Carney-Komplex

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Patienten mit Carney-Komplex leiden leitsymptomatisch an Hormonstörungen und Myxomen. Bei der Erkrankung handelt es sich um eine mutationsbedingte Erberkrankung. Die Behandlung erfolgt supportiv symptomatisch und beinhaltet vor allem die operative Entfernung oder Überwachung von Myxomen und anderen Tumoren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Carney-Komplex?

Die Ursache für den Carney-Komplex liegt in den Genen. Bei der Erkrankung handelt es sich offenbar um eine Erberkrankung, in deren Kontext von familiärer Häufung berichtet wurde.
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Bei sogenannten Myxomen handelt es sich um gutartige Tumore aus ungeformt bindegewebiger und schleimig gallertartiger Substanz. Die Geschwüre sind häufig Teil eines übergeordneten Syndroms und können zum Beispiel für den sogenannten Carney-Komplex stehen. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Symptomen, die neben multiplen Myxomen hormonelle Regulationsstörungen und Pigmentflecken hervorruft.

Manche Patienten leiden zusätzlich an bösartigen Neubildungen. Die Erstbeschreibung des Syndroms ist mit dem Jahr 1985 beziffert. Als Erstbeschreiber gilt der US-amerikanische Pathologe J. Aiden Carney. Die Erkrankung wird in der medizinischen Fachliteratur auch als Myxom-Syndrom oder Carney-Syndrom bezeichnet.

Eine genaue Verteilung oder Häufigkeit wurde für den Carney-Komplex bislang nicht ermittelt. Die Symptome der einzelnen Patienten sind mannigfaltig, was die Diagnose erheblich erschwert. Besonders in Ländern ohne wissenschaftliche Infrastruktur wird das Syndrom oftmals nicht oder nur fälschlich diagnostiziert.

Ursachen

Die Ursache für den Carney-Komplex liegt in den Genen. Bei der Erkrankung handelt es sich offenbar um eine Erberkrankung, in deren Kontext von familiärer Häufung berichtet wurde. Die Vererbung des Carney-Komplexes findet im autosomal dominanten Erbgang statt.

Nur in den seltensten Fällen wurde von unvollständiger Penetranz oder phänotypischer Variabilität in der gleichen Familie berichtet. Die primäre Ursache der einzelnen Symptome ist eine genetische Mutation. Bislang wurden zwei verschiedene Gen-Loci für den Komplex dokumentiert. Ein Defekt in diesen Loci verursacht die Symptome des Syndroms.

Die bisher identifizierten Defekte liegen auf Chromosom 2p16 und Chromosom 17q22 bis 24. Beim letztgenannten Chromosom bezieht sich der genetische und mutationsbedingte Defekt auf ein Tumorsuppressor-Gen, das innerhalb der DNA für eine regulatorische Untereinheit der cAMP-abhängigen Proteinkinase A kodiert. Wegen der genetischen Mutation trägt die Proteinkindase A von Patienten mit Carney-Komplex nicht die physiologisch geplante Struktur und kann Gewebewucherungen daher nicht hinzureichend unterdrücken.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit Carney-Komplex leiden an unterschiedlichen Symptomen des Herzens, der Haut und des Hormonhaushalts. Zu den Symptomen der Haut zählt im Frühstadium Fleckenbildung, die auch die Schleimhaut betreffen kann. Darüber hinaus tragen viele der Patienten mannigfache Muttermale sowie Leberflecke und Pigmentflecken. Später bilden sich Myxome.

Vergesellschaftet sind diese Symptome mit Störungen des Herzens. Neben Myxomen im Herzgewebe besteht häufig Herzinsuffizienz. Embolien sowie Ödeme, Atemnot oder Herzinfarkt können die Folge sein. Auch wiederholt auftretende Entzündungen im Bereich des Herzens sind typische Symptome. Dasselbe gilt für Herzkreislaufbeschwerden wie Leistungsabfall.

Da zusätzlich hormonelle Störungen vorliegen, kann sich das typische Bild eines Morbus Cushing bilden. Auch Akromegalie und Riesenwuchs sind verbreitete Symptome. Einige Patienten leiden außerdem an gut- und bösartigen Tumoren. Dazu zählen Tumorvarianten wie Sertoli-Zell-Tumore, Schwannome sowie Zysten.

Diagnose

Die Diagnose gestaltet sich bei Patienten mit Carney-Komplex schwierig. Da die Symptome von Fall zu Fall deutlich variieren können und vielen anderen Erkrankungen ähneln, werden die Betroffenen oft erst spät oder überhaupt nicht mit dem Komplex diagnostiziert. Ein Katalog aus klinischen und genetischen Kriterien wurde zur Diagnosestellung vorgeschlagen.

Den diagnostischen Rahmen bildet eine möglichst sorgfältige Untersuchung des Patienten inklusive der klinischen Untersuchung von Verwandten. Falls der Patient an mindestens einem charakteristischen Symptom leidet und zusätzlich scheinbar familiäre Häufung vorliegt, kann die Diagnose auf den Carney-Komplex gestellt werden. Falls sich keine familiäre Beteiligung ausmachen lässt, sollte der Patient zur Diagnosestellung mindestens zwei typische Symptome aufweisen.

