Selektiver Immunglobulin-A-Mangel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter der Bezeichnung selektiver Immunglobulin-A-Mangel wird ein angeborener Immundefekt verstanden. Charakteristisch für den selektiven Immunglobulin-A-Mangel ist das Fehlen von Immunglobulin A, einer bestimmten Antikörper-Klasse. Betroffene können ein beschwerdefreies Leben führen, wobei sie häufiger an Atemwegsinfektionen erkranken als Personen, die unter keinem selektiven Immunglobulin-A-Mangel leiden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist selektiver Immunglobulin-A-Mangel?

Mehr als 50 Prozent aller Betroffenen sind frei von Beschwerden. Dies ist deshalb so , da die Funktion des fehlenden Immunglobulin A von in den Schleimhäuten vorhandenen Immunglobulin B ersetzt wird.
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Der selektive Immunglobulin-A-Mangel ist ein angeborener Immundefekt. Kennzeichnend für den Defekt ist das Fehlen oder auch die Verminderung des Immunglobulin A, während alle anderen Immunglobulin-Isotypen der Norm entsprechen. Der selektive Immunglobulin-A-Mangel zählt zu den häufigsten Immundefekten, wobei der ethnische Hintergrund eine wesentliche Rolle spielt.

Während im arabischen Raum die Häufigkeit bei 1:142 liegt, liegt die Wahrscheinlichkeit in Japan bei 1:18.500. Während in Afrika und der westlichen Welt der selektive Immunglobulin-A-Mangel eine recht häufig vorkommende Erkrankung darstellt, ist im asiatischen Bereich das genaue Gegenteil der Fall.

Ursachen

Bislang ist die Ursache des selektiven Immunglobulin-A-Mangels nicht bekannt. Jedoch resultiert der Mangel auf Grund einer fehlenden Reifung oder auch einer fehlenden Produktion des Immunglobulins A in den B-Zellen. Der selektive Immunglobulin-A-Mangel wird des Weiteren in IgA1 sowie IgA2 unterschieden. Unter IgA1 bezeichnet der Mediziner das monomore Immunglobulin (das zirkulierende Serum) und als IgA2 das dimera Immunglobulin (das sekretorische Immunglobulin).

Mitunter können auch Medikamente - unter anderem Phenytoin und Penicillamin - sowie auch Infektionen (beispielsweise das Epstein-Barr-Virus oder kongenitale Röteln) eine erworbene selektive Immunglobulin-A-Mangel auslösen. Andere Ursachen oder begünstigende Faktoren wurden noch nicht bestätigt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Ausprägung des selektiven Immunglobulin-A-Mangels ist äußerst variabel und individuell. So sind mehr als 50 Prozent aller Betroffenen frei von Beschwerden. Dies deshalb, da die Funktion des fehlenden Immunglobulin A von in den Schleimhäuten vorhandenen Immunglobulin B ersetzt wird. 30 Prozent der Patienten leiden jedoch unter immer wiederkehrenden Infektionen der Atemwege. In seltenen Fällen klagen Patienten über Beschwerden, die vorwiegend den Verdauungsapparat betreffen.

Mitunter können auch Autoimmun- oder Tumorerkrankungen sowie Allergien auftreten, die in Verbindung mit dem selektiven Immunglobulin-A-Mangel stehen. Folgende Beschwerden und Erkrankungen sind daher - im Rahmen eines selektiven Immunglobulin-A-Mangels - möglich: Infektionen (Bronchitis, Lungenentzündung, Sinusitis), Autoimmunkrankheiten (Lupus erythematodes, Zöliakie, Morbus Crohn sowie rheumatoide Arthritis.

Auch eine Colitis ulcerosa und Allergien wie Atopie, Nahrungsmittelunverträglichkeiten sowie eine allergische Asthma bronchiale) können einen selektiven Immunglobin-A-Mangel auslösen, ebenso wie Tumorerkrankungen (Thymome, Lymphome, Tumore des Verdauungsapparates, Lungentumore sowie Magenkrebs) und Probleme mit dem Verdauungsapparat (Durchfall).

Der selektive Immunglobulin-A-Mangel äußert sich vorwiegend durch Erkrankungen, die in Verbindung mit dem Mangel stehen, jedoch nicht mit spezifischen Symptomen und Beschwerden, welche der Mangel verursacht.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Der Mediziner kann, auf Grund der wiederholten Bestimmung der Immunglobulin A-Konzentration, die Diagnose des selektiven Immunglobulin-A-Mangels stellen. Patienten, die unter einem selektiven Immunglobulin-A-Mangel leiden, haben einen äußerst niedrigen Immunglobulin A-Wert, der sich unter 0,3 g/l befindet. Vorwiegend sind die beiden Subklassen IgA1 sowie IgA2 betroffen, während der Wert von IgM normal ist.

