Pallister-Killian-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Pallister-Killian-Syndrom ist eine Erberkrankung die zu unterschiedlichen anatomischen Auffälligkeiten führt. In Deutschland und den umgebenden Ländern sind derzeit nur 38 Fälle des Syndroms bekannt. Somit ist das Pallister-Killian-Syndrom eine sehr seltene Erkrankung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Pallister-Killian-Syndrom?

Im Gegensatz zu anderen Chromosomenstörungen, wie zum Beispiel der Trisomie 21, wird das Pallister-Killian-Syndrom in den meisten Fällen nicht vor der Geburt diagnostiziert. Die Schwangerschaft verläuft in der Regel ohne Komplikationen.
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Das Pallister-Killian-Syndrom, auch Teschler-Nicola-Syndrom oder Tetrasomie 12p Mosaik genannt, ist eine genetisch vererbte Erkrankung. Das Syndrom wurde erstmals von dem Kinderarzt und Genetiker Philip D. Pallister diagnostiziert. Der österreichische Arzt Wolfgang Killian und die Humanbiologin Maria Teschler-Nicola beobachteten unabhängig von Dr. Pallister 1981 dieselben Symptome bei vier Menschen.

Bei Menschen mit dem Pallister-Killian-Syndrom liegt eine Chromosomenveränderung vor. Diese Chromosomenveränderung ist an sich gar nicht so selten. Allerdings versterben die davon betroffenen Kinder meist schon vor der Geburt, häufig sogar im ersten Schwangerschaftsdrittel, sodass viele dieser Schwangerschaften unbemerkt bleiben.

Ursachen

Die Ursache des Pallister-Killian-Syndroms liegt auf dem zwölften Chromosom. Chromosomen befinden sich im Zellkern. Dort sind sie eigentlich nicht sichtbar, nur während der Zellteilung lässt sich ihre Struktur deutlich erkennen. Das Chromosom besteht aus zwei sogenannten Chromatiden, die in der Mitte durch das Zentromer, eine Art Einschnürung, verbunden sind. Das Chromosom sieht somit aus wie ein X. Oberhalb des Zentromers, also im oberen Teil des X, befinden sich zwei kurze Arme.

Diese werden auch p-Arme genannt, wobei das p für petite (franz. klein) steht. Unterhalb des Zentromers sitzen zwei längere Arme, die q-Arme. Menschen mit Pallister-Killian-Syndrom haben in einem Teil ihrer Körperzellen den p-Arm in vierfacher statt in zweifacher Ausführung. Die beiden zusätzlichen p-Arme verschmelzen zu einem kleinen Chromosom 47. Dieses nennt man Isochromsom 12p. Die Chromosomenstörung entsteht durch eine fehlerhafte Keimzellreifung bei der Mutter oder dem Vater des Kindes.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Im Gegensatz zu anderen Chromosomenstörungen, wie zum Beispiel der Trisomie 21, wird das Pallister-Killian-Syndrom in den meisten Fällen nicht vor der Geburt diagnostiziert. Die Schwangerschaft verläuft in der Regel ohne Komplikationen. Die Geburt erfolgt oft auf normalen Weg und zum richtigen Termin. Die Kinder haben ein normales Geburtsgewicht und eine normale Größe. Die Symptome des Syndroms sind jedoch vielfältig und teilweise sehr gravierend.

Durch eine Hirnfehlfunktion verfügen die Kinder nur über einen sehr schlaffen Muskeltonus. Der Muskeltonus ist der Spannungszustand der Muskulatur. Ist dieser zu schlaff können die Kinder sich beispielsweise erst sehr spät aufrichten oder haben beim Stillen Probleme den Kopf zu heben beziehungsweise zu halten. Auffallend ist das ungewöhnliche Aussehen der Kinder. Ihr Gesicht ist sehr lang, die Stirn vorgewölbt. Die Lidachse verläuft schräg nach oben außen. Die Nasenwurzel ist breit angelegt und durch Zahnfehlstellungen kommt es zu optischen Auffälligkeiten im Mundbereich.