Komplikationen

Durch den Carney-Komplex kommt es in den meisten Fällen zu Störungen des Hormonhaushaltes und auch zu Fehlbildungen und Störungen am Herzen. Die meisten Patienten leiden auch an einer Fleckenbildung, sodass es zu einer erhöhten Anzahl an Muttermalen und Leberflecken kommt. Diese erhöhte Anzahl an Pigmentflecken stellt selbst keine Komplikation dar, falls sie überwacht und gegebenenfalls behandelt werden.

Schwerwiegende Komplikationen können vor allem durch die Fehlbildungen am Herzen auftreten. Dabei kann der Carney-Komplex für einen Herzinfarkt oder für eine Herzinsuffizienz verantwortlich sein. Die Betroffenen leiden dabei nicht selten an Atemnot, wobei es auch zu Panikattacken kommen kann. Nicht selten treten auch verschiedene Tumore auf. Diese können abhängig von ihrer Größe und der Region zu starken oder lebensgefährlichen Beschwerden führen.

Weitere Komplikationen können aufgrund einer verspäteten Diagnose des Carney-Komplexes entstehen, da die Symptome anderen Krankheiten und Beschwerden ähneln. Die Behandlung selbst kann nur die Symptome einschränken. Dabei muss sich der Betroffene auch nach der Behandlung noch Untersuchungen unterziehen.

In den meisten Fällen sind Operationen notwendig, um die Fehlbildungen oder Tumore zu entfernen. Auch die Eltern des betroffenen Kindes können dabei an psychischen Beschwerden und Depressionen leiden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn sich immer wieder Flecken auf der Haut und an den Schleimhäuten bilden, liegt womöglich der Carney-Komplex vor. Die Erkrankung kann sich allerdings auch durch eine Vielzahl weiterer Symptome äußern, die nicht unbedingt bei jedem Betroffenen auftreten. Eine gezielte Diagnose gestaltet sich deshalb als schwierig. Es empfiehlt sich, mit ungewöhnlichen Beschwerden, die auf keine andere Ursache zurückzuführen sind, zu einem Arzt zu gehen und diese abklären zu lassen.

Vor allem ernste Symptome wie Atemnot, Zysten, Riesenwuchs oder Anzeichen einer Herzinsuffizienz sollten zeitnah untersucht werden. Menschen, bei denen in der Familie Fälle des Carney-Komplexes vorliegen, sollten besonders gut auf etwaige Warnzeichen achten. Im besten Fall wird schon im Kindes- und Jugendalter eine umfassende Diagnose durchgeführt.

Sollte es zu schwerwiegenden Komplikationen wie Atemnot oder gar einem Herzinfarkt kommen, muss ein Notarzt gerufen werden. Da sich ein solch schwerer Verlauf nie ganz ausschließen lässt, sollten sich sowohl die Betroffenen als auch deren Eltern und Angehörigen psychologische Hilfe suchen.

Behandlung & Therapie

Für Patienten mit Carney-Komplex steht keine kausale Behandlung zur Verfügung. Eine kausale Therapie müsste die Ursache auflösen. Dieses Vorgehen gestaltet sich bei genetischen Symptom-Komplexen schwierig und müsste in diesem Fall einer ebenso genetischen Herangehensweise entsprechen. Ursächliche Therapien könnte damit ausschließlich die Gentherapie eröffnen.

Trotz des medizinischen Fortschritts hat die Gentherapie die klinische Phase bislang nicht erreicht. Da die Ansätze einen Fokus der modernen Medizinforschung darstellen, sind kausale Behandlungsoptionen für genetische Syndrome in den kommenden Dekaden allerdings nicht vollständig ausgeschlossen. Bislang werden Patienten mit Syndromen wie dem Carney-Komplex allerdings rein symptomatisch und supportiv behandelt.

Die supportiven Schritte umfassen zum Beispiel die genetische Analyse von Indexfällen. Darüber hinaus werden sowohl die Patienten, als auch die Angehörigen mit genetischer Prädisposition in regelmäßigen Abständen untersucht, um mögliche Symptome der Erkrankung frühzeitig zu erkennen. Mindestens einmal pro Jahr sind die Untersuchungen angezeigt.

Idealerweise beginnen die jährlichen Kontrollen bereits in der frühen Kindheit. Eventuelle Myxome des Herzens werden invasiv behandelt. Eine operative Entfernung kann auch bei Myxomen anderer Körperregionen erfolgen. Alle übrigen Symptome des Komplexes werden nicht nach festen Regeln behandelt. Der Ort des Tumors, seine Größe, das klinische Gesamtbild der Patienten und der Verdacht auf Malignität beeinflussen die behandelnden Ärzte in der Wahl einer Behandlungsart.

Neben Beobachtung kommen invasive Operation oder konservativ medikamentöse Behandlungsansätze als Behandlungsweg in Frage. Ein eventuell auftretendes Cushing-Syndrom wird häufig mit beidseitiger Adrenalektomie behandelt.

