Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie wird eine Herzerkrankung bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie?

Bemerkbar macht sich eine arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie durch Herzrhythmusstörungen wie Herzklopfen oder Herzrasen, die als sehr unangenehm empfunden werden.
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Bei der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie (ARVCM) handelt es sich um eine Herzkrankheit, die bereits angeboren ist. In früheren Zeiten trug sie auch die Bezeichnung arrythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie (ARVD). Sie zählt zu den Kardiomyopathien, bei denen es zu Struktureinbußen des Herzmuskelgewebes kommt.

Dadurch verliert es wiederum an Leistungskraft. Bemerkbar macht sich eine Kardiomyopathie durch Herzschwäche. Im Extremfall ist sogar ein plötzlicher Herztod der betroffenen Person möglich. Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie tritt in der Regel zwischen dem 15. und dem 40. Lebensjahr auf.

Seltener sind dagegen ältere Menschen über 60 Jahren betroffen. Männer haben häufiger unter einer ARVCM zu leiden als Frauen. Darüber hinaus kommt es bei ihnen auch zu einem intensiveren Verlauf der Herzerkrankung. Nicht selten zeigt sich die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie bei Sportlern und gilt in einigen Fällen als Ursache für einen plötzlichen Herztod.

Bei der Häufigkeit der ARVCM gibt es größere regionale Unterschiede. So kommt sie in den Vereinigten Staaten von Amerika mit einer Inzidenz von 1:100.000 deutlich seltener vor als in Europa, wo sie einen von 10.000 Menschen betrifft.

Besonders betroffen von Krankheitsfällen durch die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie sind Norditalien sowie die griechische Insel Naxos. Dort tritt die ARVCM bei einem von 1000 Menschen auf. In Italien stufen Mediziner die Kardiomyopathie sogar als häufigste Todesursache bei jungen Sportlern ein.

Ursachen

Die genauen Ursachen für das Entstehen der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie sind bislang unbekannt. Klar ist jedoch, dass sie sich familiär gehäuft zeigt, weswegen viele Ärzte genetische Faktoren als Auslöser der Herzkrankheit vermuten. Zwischen den Chromosomen 14 und 1 konnten bisher drei Loci gefunden werden.

Für Ausmaß und Verlauf der ARVCM sollen jedoch mehrere Faktoren verantwortlich sein. Während der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie reichern sich Fettablagerungen und Bindegewebe innerhalb des Muskelgewebes der rechten Herzkammer ab. Infolgedessen werden die Kontraktionen der Kammermuskulatur gestört. Mitunter können diese zu einem kompletten Verlust der Funktionen führen.

So liegt eine Störung der elektrischen Herzmuskel-Erregungsleitung vor, deren Verbreitung vom Sinusmuskel aus über die Muskulatur des rechten Herzens erfolgt. Dadurch drohen schwere Herzrhythmusstörungen samt lebensbedrohlicher Arrhythmien. Aufgrund von Kammerflimmern kann der plötzliche Tod des Patienten die Folge sein.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bemerkbar macht sich eine arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie durch Herzrhythmusstörungen wie Herzklopfen oder Herzrasen, die als sehr unangenehm empfunden werden. Manche Patienten leiden zudem unter Störungen ihres Bewusstseins sowie Ohnmachtsanfällen.

Nimmt die ARVCM einen schweren Verlauf, kommt es zu den Anzeichen einer Rechtsherzinsuffizienz. Dazu gehören Ödeme (Wasseransammlungen) in Armen und Beinen, gestaute Halsvenen, eine Vergrößerung der Leber und blaue Lippen. Werden sportliche Betätigungen ausgeübt, droht im schlimmsten Fall ein plötzlicher Herztod durch akutes Herzversagen. Beschwerden bemerkt der Betroffene im Vorfeld dabei nicht.

Diagnose & Verlauf

Um eine arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie diagnostizieren zu können, bedarf es umfangreicher Untersuchungen. Da die Herzerkrankung häufig mehrfach in Familien vorkommt, gilt eine Familienanamnese als hilfreich. Zu den bedeutendsten Untersuchungsverfahren zählt das EKG. So lassen sich im Rahmen eines Ruhe-EKG oftmals charakteristische Veränderungen feststellen.

Durch ein Langzeit-EKG oder ein Belastungs-EKG können außerdem Herzrhythmusstörungen ermittelt werden. Bei Leistungssportlern ist eine Diagnose auch ohne Beschwerden durch eine Screening-Untersuchung möglich. Zur Beurteilung der Leistungskraft des Herzens dient die Echokardiografie.

Ergeben sich klare Verdachtsmomente, erfolgt eine Herzkatheteruntersuchung. Dabei misst der Arzt die Druckverhältnisse im Herzen, die sich durch die ARVCM verändern. Bei manchen Patienten findet der Nachweis einer arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie durch einen unmittelbaren Nachweis von Fett- oder Bindegewebseinlagerungen statt, indem eine Biopsie (Gewebeentnahme) des Herzmuskels erfolgt.