Etwaige andere Immundefekte sowie auch der sekundäre Immunglobulin-A-Mangel müssen, bevor die Diagnose selektiver Immunglobulin-A-Mangel gestellt wird, ausgeschlossen werden. Oftmals beruht die Diagnose auf Grund des Ausschlussverfahrens; das bedeutet, dass alle anderen - in Betracht kommenden Erkrankungen - ausgeschlossen wurden, sodass die Diagnose des selektiven Immunglobulin-A-Mangels gestellt werden konnte.

Patienten, die unter einem selektiven Immunglobulin-A-Mangel leiden, haben eine normale Lebenserwartung. Die Prognose sowie der Krankheitsverlauf sind günstig, wenn keine anderen Krankheiten vorliegen. Wird der selektive Immunglobulin-A-Mangel bei Kindern diagnostiziert, besteht die Möglichkeit der Rückbildung des Mangels. Mitunter kann aber der selektive Immunglobulin-A-Mangel auch zu einer CVID werden; die Prognose ist hier weniger günstig. Wie auch bei den Beschwerden, verläuft die Krankheit individuell und variabel, sodass keine genauen Vorhersagen und Prognosen getroffen werden können.

Komplikationen

Diese Krankheit muss nicht in jedem Fall zu schwerwiegenden Beschwerden oder zu Komplikationen führen. Oftmals können die Betroffenen ein gewöhnliches Leben führen, wobei sie allerdings öfter an Erkrankungen der Atemwege leiden. Diese Infektionen treten relativ häufig auf und können die Lebensqualität verringern. Ebenso können bei diesem Mangel auch Beschwerden an der Verdauung auftreten, sodass es zu Schmerzen im Bauch oder im Magen kommen kann.

Weiterhin kann die Erkrankung zur Ausbildung von Tumoren führen. Die Betroffenen leiden häufig auch an Unverträglichkeiten gegenüber verschiedenen Nahrungsmitteln und ebenso häufig an Durchfall oder an Tumoren im Bereich des Magens und des Darms. In vielen Fällen wird die Erkrankung erst spät erkannt, da die Beschwerden nicht besonders charakteristisch sind und dabei auch nicht sofort auf die Erkrankung hindeuten.

Aus diesem Grund kommt es meistens auch zu einer verspäteten Behandlung. Die Behandlung selbst erfolgt meistens mit Hilfe von Medikamenten oder durch Bluttransfusionen. Dabei treten keine Komplikationen auf. Allerdings können die Beschwerden nicht komplett eingeschränkt werden. Eventuell ist dabei auch die Lebenserwartung des Patienten krankheitsbedingt verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein selektiver Immunglobulin-A-Mangel ist ein Immundefekt, der angeboren ist. Insofern besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass dieser frühzeitig entdeckt wird. Problematisch ist jedoch, dass dieser Immundefekt oft nur milde Symptome zeigt. Bisher gibt es keine ursächliche Behandlungsmöglichkeit.

Den Betroffenen fehlt Immunglobulin A, ein bestimmter Antikörpertyp. Das Fehlen dieses Antikörpers löst bei der Hälfte der Betroffenen keine Beschwerden aus. Bei anderen Betroffenen kommt es zu einer Häufung von Atemwegsinfekten. Prekär ist auch, dass es durch den selektiven Immunglobulin-A-Mangel zu weiteren Folgeerkrankungen kommen kann. Als Beispiele sind Erkrankungen des Verdauungsapparats, Autoimmunerkrankungen wie Zöliakie, Morbus Crohn oder Lupus erythematodes zu nennen. Außerdem kann es durch den selektiven Immunglobulin-A-Mangel zu Nahrungsmittelallergien auf Milcheiweiß, zu Atopien oder allergisches Asthma bronchiale kommen.

Die Neigung für bestimmte Tumorerkrankungen ist bei vielen Betroffenen erhöht. Wenn ein selektiver Immunglobulin-A-Mangel besteht, müssen zunächst andere Immundefekte ausgeschossen werden. Daher empfiehlt es sich, bei anhaltenden Immunproblemen oder Infekten zum Arzt zu gehen und auf die Immunschwäche-Probleme hinzuweisen.

Kontraproduktiv ist bei einem selektiven Immunglobulin-A-Mangel eine Infusion mit Immunglobulinen. Diese kann zu schweren allergischen Folgeerscheinungen führen, weil die injizierte Substanz vom Organismus als unbekannt und feindlich begriffen werden. Auch Bluttransfusionen können gefährliche Reaktionen auslösen. Den Betroffenen, deren Diagnose gesichert ist, wird daher ein Notfallausweis empfohlen.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung beruht vorwiegend auf der Linderung der Symptome und Beschwerden. Eine sogenannte Ursachenbehandlung gibt es nicht. Patienten, welche frei von Beschwerden sind, benötigten daher auch keine Behandlung oder Therapie; der Großteil, also über 50 Prozent aller Betroffenen, sind daher nicht in medizinischer Behandlung und verspüren daher auch keine Einschränkungen in ihrem Leben.

