Thoraxdeformität
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei einer Thoraxdeformität handelt es sich um Fehlbildungen am Thorax beziehungsweise Deformitäten an der Brustwand. Diese Fehlbildungen sind entweder angeboren oder erworben. Angeborene Formen von Thoraxdeformitäten zeigen sich im überwiegenden Teil der Fälle bereits im frühen Säuglings- oder Kleinkindalter. Andere Fehlbildungen des Thorax manifestieren sich hingegen erst während der Pubertät.
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Was ist eine Thoraxdeformität?
Grundsätzlich stellt eine Thoraxdeformität eine Form der Brustwand oder des Brustkorbes dar, die von der üblichen Norm abweicht. Entsprechende Fehlbildungen können aus genetischen oder erworbenen Gründen auftreten. Im Großteil der Fälle handelt es sich bei der Thoraxdeformität um eine Trichterbrust. Diese Fehlbildung äußert sich in den meisten Fällen in einem eingesunkenem Brustbein und stellt die häufigste Form der Deformitäten dar.
Weist der Brustkorb eine Wölbung nach vorn auf, wird von einer sogenannten Kielbrust gesprochen. Eine spezielle Form stellt die Harrenstein-Deformität dar, bei der das Brustbein verdreht ist. Verschmelzen die Sternumanlagen nicht komplett miteinander, entsteht eine sogenannte Sternumspalte. Wenn sich der Brustkorb beim Embryo nicht vollständig schließt, handelt es sich um eine Thorakoschisis.
Ein asymmetrisches Erscheinungsbild der vorderen Brustwand ist unter Umständen auf eine sogenannte Gabelrippe zurückzuführen. Hierbei zeigen sich mitunter Verbindungen zum Ehlers-Danlos-Syndrom oder sogenannten Chondrodysplasien, etwa einer Metaphysären Chondrodysplasie. Prinzipiell treten Thoraxdeformitäten gehäuft im Zusammenhang mit diversen Syndromen auf.
Dazu zählen zum Beispiel das Ellis-van-Creveld-Syndrom, die Trichterbrust oder Kielbrust, die Asphyxierende Thoraxdysplasie, das Marfan-Syndrom, eine Homocystinurie, das Poland-Syndrom oder eine Spondyloepiphysäre Dysplasie. Darüber hinaus sind Thoraxdeformitäten in Verbindung mit Rachitis oder einem Rachitischen Rosenkranz sowie dem Multiplen Pterygium-Syndrom und der Metaphysären Chondrodysplasie vom Typus Jansen möglich.
Ursachen
Nach dem bisherigen Stand der medizinischen Forschung sind die Ursachen für die Bildung von Thoraxdeformitäten noch nicht vollständig geklärt. Zur Diskussion stehen zum Beispiel Störungen des Wachstums an den Rippenknorpeln, welche die Verbindung zwischen den knöchernen Rippen und dem Brustbein darstellen. In Untersuchungen mit dem Elektronenmikroskop zeigt sich mitunter eine fehlerhafte Struktur der Knorpelgrundsubstanz.
Dabei wurden auch Entzündungsreaktionen im Inneren des Knorpels festgestellt. In der Folge davon kommt es zu einem ungehemmten Wachstum von bestimmten Knorpelbereichen. Diese drücken das Brustbein nach außen oder innen. Auch sind bestehende Zusammenhänge zu bestimmten Syndromen bekannt, zum Beispiel zum Marfan-Syndrom.
Fest steht bisher lediglich, dass die Entstehung von Thoraxdeformitäten sehr komplex ist. In zahlreichen Fällen spielen auch genetische Ursachen für die Bildungen der Deformitäten eine wichtige Rolle. Dies ist zum Beispiel bei Wachstumsstörungen am Rippenknorpel der Fall. Neben einigen bereits genannten Syndromen, die in Verbindung mit Thoraxdeformitäten auftreten können, sind entsprechende Fehlbildungen beispielsweise auch durch Tumoren an der Brustwand möglich.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Im Rahmen von Thoraxdeformitäten sind zahlreiche verschiedene Symptome und Beschwerden möglich, die sich je nach Syndrom und Form der Fehlbildung stark unterscheiden. Grundsätzlich gehen Thoraxdeformitäten in vielen Fällen mit sogenannten sekundären Pathologien einher. Zu diesen gehören zum Beispiel Kompressionsatelektasen, ein reduziertes Herzminutenvolumen, eine respiratorische Insuffizienz, eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit, Skoliose sowie anderweitige Fehlhaltungen.
