Uhrglasnägel

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Uhrglasnägel (auch: hippokratische Nägel, Unguis hippocraticus) an Fingern oder Zehen sind das Symptom einer Hypoxie im Bindegewebe des Nagelbettes. Damit stehen die Nagelveränderungen vor allem mit Herz- und Lungenerkrankungen in ursächlichem Zusammenhang. Mit der Behandlung der primären Erkrankung bessert sich in diesem Zusammenhang auch das Symptom der Uhrglasnägel.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Uhrglasnägel?

In den meisten Fällen sind Uhrglasnägel mit Trommelschlegelfingern verbunden, die die Nägel durch eine Verdickung der Fingerendglieder in Kolbenform auftreiben.
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Hypertrophien entsprechen einer Vergrößerung bestimmter Gewebe oder Organe bei gleichbleibender Zellzahl. Sogenannte Uhrglasnägel liegen bei einer Hypertrophie von Bindegewebe im Nagelbett vor. Es handelt es sich um eine Form krankhaft veränderter Fingernägel. Seltener sind die Zehennägel betroffen.

In den meisten Fällen sind Uhrglasnägel mit Trommelschlegelfingern vergesellschaftet, die die Nägel durch eine Verdickung der Fingerendglieder in Kolbenform auftreiben. Ein Uhrglasnagel ist größer, meist rundlich geformt und stärker nach außen gewölbt als ein normaler Fingernagel. In aller Regel sind die Nagelanomalien das Symptom einer übergeordneten Erkrankung.

Symptomatisch sind die Anomalien vor allem mit solchen Erkrankungen assoziiert, die mit Zyanose, Sauerstoffmangel und damit der bläulichen Verfärbung von Haut oder Schleimhäuten einhergehen. Die betroffenen Finger- oder Zehennägel sind in Längs- und Querrichtung stark gewölbt. Von den krankhaften Veränderungen des Nagelbetts betroffen sein können alle Finger und Zehen oder ein einziges Finger- beziehungsweise Zehenglied.

Ursachen

Uhrglasnägel sind als Symptom übergeordneter Erkrankungen zu verstehen. Die mit der Anomalie assoziierten Erkrankungen rufen in der Regel eine Hypoxie in bestimmten Geweben hervor. Die Gewebshypoxie bildet den Nährboden für Uhrglasnägel. Es kommt zu einer vermehrten Bildung von Wachstumsfaktoren, die das Bindegewebe innerhalb des Nagelbetts hypertrophieren lassen. Bindegewebe liegt im Nagelbett zwischen dem Knochen und der Nagelmatrix.

Die hypoxisch bedingte Neubildung von Gefäßen wie Kapillaren wird als ursächlicher Faktor für die vermehrte Produktion der Wachstumsfaktoren angenommen. Diese Neubildung von Kapillaren betrifft vor allem die Fingerendglieder. Wenn Uhrglasnägel gemeinsam mit Trommelschlegelfingern auftreten, liegt dem meist eine Herz-oder Lungenkrankheit zugrunde.

Diese Erkrankungen rufen oft eine lokale oder systemische Gewebshypoxie hervor, die zu Sauerstoffmangel führt. Kapillares Blut transportiert Sauerstoff. Da Gewebe zur Überlebensfähigkeit auf eine Versorgung mit Sauerstoff angewiesen ist, erfolgt kompensatorisch zum Sauerstoffmangel die Neubildung von Kapillaren.

Damit sind Uhrglasnägel meist die Folge chronischer Lungen- oder Herzerkrankungen wie des Lungenemphysems, der Lungenfibrose oder des Rechts-Links-Shunts. Wenn Uhrglasnägel einzeln auftreten, liegen dem Phänomen oft lokale Gefäßveränderungen zugrunde, so zum Beispiel ein Aneurysma oder arteriovenöse Fisteln.


Krankheiten mit diesem Symptom

Diagnose & Verlauf

Bei Patienten mit Uhrglasnägeln sind einzelne oder alle Finger- beziehungsweise Zehennägel krankhaft verändert. In den meisten Fällen leiden die Patienten zusätzlich an Trommelschlegelfingern in Form einer auffällig rundlichen Auftreibung von Fingerendgliedern, die mit Weichteilverdickungen einhergeht.

Die Uhrglasnägel der Patienten werden in diesem Fall durch die Verdickung der Fingerendglieder in Kolbenform aufgetrieben. Auch die Form der Nägel ist abnormal. Die betroffenen Nägel wirken ungewöhnlich groß, rundlich geformt und vor allem nach außen gewölbt. Abhängig von der primären Ursache sind Uhrglasnägel mit weiteren Symptomen vergesellschaftet.

Da es sich bei der primären Ursache in der Regel um Herz-Lungen-Erkrankungen handelt, liegen häufig Durchblutungsstörungen vor, die sich in einer bläulichen Verfärbung verschiedener Gewebe äußern. Diese sogenannte Zyanose liegt an einer geringfügigen Sauerstoffsättigung des Bluts, wie sie für viele Herz-Lungen-Erkrankungen charakteristisch ist. Hinzu kommen lokale Herz- oder Lungensymptome wie Atemnot oder Herzrhythmusstörungen.