Insbesondere im Bereich der Schläfen wächst das Haar eher spärlich. Durch eine ungleiche Pigmentverteilung wirkt die Haut vor allem an Bauch, Rücken, Armen und Beinen fleckig. Die meisten Kinder mit Pallister-Killian-Syndrom sind schwer geistig behindert. Sie leiden unter schweren Sprachentwicklungsstörungen, teilweise bleiben sie stumm.

Neben diesen häufigen Symptomen können die Kinder zudem überzählige Finger oder Zehen aufweisen. Auch schwer einstellbare epileptische Anfälle, Sehstörungen, Herzfehler und Fehlbildungen der Genitalien können auftreten. Typisch für das Pallister-Killian-Syndrom ist zudem eine hohe Infektanfälligkeit.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose des Pallister-Killian-Syndroms gestaltet sich eher schwierig. Bei Routineuntersuchungen der Chromosomen zeigt sich oft fälschlicherweise ein unauffälliges Bild. Zum definitiven Nachweis wird bei den Kindern eine Hautbiopsie durchgeführt. In den so kultivierten Hautzellen lässt sich die Chromosomenanomalie dann nachweisen. Auch die pränatale Diagnostik ist eher unsicher, denn nicht in allen Zellen zeigt sich die Chromosomenstörung.

Werden nun zufällig unauffällige Fruchtwasserzellen zur vorgeburtlichen Diagnostik entnommen, so kann das Kind trotz dieses unauffälligen Diagnostikbefunds mit dem Pallister-Killian-Syndrom auf die Welt kommen. Menschen mit der Erkrankung sind in ihrer Entwicklung stark eingeschränkt und ein Leben lang auf körperliche Hilfe und Intensivpflege angewiesen. Die Lebenserwartung ist abhängig von der Schwere der Organsymptome. Es gibt Menschen mit Pallister-Killian-Syndrom, die über 40 Jahre alt geworden sind.

Komplikationen

Aufgrund des Pallister-Killian-Syndroms leiden die Betroffenen an verschiedenen Missbildungen und Fehlbildungen. In der Regel hängen die Komplikationen und Einschränkungen aus diesem Grund auch sehr stark von der Art und Ausprägung dieser Fehlbildungen ab. In den meisten Fällen kommt es bei den Kindern zu einem Muskelschwund und zu einem dauerhaften Zustand der Anspannung der Muskeln.

Ebenso kann es zu Beschwerden beim Aufrechthalten des Kopfes kommen. Das ungewöhnliche Aussehen der Kinder vor allem im Kindesalter führt häufig zu Mobbing oder zu Hänseleien, sodass die Kinder dabei auch an psychischen Beschwerden oder an Depressionen erkranken können. Im Mundraum weisen die Betroffenen dabei Fehlstellungen der Zähne auf, die ebenso zu Schmerzen führen können. Das Pallister-Killian-Syndrom führt auch zu einer geistigen Retardierung, sodass die Patienten geistig sehr schwer behindert sind.

Sie sind aus diesem Grund in der Regel auch auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Leben angewiesen. Auch Herzfehler oder Sehstörungen treten aufgrund des Pallister-Killian-Syndroms auf. Eine ursächliche Behandlung des Pallister-Killian-Syndroms ist nicht möglich. Mit Hilfe verschiedener Therapien können die Beschwerden teilweise eingeschränkt werden. Ein vollständig positiven Krankheitsverlauf stellt sich allerdings nicht ein.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eltern, die bei ihrem Kind Muskelstörungen, Fehlbildungen oder das typisch schüttere Haar feststellen, sollten den Kinderarzt konsultieren. Das Pallister-Kilian-Syndrom wird meist unmittelbar nach der Geburt oder im Rahmen eines vorgeburtlichen Gentests festgestellt. Bei leicht ausgeprägten Beschwerden zeigt sich die Erkrankung oft erst in den ersten Lebenswochen und- monaten. Die Behandlung findet in einem Spezialzentrum für erbliche Erkrankungen statt.

