infektion beim neugeborenen Kind, die bei 0,1 bis 0,8 Prozent aller Neugeborenen auftritt. Diese tritt vor allem dann auf, wenn das Immunsystem, wie bei Frühgeborenen, noch nicht vollständig ausgereift ist. Es wird je nach Ansteckungszeitpunkt zwischen einer Früh- und einer Spätsepsis unterschieden.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist eine Neugeborenensepsis?
Wenn die Ansteckung des Neugeborenen vor oder während der Geburt erfolgt, handelt es sich um eine Frühsepsis. Die führenden Krankheitserreger, die von der Mutter auf das Neugeborene übertragen werden sind Beta-hämolysierende Streptokokken und Escherichia coli. Diese gelangen über den Mastdarm in die Scheide, entzünden die Eihäute und können dadurch problemlos ins Fruchtwasser gelangen.
Alternativ dazu werden sie vom Kind unmittelbar während des Geburtsvorganges aufgenommen. Die Bakterien verteilen sich im Blut und verursachen überschießende Infektionsherde, die zu einem septischen Schock führen können. Bei der Spätsepsis sind die ersten Symptome erst nach der ersten Lebenswoche zu erkennen. Die Ansteckung mit dem Krankheitserreger erfolgte hierbei entweder vertikal während des Geburtsvorganges oder durch direkten Kontakt mit den Keimen.
Insbesondere wenn es unter der Geburt zu invasiven Methoden, wie dem Einsatz der Geburtszange kommt, kann die Haut des Säuglings verletzt werden und dadurch den Keimen einen direkten Zugang ermöglichen. Im Gegensatz zur Frühsepsis kann das Immunsystem die Infektion eine Zeit lang unterdrücken.
Ursachen
Auch das Vorliegen eines Amnioninfektionssyndroms, bei dem die Fruchtblase und die Eihäute infiziert sind, führt zu einer Neugeborenensepsis. Ein erhöhtes Risiko für die Blutvergiftung des Neugeborenen birgt ein frühzeitiger Blasensprung, durch den der Weg für sämtliche Bakterien direkt in die Gebärmutter frei wird.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptome treten je nach Form der Sepsis entweder bereits am ersten Lebenstag oder erst nach der ersten Lebenswoche auf. Der Übergang von einem gesund wirkenden Kind zum schwer kranken Zustand verläuft zumeist sprunghaft, wobei der septische Schock, der zum Tode führen kann, bereits nach wenigen Stunden einsetzt. Je nach dem, an welcher Stelle die Erstinfektion erfolgt ist, können dort die ersten Veränderungen festgestellt werden.
Diese Infektionszeichen können an den Atmungsorganen, an der Haut oder im Bereich des Verdauungsapparates auftreten. Von außen macht sich die Infektion zuerst in diffusen Symptomen, wie einer Trinkschwäche, einer erhöhten Temperatur und einer Berührungsempfindlichkeit des Kindes sichtbar. Falls die Infektion am Atmungsapparat erfolgte, kann es zu einem Atemnotsyndrom kommen oder es können Atemaussetzer festgestellt werden.
Die Infektzeichen an der Haut äußern sich in Ödemen, Eiterbläschen, einer Entzündung der Nabelschnur oder einer Gelbfärbung der Augen. Wenn das Nervensystem betroffen ist, sind Apathie, Bewusstseinsstörungen, Schläfrigkeit, Krämpfe oder vorwölbende Fontanellen Warnhinweise auf eine Neugeborenensepsis.
Bei einer Spätsepsis sind die Kinder oft von einer Hirnhautentzündung betroffen. Eine Infektion des Verdauungstraktes geht mit Nahrungsverweigerung, Durchfall beziehungsweise Verstopfung und einer Vergrößerung von Leber und Milz einher.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Zur Abklärung der Krankheitserreger erfolgt als erste diagnostische Maßnahme eine Blutabnahme, von der eine Blutkultur angelegt wird. Wenn der Befund einen Mangel an Leukozyten - eine Leukopenie ausweist, gilt dies zumeist als sicheres Anzeichen für eine Sepsis. Bei einer Spätsepsis werden Urinkulturen angelegt und beim Vorliegen einer Hirnhautentzündung werden die infektionsverursachenden Bakterien mittels einer Lumbalpunktion eruiert.
Bei einer rechtzeitigen Behandlung durch die Gabe von Antibiotika kann eine Neugeborenensepsis rasch geheilt werden. Manchmal bleiben eine pulmonale Hypertonie oder Schäden am Nervensystem zurück. Falls jedoch die ersten Alarmzeichen übersehen werden, kann die Infektion einen septischen Schock beim Neugeborenen verursachen, der binnen weniger Stunden zum Tod führt. Eine verspätete Behandlung liegt in 10 bis 25 Prozent der Fälle vor.
