Amprenavir

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Amprenavir ist ein medizinischer Wirkstoff und zählt zur Gruppe der HIV-Proteaseinhibitoren. Das Mittel dient zur Behandlung von HIV-Infektionen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Amprenavir?

Amprenavir ist ein medizinischer Wirkstoff und zählt zur Gruppe der HIV-Proteaseinhibitoren. Das Mittel dient zur Behandlung von HIV-Infektionen.

Bei Amprenavir handelt es sich um einen Arzneistoff, der in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter der Bezeichnung Agenerase® vertrieben wird. Das Medikament ist ein Proteaseinhibitor. Seine Entwicklung fand in den frühen 90er Jahren durch die Firma Vertex Pharmaceuticals statt. Seit 1995 wird Amprenavir als antiviraler Wirkstoff angeboten. Die Zulassung durch die EMA (Europäische Arzneimittelagentur) erfolgte im Jahr 2000.

Rund 90 Prozent von Amprenavir sind im Blut an Proteine (Eiweiße) gebunden. Der Abbau des Wirkstoffes findet in der Leber durch das Cytochrom-System statt. Nimmt der Patient Amprenavir zusammen mit einem weiteren Proteaseinhibitor ein, lässt sich dieser Ablauf verlangsamen.

Auf diese Weise hält die Wirkungsdauer des Medikaments länger an. Die Halbwertszeit wird auf ca. 10 Stunden veranschlagt. Darüber hinaus lassen sich zur gleichen Zeit nukleosidische Reverse-Transkriptaseinhibitoren (NRTI) verabreichen.

Pharmakologische Wirkung

Das Wirkungsprinzip von Amprenavir besteht in der Hemmung der Virus-Reproduktion. So wird der viralen Protease des Enzyms HIV-Protease entgegengewirkt. HIV-Protease ist von größter Bedeutung für das Entstehen von weiteren Viruspartikeln mit infektiöser Wirkung.

Lässt sich die Protease jedoch hemmen, kann eine Verbreitung der Viren im Organismus des Menschen herabgesetzt werden. Durch das Reduzieren einer weiteren Vermehrung der Viren nimmt die Viruslast schließlich ab. Grundlage der Wirkung ist das Verhindern der Abspaltung von viralen Vorläuferproteinen. Auf diese Weise kommt es zur Bildung von unreifen Viruspartikeln, die nicht infektiös sind.

Im Unterschied zu älteren Wirkstoffen dieser Art fällt der Bindungsmechanismus zwischen dem Wirkstoff und dem Enzym anders aus. So kommt es bei Patienten, die auf ältere Proteaseinhibitoren negativ reagieren, nicht zu einer Kreuzresistenz gegen Amprenavir.

Während des klinischen Testverfahrens fand ein Vergleich zwischen Amprenavir und dem bewährten HIV-Proteaseinhibitor Indinavir statt. Die Wirksamkeit von Amprenavir lag dabei unter der von Indinavir.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Amprenavir dient ebenso wie alle anderen HIV-Proteaseinhibitoren zur Therapie von Infektionen mit dem HI-Virus wie AIDS. Bei der Behandlung wird das Mittel mit weiteren Virostatika kombiniert.

Amprenavir eignet sich sowohl zur Therapie von Erwachsenen als auch von Kindern ab einem Alter von vier Jahren. Bei ca. 50 Prozent aller Patienten ist ein erheblicher Rückgang der Viruslast im Körper zu verzeichnen. Die Einnahme von Amprenavir erfolgt oral in Form von Tabletten. Dabei nehmen erwachsene Menschen zwei Mal am Tag eine Tablette von 1200 Milligramm zu sich.

Bei Kindern richtet sich die Dosierung nach deren Körpergewicht. Durch die orale Einnahme kommt es im Verdauungstrakt zu einer schnellen Resorption. Innerhalb des Blutes bindet sich der Wirkstoff zu ca. 90 Prozent an Plasmaproteine. In der Leber erfolgt eine nahezu komplette Metabolisierung.