Geschieht dies frühzeitig, kann den Patienten ein relativ normales und beschwerdefreies Leben ermöglicht werden. Das Pallister-Killian-Syndrom geht mit verschiedenen Fehlbildungen und Beschwerden einher. Es wird je nach Symptombild unter anderem von Orthopäden, Augenärzten, Ohrenärzten und Kardiologen behandelt. Etwaige Fehlbildungen werden zunächst operativ korrigiert. Dann folgt die physiotherapeutische Behandlung.

Da die erkrankten Kinder oft eine schwache Muskulatur haben, muss ein Physiotherapeut eingeschaltet werden. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen, welches durch verschiedene Impfungen und die Gabe geeigneter Medikamente kompensiert wird. Trotz aller Maßnahmen haben die Patienten dauerhaft motorische Einschränkungen und benötigen die Unterstützung einer ausgebildeten Pflegekraft. Eine therapeutische Behandlung unterstützt die geistige Entwicklung der erkrankten Kinder, die aufgrund ihres Leidens oftmals ausgegrenzt oder gemobbt werden. Die Eltern sollten sich frühzeitig mit Förderschulen und- kindergärten in Verbindung setzen, damit das Kind eine passende schulische Stütze erhält.

Behandlung & Therapie

Da es sich um eine genetisch vererbte Erkrankung handelt, ist eine ursächliche Therapie des Syndroms nicht möglich. Die Therapie kümmert sich ausschließlich um die Symptome. Da die Kinder in ihren Bewegungen sehr eingeschränkt sind und zudem nur wenig Eigeninitiative zeigen, ist eine individuelle Förderung sehr wichtig. Verschiedene Therapieansätze haben zum Ziel die Kinder in die abstrakte Welt des Denkens einzuführen. Durch verschiedene Sinneseindrücke wie Hören, Sehen und Tasten soll die Gehirnfunktion angeregt werden.

Durch vermehrte Zuwendung der Bezugspersonen erhoffen sich die Therapeuten eine Förderung der sozialen Intelligenz der Kinder. Ein Fokus wird auch auf die Sprachentwicklung gelegt. Durch verschiedene sprachliche Angebote soll das Sprachverständnis angeregt und erweitert werden. Zur Behandlung der muskulären Schlaffheit kommen verschiedene ergotherapeutische und physiotherapeutische Methoden zum Einsatz. Das Therapieziel ist hier eine verbesserte Haltungskontrolle. Kommt es durch die Zahnfehlstellungen oder die veränderte Nasenstruktur zu Problemen beim Atmen oder Essen kann ein chirurgischer Eingriff erforderlich sein.

Gleiches gilt, wenn ein Herzfehler vorliegt. Teilweise erfolgt die Behandlung von Herzfehlern aber auch medikamentös. Kommt es durch die Erkrankung zu Tumoren, kann eine chemotherapeutische Behandlung nötig sein.


Aussicht & Prognose

Bei so selten auftretenden Erkrankungen wie dem Pallister-Killian-Syndrom ist die Prognose schon deshalb schlecht, weil es kaum Forschung und kaum Behandlungsoptionen gibt. Bisher sind nur 70 Fälle weltweit bekannt geworden. Die Mediziner gehen allerdings von einer höheren Dunkelziffer aus. Die genetisch bedingte Erkrankung lässt sich nur schwer nachweisen.

Der Grund für die geringe Prävalenz des Pallister-Killian-Syndroms liegt in einer Veränderung an bestimmten Chromosomen. Diese führt meist zum Abort des Fötus. Nur wenige Kinder überleben die Schwangerschaft. Die Vielzahl an neurologischen und kognitiven Störungen und Fehlbildungen ist nur symptomatisch behandelbar, wenn überhaupt. Viele der Betroffenen benötigen lebenslang Hilfestellungen durch Pfleger. Wie alt die Betroffenen werden, hängt von der Art und Schwere ihrer Behinderungen ab. Oft entwickeln sich im Jugendalter Epilepsien.