Zur Gewinnung der Gewebeprobe schiebt der Arzt über eine große Vene wie in der Leistenbeuge einen Katheter in Richtung Herz. Mit einer kleinen Zange entnimmt er dann eine geringfügige Probe des Gewebes. Die Myokardbiopsie gilt als sehr sicher und gehört zu den medizinischen Routineuntersuchungen.

Meist genügt eine lokale Betäubung an der Kathetereintrittsstelle. Für die Untersuchung einer arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie sind in der Regel vier bis fünf Gewebeprobeentnahmen erforderlich.

Nicht selten nimmt die ARVCM einen ungünstigen Verlauf. So kommt es bei ungefähr 70 Prozent ohne eine Behandlung zum plötzlichen Herztod. Gelingt es jedoch, die Herzrhythmusstörungen zu unterdrücken, wird die Lebenserwartung kaum eingeschränkt.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es bei der Kardiomyopathie zu Beschwerden am Herzen, die den Alltag des Patienten erschweren können. Viele leiden dabei an einem starken Herzklopfen oder an Herzrasen. Diese Beschwerden treten vor allem bei körperlichen Aktivitäten oder bei Sport auf und können damit die Bewegung und Tätigkeit des Patienten einschränken.

Die Lebensqualität wird dadurch verringert. Nicht selten erleiden die Patienten auch einen Bewusstseinsverlust und fallen in Ohnmacht. Dabei kann es zu unterschiedlichen Verletzungen kommen. Ebenfalls kommt es durch die Unterversorgung mit Sauerstoff zu blauen Lippen und blau gefärbten Extremitäten. Auch die Leber vergrößert sich, was zu Schmerzen führen kann.

Beine und Arme leiden an Wasseransammlungen und können anschwellen. Sollte der Betroffene den Körper auch weiterhin belasten, so kann es im schlimmsten Falle zum Tode durch akutes Herzversagen kommen. Oft treten die Beschwerden erst akut ein.

Die Behandlung der Kardiomyopathie erfolgt in der Regel mit Hilfe von Medikamenten. Operativ erfolgt der Einsatz eines Defibrillators, welcher dem Patienten das Leben in schwerwiegenden Situationen retten kann. In der Regel wird die Lebenserwartung durch die Krankheit verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es sich bei dieser Beschwerde um eine Erkrankung des Herzens handelt, muss diese auf jeden Fall von einem Arzt untersucht und behandelt werden. Sollte es dabei nicht zu einer Behandlung kommen, kann diese Krankheit im schlimmsten Falle auch zum Tod des Betroffenen führen. Der Patient sollte dann einen Arzt aufsuchen, wenn es zu Herzrasen oder zu Ohnmachtsanfällen kommt. Auch andere Störungen des Bewusstseins können auf die Erkrankung hindeuten und sollten von einem Arzt untersucht werden.

In vielen Fällen kommt es dabei auch zu einer Blaufärbung der Haut durch die verringerte Versorgung der Haut mit Sauerstoff. Auch eine Rechtsherzinsuffizienz kann auf diese Krankheit zeigen und muss untersucht werden. Weiterhin leiden die Betroffenen nicht selten an einer dauerhaften Müdigkeit und an einer Abgeschlagenheit.

Auch bei diesen Beschwerden muss ein Arzt aufgesucht werden. Akute Notfälle sollten allerdings direkt in einem Krankenhaus oder durch einen Notarzt behandelt werden. In der Regel wird diese Erkrankung durch einen Kardiologen behandelt. Durch eine frühzeitige Diagnose können verschiedene Komplikationen und Folgeschäden vermieden werden.

Behandlung & Therapie

Nicht bei jedem ARVCM-Patienten ist eine spezielle Behandlung nötig, sofern keine Beschwerden auftreten. Allerdings muss auf intensiven Sport und schwere körperliche Tätigkeiten verzichtet werden. Ist eine Therapie der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie erforderlich, erhält der Patient Medikamente wie Kalziumantagonisten und Betablocker.

Kalzium-Antagonisten wie Diltiazem und Verapamil sorgen für die Hemmung des Kalziumeinstroms in die Zellen, wodurch sich Erregungsbildung sowie Erregungsausbreitung verringern. Auf diese Weise wird der Herzschlag des Patienten verlangsamt. Die Kalzium-Antagonisten zählen zu den Arrhythmika der Klasse IV.

Gegen Herzschwäche und Bluthochdruck gelangen Betarezeptorenblocker wie Propanolol und Metoprolol zum Einsatz. Durch das Blockieren der Betarezeptoren sorgen sie dafür, dass die Erregbarkeit des Herzmuskels herabgesetzt wird, was einen langsameren Herzschlag zur Folge hat. Die Betablocker gelten als Klasse-II-Arrythmika. Besteht ein hohes Risiko für den plötzlichen Herztod, erhält der Patient Arrhythmika der Klasse I und III. Außerdem erfolgt die Implantation eines Defibrillators.

Aussicht & Prognose

Die Erkrankung hat insgesamt eine ungünstige Prognoseaussicht. Mit den derzeitigen medizinischen Möglichkeiten gibt es keine Behandlung oder Therapie, die zu einer vollständigen Heilung der Erkrankung führt.

