Durchgangssyndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einem sogenannten Durchgangssyndrom handelt es sich um eine Erkrankung, innerhalb derer die Betroffenen meist mit einem schweren und langen Leidensdruck zurechtkommen müssen. Dies hat verschiedene Gründe, die auch in der extremen Komplexizität dieser gesundheitlichen Beeinträchtigung liegen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Durchgangssyndrom?

In der Regel leiden die Betroffenen bei dieser Erkrankung an einer starken inneren Unruhe und weiterhin auch an Störungen der Koordination und der Orientierung.
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In der medizinischen Fachsprache wird unter einem Durchgangssyndrom eine ganze Reihe von psychischen Störungen verstanden, deren Auslöser nicht immer bekannt sind.

Da es sich bei Durchgangssyndrom um eine Anhäufung verschiedener Krankheitsbilder handelt, ist die eindeutige Diagnosestellung oftmals erschwert. Zu den eher untypischen Symptomen, die in ihrer Gesamtheit für eine Definition des Durchgangssyndroms wichtig sind, gehören die allgemeine Desorientiertheit und Verwirrtheit der Betroffenen sowie ein unter Umständen aggressives Auftreten.

Als körperliche Anzeichen des Durchgangssyndroms treten meist ein Bluthochdruck, ein erhöhter Puls und ein übermäßiges Schwitzen auf.

Ursachen

Bei den Ursachen, die zu einem Durchgangssyndrom führen können, geht es um eine ganze Ansammlung von auslösenden Faktoren. Die Entstehung des Durchgangssyndroms konnte bislang noch nicht konkret nachvollzogen werden.

Bei einem Durchgangssyndrom liegt ein enger Zusammenhang zwischen körperlichen Erkrankungen und deren Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem vor. Das Durchgangssyndrom wird häufig nach einer schweren Erkrankung oder einem umfangreichen operativen Eingriff beobachtet. Erstaunlicherweise halten die beim Durchgangssyndrom auftretenden Leiden nur einen begrenzten Zeitraum an, können aber auch Auslöser einer schweren psychischen Störung werden.

Von einem Durchgangssyndrom sind überwiegend Patientinnen und Patienten betroffen, die sich über eine lange Zeit in einer stationären Behandlung befanden und womöglich darauf hin verschiedene psychische Auffälligkeiten entwickeln. Überstandene Herzoperationen, Organtransplantationen, Unfälle oder Nachwirkungen auf bestimmte Narkosemittel können ebenfalls im ursächlichen Zusammenhang mit einem Durchgangssyndrom stehen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Durchgangssyndrom ist mit vielen verschiedenen Beschwerden verbunden, die sich allerdings alle sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken und diese deutlich verringern. In der Regel leiden die Betroffenen bei dieser Erkrankung an einer starken inneren Unruhe und weiterhin auch an Störungen der Koordination und der Orientierung.

Auch Stimmungsschwankungen oder Depressionen können durch das Durchgangssyndrom auftreten und den Alltag des Betroffenen erschweren. Viele Patienten leiden dabei auch an einer Verwirrtheit, wodurch sie sich leicht selbst verletzen oder in gefährliche Situationen bringen können. Weiterhin führt das Durchgangssyndrom auch zu Schweißausbrüchen und zu einem Bluthochdruck.

Auch Bewusstseinsstörungen oder Gedächtnisstörungen können durch das Durchgangssyndrom auftreten und den Alltag erschweren. In schwerwiegenden Fällen treten dabei auch Halluzinationen auf. Es kommt häufig zu einer dauerhaften Angst und damit zu einer sozialen Ausgrenzung. Die Betroffenen nehmen nicht mehr aktiv am Alltag teil, sodass es auch zu Kontaktabbrüchen kommt.

Im weiteren Verlauf kann das Durchgangssyndrom auch zum Tod des Patienten führen, wenn die Beschwerden dauerhaft auftreten und nicht behandelt werden. Es kommt häufig zu Stress, welcher sich negativ auf das Herz des Betroffenen auswirkt. Ebenso kann sich das Syndrom negativ auf den Schlaf des Betroffenen auswirken und zu Schlafbeschwerden und damit zu einer Gereiztheit führen.

Diagnose & Verlauf

Im Verlaufe des Durchgangssyndroms stellen sich zunächst akut auftretende körperliche Beschwerden wie Lichtempfindlichkeit, Angst, starke Stimmungsschwankungen oder Missempfindungen auf. Die Patienten leiden im weiteren Verlauf unter Verwirrungszuständen, sind in ihrem Denkvermögen und ihrer Wahrnehmung eingeschränkt.

In einigen Fällen treten Halluzinationen und Furchtzustände auf. Die Beschwerden steigern sich und beeinträchtigen das "normale" Auftreten der Betroffenen stark, sodass ein Gang zum Arzt früher oder später auch aus Gründen der Selbstgefährdung nicht vermeidbar ist.

Bei der Diagnostik des Durchgangssyndroms stützt sich der Arzt zunächst auf die Anamnese, die Krankenbefragung und nimmt eine körperliche (hauptsächlich neurologische) sowie labormedizinische Untersuchung vor. Darüber hinaus muss bei einer Diagnose des Durchgangssyndroms eine sogenannte Ausschlussdiagnostik betrieben werden. Erweitert werden diese Maßnahmen durch die Nutzung spezieller Röntgenverfahren.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Durchgangssyndrom muss im Normalfall nicht ärztlich behandelt. Meist verschwinden die auftretenden Symptome nach wenigen Stunden oder Tagen wieder. Sollte diese Spontanheilung jedoch ausbleiben, ist eine ärztliche Versorgung nötig.

