Trichophyton tonsurans

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 30. März 2025Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Trichophyton tonsurans handelt es sich um einen Dermatophyt. Der Pilz befällt vor allem Haut und dessen Anhangsgebilde, also die Haare und die Nägel. Er gehört dabei zu einem der wichtigsten Erreger der Dermatophytosen oder auch der Tinea.
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Was ist Trichophyton tonsurans?
Der Trichophyton tonsurans ist ein Faden- bzw Hyphenpilz. Dazu gehören auch andere Dermatophyten wie der Epidermophyton floccosum oder auch Microsporum. Sie heißen Dermatophyten, da sie vornehmlich die Haut, Haare sowie Nägel befallen. Der Trichophyton tonsurans ist ein Parasit. Als Parasitismus bezeichnet man eine Form des Zusammenlebens zweier Organismen, bei dem einer Nutzen auf den Kosten des anderen zieht.
Als Tinea bezeichnet man einige Erkrankungen, die durch den Trichophyton tonsurans sowie anderen Dermatophyten verursacht werden. Dabei handelt es sich meist um eine Rötung der Haut, die durch vermehrte Schuppen- und Bläschenbildung geprägt ist. Eine Tinea kann sich fast überall entwickeln und sich von dort aus über andere Hautpartien ausbreiten. Der Pilz breitet sich hierbei jedoch nur auf den oberflächlichen Schichten der Haut aus.
Trichophyton tonsurans kann sich nicht nur von Mensch zu Mensch übertragen, sondern er kann sich auch auf Tieren befinden und dadurch den Menschen bei Kontakt infizieren.
Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften
Trichophyton tonsurans ist weltweit verbreitet. Dabei ist zu beachten, dass circa 10 bis 20 Prozent der Weltbevölkerung an einer Pilzkrankheit leiden. Typischer Lebensraum des Trichophyton tonsurans sind feuchte und warme Orte, die sich bei Menschen vor allem zwischen Hautfalten sowie den Zwischenräumen von Zehen und Fingern befinden. Daneben sind Nägel aber vor allem auch Haare Orte, an denen sich der Trichophyton tonsurans ausbreitet.
Es verlieren sich ständig infektiöse Hautschüppchen, die andere Menschen bei Kontakt ebenfalls infizieren können. Die Übertragung des Trichophyton tonsurans erfolgt vor allem anthropophil, das bedeutet von Mensch zu Mensch. Dies kann direkt erfolgen, wenn zum Beispiel viele Menschen zusammen sind, wie es vor allem bei Umkleidekabinen und Gemeinschaftsduschen der Fall ist oder auch indirekt. Da der Trichophyton tonsurans hauptsächlich Haare befällt, können infektiöse Haare und Schuppen Kämme oder Hüte kontaminieren, die beim Tragen durch andere Menschen auf diese übergehen können. Eher weniger erfolgt die Übertragung von Tier zu Mensch, auch zoophile Übertragung genannt. Zudem kann sich der Erreger in der Erde aufhalten, so dass er beispielsweise bei Gartenarbeiten auf den Menschen übertragen wird.
Der Trichophyton tonsurans ist ein Faden- bzw Hyphenpilz. Diese brauchen für ihr Wachstum Energie, welche sie aus dem Keratin der Haut gewinnen. Dafür haben sie als Virulenzfaktor die Keratinase, die das Keratin aus der Haut bzw den Nägeln freisetzt. Des Weiteren besitzt der Trichophyton tonsurans Proteinasen, sowie Elastasen.
Um den Pilz zu diagnostizieren benötigt man ein wenig Probenmaterial, welches durch Abschabung der betroffenen Hautstelle gewonnen werden kann. Dieses kann entweder mikroskopiert oder kultiviert werden. Beim Mikroskopieren können die sogenannten Konidien beobachtet werden. Dabei handelt es sich um die asexuelle Spore, die als Nebenfruchtform beim Pilz vorkommen kann. Es werden beim Trichophyton tonsurans vor allem Mikrokonidien beobachtet, Makrokonidien sind eher selten zu sehen. Die Sporen des Pilzes sind stabile Dauerformen, die über Monate hinweg noch infektiös sein können. Setzt man eine Kultur des Pilzes an, so kann nach einigen Wochen eine weiß-gelbliche oder rotbraun flache Kolonie beobachtet werden, die durch ein samtartiges bzw körniges Aussehen gekennzeichnet ist.
Beim Trichophyton tonsurans ist bis jetzt nur die anamorphe Form bekannt geworden, sprich die asexuelle Form. Die telemorphe Form, das heißt die sexuelle Form, ist noch nicht entdeckt worden.
