Sharp-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Sharp-Syndrom oder Mischkollagenose nennen die Mediziner eine Erkrankung des Bindegewebes bei gestörtem Immunsystem. Die Symptome gleich mehrerer Kollagenosen (Bindegewebserkrankungen) kennzeichnen das Sharp-Syndrom.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Sharp-Syndrom?

Häufig äußert sich das Sharp Syndrom an den kleinen Fingergelenken. In diesem Zusammenhang lässt sich ein positiver Rheumafaktor im Blut nachweisen.
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Das Sharp-Syndrom oder MCTD („mixed connective tissue desaese“) nennt man eine rheumatoide Erkrankung des Bindegewebes. Wie alle Phänomene des rheumatischen Formenkreises ist auch das Sharp-Syndrom eine Autoimmunkrankheit.

Hier zählt die MCTD zu den Kollagenosen. Diese Bezeichnung leitet sich vom „Kollagen“ ab. Das Protein sezernieren Bindegewebszellen und stabilisiert die Gewebematrix. Mischkollagenose ist ein weiterer Begriff für das Sharp-Syndrom, weil sich hier die Symptome mehrerer Autoimmunkrankheiten überlappen.

Daher ist auch manchmal vom „Overlap-Syndrom“ die Rede. Der Terminus „Sharp-Syndrom“ ist überwiegend im anglo-amerikanischen Raum verbreitet und weist auf den Erstbeschreiber der Krankheit hin: Der US-Arzt und Forscher Dr. Gordon C. Sharp stand Pate für das Sharp-Syndrom.

Ursachen

Das Sharp-Syndrom wird verursacht durch eine Autoimmunreaktion. Dabei produziert das Immunsystem Antikörper gegen Gewebe des eigenen Organismus, den es eigentlich schützen soll. Die im Verlauf der Reifung erlernte Toleranz gegenüber dem eigenen Körper wird aufgehoben.

Die Gründe dafür sind unbekannt und eine wichtige Fragestellung der medizinischen Grundlagenforschung. Einer Arbeitshypothese zufolge sollen genetische Faktoren in der Entstehung der MCTD die Hauptrolle spielen. Nach anderer Meinung könnten auch Nebenwirkungen von Medikamenten zu den Auslösern der Mischkollagenose zählen. Am Gesamtgeschehen sind womöglich auch psychische Faktoren oder Hormonstörungen beteiligt.

Bei Kollagenosen kann das Immunsystems fast alle Organe angreifen, denn Bindegewebe findet sich an vielen Stellen im Organismus. Ausgeprägt ist diese vielfältige Symptomatik vor allem beim Sharp-Syndrom.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Sharp Syndrom ist eine Erkrankung des Bindegewebes. Es können besonders vielfältige Symptome auftreten. Daher wird auch von "mixed" Symptomen gesprochen. Häufig äußert sich das Sharp Syndrom an den kleinen Fingergelenken. In diesem Zusammenhang lässt sich ein positiver Rheumafaktor im Blut nachweisen. Es besteht die Gefahr, dass sich die Entzündung auf andere Gelenke ausbreitet.

Es können aber auch Entzündungen an den Kniegelenken auftreten. Das Knie schwillt dabei an und schmerzt. Die Beschwerden greifen aber nicht auf andere Gelenke über. Das Sharp Syndrom äußert sich nicht nur in Form von Schmerzen und Beeinträchtigungen der Beweglichkeit der Gelenke. Es kann auch zu äußerlichen Anzeichen der Krankheit kommen.

Die Haut kann sich an bestimmten Stellen röten oder Quaddeln bilden. Häufig sind dabei Hautstellen betroffen, welche längerer Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Treten Gefäßentzündungen auf, kommt es zu Durchblutungsstörungen. Weitere Symptome können Nervenentzündungen oder Nierenfunktionsstörungen sein.

Typisch für das Sharp Syndrom ist auch das Auftreten von Lungenentzündungen. Die Krankheit tritt schubartig auf. In vielen Fällen treten die Beschwerden erstmals wenige Wochen nach der Entbindung auf. Bei einem längeren Aufenthalt in der Sonne verschlimmern sich die Symptome.

Diagnose & Verlauf

Das Sharp-Syndrom beginnt meistens mit einem Befall der Blutgefäße. Dabei zeigen sich Durchblutungsstörungen vor allem an den Händen und Füßen. Das sind Symptome wie sie für eine Kollagenose im Rahmen des Raynaud-Syndroms typisch ist. Im Blutlabor werden die spezifischen Antikörper nachgewiesen, die auf eine Mischkollagenose hindeuten. In vielen Fällen sind auch die Rheuma-Faktoren erhöht.

