Phenobarbital

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Phenobarbital ist ein Arzneistoff, der zur Gruppe der Barbiturate gehört. Es wird in der Epilepsiebehandlung und bei der Narkosevorbereitung eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Phenobarbital?

Phenobarbital ist ein Arzneistoff, der zur Gruppe der Barbiturate gehört. Es wird in der Epilepsiebehandlung und bei der Narkosevorbereitung eingesetzt.

Phenobarbital ist ein Barbiturat. Barbiturate sind Arzneistoffe, die eine hypnotische, narkotische oder sedierende Wirkung aufweisen. Der Name Barbiturate leitet sich von der Barbitursäure, einem der Wirkstoffe der Barbiturate ab. Barbiturate wirken biochemisch über den sogenannten GABA-Rezeptor.

Es kann zwischen kurz wirkenden, mittellang wirkenden und lang wirkenden Barbituraten unterschieden werden. Phenobarbital gehört zu den lang wirkenden Barbituraten. Noch weit bis in die 1960er und 1970er Jahre wurde Phenobarbital als Schlafmittel verordnet. Aufgrund der beachtlichen Nebenwirkungen und des hohen Abhängigkeitspotenzials darf Phenobarbital seit 1992 nicht mehr als Schlafmittel verordnet werden.

Heute wird der Arzneistoff zur Behandlung von Epilepsien eingesetzt. Auch in der Narkosevorbereitung kommt der sedierende und antikonvulsive Arzneistoff zum Einsatz. Die Synthese des Wirkstoffes erfolgt über eine Kondensationsreaktion zwischen Harnstoff und Ethyl-phenyl-malonsäurediethylester.

Pharmakologische Wirkung

Phenobarbital wird nach oraler und nach intramuskulärer Gabe vom Körper fast vollständig aufgenommen. Die maximalen Konzentrationen im Blut finden sich bei einer oralen Verabreichung nach 6 bis 19 Stunden. Bei einer intramuskulären Gabe sind die höchsten Konzentrationen bereits nach 3 bis 5 Stunden im Blut zu finden. Phenobarbital wirkt als Schlaf- und Beruhigungsmittel. Auch gegen Krampfanfälle wird der Arzneistoff eingesetzt. Die Wirkung ist dabei stark von der Dosierung abhängig.

Wie die meisten anderen Barbiturate auch entwickelt Phenobarbital seine Wirkung am GABA-Rezeptor. GABA-Rezeptoren sind Proteine in Nervenzellen, die den Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure binden können. Dieser Transmitter wird auch als GABA bezeichnet. GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im menschlichen Zentralnervensystem (ZNS). Ebenso wie Benzodiazepine verstärken Barbiturate wie Phenobarbital die Wirkung von GABA am Rezeptor. Zudem bewirken sie, dass der Kanal nach der Anhaftung von GABA länger geöffnet bleibt.

Gleichzeitig blockiert Phenobarbital die AMPA-Rezeptoren. AMPA-Rezeptoren sind eine Untergruppe der Glutamatrezeptoren. Glutamat ist ebenfalls ein wichtiger Neurotransmitter. Er wirkt erregend. Die Kombination aus einer GABA-Hemmung und einer Blockade der erregenden Wirkung des Glutamats ist für die sedierende und dämpfende Wirkung des Phenobarbitals verantwortlich.

Damit der Arzneistoff im Körper antikonvulsiv wirksam werden kann, wird eine Plasmakonzentration von 15–25 μg/ml benötigt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Haupteinsatzgebiet von Phenobarbital ist die Epilepsie. Der Arzneistoff wird zur Behandlung von Grand mal, Impulsiv-Petit mal und auch zur Behandlung des Status epilepticus eingesetzt. Hier kommt er allerdings als Injektionslösung zum Einsatz. Ein Status epilepticus ist ein ungewöhnlich lange dauernder epileptischer Anfall. Meistens handelt es sich dabei um eine Serie von Anfällen, die ineinander übergehen. Der Status epilepticus ist lebensbedrohlich und kann zu schweren Schädigungen führen.

