Plexus cardiacus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Plexus cardiacus ist ein Nervengeflecht des vegetativen Nervensystems, das auch als Herznervengeflecht bezeichnet wird. Die tiefen Anteile dieses Netzwerks bestehen aus sympathischen sowie parasympathischen Nervenfasern und steuern die automatische Herzaktion, die sich jeglicher Einflussnahme von außen entzieht. Schädigungen des Plexus können Herzrasen, Herzstolpern oder andere Beschwerden des Herzens zur Folge haben.
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Was ist der Plexus cardiacus?
Netzwerke oder Verflechtungen von Leitungsbahnen wie Venen, Lymphgefäßen, Arterien oder Nervenbahnen bezeichnet die Anatomie als Plexus. Nervenplexi oder Nervengeflechte entstehen mit der Aneinanderlagerung einzelner Nervenfasern aus unterschiedlichen Rückenmarkssegmenten oder Ganglien. In den Nervengeflechten bilden die einzelnen Fasern netzförmige Faserverbünde.
Ein extrem feines Nervengeflecht liegt im menschlichen Körper im Bereich der Herzbasis. Dieser Plexus wird als Plexus cardiacus oder Herzgeflecht bezeichnet und liegt außerhalb des Herzbeutels. Der Plexus cardiacus zählt zum vegetativen Nervensystem. Damit ist er wesentlich an der automatischen Steuerung des Herzens und in einer Folge dessen auch an der unwillkürlichen Steuerung der Blutversorgung beteiligt. Der Nervus cardiacus cervicalis superior stellt einen der drei sympathischen Herznerven dar und ist einer der wichtigsten Nerven im Plexus cardiacus.
Der Plexus besteht aus einem oberflächlich liegenden Pars superficialis und einem wesentlich stärker ausgeprägten Pars profunda, der in der Tiefe des Gewebes liegt. Der Verlauf des Herznervengeflechtes folgt dem Herzkranzarterienverlauf.
Anatomie & Aufbau
Seine Zuflüsse erhält das Nervengeflecht von sympathischen sowie parasympathischen Nerven des vegetativen Nervensystems. Zu den parasympathischen Zuflüssen zählen der Nervus vagus und der Nervus laryngeus recurrens. Die sympathischen Zuflüsse entsprechen dem Nervus cardiacus cervicalis superior, medius und inferior. Der Plexus cardiacus enthält mehrere Nervenzellknoten des Herzens, die sogenannten Ganglia cardiaca. Bei Nervenzellknoten handelt es sich um eine Ansammlung aus Nervenzellkörpern, die in der Fachsprache als Ganglien bezeichnet werden.
Der größte Nervenknoten des Plexus cardiacus ist das Wrisberg-Ganglion mit Lokalisation in der Aortenbogenhöhlung nahe des Ligamentum arteriosum. Verbindungen bestehen zum Plexus aorticus thoracicus und Plexus pulmonalis. In den Nervenbahnen des Plexus cardiacus laufen neben motorischen Fasern schmerzleitende sowie chemo- und pressorezeptorische Fasern.
Funktion & Aufgaben
Der Plexus cardiacus ist ein Teil des vegetativen Nervensystems. Damit ist das Herznervengeflecht an der Steuerung unterschiedlicher Automatik beteiligt. Die vom vegetativen Nervensystem gesteuerten Prozesse entziehen sich der willkürlichen Einflussnahme und lassen sich in parasympathische und sympathische Aktivitäten unterscheiden. Das Herznervengeflecht führt Nervenfasern beider Anteile.
Mit parasympathischen und sympathischen Fasern innerviert das Geflecht das Herz und steuert damit die automatische Herzaktivität. Bei Belastung erhöht der Sympathikus über die sympathischen Herznerven zum Beispiel die Herzaktion. Damit bringt er den Körper in Leistungsbereitschaft und bereitet den Organismus auf größere Belastungen vor, für die ausreichend Energie zur Verfügung stehen muss. Der Parasympathikus ist dagegen mit Entspannung assoziiert. Dieser Anteil des vegetativen Nervensystems wirkt dämpfend auf die Aktionen des Sympathikus und stellt damit einen moderaten Ruhezustand zwischen Komplettanspannung und Komplettentspannung her.
Durch die Sympathikus-Prasympathikus-Wechselwirkung passt sich der Organismus an Belastungen an und erhält sich evolutionsbiologisch betrachtet auch in Extremsituationen das Leben. Der Plexus cardiacus ist nicht das einzige Nervengeflecht mit sympathischen sowie parasympathischen Fasern. Durch seine funktionalen Aufgaben bei der Steuerung von Herzaktivität und Herz-Kreislauf-System handelt es sich nichtsdestotrotz um einen der wichtigsten Plexi im menschlichen Körper. Die Steuerung des Herzens übernehmen vor allem die Äste im tiefen Anteil des Nervengeflechts. Mit diesen Ästen beeinflusst der Plexus cardiacus insbesondere die Herzfrequenz.
Krankheiten
Unterschiedliche Formen von Arrhythmien sind aus dem klinischen Alltag bekannt. Reizbildungsstörungen mit gestörter Bildung von elektrischen Impulsen werden von Störungen in Folge einer fehlerhaften Herzerregungsleitung unterschieden. Organische Ursachen für beschleunigten, verlangsamten oder stolpernden Herzschlag können mit Schädigungen des Plexus cardiacus zusammenhängen. Speziell Entzündungen des Nervengewebes in diesem Areal können schwere Herzstörungen zur Folge haben. Davon zu unterscheiden sind psychische Herzrhythmusstörungen. Ursache solcher Störungen kann Nervosität, Aufregung oder Angst sein.
Stress kündigt eine Belastungssituation an und lässt den sympathischen Einfluss auf die Herzaktivität zunehmen. Durch diese Verschiebung in Richtung Sympathikus erhöht sich die Herzfrequenz. Darüber hinaus verändert sich der Herzschlag bei übermäßigem Konsum von Koffein und Alkohol sowie bei Drogen-, Medikament- und Giftkonsum. Funktionsstörungen des autonomen Nervensystems können prinzipiell ein Symptom sich zahlreicher neurologischer und internistischer Erkrankungen sein.
In diesem Zusammenhang sind Systemdegenerationen wie Morbus Parkinson oder das Parkinsonsyndrom genauso relevant wie generalisierte Nervenschädigungen im Sinne von Polyneuropathien, wie sie zum Beispiel in Folge von Diabetes mellitus auftreten können. Bei sämtlichen Funktionseinschränkungen des autonomen Nervensystems und so auch bei Nervenschädigungen im Bereich des Plexus cardiacus treten als typische Symptome Schwindel und kurzzeitige Bewusstlosigkeit auf. Die kurzen Phasen der Bewusstlosigkeit werden in der Fachsprache als Synkopen bezeichnet.
Quellen
- Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
- Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
- Mumenthaler, M., Mattle, H.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012