Darüber hinaus führen die Deformitäten in vielen Fällen zu einer erheblichen psychischen Belastung der Patienten, was unter Umständen mit sozialer Abgrenzung und Isolation einhergeht. In der Folge von schwerwiegenden Thoraxdeformitäten treten in manchen Fällen eine chronisch verlaufende respiratorische Insuffizienz oder Atelektasen auf.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Prinzipiell stehen zur Diagnose von Thoraxdeformitäten eine Reihe von untersuchungstechnischen Methoden zur Verfügung, über deren Einsatz der behandelnde Arzt abhängig vom individuellen Einzelfall entscheidet. Stellt sich ein Patient dem Facharzt zum ersten Mal vor, erfolgt zunächst eine gründliche Anamnese beziehungsweise eine Erörterung der Krankengeschichte. Hierbei werden zum Beispiel Symptome, Verlauf der Erkrankung und familiäre Dispositionen geklärt.
Im Anschluss daran wird eine sogenannte Eingangsvermessung, eine EKG-Untersuchung und eine Prüfung der Lungenfunktion durchgeführt. Gemeinsam mit den klinischen Untersuchungen ist nun ein differenziertes Bild der vorliegenden Form der Thoraxdeformität sowie den potenziellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen möglich. Denn Folgeschäden sind nicht bei allem Patienten zu erwarten.
Hierbei besteht in der medizinischen Forschung jedoch keine Einigkeit, ob Thoraxdeformitäten grundsätzlich mit einer verminderten Lungenfunktion und Leistungsfähigkeit sowie Herzbeschwerden einhergehen. In zahlreichen Fällen zeigen sich im Rahmen von Thoraxdeformitäten Haltungsstörungen, insbesondere bei einer Trichterbrust oder einer Kielbrust.
Dabei hängen die Schultern des betroffenen Patienten nach vorn und es zeigt sich ein ausgeprägtes Hohlkreuz. Darüber hinaus liegen oftmals ein sogenannter Rundrücken und eine schwache Bauchdecke vor. In einigen Fällen zeigt sich gleichzeitig Skoliose an der Wirbelsäule. Grundsätzlich ist es das Ziel bei den klinischen Untersuchungen, sämtliche begleitenden Erkrankungen zu erkennen, um geeignete Maßnahmen zur Behandlung der Beschwerden einzuleiten.
Komplikationen
Eine häufige Form der Thoraxdeformität ist die sogenannte Trichterbrust. Während bei Kindern und Jugendlichen meist keine großen körperlichen Einschränkungen zu befürchten sind, kommt es nach Abschluss der Pubertät mit zunehmenden Alter regelmäßig zu Komplikationen. So kann die Fehlstellung der Rippen die Wirbelsäule negativ beeinflussen und zu Fehlhaltungen führen.
Sehr häufig stellt sich dann eine Kyphose ein, die mit nach vorne gebeugten Schultern und einem hervorstehenden Bauch einhergeht. Die unnatürliche Krümmung der Wirbelsäule führt außerdem zu einer stärkeren Belastung der Bandscheiben, was schere Rückenschmerzen bedingen kann. Zudem ist aufgrund der Verengung des Brutkorbs mit weiteren Beschwerden wie Luftnot, Herzrasen und schneller körperlicher Erschöpfung zu rechnen.
Wird ein operativer Eingriff zur Korrektur der Trichterbrust erforderlich oder erfolgt diese aus kosmetischen Gründen, können sich ebenfalls eine Reihe von Komplikationen einstellen. Der Eingriff wird minimal-invasiv ausgeführt, erfolgt aber dennoch unter Vollnarkose, die grundsätzlich mit bestimmten Risiken, insbesondere schweren Kreislaufproblemen bis hin zum Kreislaufzusammenbruch einhergeht.
Der Patient kann außerdem allergisch auf das zwecks Korrektur eingebrachte Metall reagieren. Wird aus diesem Grund eine vorzeitige Entfernung erforderlich, kann dies den Effekt der Operation abschwächen oder gar zunichte machen. Schwere Komplikationen wie Organverletzungen, insbesondere am Herzen oder der Lunge, sind sehr selten, aber nicht völlig auszuschließen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Eine angeborene Thoraxdeformität wird im Normalfall bereits unmittelbar nach der Niederkunft festgestellt. Eine Geburt wird von Hebammen, Ärzten oder Krankenschwestern begleitet. Das Neugeborene wird direkt nach der Geburt vom Geburtshelferteam intensiv untersucht. Bei dieser Erstuntersuchung werden Unregelmäßigkeiten des Körperbaus bereits festgestellt. Das Neugeborene wird zu weiteren Untersuchungen und zur Abklärung der Ursache dem Kinderarzt vorgestellt. Eltern und Angehörige müssen in diesen Fällen nicht selbstständig aktiv werden. Die notwendigen Maßnahmen werden vom anwesenden Pflegepersonal vollständig übernommen.
Bei einer erworbenen Thoraxdeformität liegt ein auslösenden Ereignis vor. Ein Sturz, Unfall oder eine Gewalteinwirkung können der Grund für die Deformierungen sein. Zeigen sich daher Veränderungen des Körperbaus und insbesondere des Brustkorbes, muss ein Arzt konsultiert werden.
