Thyreotoxische Krise

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Begriff thyreotoxische Krise bezeichnet eine plötzliche und lebensbedrohende Stoffwechselentgleisung. Sie entwickelt sich meist auf dem Boden einer bestehenden Schilddrüsenüberfunktion.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine thyreotoxische Krise?

Eine thyreotoxische Krise kann sich nur aus einer Schilddrüsenüberfunktion entwickeln. Bei einer Schilddrüsenüberfunktion produziert die Schilddrüse zu viele Schilddrüsenhormone.
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Die thyreotoxische Krise ist eine lebensbedrohliche Entgleisung einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Das Krankheitsbild entwickelt sich innerhalb weniger Stunden oder Tage. Bei der thyreotoxischen Krise zeigen sich alle Symptome der Schilddrüsenüberfunktion in einer sehr starken Ausprägung.

Häufig wird die Krise durch eine erhöhte Jodzufuhr oder durch jodhaltiges Röntgenkontrastmittel ausgelöst. Dabei tritt die thyreotoxische Krise ungefähr ein bis vier Wochen nach der Aufnahme auf. Auch das Absetzen von Thyreostatika kann eine thyreotoxische Krise bedingen. Die Krise erfordert eine sofortige intensivmedizinische Betreuung. Unbehandelt kann sie zum Tod führen.

Ursachen

Eine thyreotoxische Krise kann sich nur aus einer Schilddrüsenüberfunktion entwickeln. Bei einer Schilddrüsenüberfunktion produziert die Schilddrüse zu viele Schilddrüsenhormone. Die beiden wichtigsten Schilddrüsenhormone sind Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Grundbestandteil der Schilddrüsenhormone ist das Spurenelement Jod. Hauptursache der Schilddrüsenüberfunktion ist die Autoimmunkrankheit Morbus Basedow.

Dabei binden sich körpereigene Antikörper an die TSH-Rezeptoren der Schilddrüse und ahmen so die Wirkung des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH) aus der Hypophyse nach. Dadurch kommt es zu einer ständigen Produktion von T3 und T4 und damit zu einer Schilddrüsenüberfunktion. Eine Schilddrüsenüberfunktion kann sich aber auch durch eine Schilddrüsenautonomie entwickeln. Bei einer Schilddrüsenautonomie arbeiten einzelne Bereiche der Schilddrüse unabhängig von den hormonellen Regulationsmechanismen.

Des Weiteren kann die Hyperthyreose durch hormonproduzierende Tumore der Schilddrüse und durch Schilddrüsenentzündungen hervorgerufen werden. Die thyreotoxische Krise entwickelt sich meist nach einer hohen Jodzufuhr. Dadurch steht dem Körper mehr Jod für die Produktion von Schilddrüsenhormonen zur Verfügung. Da die körpereigenen hormonellen Regulationsmechanismen bei der Schilddrüsenüberfunktion gestört sind, wird die Produktion auch nicht eingedämmt.

Die thyreotoxische Krise wird oft iatrogen, also durch den Arzt, durch die Verabreichung jodhaltiger Medikamente induziert. Auch röntgenhaltige Kontrastmittel sind häufige Auslöser. Gefährlich wird es auch, wenn Patienten mit einer Schilddrüsenüberfunktion eigenständig ihre Medikamente absetzen. Thyreostatika hindern die Schilddrüse daran, zu viele Hormone zu produzieren.

Werden die Medikamente plötzlich abgesetzt, kann dies eine thyreotoxische Krise zur Folge haben. Auch Operationen können eine thyreotoxische Krise bedingen. Insbesondere nach der Entfernung von Schilddrüsengewebe kann sich die Hormonproduktion der Schilddrüse reaktiv erhöhen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Zu den typischen Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion gehören Schlaflosigkeit, Gereiztheit und Nervosität. Bei vielen Patienten ist ein feinschlägiger Tremor, ein leichtes Zittern, als Zeichen der Unruhe zu beobachten. Durch die Schilddrüsenhormone wird der gesamte Stoffwechsel angeregt. Der Blutdruck ist hoch.