Aussicht & Prognose

Der Carney-Komplex kann nicht vollständig geheilt werden, da es sich hierbei um eine genetische Erkrankung handelt, bei welcher eine ursächliche Therapie nicht möglich ist.

Die Behandlung erfolgt symptomatisch und richtet sich dabei nach der Ausprägung der Tumore. Auch der weitere Verlauf hängt dabei sehr stark davon ab, wann die Tumore diagnostiziert und entfernt werden. Die Patienten sind daher auf regelmäßige Untersuchungen und auf eine dauerhafte Behandlung angewiesen, um neue Tumore zu erkennen und zu entfernen. In vielen Fällen wird durch den Carney-Komplex damit auch die Lebenserwartung des Patienten verringert und eingeschränkt.

Häufig führt die Erkrankung auch zu psychischen Beschwerden, die dabei nicht nur beim Patienten, sondern auch bei den Eltern und den Angehörigen auftreten können. Die Eltern sollten sich dabei auch einer genetischen Untersuchung und Beratung unterziehen, um die Krankheit nicht weiter zu vererben.

Sollten die Beschwerden des Komplexes das Herz nachhaltig geschädigt haben, so kann keine Therapie stattfinden und der Betroffen verstirbt an einer Herzinsuffizienz oder an einem Schlaganfall. Im Falle von gutartigen Tumoren muss eine Behandlung nicht sofort erfolgen. Allerdings können auch diese zu Beschwerden führen, die die Lebensqualität des Betroffenen einschränken.


Vorbeugung

Bislang stehen für den Carney-Komplex kaum Vorbeugemaßnahmen zur Verfügung. Als einzig präventive Maßnahme kommt genetische Beratung in der Phase der Familienplanung in Frage. Bei entsprechender Prädisposition können sich Paare gegen ein eigenes Kind und stattdessen zur Adoption entscheiden.

Nachsorge

Die Ursachen des Carney-Komplexes lassen sich nicht heilen. Daher kommt der Nachsorge eine große Bedeutung zu. Mindestens einmal im Jahr sollte sie stattfinden. Nachdem mit der Hilfe der familiären und persönlichen Anamnese eine Erkrankung diagnostiziert wurde, veranlassen Ärzte eine Reihe an Kontrollen.

Dazu zählen vor allem biochemische und echokardiographische Untersuchungen. Darüber hinaus können sich eine Computertomographie und Sonographie als sinnvoll erweisen. Treten die bekannten Symptome auf, sollte man sich unbedingt an einen Arzt wenden. Nur so lassen sich folgeschwere Komplikationen verhindern. Zur Linderung der Anzeichen ergeben sich eine Reihe an Möglichkeiten.

Nicht selten müssen Patienten Medikamente zu sich nehmen. Die abgesprochene Einnahme ist unbedingt einzuhalten. Manchmal lässt der Tumor auch lokale Schmerzen entstehen. Eine Massage kann dann Abhilfe schaffen. Die Nachsorge erstreckt sich auch auf vorhandene Kinder. Da die Erbkrankheit vererbt wird, sollte man frühzeitig seinen Sohn oder seine Tochter bei einem Facharzt vorstellen.

Der Carney-Komplex stellt, wie viele Tumorerkrankungen, eine seelische Belastung dar. Der ungewisse Ausgang lässt den Alltag wenig lebenswert erscheinen. Wenn der Kopf leidet, kann der Arzt eine Psychotherapie verschreiben. Sorgen und Ängste können im Rahmen der Nachsorge thematisiert werden.

Das können Sie selbst tun

Der Carney-Komplex kann bislang nicht ursächlich behandelt werden. Die medizinische Therapie beschränkt sich auf die Linderung der individuellen Symptome und Beschwerden des Patienten. Die Behandlung kann durch gezielte Selbsthilfe-Maßnahmen und einen offenen Umgang mit der Erkrankung und ihren Komplikationen unterstützt werden.

Eventuelle Herzbeschwerden müssen operativ behandelt werden. Der Patient kann den Verlauf des Eingriffs positiv beeinflussen, indem er die Vorgaben des Arztes einhält und sich nach der Operation schont.

Je nachdem, wo der Tumor lokalisiert ist und welche Beschwerden er hervorruft, können weitere Selbsthilfe-Maßnahmen ergriffen werden. So lassen sich tumorbedingte Ödeme unter Umständen mit Massagen oder Akupunktur behandeln, begleitend zur fachärztlichen Behandlung. Zysten und Schwannome können mittels verschiedener Naturheilmittel wie Ringelblumensalbe gelindert werden.

Daneben müssen sowohl die Patienten als auch deren Angehörigen in regelmäßigen Abständen untersucht werden, um etwaige Symptome der Erbkrankheit frühzeitig zu erkennen. Betroffene Personen sollten sich mindestens einmal pro Jahr untersuchen lassen. Idealerweise erfolgen die ersten Untersuchungen schon in der Kindheit. Eltern, die selbst am Carney-Komplex leiden oder Betroffene im Familienkreis haben, sollten auf mögliche Anzeichen achten und das Kind frühzeitig einem Facharzt vorstellen.

Quellen

  • Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014

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