Komplikationen
Ein Abbau von giftigen Substanzen oder die erfolgreiche Bekämpfung von Bakterien obliegt somit primär der ärztlichen Obhut. Nach den üblichen Eingangssymptomen kann das Neugeborene unspezifische und schwer einzuschätzende Komplikationen entwickeln. Im Laufe der Zeit zieht die Blutvergiftung immer mehr Organe in Mitleidenschaft. Ein erhöhter Herzschlag sowie Atemnot treten in Regel rasch auf. Eine Ablagerung der Mikroorganismen im Ohr kann in einer schweren Mittelohrentzündung mit Verschluss des Gehörganges münden.
Besonders hohes Gefahrenpotenzial geht von einer möglichen Meningitis (Hirnhautentzündung) aus. Eine geschwollene Fontanelle und sehr hochfrequentes Schreien sind als Merkmale dieser Komplikation zu nennen. Ebenso kann als Konsequenz einer Sepsis sich eine Lungenentzündung entwickeln. Typischerweise nehmen Babys während einer Sepsis nur wenig Flüssigkeit zu sich und drohen als Folge auszutrocknen. Langzeitschäden oder das Ableben des Nachwuchses durch septischen Schock mit Multiorganversagen bei zu spät begonnener Therapie sind nicht auszuschließen.
Dauerhaft neurologische Fehlfunktionen und hoher Blutdruck in den Lungengefäßen treten je nach Ausprägung und schwere des Verlaufs auf. Wird die Erkrankung rechtzeitig erkannt, bleibt die Gefahr, dass Unverträglichkeiten aufgrund antibiotischer Behandlungen entstehen können. Die Sterberate liegt unter diesen Bedingungen bei ungefähr bei vier Prozent.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Findet die Geburt eines Kindes in einem stationären Umfeld oder einem Geburtshaus statt, werden Mutter und Kind grundsätzlich von Geburtshelfern bei der Niederkunft begleitet. In den meisten Fällen findet die Begleitung noch einige Stunden oder Tage nach der Geburt statt.
Stellen sich in dieser Zeit Unregelmäßigkeiten des Gesundheitszustandes des Neugeborenen ein, übernehmen die Krankenschwestern, Hebammen oder Ärzte die Untersuchungen des Säuglings. Werden von ihnen Auffälligkeiten oder Besonderheiten des Gesundheitszustands wahrgenommen, kommt es automatisch zu einer medizinischen Versorgung des Neugeborenen. In diesen Fällen müssen die Eltern oder Angehörigen nicht aktiv werden.
Entwickelt sich die Neugeborenensepsis nach der Entlassung aus dem Krankenhaus oder der Zusammenarbeit mit den Geburtshelfern, ist ein Arztbesuch notwendig. Eine Verweigerung von Nahrung, Fieber oder Verhaltensauffälligkeiten sind von einem Arzt begutachten und abklären zu lassen. Kommt es zu einem apathischen Auftreten oder einer Teilnahmslosigkeit, besteht Anlass zur Besorgnis.
Ein erhöhter Schlafbedarf, schnelle Ermüdung sowie eine mangelnde Reaktion auf soziale Interaktionen sollten mit einem Arzt besprochen werden. Veränderungen des Hautbildes, Krämpfe oder eine Störung der Atemtätigkeit müssen von einem Arzt untersucht werden. Da die Neugeborenensepsis ohne eine ärztliche Behandlung zu einem vorzeitigen Ableben führen kann, ist bereits bei den ersten Unregelmäßigkeiten ein Arztbesuch anzuraten.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung der neonatalen Sepsis erfolgt mittels Antibiotika, die über eine Infusion verabreicht werden. Dabei greift man zu Beginn auf Breitbandantibiotika zurück, die eingesetzt werden, solange die Ergebnisse der Blut- und Urinkulturen noch ausstehen. Bei einer Frühsepsis wird Aminopenicillin oder eine Kombination aus Cephalosphorin / Aminopenicellin verabreicht.
Neben der Behandlung der Infektion setzt man parallel ergänzende Maßnahmen zur Stabilisierung des Zustandes des Neugeborenen. Neben einer Flüssigkeitsgabe über eine Infusion, kann eine Beatmung notwendig sein. Auch eine mögliche Unterzuckerung oder Blutarmut werden behandelt.
Aussicht & Prognose
Grundsätzlich muss eine Neugeborenensepsis immer intensivmedizinisch behandelt werden. Da es sich um ein hochakutes Krankheitsbild handelt, stellt sie einen Notfall dar. Die Prognose ist deshalb davon abhängig, wie schnell die Therapie eingeleitet wird. Nur bei schnellstmöglicher Behandlung können Folgeschäden vermieden werden.
Die Prognose ist abhängig von der Dauer der Neugeboreneninfektion. Je länger diese bereits besteht, umso mehr Organe werden auch davon angegriffen und umso höher ist dann auch das Risiko für ein Übergreifen auf das Gehirn. Schlimmstenfalls kann die Neugeborenensepsis einen septischen Schock auslösen, der im Versagen des Kreislaufs endet. Die Folge wären Nieren- und Lungenversagen, schlimmstenfalls kommt es zum Multiorganversagen. Ohne Therapie kann eine Neugeborenensepsis also innerhalb von wenigen Stunden bis Tagen tödlich enden.