Biologische Eigenschaften
Trichophyton tonsurans ist ein pathogener Dermatophyt, der zur Klasse der Eurotiomycetes, Ordnung Onygenales und Familie Arthrodermataceae gehört. Innerhalb der Gattung Trichophyton zählt er zu den anthropophilen (menschenliebenden) Arten, die bevorzugt den Menschen als Wirt infizieren. Taxonomisch ist er eng verwandt mit Trichophyton equinum, mit dem er früher oft verwechselt wurde.
Morphologisch zeigt T. tonsurans typische Merkmale filamentöser Pilze: Er bildet septierte Hyphen und produziert mikroskopisch sichtbare Konidien. Die Kolonien wachsen meist flach mit einer samtartigen bis pulverigen Oberfläche und variieren in der Farbe von weißlich bis rötlich-braun. Die Wachstumsrate ist mäßig, bevorzugt bei Temperaturen zwischen 25 °C und 30 °C. In Kultur kann T. tonsurans sowohl Mikrokonidien in großer Zahl als auch Makrokonidien (seltener) ausbilden.
Das Genom von T. tonsurans ist vollständig sequenziert und umfasst etwa 23–25 Millionen Basenpaare. Es weist zahlreiche Gene auf, die für Keratinase und andere proteolytische Enzyme codieren – wichtig für das Eindringen in keratinhaltige Gewebe wie Haut, Haare und Nägel. Genetisch auffällig ist seine Fähigkeit zur Anpassung an den menschlichen Wirt, unter anderem durch regulatorische Gensequenzen, die das Überleben in der humanen Hautumgebung erleichtern.
Vorkommen & Verbreitung
Trichophyton tonsurans ist ein strikt anthropophiler Pilz, dessen natürliches Vorkommen nahezu ausschließlich auf den Menschen beschränkt ist. Im Gegensatz zu anderen Dermatophyten ist er nicht primär in der Umwelt oder bei Tieren anzutreffen. Eine Präsenz in der natürlichen Umwelt, etwa im Boden oder in der Darmflora, ist bislang nicht nachgewiesen. Seine bevorzugte Nische sind keratinhaltige Gewebe wie Haut, Haare und Nägel des Menschen.
Die Verbreitung erfolgt in erster Linie über direkten Hautkontakt mit infizierten Personen oder indirekt über kontaminierte Gegenstände wie Kämme, Kopfbedeckungen, Bettwäsche oder Polstermöbel. Besonders anfällig für eine Übertragung sind Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Sportvereine und Kindergärten. Auch asymptomatische Träger spielen eine bedeutende Rolle in der Verbreitung, da sie den Pilz weitergeben können, ohne selbst Symptome zu zeigen.
Geografisch ist T. tonsurans weltweit verbreitet, wobei in den letzten Jahrzehnten ein Anstieg der Infektionsraten in Nordamerika, Europa und Teilen Asiens verzeichnet wurde. In bestimmten Populationen, insbesondere bei Kindern und jungen Erwachsenen, kommt es vermehrt zu Ausbrüchen – häufig in Verbindung mit Sportarten, bei denen enger Körperkontakt besteht. In ökologischer Hinsicht nimmt T. tonsurans eine untergeordnete Rolle ein, da er außerhalb des menschlichen Wirts kaum Überlebensfähigkeit zeigt.
Krankheiten & Beschwerden
Der Trichophyton tonsurans ist ein typischer Erreger der Dermatomykose. Dies ist eine Pilzerkrankung, die sich in der Haut und den Hautanhangsgebilden abspielt. Eine andere Bezeichnung ist die Tinea. Diese ist im Erscheinungsbild unterschiedlich, jedoch tritt sie meistens als rötliche Hautschuppung auf. So ist eine Tinea corporis dadurch gekennzeichnet, dass ein Hautareal anfängt rötlich zu schimmern und zu schuppen und sich dies zunehmend nach außen hin ausbreitet. Die abgestoßenen Schuppen sind stark infektiös.
Weiter kann der Pilz sich auch im Nagel ausbreiten und die Nagelmykose auslösen (Tinea unguium). Dabei wird der Nagel stark brüchig und verfärbt sich bräunlich-gelb. Der Trichophyton tonsurans ist jedoch der häufigste Erreger der Haarmykose, welches die Kopfbehaarung bzw die Barthaare betreffen kann (Tinea capitis bzw barbae). Dabei wächst der Pilz beim Haar in die Richtung des Haarfollikels, dort umschließt er das Haar, um anschließend in das Haar einzudringen, was auch als endothrich bezeichnet wird. Nachdem er dort dann Sporen und Hyphen ausbildet wird das Haar spröder und hat eine starke Neigung zur Brüchigkeit. Im schwersten Falle kommt es dabei zum Kerion, einem Geschwulst im Kopfbereich.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung einer Infektion mit Trichophyton tonsurans richtet sich nach dem Befallsmuster und der Schwere der Erkrankung. Bei oberflächlichen Infektionen wie Tinea corporis oder Tinea capitis kommen meist systemische Antimykotika zum Einsatz, da der Erreger tief in die Haarfollikel eindringen kann. Standardtherapien beinhalten oral verabreichte Wirkstoffe wie Terbinafin, Itraconazol oder Griseofulvin. Terbinafin gilt heute als Mittel der Wahl aufgrund seiner hohen Wirksamkeit und guten Verträglichkeit.