Verabreichung & Dosierung

Amprenavir ist ein antiretrovirales Medikament aus der Klasse der Proteaseinhibitoren, das zur Behandlung von HIV-1-Infektionen eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Amprenavir sind mehrere wichtige Punkte zu beachten, um eine optimale Wirksamkeit und Sicherheit zu gewährleisten:

Dosierung: Die Standarddosis für Erwachsene beträgt typischerweise 1200 mg zweimal täglich, die zusammen mit Nahrung eingenommen werden sollte, um die Absorption zu verbessern. Die Dosierung kann je nach Kombination mit anderen antiretroviralen Medikamenten, dem klinischen Zustand des Patienten und der Verträglichkeit angepasst werden.

Verabreichung mit Nahrung: Amprenavir sollte mit Nahrung eingenommen werden, da dies die Aufnahme des Medikaments in den Blutkreislauf erhöht und hilft, Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt zu minimieren.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten: Amprenavir kann mit vielen anderen Medikamenten interagieren, einschließlich, aber nicht beschränkt auf, bestimmte Antibiotika, Antimykotika, Antikonvulsiva und pflanzliche Präparate wie Johanniskraut. Solche Interaktionen können die Wirksamkeit von Amprenavir beeinträchtigen oder zu erhöhten Nebenwirkungen führen.

Nebenwirkungen und Überwachung: Häufige Nebenwirkungen von Amprenavir umfassen Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall und Hautausschläge. Es ist wichtig, Patienten auf Anzeichen von Hypersensitivitätsreaktionen und Leberproblemen zu überwachen, insbesondere bei Patienten mit bestehenden Lebererkrankungen.

Resistenzüberwachung: Regelmäßige Überwachung der Virallast und CD4-Zellzählung ist notwendig, um die Wirksamkeit der Therapie zu beurteilen und eine mögliche Resistenzentwicklung frühzeitig zu erkennen.

Schwangerschaft und Stillzeit: Die Sicherheit von Amprenavir während der Schwangerschaft und Stillzeit ist nicht vollständig geklärt. Das Medikament sollte nur verwendet werden, wenn der potenzielle Nutzen das Risiko überwiegt.

Es ist essentiell, dass Patienten, die Amprenavir einnehmen, regelmäßig von einem Arzt überwacht werden und sich strikt an die verschriebenen Dosierungsanweisungen halten, um die beste Kontrolle der HIV-Infektion zu gewährleisten und Nebenwirkungen zu minimieren.

Risiken & Nebenwirkungen

Durch die Einnahme von Amprenavir besteht das Risiko von Nebenwirkungen. Diese betreffen in erster Linie den Magen-Darm-Trakt, was auch bei anderen Proteaseinhibitoren der Fall ist. So leiden die betroffenen Personen häufig an Bauchschmerzen und Durchfall.

Weiterhin sind Hautreaktionen wie Hautausschläge möglich. Bei etwa einem Prozent aller Patienten besteht das Risiko von lebensgefährlichen Komplikationen. Dabei kann es sich u. a. um das Stevens-Johnson-Syndrom handeln. Im Falle von Nebenwirkungen dieser Art muss die Behandlung abgebrochen werden. Einen weiteren unerwünschten Nebeneffekt stellen metabolische Störungen dar, zu denen auch Phänomene bei der Fettumverteilung zählen. Allerdings treten diese Nebenwirkungen bei einer Therapie mit Amprenavir seltener auf als bei einer Behandlung mit Indinavir.

Bei der Anwendung von Amprenavir sind auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten denkbar. Dabei handelt es sich um ZNS-wirksame Arzneimittel wie Antidepressiva und Benzodiazepine. Außerdem besteht die Gefahr von erheblichen Folgewirkungen durch die gleichzeitige Einnahme von Antiarrhythmika und Antihistaminika mit Amprenavir. Mediziner warnen zudem vor Wechselwirkungen mit Johanniskraut-Extrakten. So bewirken diese im Blut eine Absenkung des Amprenavir-Spiegels.

Als Gegenanzeigen für die Einnahme von Amprenavir gelten eine Schwangerschaft, Nierenschwäche und Leberinsuffizienz. Ferner sind Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff möglich.