Die Differenz zwischen dem systolischen und dem diastolischen Blutdruckwert (Blutdruckamplitude) ist gesteigert. Die Herztätigkeit ist verändert. Das Herz schlägt schneller, teilweise leiden die Betroffenen unter Herzstolpern (Extrasystolen). Auch Vorhofflimmern kann die Folge einer Hyperthyreose sein. Die Patienten haben aufgrund des gesteigerten Energieumsatzes Hunger, verlieren aber trotzdem an Gewicht.

Aufgrund der Mobilisierung von Glykogenreserven und von Fettreserven können Überzuckerungen (Hyperglykämien) auftreten. Die Patienten schwitzen schnell, sind wärmeintolerant und haben eine feuchte warme Haut. Sie müssen häufiger eine Toilette aufsuchen und haben dünnen Stuhl. Die Muskulatur ist schwach. Bei der thyreotoxischen Krise verstärken sich alle diese Symptome massiv und innerhalb kürzester Zeit.

Im Stadium I der thyreotoxischen Krise ist die Herzfrequenz auf mehr als 150 Schläge pro Minute erhöht. Die Patienten erbrechen sich und haben hohes Fieber. Durch die vermehrte Flüssigkeitsausscheidung kann sich eine Exsikkose entwickeln. Im Stadium II der Krise sind die Patienten zunehmend desorientiert und im Bewusstsein getrübt. Sie sind benommen oder schläfrig. Im Stadium III fallen die Erkrankten ins Koma.

Besonders bedrohlich sind die erhöhte Herzfrequenz, die Herzrhythmusstörungen und die Austrocknung. Unbehandelt droht das Koma mit irreversiblen Spätfolgen. Insgesamt ist die Prognose der thyreotoxischen Krise eher schlecht. Sie endet häufig tödlich.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Eine Verdachtsdiagnose kann recht schnell anhand der charakteristischen Symptome gestellt werden. Den entscheidenden Hinweis liefert eine bereits bekannte Schilddrüsenüberfunktion. Die erhöhten Schilddrüsenwerte können bei der thyreotoxischen Krise im Blut nachgewiesen werden. Der TSH-Wert ist stark erniedrigt.

TSH stimuliert die Schilddrüse zur Produktion von Schilddrüsenhormonen. Da durch die thyreotoxische Krise aber viel zu viele Schilddrüsenhormone im Blut sind, produziert die Hirnanhangdrüse weniger TSH. Die Werte der Schilddrüsenhormone T3 und T4 sind trotzdem erhöht.

Komplikationen

Stellt sich eine thyreotoxische Krise ein, so wirkt sich dies auf den gesamten Stoffwechsel auf. Der Blutdruck ist erhöht, es kommt zu Nervosität, Gereiztheit und Schlafstörungen, und ein Zittern stellt sich ein. Zudem ist die Herztätigkeit verändert und die Betroffenen leiden unter Herzstolpern und Vorhofflimmern – beides kann zu schweren Komplikationen bis hin zum Herzversagen führen.

Begleitend zu den Allgemeinsymptomen kommt es zum Gewichtsverlust, der meist mit Dehydration und Mangelerscheinungen verbunden ist. Die Mobilisierung von Glykogen- und Fettreserven kann zu Überzuckerung führen. Zudem sind die Patienten körperlich angeschlagen und leiden unter Muskelschwäche. Bei der thyreotoxischen Krise nehmen all diese Symptome innerhalb kürzester Zeit zu. Relativ schnell kommt es zu hohem Fieber, Austrocknung und Bewusstseinsstörungen.

