Plantarflexion
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Plantarflexion ist eine funktionell sehr wichtige Bewegung des Fußes. Sie spielt eine bestimmende Rolle bei Aktivitäten, die der Fortbewegung dienen.
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Was ist die Plantarflexion?
Plantarflexion und Dorsalextension sind die gebräuchlichen Bezeichnungen für die Bewegungen des Fußes im oberen Sprunggelenk. Sie finden um eine imaginäre Drehachse statt, die durch die beiden Fußknöchel verläuft. Obwohl die Zuordnung der Begriffe Extension und Flexion in diesem Fall immer wieder zu Diskussionen führt, wird durch die Verwendung einer Richtungsangabe eine eindeutige Definition gewährleistet.
'Plantar' beschreibt eine Bewegung des Fußes „in Richtung der Fußsohle“, die zusätzlich als Flexion beschrieben wird. Gemeint ist damit das Senken des Fußes. Die Plantarflexion wird von der sehr kräftigen Wadenmuskulatur ausgeführt, hauptsächlich vom Musculus triceps surae. Dieser besteht aus 3 Anteilen, die vom unteren Ende des Oberschenkelknochens und von der Rückseite des Schienbeines kommen. Sie vereinigen sich im weiteren Verlauf zur Achillessehne und setzen am Fersenbein an.
Die Plantarflexion hat aufgrund einer anatomischen Besonderheit eine größere Bewegungsamplitude als die Dorsalextension. Die Innenseiten der Knöchel, die sogenannte Malleolengabel, begrenzen das obere Sprunggelenk seitlich. Der andere Gelenkpartner, die Talusrolle, hat bei der Plantarflexion mehr seitliche Bewegungsfreiheit und kann maximal nach unten rotieren. Bei der Dorsalextension wird die Malleolengabel auseinander gespreizt, bis die stabilisierenden Bänder maximal gespannt sind. Der Talus wird eingeklemmt und die Dorsalextension limitiert.
Funktion & Aufgabe
Besonders akzentuiert wird diese Aktivität beim Springen, Klettern, Treppe steigen und Laufen. Alle sportlichen Disziplinen, die mit Sprüngen einhergehen, sind von der Funktion der Plantarflexoren geprägt. In der Regel wechseln sich Lauf- und Sprungphasen in den verschieden Sportarten ab. In der Leichtathletik stehen zum Beispiel beim Hochsprung, Weitsprung und Dreisprung Sprungaktivitäten im Vordergrund, ebenso bei Ballsportarten wie Basketball und Volleyball. Im Fußball und Handball wird die Plantarflexion wechselweise in Lauf- und Sprungphasen gefordert. Eine ganz besondere und extreme Erscheinungsform der Plantarflexion ist der Spitzentanz beim Ballett. Er erfordert eine außergewöhnliche Beweglichkeit und eine starke Fähigkeit der Plantarflexoren, den Fuß mit seiner kleinen Kontaktfläche zu stabilisieren.
In manchen Situationen wird die normale Funktionsweise der Bewegung umgedreht, dann ist der Fuß fixiert und der Unterschenkel bewegt sich von ihm weg oder es entsteht eine Muskelaktivität in diese Richtung. Dieser Bewegungs- oder Stabilisationsvorgang ist ein wichtiger Teil von Gleichgewichtsreaktionen. Er tritt immer dann in Erscheinung, wenn der Körper droht nach vorne zu fallen oder die Bewegung nach vorne abrupt gestoppt wird, da vielleicht ein Hindernis oder eine Gefahr auftaucht.
Eine ganz andere Aktionsweise erfordert die Fortbewegung des Körpers mit dem Fuß in der freien Kette, also ohne Bodenkontakt oder eine andere Fixation des Fußes. In diesem Fall ist ein Medium notwendig, das einen gewissen Widerstand darstellt, um den Organismus voran zu treiben. Beim Schwimmen ist dies zum Beispiel der Reibungswiderstand des Wassers. Der SchwimmerIn nutzt die starke Plantarflexion als Endkomponente des Beinschlags, um sich mit kräftigen Streckbewegungen voranzutreiben.
Krankheiten & Beschwerden
Ein Achillessehnenriss ist ein plötzlich auftretendes Ereignis, bei dem mit einem Schlag die Hauptmuskeln der Plantarflexion außer Kraft gesetzt werden. Die verbleibenden Plantarflexoren sind nicht in der Lage, den Körper gegen die Schwerkraft zu heben, weshalb die Funktionseinschränkungen bei dieser Verletzung enorm sind. Nach der operativen Versorgung folgt eine lange Rehabilitationsphase. Zur Schonung der genähten Sehne darf der Fuß eine geraume Zeit nicht in die Dorsalextension gebracht werden, damit kein Zug an der OP-Naht entsteht. Die Achillessehnenruptur ist eine typische Sportverletzung.
Eine Hemiplegie infolge eines Schlaganfalls führt häufig zu einer Streckspastik im Bein. Dabei ist auch der Tonus der Plantarflexoren stark erhöht und der Fuß kann nicht hochgezogen werden. Beim Gehen wird er deshalb mit dem Vorfuß aufgesetzt und die Fußsohle erreicht erst durch den Druck des Körpergewichtes den Boden. Zusammen mit den Komponenten in den anderen Gelenken entsteht ein typisches Gangmuster, das nach Wernicke benannt ist.
Andere neurologische Krankheitsbilder wie periphere Nervenschädigungen oder die Polyneuropathie führen zu einer schlaffen Lähmung am Fuß, von der auch die Plantarflexion betroffen ist. Bei kompletter Lähmung kann der Fuß nicht mehr aktiv nach unten gedrückt werden, er fällt quasi durch die Schwerkraft herunter. Dies hat negative Auswirkungen auf die Gangsicherheit, die besonders schlimm sind, wenn die Dorsalextension ebenfalls tangiert ist.
Die Plantarflexion kann, wie alle Bewegungen, von jenen Erkrankungen betroffen sein, die einen systemischen Muskelabbau hervorrufen, wie die Muskeldystrophien.
Nach längerer Ruhigstellung oder Inaktivität kann ein Spitzfuß entstehen, bei dem durch den Nichtgebrauch der Dorsalextension der Achillessehne der Dehnreiz fehlt. Sie verweilt eine lange Zeit in Annäherung und verkürzt in dieser Stellung massiv, wenn keine therapeutischen Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010