Werden während des Wachstums und Entwicklungsprozesses eines Kindes oder Jugendlichen Wölbungen der Brustwand oder des Brustkorbes festgestellt, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Beeinträchtigungen der Atemtätigkeit, Schmerzen oder Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten sind weitere Anzeichen einer Unregelmäßigkeit. Sie müssen untersucht und behandelt werden.
Bei einer Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, Unregelmäßigkeiten des Herzrhythmus und Veränderungen des Hautbildes ist ein Arzt zu konsultieren. Eine Fehlhaltung des Oberkörpers, Störungen des Muskelapparates sowie psychische Probleme sollten ebenfalls zwecks Begutachtung einem Arzt vorgestellt werden. Eine Diagnosestellung ist notwendig, damit ein Behandlungsplan erarbeitet werden kann.
Behandlung & Therapie
Die therapeutischen Maßnahmen richten sich bei Thoraxdeformitäten in erster Linie nach der jeweils vorliegenden Form der Erkrankung. Dabei sind sowohl konservative physiotherapeutische Behandlungsansätze mit gezielten Übungen als auch chirurgische Operationen möglich. Darüber hinaus ist die Deformität in regelmäßigen Abständen von einem Arzt zu kontrollieren. Eine Trichterbrust lässt sich mit einer Saugglocke therapieren, um die vordere Brustwand anzuheben.
Vorbeugung
Konkrete Maßnahmen zur Vorbeugung von Thoraxdeformitäten sind bisher nicht bekannt. Grundsätzlich ist auf eine gesunde Körperhaltung und ausreichend Bewegung zu achten, um Haltungsschäden vorzubeugen.
Nachsorge
Bei der Thoraxdeformität sind die Maßnahmen einer direkten Nachsorge in den meisten Fällen stark eingeschränkt, sodass Betroffene bei dieser Krankheit auf eine sofortige medizinische Behandlung angewiesen sind. Je früher die Krankheit dabei erkannt und behandelt wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf. Eine Selbstheilung kann sich dabei meist nicht einstellen, sodass schon bei den ersten Anzeichen der Erkrankung ein Arzt aufgesucht werden sollte.
Die meisten Patienten sind bei dieser Krankheit auch verschiedene kosmetische Eingriffe angewiesen, die die Beschwerden lindern und einschränken können. Diese müssen dabei eventuell öfter wiederholt werden, sodass eine vollständige Einschränkung der Erkrankung nicht möglich ist. Die meisten Betroffenen sind auch auf die Unterstützung der eigenen Familie oder des Partners angewiesen, wodurch auch Depressionen oder andere psychische Verstimmungen verhindert werden können.
Die Thoraxdeformität verringert nicht die Lebenserwartung des Betroffenen. Weitere Maßnahmen einer Nachsorge sind nicht notwendig und meist auch nicht möglich. Der Kontakt zu anderen Betroffenen zum Erfahrungsaustausch kann dabei sinnvoll sein.
Das können Sie selbst tun
Patienten mit einer Thoraxdeformität leiden oft an diversen Beschwerden, die sich aus der Deformierung des Brustkorbes ergeben. Daher ist die Lebensqualität der Betroffenen teilweise eingeschränkt. Falls es sich um eine angeborene Thoraxdeformität handelt, lernen die Betroffenen schon früh, mit der Erkrankung umzugehen. Schwieriger gestaltet sich die Situation oft bei jenen Patienten, die die Krankheit erst im späteren Verlauf ihres Lebens erworben haben.
Die Thoraxdeformität geht in manchen Fällen mit einer verringerten Leistungsfähigkeit einher, da das Herzminutenvolumen herabgesetzt ist. Selbsthilfemaßnahmen können bei dieser Art von Beschwerden die ärztliche Therapie unterstützen, aber keinesfalls ersetzen.
Die Patienten besuchen regelmäßige Kontrolltermine beim Arzt und nehmen an einer Physiotherapie teil. Da auch Fehlhaltungen durch die Thoraxdeformität entstehen können, ist ein regelmäßiges physiotherapeutisches Training besonders wichtig. Die erlernten Übungen können Patienten mit Thoraxdeformität auch zu Hause weiterführen.
Für Schwierigkeiten sorgen unter Umständen soziale Probleme und Mobbing, da die Patienten durch die Thoraxdeformität mehr oder weniger von der Norm abweichen und dadurch auffallen. Die Teilnahme an Selbsthilfegruppen und der soziale Austausch mit anderen Erkrankten stellen Möglichkeiten dar, diese Stressfaktoren zu verringern. Auf diesem Weg können die Patienten ihren Bekanntenkreis erweitern und dadurch sozialen Stress reduzieren.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Niethardt, F.U.: Kinderorthopädie. Thieme, Stuttgart 2009
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015