Venole
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Venolen werden die postkapillären Blutgefäße bezeichnet, die sich direkt an das Kapillarbett anschließen, in dem der Stoffaustausch zwischen Blut und umliegendem Gewebe stattfindet. Sie sind mit bloßem Auge bereits sichtbar und stellen den Beginn des venösen Gefäßsystems dar, das das Blut zurück zum Herzen transportiert. Im Gegensatz zu den größeren Venen, in die die Venolen münden, sind sie nicht mit Venenklappen ausgerüstet.
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Was ist die Venole?
Das Blut, das vom Herzen im großen Blutkreislauf (Körperkreislauf) und im kleinen Blutkreislauf (Lungenkreislauf) zum Zielgewebe gepumpt wird, strömt in den sich immer weiter verzweigenden Arterien. Im Zielgewebe passiert das Blut das enge Kapillarsystem, in dem der Stoffaustausch mit den umliegenden Gewebezellen stattfindet.
Direkt „hinter“ dem Kapillarsystem beginnt das venöse Gefäßsystem. Unmittelbar an die Kapillaren schließen sich die Venolen mit einem Durchmesser von 10 bis 100 Mikrometern an und sind bereits mit bloßem Auge erkennbar. Im weiteren Verlauf vereinigen sich Venolen und bilden Venen, die wiederum in größere Venen münden – in etwa vergleichbar mit einem Fluss, der Nebenarme aufnimmt. Die postkapillären Venolen unterscheiden sich von den Venen nicht nur durch ihren geringeren Durchmesser, sondern bei ihnen fehlen auch die Venenklappen, die dafür sorgen, dass das Blut in den Venen ausschließlich in einer Richtung, zum Herzen hin, transportiert wird.
Die Wände der unmittelbar an die Kapillaren anschließenden Venolen mit einem Durchmesser von 10 bis 30 Mikrometern, besitzen noch keine ausgeprägte Schicht glatter Muskelzellen (Tunica media). Die charakteristischen Schichten von glatten Muskelzellen finden sich erst in den dickeren Sammelvenolen und in muskulären Venolen.
Anatomie & Aufbau
Sie bieten noch die Fähigkeit zum Stoffaustausch mit dem Gewebe, sozusagen als nachgeschaltete „last Chance“. In lymphatischem Gewebe (Lymphknoten, Tonsillen) sind die postkapillären Venolen als sogenannte hochendotheliale Venolen ausgebildet. Ihre Innenwände (Endothel) bestehen aus speziell geformten Zellen, die im Falle einer notwendigen Immunantwort einen Austritt der großen Leukozyten in das umliegende Gewebe ermöglichen. Auch der umgekehrte Vorgang, der Eintritt von Leukozyten, die sich in Lymphfollikeln bilden, ist möglich. Beide Vorgänge werden als Lympho- oder Leukodiapedese bezeichnet.
Der Teil der Venolen, deren Epithel keine oder nur wenige glatte Muskelzellen enthalten, können sich nicht aktiv kontrahieren oder entspannen. Sie werden deshalb von Ausläufern der Perizyten umschlossen. Es handelt sich um Bindegewebszellen, deren Ausläufer die Fähigkeit zur Kontraktion und zur Entspannung besitzen. Der fehlende aktive Part der Venolen zum Kontrahieren und Entspannen wird zum großen Teil durch die Perizyten übernommen.
Funktion & Aufgaben
Die Hauptaufgabe der Venolen besteht darin, das Blut nach Durchströmen der Kapillaren aufzunehmen und in die Venen abzuleiten. Im Falle des großen Blutkreislaufs ist das venöse Blut sauerstoffarm und mit Abbauprodukten aus dem Körperstoffwechsel angereichert. Die Stoffwechselprodukte werden hauptsächlich in Leber und Nieren ausgeschieden oder weiter verstoffwechselt. Im Falle des kleinen Körper- oder Lungenkreislaufs wird das Blut in den Kapillaren mit Sauerstoff aus den Lungenbläschen angereichert und der Gehalt an Kohlendioxid reduziert. Das in die Lungenbläschen ausgeschiedene Kohlendioxid wird mit der Atemluft abgeatmet.
Neben der Hauptaufgabe der Einleitung des Blutrücktransports zum Herzen übernehmen die unmittelbar an die Kapillaren anschließenden Venolen noch einen Teil des Stoffaustausches mit dem umliegenden Gewebe. Die Zusatzfunktion der Venolen überschneidet sich damit leicht mit der Funktion der Kapillaren. In spezialisiertem lymphatischem Gewebe wie Lymphknoten und Rachenmandeln (Tonsillen) übernehmen die postkapillären Venolen eine Sonderaufgabe. Ihr Epithel ist darauf ausgerichtet, bei Bedarf Leukozyten, die beispielsweise in nahegelegenen Lymphfollikeln gebildet wurden, in ihr Lumen aufzunehmen oder Leukozyten in das Gewebe abzugeben.
In bestimmten Geweben wie beispielsweise in der Nasenschleimhaut bilden Venolen ein miteinander in Verbindung stehendes Netzwerk. Wenn sich die nachfolgenden Venen verengen und der Blutfluss dadurch verlangsamt wird, kann es zu einem regelrechten Blutstau in dem Netzwerk der Venolen kommen. Die Nasenschleimhaut kann dann so stark anschwellen, dass die Nase „zumacht“ und keine Atmung mehr durch die Nase möglich ist.
Krankheiten
Ebenso hoch ist die Bedeutung der Entsorgung, die Verbringung von Abbauprodukten in die Blutbahn, damit die „Abfallstoffe“ in speziellen Organen in die Umwelt entsorgt oder weiter verstoffwechselt werden können. Krankheiten und Beschwerden, die im Zusammenhang mit einem eingeschränkten Stoffaustausch zu sehen sind, beruhen meist auf einer Veränderung in den Wänden der Mikrogefäße (Arteriolen, Kapillare, Venolen). Aufgrund von Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und chronischer Stress sowie durch Bewegungsmangel und Rauchen können sich Ablagerungen in den Wänden der Mikrogefäße bilden, die die Zirkulation des Blutes beeinträchtigen und den Stoffaustausch behindern.
In der Folge kommt es zu frühzeitigen Alterungsprozessen der Zellen. Beschwerden und Symptome wie Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme, Tinnitus oder die bekannte „Schaufensterkrankheit“ bei starken Rauchern sind typische Begleiterscheinungen. Inwieweit hohe Cholesterinwerte, vor allem ein hoher Anteil der LDLs an der Gesamtfraktion der Cholesterine, ursächlich für Plaques in den Blutgefäßen sein können, wird seit einigen Jahren von Fachleuten kritisch hinterfragt.
Quellen
- Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
- Lüttjen-Drecoll, Rohen, J.W.: Innenansichten des menschlichen Körpers. Schattauer, Stuttgart 2010
- Silbernagl, S. et al.: Taschenatlas Physiologie. Thieme, Stuttgart 2007