Extension
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Begriff Extension wird in der anatomischen Nomenklatur als Bewegungsbeschreibung benutzt. Er bezeichnet eine der Hauptbewegungen des menschlichen Körpers.
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Was ist die Extension?
Die Extension, zu Deutsch Streckung, kommt, wie ihre Gegenbewegung, die Flexion, in vielen Extremitätengelenken und an der Wirbelsäule vor. Die ursprüngliche Festlegung der Begriffe in der anatomischen Nomenklatur erfolgte am Modell der Embryonalhaltung. Dementsprechend wird die Extension als diejenige Bewegung definiert, die aus dieser Position herausführt.
Extensionsbewegungen gibt es in den großen Extremitätengelenken, oben in der Schulter und im Ellenbogen, unten in der Hüfte und im Knie und in den Zehen- und Fingergelenken. Die Extension der Wirbelsäule findet als Einzelbewegung in den Wirbelgelenken der einzelnen Segmente statt. In Beschreibungen und Dokumentationen werden jedoch häufig die Gesamtbewegung oder das Verhalten eines Bewegungsabschnittes beschrieben. Die Lendenwirbelsäule und die Halswirbelsäule befinden sich physiologisch schon in Ruhe in einer Extensionsstellung, die Lordose genannt wird.
Mit einer Ausnahme ist das Bewegungsausmaß der Extension in allen Gelenken kleiner als das der Flexion. Allein die Zehengrundgelenke können mehr gestreckt als gebeugt werden. Im Knie- und Ellenbogengelenk ist bei vielen Menschen keine aktive Streckung möglich, häufig wird nur die Nullstellung erreicht.
Funktion & Aufgabe
Beim Springen oder der Überwindung einer Höhe wird die Aktivität der Streckmuskeln im Hüft- und Kniegelenk deutlich verstärkt. Mit dem Musculus glutaeus maximus, dem Musculus quadriceps femoris und dem Triceps surae stehen dafür 3 der stärksten Muskeln des menschlichen Körpers zur Verfügung. In der freien Kette sind Extensionsaktivitäten im Knie bei Tritt- oder Schussbewegungen zu beobachten, wie im Kampfsport beziehungsweise im Fußball. Akzentuierte Extensionen des Hüftgelenkes kommen häufig im Ballett und im Bodenturnen vor.
Am Arm spielt die Extension eine wichtige Rolle bei Stabilisationsanforderungen und bei freien Bewegungen. Stützaktivitäten vor dem Körper, wie zum Beispiel beim Abstützen am Tisch oder auf den Oberschenkeln, fordern vor allem die aktive Streckung im Ellenbogen. Eine typische Kraftübung dafür ist der Liegestütz. Beim Stützen hinter dem Körper wird auch die Schulterextension eingeschaltet. Die entsprechende Übungsform im Sport sind Dips in verschiedenen Ausführungsvarianten.
In der funktionellen Anatomie wird häufig auch die Rückführung aus einer Flexionsstellung als Extension bezeichnet. Am Arm gibt es viele Bewegungsabläufe im Sport und im normalen Alltag, die genau durch diese Komponenten im Ellenbogen- und Schultergelenk geprägt sind. Schmetterschläge im Volleyball, Überkopfschläge im Tennis, Würfe im Handball oder Rückführbewegungen in allen Schwimmarten beinhalten die gleichzeitige Streckung in der Schulter und im Ellenbogen als wichtige Elemente.
Die Extension der Fingergelenke ist wichtig als Gegenprozess zum Schließen der Hand. Um etwas zielgerichtet greifen oder bearbeiten zu können, müssen die Finger vorher geöffnet werden. Auch bei Ausholbewegungen vor einem Schlag werden die Fingergelenke gestreckt.
Die Extension der Wirbelsäule ist eine wichtige Komponente der Aufrichtung des Rumpfes, wie beim Heben schwerer Lasten. Die freie Extension kann in manchen Sportarten wie dem Turnen, dem Ballett, dem Schwimmen oder dem Turmspringen beobachtet werden.
Krankheiten & Beschwerden
Jegliche Art von Muskelabbau kann auch die Streckung einschränken. In der Regel sind davon zuerst die Aktivitäten betroffen, die gegen die Schwerkraft ausgeführt werden, wie beim Aufrichten aus einer gebückten oder gehockten Haltung oder bei Haltearbeiten der Beine im Stand. Muskelabbau kann die Folge von Inaktivität oder Erkrankungen sein. In diese Reihe gehören die Muskeldystrophien und die amyotrophe Lateralsklerose.
Spezifische neurologische Erkrankungen und Schädigungen können negative Einflüsse auf die regelgerechte Funktion der Extensoren haben. Bei der Multiplen Sklerose sind unter anderem die korrekte, zielgerichtete Bewegungsausführung und die Stabilität betroffen. Besonders im Gehen und im Stand treten dadurch Koordinations- und Stabilitätsprobleme auf.
Eine Läsion des Nervus femoralis führt zu einer teilweisen Lähmung des Musculus quadriceps femoris, wodurch die Stabilität im Stehen und Gehen stark beeinträchtigt wird. Die gleiche Problematik kann an der oberen Extremität auftreten, wenn der Nervus radialis durch eine Oberarmfraktur geschädigt wird. Dieser versorgt unter anderem den Musculus triceps brachii, den Hauptstrecker im Ellenbogen. Wenn dieser Muskel ausfällt, kann der Ellenbogen nur noch rudimentär gestreckt werden, Stützbelastungen sind nicht mehr möglich.
Das Supraspinatussehnensyndrom ist eine spezielle Erkrankung im Schultergelenk, von der die Extension besonders betroffen ist. Der Musculus supraspinatus ist ein Schultermuskel, der zur Rotatorenmanschette gehört. Seine Sehne verläuft in einem engen Raum zwischen Schulterdach und Gelenkkopf. Wiederholte Druckbelastungen können zu einer Reizung des Muskels führen. Die Rückführung des Armes, besonders in Kombination mit einer Innenrotation, ist dadurch häufig schmerzhaft eingeschränkt.
Quellen
- Debrunner, A.M.: Orthopädie/Orthopädische Chirurgie. Huber, Bern, 2005
- Hüter-Becker, A., Dölken, M.: Physiotherapie in der Orthopädie. Thieme, Stuttgart 2015
- Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. De Gruyter, Berlin 2015