Anschließend fallen die Patienten ins Koma. Ein Bewusstseinsverlust hat bei fehlender oder zu später Behandlung meist irreversible Spätfolgen oder führt sogar zum Tod. Die Behandlung einer thyreotoxischen Krise kann von den typischen Neben- und Wechselwirkungen verordneter Medikamente beeinträchtigt werden. So ist ein chirurgischer Eingriff immer risikobehaftet, da der Patient meist schon erheblich geschwächt ist.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Ein hoher Blutdruck, eine innere Unruhe, Nervosität und Gereiztheit sind Beschwerden, die grundsätzlich von einem Arzt abgeklärt werden sollten. Halten Sie unverändert über mehrere Wochen oder Monate an, müssen sie untersucht werden. Bei einer Zunahme der Unregelmäßigkeiten ist unverzüglich ein Arztbesuch notwendig. Kommt es zu Störungen des Herzrhythmus, einer Abnahme der Muskelkraft oder einem Verlust der allgemeinen Belastbarkeit, ist die Rücksprache mit einem Arzt zu empfehlen. Fieber, Erbrechen, Unwohlsein sowie ein Krankheitsgefühl sollten einem Arzt vorgestellt werden. Da die thyreotoxische Krise ein gesundheitlicher Notfall ist, treten häufig innerhalb kurzer Zeit akute Veränderungen des Wohlbefindens auf.

Bei plötzlichen Unstimmigkeiten sollte ein Rettungsdienst alarmiert werden. Charakteristisch für die Störung ist, dass bereits im Vorfeld die Betroffenen an Gewicht verlieren, obgleich sie täglich ungewöhnlich viele Kalorien aufnehmen. Ein ungewollter Gewichtsverlust ist ein Alarmsignal des Körpers. Bei Störungen des Bewusstseins, einer Orientierungslosigkeit sowie Störungen der Gedächtnistätigkeit muss ein Rettungsdienst gerufen werden. Anwesende Personen sind in der Verpflichtung, Maßnahmen der Ersten Hilfe anzuwenden. Ohne eine rechtzeitige und professionelle medizinische Versorgung drohen dem Betroffenen ein komatöser Zustand sowie irreparable Schäden von Organen. Daher besteht akuter Handlungsbedarf, wenn es zu einer deutlichen Verschlechterung der Gesundheit kommt.

Behandlung & Therapie

Die thyreotoxische Krise wird immer auf der Intensivstation behandelt. Dabei werden die Funktionen des Herz-Kreislauf-Systems engmaschig überwacht. Zudem werden die Flüssigkeitszufuhr und die Flüssigkeitsausscheidung überwacht. So kann eine Flüssigkeitsbilanzierung erfolgen und einer Exsikkose entgegengewirkt werden. Die Betroffenen erhalten drei bis vier Liter Flüssigkeit pro Tag. Ferner kommen Medikamente zum Einsatz, die die Produktion und Ausschüttung der Schilddrüsenhormone einschränken.

Dazu gehören Thyreostatika wie Thiamazol und Glukokortikoide wie Prednisolon. Mit Beta-Blockern wird die erhöhte Herzfrequenz reguliert. Bei starkem Fieber kann mit Eisbeuteln gekühlt werden. Auch Paracetamol oder Ibuprofen können das Fieber senken. Wenn die Patienten unter einer starken Unruhe leiden, kann eine Sedierung vorgenommen werden.

Wenn die thyreotoxische Krise durch eine Jodkontamination ausgelöst wurde und keine der beschrieben Maßnahmen hilft, wird die Schilddrüse in einem chirurgischen Eingriff fast komplett entfernt. Auch eine Plasmapherese kann durchgeführt werden, um das Jod aus dem Blut zu entfernen.


Vorbeugung

Eine konsequente Behandlung der Schilddrüsenüberfunktion kann in der Regel eine thyreotoxische Krise verhindern. Patienten mit bekannter Schilddrüsenüberfunktion sollten keine Medikamente mit hohem Jodgehalt einnehmen. Auch in besonderen Situationen, wie beispielsweise bei Infektionen oder bei Operationen, sollte die Schilddrüsenfunktion kontrolliert werden.