Uhrglasnägel werden per Sichtdiagnose erkannt. Das Symptom wird im Rahmen der Diagnostik auf eine primäre Erkrankung zurückgeführt, was umfangreiche Untersuchungen des Herzens und der Lunge erforderlich macht. In den meisten Fällen wird das Symptom erkannt und der Arzt wird davon zur Ursachenforschung bewegt.

Seltener liegt bereits vor der Erkennung von Uhrglasnägeln die Diagnose einer Herz-Lungen-Erkrankung vor, auf die das eingetretene Symptom zurückzuführen ist. So kann zum Beispiel eine akute Schädigung von Lungengewebe diagnostiziert worden sein, die erst 14 Tage später Uhrglasnägel entstehen lässt. Die Prognose hängt für Patienten mit Uhrglasnägeln von der Ursache der primären Hypoxie und ihrer Behandelbarkeit ab.

Komplikationen

Uhrglasnägel entstehen infolge von verschiedenen Lungenerkrankung wie beispielsweise einer Überblähung der Lunge (Emphysem). Die Lungenbläschen können im Verlaufe platzen und die Luft in den Pleuraspalt entweichen. Dies kann zu einem Kollabieren der Lunge führen (Pneumothorax). Gepaart mit einer chronischen Bronchitis, die häufig durch Rauchen entsteht, wird von einer COPD (chronic obstructive pulmonary disease) gesprochen, welche die Lebenserwartung stark senkt.

Eine Überblähung führt zudem zu einer Erhöhung des Blutdrucks im Bereich der Lungenarterien. Das rechte Herz, welches Blut in den Lungenkreislauf pumpt, wird dadurch überlastet und es kann sich eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) ausbilden. Diese Herzschwäche kann Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) verursachen. Ein Vorhofflimmern birgt die Gefahr einer Lungenembolie oder eines Schlaganfalls, während ein Kammerflimmern unmittelbar in einen Herztod führen kann.

Auch ein Asthma kann Uhrglasnägel hervorrufen. Gefürchtete Komplikation des Asthmas ist der Status Asthmaticus, einem Zustand, der nicht medikamentös behandelt werden kann, sondern intensivmedizinisch bewacht werden muss. Dieser kann bis hin zur Bewusstlosigkeit übergehen.

Eine Hepatitis kann, wenn sie chronisch verläuft, in eine Leberzirrhose hin verlaufen, welche schließlich auch in ein Leberkrebs (Leberkarzinom) übergehen kann. Bei der Leberzirrhose kommt es häufig zu Ödemen und Wasseransammlung im Bauchraum (Aszites). Zudem hat der Betroffene Gerinnungsstörungen. Nicht selten kommt es ebenfalls zu einer Vergrößerung der Milz und damit zusätzlichen Schmerzen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Uhrglasnägel treten häufig in Verbindung mit kolbenartigen Fingerkuppen auf, den sogenannten Trommelschlegelfingern. Wenn die Kolbenfinger angeboren sind und keine drastische Veränderung aufzeigen, ist eine Arztbesuch nicht nötig. Sobald eine Veränderung in der Form eintritt, dass sich die Fingernägel wie ein Uhrglas wölben, ist es als Signal zu verstehen.

Uhrglasnägel weisen in den meisten Fällen auf eine Erkrankung innerer Organe hin. Daher ist das Aufsuchen eines Arztes ratsam, sobald Atemnot oder Husten hinzukommen oder die Leistungsfähigkeit des Patienten abnimmt. Sie geben Hinweise auf Funktionsstörungen des Magen-Darm-Traktes oder der Leber. Ebenso können Uhrglasnägel ein Anzeichen dafür sein, dass es aufgrund einer Lungen- oder Herzerkrankung zu einer Sauerstoffmangelversorgung gekommen ist.

Lungenkrebs ist die häufigste Ursache für Uhrglasnägel. Es kann jedoch auch ein Hinweis auf eine Lungen-Tuberkulose oder eine andere Lungenerkrankung sein. Eine chronische Herzschwäche oder eine Leberzirrhose sind ebenfalls mögliche Ursachen für Uhrglasnägel.

Der Arzt führt nach der Erfassung der Krankheitsgeschichte des Patienten eine Brustkorbuntersuchung durch. Des Weiteren wird mit Hilfe eines Differentialblutbildes nach Anhaltspunkten für einen Sauerstoffmangel gesucht. Auch das Verhältnis der im Blut enthaltenen Nieren-, Leber-, und Schilddrüsenwerte wird untersucht. Eine Lungenspiegelung oder eine Ultraschall-Untersuchung des Herzens helfen ebenfalls dabei, der Erkrankung, die den Uhrnägeln zugrunde liegt, auf die Spur zu kommen.

Behandlung & Therapie

Uhrglasnägel werden in der Regel nicht symptomatisch behandelt. Eine symptomatische Behandlung macht schon deshalb keinen Sinn, weil die Nagelveränderungen für sich kein gesundheitliches Risiko darstellen. Die primäre Ursache der Veränderungen kann jedoch mit einem mehr oder weniger ernstzunehmenden Gesundheitsrisiko assoziiert sein. Daher steht die ursächliche Behandlung bei Uhrglasnägeln im Vordergrund.

