Neurohypophyse
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Neurohypophyse ist wie die Adenohypophyse ein Teil der Hirnanhangdrüse (Hypophyse). Allerdings ist sie selber keine Drüse, sondern ein Bestandteil des Gehirns. Ihre Aufgabe besteht in der Speicherung und Bereitstellung zweier wichtiger Hormone.
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Was ist die Neurohypophyse?
Die Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen) ist neben der Adenohypophyse (Hypophysenvorderlappen) der kleinere Bestandteil der Hypophyse. Im Gegensatz zur Adenohypophyse ist die Neurohypophyse jedoch keine Drüse. Sie kann keine Hormone produzieren. Aber sie übernimmt die Aufgabe zwei wichtige Hormone, das ADH und das Oxytocin, zu speichern.
Entwicklungsgeschichtlich ist sie ein Bestandteil des Gehirns. Während der Schwangerschaft entwickelt sie sich aus einer Ausstülpung des Zwischenhirns. Die Adenohypophyse geht andererseits aus einer Ausstülpung der Mundbucht hervor und wird zu einer endokrinen Drüse. Trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft und Funktionen verschmelzen beide Organe jedoch in Form der Hypophyse zu einer Funktionseinheit.
Als Hypophysenhinterlappen stellt die Neurohypophyse beim Menschen den hinteren Teil der Hypophyse dar. Das betrifft allerdings nur den Menschen. Bei anderen Säugetieren, wie beispielsweise bei Raubtieren oder Pferden, wird sie vollständig von der Adenohypophyse umschlossen. Deshalb kann der Begriff Hypophysenhinterlappen im Zusammenhang mit der Neurohypophyse nicht verallgemeinert werden.
Anatomie & Aufbau
Der Lobus nervosus ist der hintere Teil der Neurohypophyse. Dort werden die im Hypothalamus gebildeten Effektorhormone Oxytozin und ADH gespeichert. Die Speicherung dieser Hormone wird durch ihre Bindung an bestimmte Trägerproteine (Neurophysine) gewährleistet. Bestimmte spezialisierte Zellen der Neurohypophyse, die Pituizyten, können bei Bedarf die proteolytische Spaltung der Hormone von den Trägerproteinen und ihre Abgabe in die Blutbahn veranlassen.
Funktion & Aufgaben
Die Neurohypophyse hat die Aufgabe, die Hormone Vasopressin (ADH) und Oxytozin zu speichern und bei Bedarf freizusetzen. Die beiden Hormone werden zunächst an sogenannte Neurophysine gebunden und gelangen durch Axone (Nervenzellfortsätze) vom Hypothalamus zum Hypophysenhinterlappen. Als Nahtstelle zwischen Nerven- und Hormonsystem ermittelt die Neurohypophyse den Bedarf des Körpers an diesen Hormonen und veranlasst auf dieser Grundlage ihre Freisetzung. Vasopressin, auch antidiuretisches Hormon genannt, reguliert den Wasserhaushalt des Körpers.
Es verhindert, dass zu viel Wasser über den Urin aus dem Körper ausgeschieden wird. So wird bei einer Unterversorgung des Körpers mit Wasser oder einem zu hohen Flüssigkeitsverlust das Blut eingedickt. Dabei nimmt die Menge des Blutes ab und der Blutdruck sinkt. Im Hypothalamus werden diese Veränderungen durch bestimmte Nervenzellen registriert, mit der Folge, dass sich die Produktion von Vasopressin erhöht. Diese verstärkte Bildung von Vasopressin ist für die Neurohypophyse wiederum das Signal, das Hormon aus ihrem Speicher freizugeben. Daraufhin drosselt das Vasopressin die weitere Ausscheidung von Flüssigkeit.
Das andere Hormon, Oxytozin, übernimmt mehrere Funktionen im Körper. Es ist für die Auslösung der Wehen und die Bereitstellung von Milch in der Brust beim Stillen verantwortlich. Außerdem vermittelt es beim Geschlechtsverkehr eine anregende Wirkung. Die Ausschüttung von Oxytozin durch die Neurohypophyse wird durch verschiedene Reize, wie die Geburt, den Saugreflex beim Stillen oder den Geschlechtsverkehr ausgelöst.
Krankheiten
In extremen Fällen tritt ein Flüssigkeitsverlust bis zu 20 Liter pro Tag auf. Das schwere Durstgefühl veranlasst den Menschen, sehr große Flüssigkeitsmengen zu trinken. Allerdings kann die Austrocknung damit nicht verhindert werden, weil die getrunkene Flüssigkeit sofort wieder ausgeschieden wird. Weitere Symptome des Diabetes insipidus sind Müdigkeit, trockene Haut und sehr niedriger Blutdruck. Durch den ständigen Wasserverlust steigt auch die Natriumkonzentration im Blut. Das führt zu Verwirrtheitszuständen, Krampfanfällen oder Koma. Der Vasopressin-Mangel kann vielfältige Ursachen haben. So ist die Produktion und Speicherung von Vasopressin gegebenenfalls durch Tumoren oder Zysten im Hypothalamus oder in der Neurohypophyse gestört. Das Gewebe von Hypothalamus oder Hypophysenhinterlappen kann aber auch durch entzündliche Prozesse bei einer Hirnhautentzündung oder bei einer Tuberkulose geschädigt sein.
Auch Operationen, Bestrahlungen, Infarkte oder Blutungen können beide Organe in Mitleidenschaft ziehen. Das Gleiche gilt für einen Unfall mit einem Schädel-Hirn-Trauma. Sehr häufig wird der Hypothalamus oder die Neurohypophyse auch durch sogenannte Autoimmunreaktionen geschädigt. Dabei greift das Immunsystem das Gewebe dieser Organe an. In seltenen Fällen wird auch zu viel Vasopressin (ADH) gebildet. Das betrifft besonders Frühgeborene, die beatmet werden. Auch bei Bronchialkarzinomen kommt es vor. Hier wird viel Wasser im Körper zurückgehalten und die Natrium-Konzentration sinkt ab. Neuere Untersuchungen deuten auch darauf hin, dass Vasopressin neben antidiuretischen Eigenschaften auch Einfluss auf die Psyche haben könnte. Somit besteht die Wahrscheinlichkeit, dass Erkrankungen der Neurohypophyse auch psychologische Auswirkungen haben.
Quellen
- Schiebler T., Schmidt W., Zilles, K.: Anatomie. Steinkopff-Verlag, Heidelberg 2007
- Marischler, C.: BASICS Endokrinologie. Urban & Fischer, München 2013
- Wolff, H.-P., Weihrauch, T.R. (Hrsg.): Internistische Therapie. Urban & Fischer, München 2012