Topische Antimykotika wie Ciclopirox, Clotrimazol oder Ketoconazol können bei milden Verläufen oder zur unterstützenden Behandlung eingesetzt werden. Besonders bei Kindern ist eine Kombination aus systemischer und lokaler Therapie üblich. Eine begleitende hygienische Maßnahme, wie regelmäßiges Waschen von Kleidung und Bettwäsche sowie das Vermeiden gemeinsamer Nutzung von Haarbürsten, ist essenziell zur Verhinderung von Reinfektionen.
Bei resistenten Stämmen oder therapieresistenten Verläufen gestaltet sich die Behandlung schwieriger. Hier kommen alternative Wirkstoffe oder Kombinationstherapien zum Einsatz. Neue Ansätze konzentrieren sich auf die Entwicklung von Antimykotika mit neuen Wirkmechanismen oder auf Nanopartikel-basierte Arzneiformen, die eine bessere Penetration in tiefere Hautschichten ermöglichen. Auch immunmodulatorische Therapien oder die gezielte Hemmung von Pilzenzymen sind Gegenstand aktueller Forschung.
Trichophyton tonsurans und asymptomatische Träger
Ein besonders interessantes Thema im Zusammenhang mit Trichophyton tonsurans ist die Rolle asymptomatischer Träger im Infektionsgeschehen. Anders als viele andere Dermatophyten kann T. tonsurans längere Zeit auf der Haut oder in den Haaren eines Menschen persistieren, ohne klinisch sichtbare Symptome zu verursachen. Diese sogenannten asymptomatischen Träger stellen eine bedeutende Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar, da sie zur unbemerkten Weiterverbreitung des Erregers beitragen können – insbesondere in Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Sportvereinen oder Pflegeeinrichtungen.
Asymptomatische Träger sind häufig bei Kindern zu finden, insbesondere in Altersgruppen mit engem körperlichen Kontakt oder gemeinsam genutzten Hygienematerialien. Studien haben gezeigt, dass bis zu 10 % der Kinder in bestimmten Bevölkerungsgruppen den Pilz auf Kopfhaut oder Haut tragen können, ohne jemals eine manifeste Tinea capitis oder andere Formen der Dermatophytose zu entwickeln. Dabei scheint das individuelle Immunsystem eine wichtige Rolle zu spielen, indem es das Wachstum des Pilzes hemmt, ohne ihn vollständig zu eliminieren.
Die Erkennung asymptomatischer Träger ist schwierig, da äußerlich keine typischen Pilzzeichen vorhanden sind. Oft erfolgt die Diagnose nur zufällig, etwa im Rahmen eines Ausbruchs oder durch gezielte mykologische Screenings mit Haarproben oder Abstrichen. Die Behandlung asymptomatischer Träger ist umstritten: Während einige Fachleute eine gezielte Therapie zur Eindämmung der Übertragung befürworten, plädieren andere für Zurückhaltung, um unnötige Medikamentengabe zu vermeiden – insbesondere bei Kindern.
Aus epidemiologischer Sicht sind asymptomatische Träger jedoch ein entscheidender Faktor für das Wiederauftreten und die Hartnäckigkeit von T. tonsurans-Infektionen in bestimmten Bevölkerungsgruppen. Auch in medizinischen Einrichtungen kann der Erreger durch Personal oder Patienten unbemerkt weitergegeben werden. Präventionsmaßnahmen wie regelmäßige Screenings in Risikogruppen, gezielte Hygieneschulungen und die Desinfektion von gemeinsam genutzten Gegenständen spielen deshalb eine wichtige Rolle im Umgang mit T. tonsurans. Neuere Ansätze untersuchen zudem, ob immunologische Marker oder genetische Faktoren eine Vorhersage darüber erlauben könnten, wer als Träger fungiert oder eine Infektion entwickelt. Dieses Thema bleibt ein spannender Forschungsbereich mit hoher Relevanz für die Infektionsprävention.
Quellen
- Groß, U.: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Kohl, F.: Die Hefepilze. Ihre Organisation, Physiologie, Biologie und Systematik sowie ihre Bedeutung als Gärungsorganismen. Unikum, Lindau a.B. 2012
- Studt, H. H.: Allgemeine und spezielle Infektionslehre. Lehrbuch für Pflegeberufe. Kohlhammer, Stuttgart 2003