Eine ursächlich arteriovenöse Fistel wird soweit wie möglich entfernt. Ursächliche Aneurysmen werden, wenn möglich, medikamentös zur Auflösung gebracht. Diese Maßnahmen stellen die Durchlässigkeit der Gefäße wieder her. Die Sauerstoffversorgung im Gewebe normalisiert sich und die Uhrglasnägel bilden sich wieder zurück.

Wenn Herz- oder Lungenerkrankungen vorliegen, werden diese Erkrankungen mittels invasiv operativer und medikamentöser Behandlungen zu einer Besserung gebracht. Sobald sich in einer Folge die Sauerstoffversorgung bessert, geht auch das Hypoxie-Symptom der Uhrglasnägel zurück.

Schwerere Lungen- und Herzerkrankungen sind ursächlich nur durch eine Transplantation zu beheben. In diesen Fällen bleiben die abnormen Nägel also solange bestehen, bis der Patient ein Spenderorgan erhält. Das ist vor allem bei größeren Gewebeschädigungen im Lungen- und Herzbereich der Fall.

Aussicht & Prognose

In den meisten Fällen weisen Uhrglasnägel auf eine starke chronische Erkrankung hin. Sollten diese auftreten, so muss unbedingt ein Arzt konsultiert werden. Die Uhrglasnägel selbst können zu starken Schmerzen beim Patienten führen. Diese können zwar mit Schmerzmitteln eingedämmt werden, allerdings sollten Schmerzmittel nicht über einen langen Zeitraum eingenommen werden.

Die Veränderung des Nagels an sich stellt für den Körper keinen gefährlichen Zustand dar und wird daher auch nicht direkt behandelt. Die Uhrglasnägel gehen von selbst zurück, wenn das auslösende Symptom behandelt wurde.

Für viele Menschen gelten die Uhrglasnägel als unattraktiv und unästhetisch. Daher kann es in der Folge zu einem verminderten Selbstwertgefühl und zu psychischen Problemen kommen.

Sollten die Uhrglasnägel gleichzeitig zu einer Herzkrankheit oder einer Lungenkrankheit auftreten, so ist in der Regel ein operativer Eingriff notwendig. Der Erfolg dieses Eingriffs hängt stark vom Zustand des Patienten und vom Eingriff selbst ab.

Falls die Uhrglasnägel extrem ausgeprägt sind, kann der Nagel am Finger komplett entnommen werden. Dieser wächst wieder nach. Allerdings muss in jedem Fall das zugrundeliegende Symptom für die Uhrglasnägel behandelt werden. Aus diesem Grund ist keine allgemeine Voraussage über den Verlauf dieses Symptoms möglich.


Vorbeugung

Uhrglasnägel lassen sich nur insoweit vorbeugen, wie Hypoxien des Nagelbett-Bindegewebes vorgebeugt werden kann. Durchblutungsfördernde Maßnahmen können weitestgehend als Vorbeugemaßnahmen verstanden werden. Ebenso sind prophylaktische Schritte zur Vermeidung von Herz- und Lungenerkrankungen im weitesten Sinne als Vorbeugemaßnahmen zu verstehen, so zum Beispiel Sport, ausgewogene Ernährung und der Abstand von Nikotinkonsum.

Das können Sie selbst tun

Mit Uhrglasnägeln sollte in jedem Fall zuerst zum Hausarzt gegangen werden. Abhängig von der Ursache kann die medizinische Behandlung durch einige Selbsthilfe-Tipps und Mittel aus Haushalt und Natur unterstützt werden.

Liegt den Beschwerden eine Herz- oder Lungenkrankheit zugrunde, bieten sich beispielsweise sportliche und diätetische Maßnahmen an. In Rücksprache mit dem Arzt kann etwa mit Krankengymnastik und Yoga begonnen werden. Auch der Verzicht auf schädliche Lebens- und Genussmittel sollte zunächst mit dem Hausarzt oder einem Ernährungsexperten besprochen werden, um Komplikationen zu vermeiden. Durch kosmetische Maßnahmen wie farblosen Nagellack kann die ursprüngliche Farbe der Nägel wiederhergestellt werden. Hausmittel wie Olivenöl oder Zitronensaft können die Uhrglasnägel zumindest eindämmen – allerdings nicht dauerhaft.

Die ursächliche Behandlung der Beschwerden hat immer Priorität und sollte ganz automatisch zum Rückgang der Uhrglasnägel führen. Es empfiehlt sich, auch nach einem chirurgischen Eingriff einen gesunden Lebensstil zu pflegen. Dadurch kann die Nagelgesundheit dauerhaft bewahrt werden. Geschädigte Nägel lassen sich durch verschiedene Mittel wie Teebaumöl, Melasse oder Apfelessig reparieren. Lebensmittel mit Vitamin E und Biotin tragen zusätzlich zur Gesundheit der Nägel bei.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016

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