Kontraindikationen

Amprenavir, ein Proteaseinhibitor zur Behandlung von HIV-1, hat spezifische Kontraindikationen, die beachtet werden müssen, um das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen und unerwünschter Arzneimittelreaktionen zu minimieren. Hier sind einige typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Amprenavir:

Allergien gegen Amprenavir oder Inhaltsstoffe: Patienten, die bekanntermaßen allergisch auf Amprenavir oder einen der Bestandteile des Medikaments reagieren, sollten es nicht einnehmen. Zu den Symptomen einer allergischen Reaktion gehören Hautausschlag, Juckreiz, Atembeschwerden und Schwellungen.

Schwere Lebererkrankungen: Patienten mit schweren Lebererkrankungen sollten Amprenavir mit Vorsicht verwenden oder ganz meiden, da das Medikament in der Leber metabolisiert wird und seine Verwendung die Leberfunktion weiter beeinträchtigen kann.

Gleichzeitige Anwendung bestimmter Medikamente: Die gleichzeitige Verwendung von Amprenavir mit Medikamenten, die das Enzym CYP3A4 stark induzieren oder hemmen, kann zu erhöhten Plasmaspiegeln von Amprenavir und einem höheren Risiko für toxische Wirkungen führen. Beispiele für solche Medikamente sind bestimmte Antiepileptika (wie Phenobarbital und Phenytoin), Rifampicin, Johanniskraut und einige sedierende Antihistaminika.

Schwangerschaft: Die Sicherheit von Amprenavir während der Schwangerschaft ist nicht vollständig geklärt. Es sollte nur angewendet werden, wenn der Nutzen das potenzielle Risiko für den Fötus überwiegt.

Kinder: Die Sicherheit und Wirksamkeit von Amprenavir bei Kindern unter 4 Jahren sind nicht nachgewiesen. Die Verwendung in dieser Altersgruppe wird nicht empfohlen.

Herzrhythmusstörungen: Patienten mit bestehenden Herzrhythmusstörungen sollten Amprenavir mit Vorsicht verwenden, da einige Proteaseinhibitoren das QT-Intervall verlängern können, was das Risiko für Arrhythmien erhöht.

Es ist wichtig, dass Ärzte eine vollständige Medikamentenanamnese und eine gründliche Untersuchung der Gesundheitsgeschichte des Patienten durchführen, bevor sie mit einer Amprenavir-Therapie beginnen, um sicherzustellen, dass keine Kontraindikationen vorliegen. Patienten sollten auch über mögliche Wechselwirkungen und Nebenwirkungen aufgeklärt und engmaschig überwacht werden, insbesondere in den ersten Wochen der Therapie.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Amprenavir, ein Proteaseinhibitor zur Behandlung von HIV-1, ist bekannt für seine potenziellen Wechselwirkungen mit einer Vielzahl anderer Medikamente. Diese Interaktionen können die Wirksamkeit von Amprenavir beeinträchtigen oder die Risiken für Nebenwirkungen erhöhen. Hier sind einige wichtige Interaktionen:

CYP3A4-Induktoren und -Inhibitoren: Amprenavir wird hauptsächlich über das Cytochrom P450-Enzymsystem, insbesondere CYP3A4, metabolisiert. Medikamente, die dieses Enzym induzieren, wie Rifampicin, einige Antiepileptika (Phenobarbital, Phenytoin) und Johanniskraut, können die Plasmaspiegel von Amprenavir senken, was zu einem Verlust der antiviralen Wirksamkeit führen kann. Andererseits können starke CYP3A4-Inhibitoren wie Ketoconazol oder Itraconazol die Plasmaspiegel von Amprenavir erhöhen und das Risiko für Nebenwirkungen verstärken.

Antazida und säurehemmende Medikamente: Die gleichzeitige Einnahme von Amprenavir mit Antazida oder anderen säurehemmenden Medikamenten kann die Absorption von Amprenavir beeinträchtigen. Es wird empfohlen, einen zeitlichen Abstand zwischen der Einnahme dieser Medikamente und Amprenavir zu lassen.

Kalziumkanalblocker: Bestimmte Kalziumkanalblocker, die auch über CYP3A4 metabolisiert werden, können in ihrer Konzentration beeinflusst werden, wenn sie zusammen mit Amprenavir genommen werden, was das Risiko für kardiovaskuläre Nebenwirkungen erhöhen kann.

