Abrollbewegung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Abrollbewegung des Fußes ist ein funktionell sehr wichtiger Vorgang beim Gehen und langsamen Laufen. Störungen können negative Auswirkungen auf den gesamten Körper haben.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Abrollbewegung?

Die Abrollbewegung des Fußes ist ein funktionell sehr wichtiger Vorgang beim Gehen und langsamen Laufen.

Das Abrollen des Fußes bezeichnet den Bewegungsablauf des Fußes unter Berücksichtigung der sich verändernden Kontaktflächen der Fußsohle im Verlauf der Standbeinphase. Bei einem physiologischen Verlauf werden auf jeden Fall die 3 Kontaktpunkte des Fußgewölbes erreicht, die Ferse, der Klein- und der Großzehenballen.

Das Aufsetzen des Fußes mit der Ferse ist der Beginn der Standbeinphase und der Abrollbewegung. In der Folge erreicht die Fußsohle den Boden und das Körpergewicht wird allmählich übernommen. Der Bewegungsablauf verläuft wellenförmig über den Außenrand der Fußsohle zum Kleinzehenballen und von dort quer zum Großzehenballen und zur Großzehenbeere. Die Bewegung endet mit dem Anheben des Rückfußes und dem Abdrücken über den großen Zeh.

Die Ursache für diese nicht lineare Bewegung liegt in der Konstruktion der Fußgewölbe, deren Hohlräume entweder umgangen werden, wie beim Längsgewölbe, oder übersprungen werden, wie dies beim Quergewölbe der Fall ist. Der Antrieb für den Vorwärtsschub des Fußes bei der Abrollbewegung kommt bei normalem Gehtempo von der kräftigen Wadenmuskulatur, bei höherer Geschwindigkeit schalten sich auch die Hüftstrecker ein.

Funktion & Aufgabe

Die Abrollbewegung ist der Garant dafür, dass die Fortbewegung über den Fuß unter mechanisch günstigen Bedingungen erfolgt. Im Zusammenspiel mit der Gewölbekonstruktion sorgt sie dafür, dass die von oben kommende Last sukzessive auf viele Elemente des Fußskeletts verteilt wird. Das ist wichtig, um Druckschäden zu vermeiden, da die einzelnen Knochen nicht so kräftig sind, wie im Hüft- und Kniegelenk.

Mit dem Erreichen des Bodens durch die Fußsohle beginnt die Gewichtsübertragung über das Sprungbein auf das Fersenbein und die anderen benachbarten Fußwurzelknochen. Im weiteren Verlauf der Verlagerung des Fußes nach vorne, in Richtung der Zehen, werden auch die anderen Fußwurzelknochen und die Mittelfußknochen in die Lastübernahme einbezogen. Im Endeffekt verteilt sich damit das Gewicht auf viele kleine Knochen und Gelenke und die punktuelle Belastung der Einzelteile ist sehr gering. Zusammen mit der Stoßdämpferfunktion der Fußgewölbe ist das der Hauptgrund dafür, dass es im Sprunggelenk und in den anderen Gelenken des Fußes nur selten Arthrosen gibt.

Manche Menschen führen keine oder eine ungenügende Abrollbewegung durch. Das hat zur Folge, dass das gesamte Körpergewicht mit einem Schlag auf den Fuß übertragen und nicht abgefedert wird. Nach dem 3. Newtonschen Axiom wirkt dabei die Reaktionskraft, die beim Bodenkontakt entsteht nach oben und belastet bei jedem Schritt Kniegelenke, Hüftgelenke und Wirbelsäule über Gebühr.

Beim schnellen Laufen oder beim Springen gibt es keine Abrollbewegung. Der Fuß wird direkt mit dem Vorfuß aufgesetzt und im nächsten Moment wieder abgedrückt. Es entstehen kurzzeitig hohe Druckspitzen, die bei gut trainierten Menschen durch die Muskulatur abgefangen werden.