Ferner kommt Phenobarbital als Injektionslösung bei der Narkosevorbereitung zum Einsatz. Lange Zeit war der Arzneistoff als Schlafmittel im Umlauf. Seit 1992 sind Phenobarbital-haltige Arzneimittel nicht mehr als Schlaf fördernde Mittel zugelassen.


Risiken & Nebenwirkungen

Phenobarbital darf nicht bei einer Überempfindlichkeit gegen Phenobarbital oder gegen andere Barbiturate eingenommen werden. Auch bei akuter Alkohol-, Schlafmittel- und Schmerzmittelvergiftung ist der Einsatz von Phenobarbital kontraindiziert. Dasselbe gilt für Vergiftungen durch anregende Arzneimittel oder durch dämpfende Psychopharmaka.

Phenobarbital kann schwere Nebenwirkungen hervorrufen, sodass der Einsatz nur nach einer sehr sorgfältigen Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen darf. Während der gesamten Behandlung mit Phenobarbital muss eine strenge Überwachung gewährleistet sein.

Häufig kommt es während der Einnahme des Arzneistoffes zu Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit. Die Patienten können verwirrt sein und zeigen eine längere Reaktionszeit. Auch paradoxe Erregungszustände werden beobachtet. Eine mögliche schwerwiegende Folge von Phenobarbital ist die akute hepatische Porphyrie. Die Porphyrie ist eine Stoffwechselerkrankung, die mit einem gestörten Abbau des Blutfarbstoffes Häm einhergeht. Charakteristisch ist ein schubweiser Verlauf mit heftigen Bauchschmerzen und Lichtunverträglichkeitsreaktionen. Die Betroffenen leiden unter kolikartigen Bauchschmerzen, Erbrechen, Übelkeit, Rotfärbung des Urins, Krampfanfällen und psychiatrischen Symptomen wie beispielsweise Psychosen.

Im Rahmen der Behandlung mit Phenobarbital können sich zudem schwere Leber- und Nierenfunktionsstörungen entwickeln. Auch schwere Herzmuskelschäden sind eine mögliche Folge der Einnahme. Menschen, die in vergangener Zeit bereits an affektiven Störungen litten, oder Menschen, deren Angehörige unter affektiven Störungen leiden, haben ein höheres Risiko psychiatrische Nebenwirkungen zu entwickeln.

Wird Phenobarbital gemeinsam mit anderen zentral wirksamen Arzneimitteln verabreicht, können sich Wirkungen und Nebenwirkungen dieser Arzneimittel verstärken. Zu den Arzneimitteln gehören neben Alkohol auch Schmerz- und Schlafmittel, Mittel gegen Allergien und Psychopharmaka.

Phenobarbital sorgt zudem für eine vermehrte Bildung von Arzneimittel abbauenden Enzymen, sodass der Abbau einiger Medikamente in der Leber beschleunigt wird. Von dem Wirkungsverlust sind Medikamente wie Schilddrüsenhormone, Doxycyclin, Griseofulvin, orale Kontrazeptiva, Lamotrigin, Kortikoide oder orale Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung betroffen.

Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Phenobarbital behandelt wurden, weisen vermehrt Fehlbildungen auf. Der Arzneistoff gelangt über die Plazenta zum Kind und sorgt dort für Schäden. Deshalb darf Phenobarbital nur nach sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung in der Schwangerschaft verordnet und eingenommen werden.

Während der Behandlung mit Phenobarbital kann ein Folsäuremangel entstehen. Auch dieser begünstigt wiederum Fehlbildungen des Ungeborenen. Wenn die Mutter während der Schwangerschaft Phenobarbital einnehmen muss, wird eine engmaschige Überwachung der Entwicklung des Ungeborenen mit α-Fetoproteinbestimmung und Ultraschall empfohlen.

Phenobarbital hat ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Es werden sogar Entzugserscheinungen bei Neugeborenen beschrieben, deren Mütter mit Phenobarbiol behandelt wurden.

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