Nachsorge

Anders als bei einer Überfunktion der Schilddrüse besteht bei der thyreotoxischen Krise akute Lebensgefahr. Sie entwickelt sich nicht chronisch, sondern nimmt einen fulminanten Verlauf an. In der Regel geht der Krise aber eine Schilddrüsenüberfunktion voraus. Rechtzeitiges ärztliches Eingreifen ist nötig, um einen lebensgefährlichen Ausgang der Krankheit zu verhindern.

In solchen Fällen laufen Behandlung und Nachsorge parallel. Ziel der Therapie ist eine Normalisierung der Schilddrüsenwerte sowie ein Abwenden des lebensbedrohlichen Zustandes. Die Lebensgefahr ist nicht bei jeder thyreotoxischen Krise gleich hoch. Im frühen Stadium ist ein letaler Ausgang zu etwa 10 Prozent wahrscheinlich, im fortgeschrittenen Verlauf beträgt die Wahrscheinlichkeit bereits 30 Prozent.

Als letzte Option besteht in schweren Fällen nur noch die chirurgische Verkleinerung der Schilddrüse. Eine sofortige Behandlung ist jedoch immer notwendig. Der Patient wird zu diesem Zweck ins Krankenhaus eingewiesen. Bei der Vergabe von entsprechender Medizin überprüft der zuständige Internist die Heilung. Überdies erhält der Betroffene Medikamente gegen weitere Beschwerden wie Übelkeit oder Schwindel.

Konnte die Krise erfolgreich eingedämmt werden, wird die Nachsorge schrittweise eingestellt und endet mit der Entlassung. Bei einer Schilddrüsenoperation werden die üblichen nachsorgenden Methoden anberaumt. Gelegentliche Nachkontrollen führt der Hausarzt durch. Der Patient muss die Termine wahrnehmen, damit mögliche neue Veränderungen an der Schilddrüse frühzeitig erkannt werden.

Das können Sie selbst tun

Bei der Thyreotoxischen Krise handelt es sich um einen medizinischen Notfall, da sich der gesundheitliche Zustand der Patienten rasch verschlechtern und unter Umständen zum Tod führen kann. Es ist deshalb von größter Wichtigkeit, dass die Patienten nicht versuchen, ihren Zustand durch Maßnahmen der Selbsthilfe eigenständig zu lindern. Dies ist nicht möglich und erhöht das Risiko, in Folge der Thyreotoxischen Krise zu versterben.

Falls Personen bei sich selbst Symptome einer Thyreotoxischen Krise feststellen oder sonstige starke Beschwerden verspüren, kontaktieren sie umgehend einen Notarzt. Sobald sie sich in ärztlicher Behandlung befinden, befolgen die Patienten mit einer Thyreotoxischen Krise alle Anweisungen des Personals, egal ob es sich dabei um Ärzte oder Krankenpfleger handelt.

Personen mit einer Thyreotoxischen Krise kommen in der Regel zunächst in eine Klinik und werden stationär behandelt, bis sich der Gesundheitszustand wieder gebessert hat. Dazu erhalten die Patienten entsprechende Medikamente in vorgeschriebener Dosis. Die regelmäßige und ordnungsgemäße Einnahme dieser Arzneimittel ist von essenzieller Bedeutung, da die Beschwerden andernfalls erneut auftreten können. Verdauungsbeschwerden werden ebenfalls medikamentös behandelt, außerdem erhalten die Patienten im Krankenhaus adäquate Mahlzeiten. Da viele Betroffene an Nervosität leiden, kommen mitunter auch Beruhigungsmittel zum Einsatz.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Kleine, B., Rossmanith, W.G.: Hormone und Hormonsystem. Springer Verlag, Berlin 2010

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