Phenylalanin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Phenylalanin ist eine proteinogene, essentielle Aminosäure mit einem aromatischen Sechsring, die als Baustein vieler Proteine und Peptide fungiert.

Darüber hinaus spielt Phenylalanin eine wichtige Rolle im Stickstoffstoffwechsel und kann in der Leber in die ebenfalls proteinogene Aminosäure Tyrosin umgewandelt werden. Phenylalanin und Tyrosin spielen bei der Synthese von Insulin, Melanin, Thyroxin und Neurotransmittern Dopamin, Serotonin und Tyramin eine wichtige Rolle.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Phenylalanin?

Besonders hoch ist ihr Gehalt in getrockneten Erbsen und Sojabohnen, in Walnüssen und Kürbiskernen sowie in verschiedenen Fisch- und Fleischsorten.
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Phenylalanin ist eine essentielle Alpha-Aminosäure, die – anders als die meisten proteinogenen Aminosäuren – nicht nur in der L-Form bioaktiv ist, sondern in eingeschränktem Maß auch als Enantiomer in der R-Form.

Das R-Phenylalanin ist zwar biochemisch weitestgehend inaktiv und kommt ausschließlich bei der künstlichen Herstellung der Aminosäure vor, es wird aber diskutiert, welche Rolle D-Phenyalanin in der Steuerung bestimmter Neurotransmitter innerhalb des Schmerzkomplexes spielt. Als charakteristisches Strukturmerkmal weist Phenylalanin einen einfachen aromatischen Sechsring (Benzolring) mit angeschlossener Kohlenwasserstoffkette. Die chemische Strukturformel lautet C6H5-CH2-CH(NH2)-COOH, wobei die C6H5-Gruppe auf den Benzolring hinweist. Die Aminosäure ist amphiphil, das bedeutet, dass sie sowohl fett- wie auch wasserlöslich ist.

Anhand der chemischen Formel lässt sich auch erkennen, dass das Phenylalanin ausschließlich aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff besteht, aus Stoffen, die allgegenwärtig sind. Seltene Metalle, Mineralien oder Spurenelemente sind nicht Bestandteil der Aminosäure. Dennoch kann der menschliche Stoffwechsel Phenylalanin nicht in ausreichendem Maß aus Tyrosin synthetisieren, sondern ist auf die Zufuhr über die Nahrung angewiesen. Phenylalanin ist in vielen tierischen wie auch pflanzlichen Nahrungsmitteln in ausreichender Menge vorhanden, so dass bei einer normalen, gemischten Ernährung – eine normale Aufnahmefähigkeit im Verdauungstrakt vorausgesetzt – kein Mangel an der Aminosäure zu befürchten ist.

Funktion, Wirkung & Aufgaben

Die wichtigste Funktion und Aufgabe des Phenylalanins liegt in der Beteiligung am Aufbau vieler Proteine und Peptide. Ebenso ist es an der Synthese einiger Hormone beteiligt, die eine zentrale Stellung in der Steuerung von Stoffwechselvorgängen haben.

Es sind Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin, L-Dopa, PEA und Melanin. Darüber hinaus dient L-Phenylalanin als Grundsubstanz, aus der z. B. der Botenstoff Dopamin, Serotonin, Tyramin und andere synthetisiert werden. L-Phenylalanin dient auch als Ausgangsstoff für die essentielle Aminosäure Tyrosin. Phenylalanin wird hierzu in der Leber in zwei Schritten durch Hydroxylierung und unter Abspaltung eines Wassermoleküls zu Tyrosin umgebaut. Phenylalaninhydroxylase ist das Enzym, das den Umbau zum Tyrosin auf katalytischem Wege bewerkstelligt.

Eine alternative Versorgung mit der ebenfalls essentiellen Aminosäure Tyrosin kann – wie beim Phenylalanin - über die Nahrungsaufnahme erfolgen. Anders als bei allen anderen Aminosäuren, die ausschließlich in ihrer L-Form bioaktive Wirkung zeigen, scheint das D-Enantiomer des Phenylalanins zumindest Einfluss auf das Schmerzempfinden zu haben. Es wurde festgestellt, dass ein Gemisch aus L- und D-Phenylalanin (racemisches Gemisch) eine schmerzlindernde Wirkung zeigt. Wahrscheinlich wird durch das DL-Gemisch der Abbau von Enkephalinen – den körpereigenen Opioiden – blockiert, so dass die schmerzstillende Wirkung verlängert und verstärkt wird.

Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte

Die essentielle Aminosäure Phenylalanin wird über die Nahrung aufgenommen. Sie liegt dabei nicht frei vor, sondern in der Regel als Teil eines Proteins oder Polypetids in chemisch gebundener Form. Um die Aminosäure für den Stoffwechsel verfügbar zu machen, muss das entsprechende Protein im Zuge der Verdauung zunächst zerlegt und im weiteren Stoffwechsel aus den „Bruchstücken“ mittels weiterer Enzyme herausgelöst werden.

Synthetisiert wird das L-Phenylalanin über den sogenannten Shikimisäureweg. Es handelt sich dabei über eine komplexe biokatalytische Kettenreaktion, über die autotrophe Pflanzen und Bakterien verfügen. Das besondere Merkmal autotropher Organismen besteht in ihrer Fähigkeit, aus ausschließlich anorganischem Material organische Substanz zu bilden. Freies L-Phenylalanin schmeckt bitter, während ihr D-Enantiomer, das ausschließlich bei industrieller Herstellung entsteht, einen süßlichen Geschmack hat. Die Aminosäure wird z. B. als Nahrungsergänzungsmittel angeboten und ist auch Teil des künstlichen Süßstoffs Aspartam. Bioverfügbares L-Phenylalanin ist in vielen Lebensmitteln in gebundener Form enthalten.

Besonders hoch ist ihr Gehalt in getrockneten Erbsen und Sojabohnen, in Walnüssen und Kürbiskernen sowie in verschiedenen Fisch- und Fleischsorten. Der Phenylalaninbedarf ist stark abhängig von der Versorgung mit Tyrosin. Falls kein Tyrosin in der Nahrung vorhanden ist, benötigt der Körper 38 bis 52 mg pro kg Körpermasse. Bei reichhaltigem Tyrosinangebot in der Nahrung sinkt der tägliche Bedarf auf nur 9 mg je kg Körpermasse. In der Regel ist in phenylalaninhaltigen Lebensmitteln auch eine entsprechende Menge an Tyrosin enthalten.

Die Empfehlung der FAO/WHO von 1985 beläuft sich auf einen zusammengefassten Bedarf von L-Phenylalanin und L-Tyrosin von täglich 14 mg je kg Körpermasse ergibt. Ein Erwachsener mit 80 kg Körpermasse benötigt demnach täglich 1.120 mg der beiden Substanzen.


Krankheiten & Störungen

Mangelerscheinungen bei einem dauerhaft zu geringen Angebot von Phenylalanin und Tyrosin in der Nahrung, sind äußerst selten, können aber gravierende Folgen haben, besonders im neuronalen Bereich.

Abgesehen von einer Beeinträchtigung der Synthese vieler Hormone und Neurotransmitter, kann sich der Mangel auch durch eine Störung in der Myelinisierung von Nervenfasern zeigen. Das Gegenteil eines Mangels, eine Überkonzentration des Phenylalanins (Phenylketonurie), kann durch eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung eintreten. Die Krankheit wird autosomal-rezessiv vererbt und führt zu einer verminderten Produktion des Enzyms Phenylalaninhydroxylase, die Phenylalanin zum Tyrosin umbauen kann.

Die verminderte Enzymaktivität führt zu einem starken Anstieg der Aminosäure, zur sogenannten Phenylketonurie, weil die Umwandlung zum Tyrosin gleichzeitig der Abbauweg des Phenylalanins ist. Gleichzeitig tritt ein Mangel an Tyrosin auf, weil der Syntheseweg blockiert ist. Eine weitere Erbkrankheit in diesem Zusammenhang ist das Hartnup-Syndrom. Es handelt sich dabei um eine Stoffwechselstörung, die den Phenyalanin-Transport durch die Zellmembran stört. Hierdurch kommt es zu gravierenden Problemen im ZNS, an der Haut und im Verdauungstrakt.

Quellen

  • Christen, P., Jaussi, R., Benoit, R.: Biochemie und Molekularbiologie. Springer, Berlin 2016
  • Koslowski, H., Fiehring, C., Zöllner, H.: Labordiagnostik von Stoffwechselerkrankungen. Books On Demand Verlag, Norderstedt 2003
  • Reuter, P.: Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004

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