Im weiteren Verlauf treten Verhärtungen des Hautbindegewebes hinzu, schließlich kann sich eine Polyarthritis ausprägen mit schmerzhaften Gelenkveränderungen, meist an den Fingern. Daneben machen dem Patienten manchmal entzündliche Erscheinungen an den Muskeln zu schaffen (Polymyositis). Eine krankhafte Vermehrung des Bindegewebes (Fibrose) tritt vor allem in der Lunge auf, was im Röntgenbild erkennbar ist.

Die Beteiligung der Lunge führt sekundär zur pulmonalen Hypertonie (Bluthochdruck aufgrund einer eingeengten Lunge). Desweiteren charakterisieren Entzündungen des Herzbeutels sowie Nierenfunktionsstörungen als mögliche Komplikationen das Sharp-Syndrom.

Komplikationen

Im Verlauf eines Sharp-Syndroms können verschiedene Komplikationen und Spätfolgen auftreten. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, kommt es etwa zu Verhärtungen des Hautbindegewebes und schließlich zu einer Polyarthritis mit schmerzhaften Gelenkveränderungen und Erkrankungen der Gefäße. Daneben belasten den Patienten gelegentlich auch entzündliche Erscheinungen an den Muskeln.

Auch kann es zu einer krankhaften Vermehrung des Bindegewebes kommen. Eine typische Komplikation ist die Entstehung von Ekzemen. Diese können sich im weiteren Verlauf der Erkrankung entzünden und im schlimmsten Fall vernarben. Mögliche Spätfolgen des Sharp-Syndroms sind Arthritis und Myositis. Bei einem schweren Verlauf werden auch innere Organe angegriffen – es kommt zu Störungen von Nieren, Verdauungstrakt und Lunge.

Selten ist auch das Herz oder das Nervensystem betroffen. Die Behandlung der Autoimmunerkrankung birgt ebenfalls Risiken. Beim Einsatz von Antirheumatika können neben den typischen Neben- und Wechselwirkungen auch Asthmaanfälle auftreten. Immunsuppressiva können Bluthochdruck, Gewichtszunahme sowie ernste Erkrankungen wie Diabetes und Magen-Darm-Beschwerden hervorrufen. Bei einem geschwächten Immunsystem können die Präparate eine Tuberkulose, Lungenentzündung oder Enzephalitis begünstigen. Auch allergische Reaktionen auf die verwendeten Mittel und Materialien sind nicht auszuschließen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Sharp-Syndrom sollte immer durch einen Arzt behandelt werden. Dabei können weitere Komplikationen und Beschwerden nur durch eine richtige und ärztliche Behandlung vermieden werden, sodass eine Behandlung durch einen Mediziner bei dieser Krankheit unabdingbar ist. Je früher dabei ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel der weitere Verlauf dieser Krankheit. Dabei deuten in erster Linie Entzündungen an den Gelenken auf das Sharp-Syndrom hin. Treten diese dauerhaft auf und verschwinden nicht wieder von selbst, muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden.

Eine Selbstheilung kann dabei nicht eintreten. Weiterhin können auch Störungen der Durchblutung auf dieses Syndrom hindeuten und müssen durch einen Arzt untersucht werden. Viele Betroffene leiden auch unter Entzündungen der Lunge oder Nervenentzündungen. Ebenfalls können schubartige Beschwerden auf das Sharp-Syndrom hindeuten. Das Syndrom kann durch einen Allgemeinarzt erkannt werden. Die weitere Behandlung erfolgt dann durch einen jeweiligen Facharzt. Ob es dabei zu einer vollständigen Behandlung des Sharp-Syndroms kommen kann, kann nicht universell vorausgesagt werden.

Behandlung & Therapie

Das Sharp-Syndrom erfordert eine medikamentöse Therapie. Zunächst kommen hier die Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) in Frage. Das sind Pharmazeutika die nicht zu den kortisonähnlichen Entzündungshemmern gehören.

Zu den NSAR zählen bekannte Präparate wie Aspirin und Ibuprofen. Wenn im Zuge der Mischkollagenose heftige Schübe auftreten, wird der Arzt auch Glukokortikoide verordnen. Diese steroidalen Medikamente sind dem Kortison chemisch vergleichbar und setzen wie dieses Entzündungsreaktionen herab. Der Effekt besteht also darin, das ein körpereigener hormoneller Prozess imitiert wird.

Sind innere Organe durch MCTD in Mitleidenschaft gezogen, werden auch Immunsuppressiva eingesetzt. Diese Medikamente vermindern die Leistung des Immunsystems und können parallel zur Medikation mit Glukokortikoiden angewendet werden. Allerdings vermeiden Ärzte dabei eine Übertherapie, da gerade die Kortisonanaloga bei Dauergebrauch schwere Nebenwirkungen zeitigen.