Entscheidend für die Prognose ist, dass die Therapie so früh wie möglich eingeleitet wird. Eine gute Prophylaxe sowie eine schnelle antibiotische Behandlung tragen dazu bei, dass nur noch etwa vier Prozent der Kinder an der Neugeborenensepsis versterben. Die Therapie sollte schon bei bloßem Verdacht beginnen, die Anpassung der Antibiotika kann dann bei Nachweis des Erregers noch erfolgen.
Sofern sich das Neugeborene von der Erkrankung erholt, muss meist nicht mit Langzeitfolgen gerechnet werden. Kommt es im Rahmen der Neugeborenensepsis jedoch zu einer Hirnhautentzündung, kann sich in der Folge eine verzögerte Entwicklung, eine zerebrale Kinderlähmung oder auch Gehörverlust zeigen.
Vorbeugung
In vielen Ländern wird zwischen der 35. Und der 37. Schwangerschaftswoche bei der Mutter ein Abstrich aus der Scheide und dem Mastdarm entnommen. Dieser wird auf Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe B untersucht, die vor allem für die Frühsepsis verantwortlich sind.
Bei einem positiven Befund wird der Mutter unmittelbar vor der natürlichen Geburt eine Infusion mit Antibiotika, wie Penicillin G oder Ampicillin, verabreicht. Durch diese Maßnahme wird das Ansteckungsrisiko deutlich gesenkt. Um eine Spätsepsis zu vermeiden, sind elementare Hygienemaßnahmen, wie das Händewaschen, im Umgang mit Kindern unumgänglich.
Nachsorge
Bei einer Neugeborenensepsis stehen dem Patienten in den meisten Fällen nur sehr eingeschränkte Maßnahmen der direkten Nachsorge zur Verfügung. Es kann dabei auch im schlimmsten Fall zum Tod des Kindes kommen, wenn die Neugeborenensepsis erst spät erkannt und behandelt wird. Daher sollten vor allem die Eltern auf die Symptome und Beschwerden dieser Erkrankung besonders gut achten und dabei auch sofort einen Arzt aufsuchen und eine Behandlung einleiten, damit auch keine weiteren Komplikationen und Beschwerden mehr eintreten können.
Die Neugeborenensepsis wird dabei in der Regel durch die Einnahme von verschiedenen Medikamenten und Antibiotika gelindert und vollständig eingeschränkt. Dabei sollte auf eine richtige Dosierung und eine regelmäßige Einnahme beachtet werden, um weitere Komplikationen und Beschwerden zu verhindern. Bei Unklarheiten oder bei Fragen sollte zuerst ein Arzt konsultiert werden.
In vielen Fällen sind die Eltern bei einer Neugeborenensepsis auf die Hilfe und die Unterstützung durch die eigene Familie angewiesen. Dadurch können vor allem auch psychische Verstimmungen oder Depressionen verhindert und gelindert werden. Wird die Neugeborenensepsis früh erkannt und behandelt, so kommt es in der Regel nicht zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen.
Das können Sie selbst tun
Selbsthilfemaßnahmen sind bei einer Neugeborenensepsis nicht angezeigt. Es gibt keine Möglichkeiten, die ohne eine medizinische Versorgung zur Linderung der Beschwerden führt. Da für das Kind Lebensgefahr besteht, ist eine intensivmedizinische Betreuung notwendig. Neugeborene können naturgemäß keine Veränderungen ihrer Situation herbeiführen. Eltern und Angehörige sehen sich bei dem akuten gesundheitlichen Zustand des Säuglings ebenfalls hilflos den Entwicklungen gegenüber.
Den Handlungen der Ärzte ist in dieser Zeit zu vertrauen. Eltern sollten sich umfassend über den Zustand des Nachwuchses aufklären lassen und alle offenen Fragen an das Pflegeteam stellen. Darüber hinaus kann in Fachliteratur über die Erkrankung nachgelesen werden, mit welchen Entwicklungen zu rechnen ist und welcher Handlungsspielraum vorhanden ist. Interne Unstimmigkeiten und Streitigkeiten sind in dieser Situation unbedingt zu vermeiden.
Bei Entscheidungsfragen sollte schnellstmöglich im Interesse des Neugeborenen gehandelt werden können und dies gelingt, wenn alle Betroffenen in Harmonie miteinander umgehen. Zeitverzögerungen oder die Notwendigkeit zur Einschaltung von Behörden können sich verheerend auf die Gesundheit des Kindes auswirken, da oftmals schnell Maßnahmen der Behandlung eingeleitet werden müssen und die Zustimmung der Eltern dafür notwendig ist. Für eine mentale Stärkung sollten sich die Angehörigen gegenseitig stützend zur Seite stehen oder eine professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Quellen
- Kerbl, R. et al.: Checkliste Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2011
- Koletzko, B.: Basiswissen Pädiatrie. Springer Medizin Verlag, Berlin 2009
- Sitzmann, F.C.: Pädiatrie. Thieme, Stuttgart 2012