Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ) schließt sich an eine exzentrische Dehnung eines Muskels eine konzentrische Kontraktion desselben Muskels an, die energiesparend verläuft und die kinetische Energie aus der Dehnung nutzt. Der DVZ spielt eine wichtige Rolle für reaktive Bewegungen und wird durch die Flexibilität der Muskulatur und den Dehnungsreflex ausgelöst. Störungen des Zyklus stellen sich im Rahmen des extrapyramidalen Syndroms ein.
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Was ist der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus?
Der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus ist eine Arbeitsweise des neuromuskulären Systems. Dabei wird der aktivierte Muskel zunächst entgegen seiner Arbeitsrichtung gedehnt, was auch als exzentrische Muskelarbeit bekannt ist. Im Anschluss an die exzentrische Arbeit erfolgt eine automatische Verkürzung des gedehnten Muskels, die als konzentrische Arbeitsweise bezeichnet wird.
Der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus kann schnell oder langsam sein. Der schnelle Zyklus findet beispielsweise im Rahmen von Sportbewegungen statt. Da die Muskulatur plastische und elastische Eigenschaften besitzt, schließen sich Kontraktionen automatisch und unmittelbar einer Dehnung an. Das heißt, auf exzentrische Muskelarbeit muss unmittelbar konzentrische Muskelarbeit folgen.
Die Kontraktion der Muskulatur erfolgt noch weit bevor sich der Muskel an die Dehnung anpasst. Der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus nutzt die gespeicherte Energie aus der Dehnungsbewegung und gestaltet die konzentrische Arbeit damit besonders energiesparend und schnell. So wird besonders große Kraftentwicklung erzielt.
Abhängig ist der Zyklus vor allem von der Flexibilität der Sehnen und Bänderapparate. Die Kontraktion wird innerhalb des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus durch die Muskelspindel ausgelöst, die den Dehnungsreflex in Form einer motorischen Antwort auf den Dehnungsreiz einleiten.
Funktion & Aufgabe
Bei der Dehnung wird der Muskel außerdem zusätzlich auf Ebene des Dehnungsreflexes aktiviert. Damit erhöht sich die Kontraktionskraft, da es zu einer zusätzlichen Querbrückenbildung kommt. Die kontraktilen Anteile des Muskels, also Aktin und Myosin, erhöhen so die Steifheit. Darüber hinaus werden die Sehnen des Muskels dehnungsbedingt verlängert.
Der sogenannte Dehnungsreflex ist ein Eigenreflex, der bei Dehnung eines Muskels die Kontraktion herbeiführt und so die Muskellänge anpasst. Wie jeder Reflex beginnt der Dehnungsreflex mit einem Reiz, in diesem Fall dem Dehnungsreiz, der von den Muskelspindeln detektiert wird. Die Muskelspindel sind Sinneszellen der Tiefensensibilität und stehen über afferente Nervenbahnen mit dem zentralen Nervensystem in Verbindung. Die Erregung wird dort auf efferent motorische Nervenbahnen umgeschaltet, die die Kontraktion des Muskels initiieren. Auf diese Weise wird eine exzentrische Dehnung im menschlichen Körper mit einer konzentrischen Muskelkontraktion beantwortet.
Die Bewegungsenergie aus der Dehnung wird nun für die Kontraktion genutzt. Während viele Quellen von einer Speicherung der Bewegungsenergie im Bindegewebe sprechen, gehen ebenso viele von einer Speicherung in den Sehnen aus. Die Sehne ist annähernd idealelastisch und soll durch diese Eigenschaft zur Speicherung kinetischer Energie fähig sein. Die kinetische Energie entsteht in der exzentrischen Phase der Bewegung und wird nun wieder freigesetzt. Damit wirkt der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus im Vergleich zu rein konzentrischer Muskelarbeit kraftverstärkend.
Die Kraft des Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus lässt sich durch rein willentliche Muskelarbeit nicht erreichen. Um den Zyklus auszulösen, müssen die Sehnen maximal gedehnt werden. Erst bei maximaler Dehnung fürchtet der Körper einen Sehnenriss und initiiert aus Schutzgründen die Kontraktion. Eine hohe Dehnbarkeit führt somit zu einem schwerer auslösbaren Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus.
Krankheiten & Beschwerden
Von Person zu Person kann sich der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus somit bis zu einem gewissen Grad unterscheiden und hängt zum Beispiel vom Trainingszustand ab. Unterschiede im Zyklus müssen demnach nicht auf eine Krankheit zurückzuführen sein. Allerdings kann sich jede neuromuskuläre Erkrankung negativ auf den Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus auswirken.
Nach Sportverletzungen ist zum Beispiel die Reaktivkraft beschränkt. In der Plyometrie wird der Dehnungsreflex nach Verletzungen dieser Art physiotherapeutisch gefördert.
Eine abgeschwächte Reflexfähigkeit kann neben Sportverletzungen auf Neuropathien verweisen. Dabei handelt es sich um Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die keine traumatische Ursache haben.
Darüber hinaus sind alle Reaktivbewegungen bei der hypokinetisch-rigiden Variante des extrapyramidalen Syndroms gestört. Störungen des extrapyramidalen Systems im Zentralnervensystems machen sich zum Beispiel im Rahmen der Parkinson-Krankheit, der Chorea oder des Ballismus bemerkbar.
Außerdem beeinflussen Medikamente wie Neuroleptika das extrapyramidal-motorische System. Neben Ataxien, Tremor oder Starthemmungen sind Fallneigungen ein typisches Symptom des Syndroms. Das extrapyramidale System ist eine neuroanatomische Struktur, in der sich übergeordnete Steuerungsvorgänge der Motorik abspielen. Nicht alle motorischen Steuervorgänge liegen also in der Pyramidenbahn des pyramidalen Systems. Alle Steuerungen außerhalb des Pyramidensystems werden als Aktivitäten des Extrapyramidalsystems zusammengefasst, so zum Beispiel auch der Dehnungsreflex im Rahmen des Dehnungs-Verkürzungs-Zykluses.
In diesem Zusammenhang können sich alle Läsionen des extrapyramidalen Systems auf den Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus auswirken. Das gilt sowohl für bakteriell und autoimmunologisch entzündliche, als auch tumorbedingte, degenerative, traumatisch bedingte und infarktbedingte Schädigungen der neurologischen Struktur.
Quellen
- Emminger, H., Kia, T. (Hrsg.): Exaplan – Das Kompendium der klinischen Medizin. Urban & Fischer, München 2010
- Rost, R.: Sport- und Bewegungstherapie bei Inneren Krankheiten. Deutscher Ärzteverlag, Köln 2005
- Spring, H. et al.: Theorie und Praxis der Trainingstherapie. Thieme, Stuttgart 2008