Eine weitere wichtige Funktion der Abrollbewegung ist die Aufrechterhaltung günstiger statischer Bedingungen, die sowohl für den Fuß, als auch für die Beine und den Rumpf wichtig sind. Die wellenartige Bewegung über die tragenden Elemente des Fußskelettes sorgt dafür, dass die Beinachsen eingehalten werden und die Belastung im Seitenvergleich symmetrisch ist. Das ist die Grundbedingung für eine gleichmäßige Druckverteilung im Hüft- und Kniegelenk und in der Wirbelsäule.


Krankheiten & Beschwerden

Es gibt viele Erkrankungen und Verletzungen, die die Abrollbewegung direkt oder indirekt beeinflussen. Neurologische Erkrankungen, die mit einem motorischen Kontrollverlust oder einer fortschreitenden Schwäche der Unterschenkel- und Fußmuskulatur einhergehen, wirken sich negativ auf das Gangbild aus. Bei der Multiplen Sklerose, der Polyneuropathie, aber auch durch Alkoholabusus entsteht aus verschiedenen Gründen eine Gangunsicherheit. Die Abrollbewegung ist häufig nicht mehr vorhanden und die Spurbreite wird vergrößert. Es entsteht ein typisches ataktisches und unkoordiniertes Gangbild.

Alle Verletzungen die mit starken Schmerzen im Bein und im Fuß einhergehen wirken sich gravierend auf die Abläufe beim Gehen aus. Häufig entsteht ein Bewegungsmuster, das zur Schonung und zur Vermeidung der Schmerzverstärkung eingesetzt wird. Das Abrollen fällt weg, der Vorfuß wird direkt auf den Boden gesetzt und das andere Bein schnell nach vorne gesetzt, um die Standphase der betroffenen Seite so kurz wie möglich zu halten. Diese Gangbildveränderung wird gewöhnlich als Humpeln bezeichnet. Bei Ermüdungsbrüchen der Mittelfuß- oder Fußwurzelknochen sieht die Veränderung im Gesamtbild ähnlich aus, jedoch entsteht der Bodenkontakt nur an der Ferse.

Alle Fußdeformitäten wirken sich massiv auf die Abrollbewegung aus und haben negative Konsequenzen für die Statik. Die Abflachung oder der komplette Abbau der Fußgewölbe führen dazu, dass sich die Kontaktflächen beim Abrollen verändern. Bei einem Senkfuß, der das Längsgewölbe betrifft, sinkt der innere Rand der Fußsohle ab und erreicht irgendwann den Untergrund. Die wellenartige Bewegung des Abrollens ist dadurch nicht mehr gegeben und die Lastverteilung im Fuß völlig verändert. Besonders die inneren Fußwurzel- und Mittelfußknochen geraten unter starken Druck. Gleichzeitig kann durch diese Verlagerung die Beinachse verändert werden, mit der Folge, dass die beteiligten Gelenke mehr belastet werden.

Das Absinken des Quergewölbes beim Spreizfuß bringt die Köpfchen der Mittelfußknochen 2 - 3 unter Druck. Diese sind nicht so gut abgepolstert wie die Groß- und Kleinzehenballen und reagieren auf die erhöhte Belastung mit starken Schmerzen.

Zehendeformitäten wirken sich besonders auf die letzte Phase der Abrollbewegung aus. Bei Hammer- und Krallenzehen ist die Beweglichkeit besonders in der Extension eingeschränkt. Aus diesem Grund kann die Abrollbewegung nicht komplett stattfinden. Sie wird abgebrochen und der Gangrhythmus verändert sich.

Quellen

  • Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
  • Schmidt, R., et al.: Physiologie des Menschen. Springer, Heidelberg 2010
  • Spornitz, U. M.: Anatomie und Physiologie. Springer Medizin Verlag, Berlin Heidelberg 2004

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