Treten Infektionen auf, die in Verbindung mit dem selektiven Immunglobulin-A-Mangel stehen, müssen die Viren beziehungsweise Erreger behandelt und bekämpft werden. Hier verordnen Mediziner im Regelfall Antibiotika. Mitunter kann auch eine prophylaktische Antibiotika-Therapie erfolgen, sodass etwaige immer wiederkehrende Infektionen schon im Vorfeld bekämpft und verhindert werden können.

Intravenöse Infusionen von Immunglobulinen kommen im Regelfall nicht vor; Patienten, die nämlich unter einem selektiven Immunglobulin-A-Mangel leiden, produzieren nämlich selbst Antikörper, die - wenn Immunglobuline hinzugefügt werden - zu allergischen Reaktionen führen können, wenn Immunglobuline transferiert werden. Aus diesem Grund stellt der selektive Immunglobulin-A-Mangel die wichtigste Kontraindikation für eine etwaige IVIG-Therapie dar.

Aus diesem Grund besteht - bei Bluttransfusionen - die Gefahr, dass ebenfalls allergische Reaktionen ausgelöst werden. Aus diesem Grund wird Personen, welche unter einem selektiven Immunglobulin-A-Mangel leiden, empfohlen, immer den Notfallausweis bei sich zu haben und, wenn etwaige Eingriffe geplant sind, den Mediziner darüber in Kenntnis zu setzen. Andere Therapien oder Behandlungsmöglichkeiten stehen derzeit nicht zur Verfügung beziehungsweise werden nicht angewandt.


Vorbeugung

Ein selektiver Immunglobulin-A-Mangel kann nicht vorgebeugt werden. Da es sich um einen angeborenen Immundefekt handelt, wobei die Ursache noch nicht zur Gänze geklärt werden konnte, kann die Erkrankung daher nicht verhindert werden.

Nachsorge

Bei dem Immundefekt des selektiven Immunglobulin-A-Mangels beschränkt sich die Nachsorge nur auf eine symptomatische Therapie. Aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos inkludiert die Nachsorge hier hauptsächlich die Behandlung und Linderung eventuell aufkommender Infektionen, vor allem der Atemwege und seltener auch des Verdauungsapparats, mit Hilfe von Antibiotika. In einigen Fällen ist auch eine prophylaktische Therapie mit Antibiotika für längere Zeit notwendig.

Wichtig ist hier, dass der Patient sich des erhöhten Risikos von Atemwegsinfektionen bewusst ist und versucht Erreger rechtzeitig und gezielt mit ärztlicher Hilfe zu behandeln. Bei dieser Krankheit besteht weiterhin ein erhöhtes Risiko der Entwicklung von Tumoren oder auch Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn oder rheumatoide Arthritis.

Es besteht auch die Möglichkeit, Allergien und auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu entwickeln, die oft durch eine bestimmte Diät gelindert werden können. Daher sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen nach der Diagnose notwendig, um dies zu beobachten. Aufgrund des Risikos von allergischen Reaktionen bei Bluttransfusionen sollte die Person mit selektivem IgA-Mangel einen Notfallausweis bei sich tragen.

Der selektive Immunglobulin-A-Mangel ist nicht heilbar. Beim Großteil der erkrankten Personen ist jedoch ein fast beschwerdefreies Leben möglich und die Lebenserwartung normal oder nur gering vermindert.

Das können Sie selbst tun

Die Probleme durch selektiven Immunglobulin-A-Mangel lassen sich durch prophylaktische Maßnahmen verringern. Im Alltag reduziert sich durch die gezielte Bekämpfung der Erreger die Gefahr von Atemwegsinfektionen, Asthma und Ekzemen. Die angeborene Erkrankung führt häufig zu Infektionen, darum ist es für die Betroffenen von großer Wichtigkeit, die Erreger rechtzeitig und gezielt zu behandeln.

Bei der Einnahme der Antibiotika sollten sich die Patienten exakt an das ärztliche Rezept halten. Inzwischen erfolgt so eine medikamentöse Behandlung schon vorbeugend, um die Beschwerden möglichst gering zu halten. Da es sich um eine genetische Erkrankung handelt, sind der pharmakologischen Therapie jedoch Grenzen gesetzt. Für die Betroffenen heißt das, dass sie in bestimmten Situationen besonders vorsichtig sein müssen.

Wenn es zu einer Bluttransfusion kommt, besteht das Risiko einer allergischen Reaktion. Aus diesem Grund ist es ratsam, dass die betroffenen Personen stets ihren Notfallausweis bei sich tragen. Bei einem eventuellen Notfall oder Eingriff wissen die Ärzte sofort Bescheid über die Mangelerkrankung und können entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen. Für die Patienten selbst ist es sinnvoll, bei einer Infektion oder bei anderen Krankheiten rechtzeitig zu handeln, um Komplikationen zu verhindern. Dabei hilft ein vertrauensvolles Verhältnis zum Hausarzt.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Peter, H.-H., Pichler, W.J. (Hrsg.): Klinische Immunologie. Urban & Fischer, München 2012
  • Schütt, C., Bröker, B.: Grundwissen Immunologie. Spektrum, Heidelberg 2011

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