Die Folgeerscheinungen der Mischkollagenose müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Behandlungsbedürftig ist gerade die pulmonale Hypertonie oder eine Nierenunterfunktion. Aufgrund der diskutierten psychosomatischen Aspekte der Mischkollagenose haben ganzheitliche Ansätze eine hohe Bedeutung in Fachkliniken. Gefordert ist dann letztlich eine Lebensumstellung auf Seiten des Patienten mit Sharp-Syndrom.


Vorbeugung

Das Sharp-Syndrom ist eine Krankheit mit wenig Prophylaxepotential. Genetische Ursachen wären schwerlich zu kontrollieren und das Gesamtgeschehen aller Autoimmunkrankheiten ist kaum verstanden ist. Sollten jedoch Stressfaktoren eine ausschlaggebende Rolle spielen, kann jeder Mensch einen gewissen Beitrag leisten, wenn er nach Möglichkeit ein ausgeglichenes Leben führt. Dazu gehört eine gesunde Ernährung sowie Sport und Maßnahmen der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) wie Chi Gong oder Meditation. Empfehlenswert ist dies allemal, nicht nur im Hinblick auf das Sharp-Syndrom.

Nachsorge

Die Nachsorge des Sharp-Syndroms umfasst eine körperliche Untersuchung, ein Patientengespräch und die Einstellung der Medikation. Da es sich bei der Erkrankung um ein chronisches Leiden handelt, ist die Nachsorge oftmals nur bei einzelnen Beschwerden sinnvoll. Je nach ursächlicher Erkrankung kann die Nachsorge beispielsweise eine Untersuchung der Haut, neurologische Untersuchungen oder bildgebende Verfahren umfassen.

In der Regel werden typische Symptome wie die starre Mimik oder die Mikrostomie, bei welcher der Mund nicht mehr weit geöffnet werden kann, geprüft. Sind diese Symptome auskuriert, ist einzig eine medikamentöse Schmerzlinderung möglich. Gegebenenfalls kommen auch operative Eingriffe infrage.

Je nachdem, welche Maßnahmen im Detail gewählt werden, zählen zur Nachsorge außerdem Beratungsgespräche oder die Verordnung geeigneter Arzneimittel. Die Nachsorge beim Sharp-Syndrom führt der zuständige Facharzt durch. Sie findet meist mehrere Jahre nach der Diagnose statt, wenn das Leiden auskuriert ist und eine rein symptomatische Therapie eingeleitet wird.

Gegebenenfalls kann der zuständige Arzt weitere Mediziner hinzuziehen, etwa Hautärzte oder Neurologen. Das Sharp-Syndrom kann ganz unterschiedlich verlaufen. In einigen Fällen kommt es über Jahre zum Stillstand. Deshalb muss auch nach der Nachsorge noch regelmäßig der Arzt konsultiert werden. Mindestens alle drei Monate sollten Patienten die Fachklinik aufsuchen, damit die notwendigen Untersuchungen durchgeführt werden können.

Das können Sie selbst tun

Viele Personen, die unter dem Sharp-Syndrom leiden, stehen unter starkem Stress. Doch auch humangenetische Ursachen können die Erkrankung auslösen. Nicht immer lässt sich der Krankheitsverlauf genau nachvollziehen. Im Alltag geht es vor allem darum, die akuten Schmerzen zu lindern.

Dabei hilft es, mit Entspannungsübungen den Stress zu verringern. Auch ausgleichende Tätigkeiten führen zu mehr innerer Balance. In der Folge treten die schmerzhaften Symptome seltener auf. Dem Alltagsstress selbst können viele Menschen kaum aus dem Weg gehen, denn Beruf und Familie fordern den vollen Einsatz. Die Betroffenen sollten gerade dann auf eine ausgewogene Ernährung achten und sich sportlich betätigen. Dadurch steigt das Wohlbefinden und das Herz-Kreislauf-System stabilisiert sich. Meditative Übungen wie Yoga oder Chi Gong können ebenfalls hilfreich sein. Auch wenn diese Selbsthilfe-Maßnahmen keine direkte Auswirkung auf die Erkrankung haben sollten, sorgen sie für ein besseres Körperbewusstsein und optimieren die Lebensqualität.

Eine dauerhafte Krankengymnastik und psychologische Methoden der Schmerzbewältigung lassen sich ebenfalls in den Alltag integrieren. Gegen akute Schmerzen helfen Medikamente, die der Arzt auf die jeweiligen Beschwerden anpasst. Manchmal reichen jedoch die sanften Übungen der Ergotherapie aus, um kleine Schmerzanfälle zu überstehen. Damit reduziert sich die Einnahme der Medikamente.

Quellen

  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015

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