Fehlstellungen oder Skoliosen an der Wirbelsäule können operativ behoben oder gelindert werden. Die Muskulatur entwickelt sich nicht richtig. Die Kinder sind schwach und oftmals lernbehindert. Herzfehler oder Zwerchfellbrüche können bei der Operation betroffener Neugeborener zum Tode führen. Bei guter Bewältigung nachgeburtlicher Probleme, und guter Pflege können Kinder mit Pallister-Killian-Syndrom ein mittleres Lebensalter um die vierzig Jahre erreichen.

Die Prognose fällt individuell unterschiedlich aus. Immunschwächen sorgen oft für schwere Atemprobleme infolge von Atemwegsinfektionen. Auch daran versterben einige Betroffene schon in jungen Jahren.

Vorbeugung

Das Pallister-Killian-Syndrom entsteht durch eine fehlerhafte Keimzellreifung bei einem Elternteil. Diese Chromosomenveränderung lässt sich nicht verhindern. Eine Prävention der Erkrankung ist somit nicht möglich.

Nachsorge

Betroffenen stehen beim Pallister-Killian-Syndrom in den meisten Fällen nur sehr wenige oder gar keine besonderen Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Daher sollten Betroffene bei dieser Krankheit schon sehr früh einen Arzt aufsuchen, um das Auftreten von weiteren Komplikationen und Beschwerden zu verhindern. Falls ein Kinderwunsch bestehen sollte, kann auch eine genetische Untersuchung und Beratung sinnvoll sein, um das erneute Auftreten des Pallister-Killian-Syndroms zu verhindern.

Schon bei den ersten Anzeichen und Symptomen der Erkrankung sollte daher ein Arzt kontaktiert werden. Die meisten Betroffenen sind bei dieser Krankheit auf verschiedene Maßnahmen einer Krankengymnastik oder einer Physiotherapie angewiesen. Dabei können auch viele der Übungen im eigenen Zuhause wiederholt werden, wodurch die Behandlung beschleunigt wird.

Im Fall von Tumoren sollten dabei regelmäßige Kontrollen durch einen Arzt erfolgen, um andere Tumore schon früh zu erkennen und dann auch zu behandeln. Bei Kindern mit Pallister-Killian-Syndrom ist eine intensive Förderung und Pflege notwendig. Vor allem in der Schule müssen die Kinder besonders gefördert werden, damit es im Erwachsenenalter nicht zu Beschwerden kommt. Ob es aufgrund der Erkrankung zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann dabei nicht universell vorhergesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Patienten, die am Pallister-Killian-Syndrom leiden, bedürfen einer andauernden häuslichen Betreuung. Die erkrankten Kinder müssen einen Spezialkindergarten und später eine besondere Schule für behinderte Kinder besuchen. Die Eltern sollten sicherstellen, dass das Kind bereits frühzeitig ein soziales Netz aufbauen kann, um das Risiko für seelische Beschwerden zu reduzieren.

Daneben muss die Ernährung umgestellt werden. Betroffene Kinder sollten schonende Speisen verzehren, um den oftmals empfindlichen Zähnen und den Entzündungen im Mundraum entgegenzuwirken. Sollte das Kind einen Herzfehler haben oder an Tumoren leiden, ist eine ständige Überwachung vonnöten. Bei Komplikationen muss umgehend der Notarzt gerufen werden, da akute Lebensgefahr besteht. Wenn das Kind die ersten Lebensjahre gut übersteht, kann mit der Physiotherapie begonnen werden, die je nach Symptombild individuell erstellt werden muss.

Das Pallister-Killian-Syndrom wirkt sich auch auf die Haltung und die Bewegungsfähigkeit einzelner Körperteile aus, weshalb immer auch eine unterstützende Hilfe durch Gehhilfen, Rollstuhl und Co. vonnöten ist. Meist müssen Zuhause bauliche Veränderungen vorgenommen werden, damit die speziellen körperlichen Anforderungen des Kindes erfüllt werden. Begleitend dazu müssen die Eltern enge Rücksprache mit dem Ärzteteam halten, damit die Therapie regelmäßig an den jeweiligen Gesundheitszustand des Kindes angepasst werden kann.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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