Sehr erfolgreich werden durch die Gabe von Medikamenten die Folgeerscheinungen der Krankheit behandelt. Nach dem Absetzen der Medikation kehren die Symptome jedoch erneut zurück. In schweren Fällen droht das Ableben des Patienten. Dennoch können auch zahlreiche Patienten mit einer arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie ihr Leben unvermindert und ohne Beeinträchtigungen gestalten. Dies ist abhängig von ihrem Lebenswandel sowie dem Auftreten möglicher Symptome.

Es gibt Patienten, bei denen eine arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie diagnostiziert wurde und die dennoch vollständig beschwerdefrei sind. Diese Patienten werden darauf hingewiesen, dass sie sich auch zukünftig nach Möglichkeit kaum sportlichen oder körperlich intensiven Aufgaben stellen. Unter diesen Voraussetzungen ist ein Leben ohne eine weitere ärztliche Konsultation möglich. Die durchschnittliche Lebensdauer ist bei diesen Menschen nicht verkürzt.

Die meisten Patienten befinden sich einem jungen und mittleren Erwachsenenalter und haben Beschwerden. Sie werden aufgrund ihrer Symptome medikamentös behandelt. Zusätzlich haben ein erhöhtes Risiko, an einem plötzlichen Herztod zu versterben. Das Sterberisiko steigt an, sobald sich der Patient schweren körperlichen Tätigkeiten stellt und damit sein vermindertes Leistungsniveau unterschätzt.


Vorbeugung

Präventivmaßnahmen gegen die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie sind nicht bekannt. So blieben die genauen Ursachen der angeborenen Herzkrankheit unklar.

Nachsorge

Der Betroffene ist bei dieser Krankheit auf jeden Fall in erster Linie auf eine ärztliche Untersuchung und Diagnose angewiesen, damit es zu keinen weiteren Komplikationen oder Beschwerden kommt. Je früher diese Krankheit erkannt und behandelt wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf, da es dabei auch nicht zu einer Selbstheilung kommen kann. Daher steht bei dieser Krankheit im Vordergrund die frühzeitige Diagnose mit einer frühzeitigen Behandlung.

Im schlimmsten Fall kann es dabei unbehandelt zum Tod des Betroffenen kommen. Besondere Maßnahmen einer Nachsorge stehen dem Betroffenen dabei allerdings nicht zur Verfügung. Im Allgemeinen wirkt sich dabei auch eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung sehr positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit aus. Die Behandlung selbst erfolgt dabei mit Hilfe von Medikamenten.

Diese sollten immer regelmäßig und nach ärztlicher Anweisung eingenommen werden, wobei auch die richtige Dosis zu beachten ist. In Zweifelsfällen oder bei Unklarheiten sollte ein Arzt kontaktiert werden. Weiterhin sollte der Betroffene auch regelmäßig den Blutdruck prüfen und den Arzt kontaktieren, falls es zu einem Bluthochdruck kommt. Ob die Krankheit die Lebenserwartung verringert, kann nicht universell vorhergesagt werden.

Das können Sie selbst tun

Die Diagnose „Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie“ ermöglicht ein Leben mit wenigen Einschränkungen. Neben dem Einhalten der Medikation und regelmäßigen kardiologischen Kontrolluntersuchungen sollten Betroffene vor allem schwere körperliche Belastungen in Beruf und Freizeit vermeiden.

Insbesondere intensive Wettkampf- und Ausdauersportarten, wie Basketball, Handball, Leichtathletik Tennis oder Tauchen, führen zu hohen Belastungen des Herz-Kreislaufsystems und sind ungeeignet. Auch Radfahren oder Skifahren sollten nur vorsichtig betrieben werden.

Geeignete Betätigungen sind z.B. Golf, Bowling, Billard oder Curling. Bei Kindern sollten Erzieher, Lehrer oder Ausbilder über die Erkrankung informiert werden. Die Belastung im Sportunterricht bleibt idealerweise im aeroben Bereich. Die Leistungsfähigkeit darf auch bei Beschwerdefreiheit nicht überschätzt werden.

Generelle Urlaubs- oder Reiseeinschränkungen gibt es nicht. Einige Fluggesellschaften geben jedoch Informationen für Passagiere mit kardiovaskulären Erkrankungen heraus.

Weitere Selbsthilfemöglichkeiten oder spezifische Präventionsmaßnahmen haben Betroffene kaum. Es gelten die allgemeinen Verhaltenshinweise bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems. Regelmäßige moderate Bewegung und eine gesunde vitamin- und mineralstoffreiche Ernährung (vor allem mit Vitamin E, Zink und Magnesium) tragen zur Stärkung der Herzmuskulatur bei.

Belastende Faktoren wie Alkohol und Nikotin werden ausgeschlossen. Grippale Infekte und Erkältungen wirken sich negativ auf die Leistungsfähigkeit des Herzens aus. Jährliche Impfungen gegen Grippe sind sinnvoll und werden von vielen Medizinern empfohlen.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Lehnert, H., Werdan, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2006
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

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