Antikoagulantien: Die gleichzeitige Verwendung von Warfarin und anderen Vitamin-K-Antagonisten mit Amprenavir kann die Wirkung dieser Blutverdünner beeinflussen. Eine engmaschige Überwachung der INR-Werte ist erforderlich.

Ergot-Derivate: Die Kombination von Amprenavir mit Medikamenten, die Ergotamin oder Dihydroergotamin enthalten, kann zu einem erhöhten Risiko für Ergotismus führen, einer schweren Reaktion, die durch Vasospasmen verursacht wird.

Hormonelle Kontrazeptiva: Amprenavir kann die Wirksamkeit von hormonellen Kontrazeptiva beeinträchtigen, daher sollten alternative oder zusätzliche Verhütungsmethoden während der Behandlung mit Amprenavir in Betracht gezogen werden.

Aufgrund dieser Interaktionen ist es wichtig, dass Patienten alle Medikamente, die sie einnehmen, mit ihrem Arzt besprechen, bevor sie mit der Behandlung mit Amprenavir beginnen. Regelmäßige Überwachung und mögliche Dosisanpassungen können erforderlich sein, um die Sicherheit und Effektivität der Behandlung zu gewährleisten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Amprenavir aufgrund von Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen nicht geeignet ist, gibt es verschiedene andere antiretrovirale Medikamente und Behandlungsoptionen, die für die Behandlung von HIV-1-Infektionen in Betracht gezogen werden können. Diese Alternativen ermöglichen eine individuell angepasste Therapie, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Reaktionen des Patienten abgestimmt ist:

Andere Proteaseinhibitoren (PIs): Wenn Amprenavir nicht vertragen wird, können andere Proteaseinhibitoren wie Lopinavir in Kombination mit Ritonavir, Atazanavir oder Darunavir eine Alternative bieten. Diese Medikamente haben ähnliche Wirkmechanismen, können aber unterschiedliche Nebenwirkungsprofile aufweisen.

Integrase-Strang-Transfer-Inhibitoren (INSTIs): INSTIs wie Raltegravir, Dolutegravir oder Elvitegravir sind eine weitere Klasse von antiretroviralen Medikamenten, die effektiv die HIV-Replikation hemmen, indem sie in einem anderen Stadium des viralen Lebenszyklus eingreifen. Diese Medikamente sind in der Regel gut verträglich und haben ein niedrigeres Risiko für Arzneimittelinteraktionen.

Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (RTIs): Diese können entweder nukleosidische (NRTIs wie Lamivudin oder Tenofovir) oder nicht-nukleosidische (NNRTIs wie Efavirenz oder Rilpivirin) sein. Sie sind eine Hauptstütze der antiretroviralen Therapie und können eine gute Alternative darstellen, wenn Proteaseinhibitoren nicht geeignet sind.

Kombinationspräparate: Es gibt mehrere Kombinationspräparate, die zwei oder mehr antiretrovirale Wirkstoffe in einer einzigen Pille enthalten. Diese Präparate vereinfachen die Behandlungsroutinen und verbessern die Adhärenz. Beispiele sind Emtricitabin/Tenofovir/Elvitegravir/Cobicistat oder Abacavir/Lamivudin/Dolutegravir.

Entry-Inhibitoren: Weniger häufig verwendet, aber für bestimmte Patienten geeignet, blockieren Entry-Inhibitoren wie Maraviroc oder Enfuvirtide das Eindringen von HIV in die Wirtszellen.

Bevor eine alternative Therapie gewählt wird, sollte eine gründliche Bewertung der individuellen medizinischen Geschichte des Patienten, der vorherigen Medikamentenanamnese und möglicher Resistenzprobleme durchgeführt werden. Dies hilft sicherzustellen, dass die ausgewählte Behandlung effektiv und sicher ist. Änderungen der HIV-Behandlung sollten immer unter Aufsicht eines erfahrenen Arztes durchgeführt werden, um die beste Therapieentscheidung zu treffen und die Kontrolle der Infektion zu optimieren.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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