Zusätzliche Beschwerden wie zum Beispiel eine ungewöhnlich hohe oder niedrige Körpertemperatur oder Verfärbungen der Haut sollten dem zuständigen Mitarbeiter oder dem Arzt gemeldet werden. Selbiges gilt, wenn eine Veränderung im Verhalten bemerkt wird oder der Betroffene in Panik verfällt. Patienten, die von der Operation körperlich geschwächt sind, bedürfen beim Vorliegen eines Durchgangssyndroms einer regelmäßigen Kontrolle.

Der Arzt sollte vor allem den Blutdruck prüfen und sicherstellen, dass der Patient ausreichend Flüssigkeit zu sich nimmt. Sollte der Patient die Anweisungen des Pflegepersonals missachten und sich oder andere gefährden, kann in Rücksprache mit den Angehörigen eine Fixierung erfolgen. Meist reicht es jedoch aus, wenn der Patient überwacht und gegebenenfalls mit einem leichten Beruhigungsmittel versorgt wird. In schweren Fällen – wenn sich der Betroffene selbst verletzt oder intensive Halluzinationen hat - können die Symptome des Durchgangssyndroms im Anschluss an die Behandlung mit einem Therapeuten aufgearbeitet werden.

Behandlung & Therapie

Ist das Bestehen eines Durchgangssyndroms eindeutig nachgewiesen worden, kommt es zu speziellen therapeutischen Maßnahmen. Liegen keine weiteren körperlichen Erkrankungen vor, bezieht sich die Behandlung beim Durchgangssyndrom überwiegend auf die Verbesserung der psychischen Verfassung der Betroffenen.

Hilfreich sind in diesem Moment die als Neuroleptika bekannten Arzneimittel. Diese bewirken bei einem Durchgangssyndrom eine Beruhigung und werden bei Bedarf über die Vene eingegeben. Es geht hierbei hauptsächlich um Medikamente wie Haloperidol oder Risperidon. Diese Wirksubstanzen verbessern bei den unter einem Durchgangssyndrom leidenden Patienten den Schlaf.

Ergänzt werden diese Arzneimittel bei starken psychischen Auffälligkeiten nach einer intensiven psychiatrischen Diagnostik des Durchgangssyndroms gegebenenfalls durch Psychopharmaka wie Antidepressiva (gegen depressive Zustände) oder Benzodiazepine.

Nicht in jedem Fall sind sehr umfangreiche Maßnahmen bei einem Durchgangssyndrom erforderlich. Dies hängt immer von der jeweiligen Ausprägung und dem Schweregrad der Belastung beim Durchgangssyndrom ab. Um der Verschlechterung eines Durchgangssyndroms vorzubeugen, sollte auf alkoholische Getränke verzichtet werden.

Mit Geduld und der Unterstützung der Angehörigen ist das Durchgangssyndrom nach einigen Tagen meist überstanden. Beim Durchgangssyndrom sind die Patientinnen und Patienten in der Regel nervlich durcheinander und müssen erst nach und nach zur Ruhe kommen.

Aussicht & Prognose

Die Prognose des Durchgangssyndroms richtet sich nach der zugrunde liegenden Erkrankung. Wie der Name bereits andeutet, handelt es sich beim Durchgangssyndrom um vorübergehende Beschwerden, die entweder wieder vollständig abklingen oder nach der akuten Phase zu einer chronischen Erkrankung führen. Dabei ist das Durchgangssyndrom für vorübergehende hirnorganische Veränderungen definiert. Es gehört nach der Definition zu den Funktionspsychosen ohne Bewusstseinseintrübung. Damit muss es gegen andere psychotische Erkrankungen wie Schizophrenie, Demenz oder reaktive Psychosen abgegrenzt werden.

Das Durchgangssyndrom stellt somit eine Phase akuter psychotischer Krankheitserscheinungen dar. Bis heute ist jedoch der Begriff "Durchgangssyndrom" umstritten, der auch als eine veraltete Bezeichnung für ein kurzzeitig auftretendes Delirium gilt. Dieses Syndrom wird häufig in Zusammenhang gebracht mit psychotischen Bewusstseinsveränderungen von Personen in der postoperativen Phase oder während einer intensivmedizinischen Betreuung. Oft klingen die Symptome des sogenannten Durchgangssyndroms auch ohne Behandlung wieder ab.

Bei schweren Verlaufsformen können jedoch Psychopharmaka und Beruhigungsmittel eingesetzt werden. Allerdings gibt es keine spezifische Therapie. Wichtig ist die Überwachung des Blutdrucks. Bei immer wiederkehrenden Phasen der Verwirrtheit und Desorientierung kann nur die erfolgreiche Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung dazu beitragen, dass sich die hirnorganischen Veränderungen völlig zurückbilden. Ohne Behandlung besteht dann die Gefahr der Entwicklung eines chronischen hirnorganischen Syndroms, welches schließlich in ein demenzielles Syndrom übergehen kann.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung gegen ein Durchgangssyndrom ist nicht möglich. Der Körper reagiert in verschiedenen Situationen auf eine Bedrohung über und befindet sich in einem Alarmzustand. Jeder Mensch verarbeitet eine intensive medizinische Behandlung und einen stationären Aufenthalt in einer Klinik anders. Auch intensive Eingriffe und Unfälle hinterlassen trotz sachgerechter medizinischer Betreuung und Versorgung ihre Spuren in der Seele und müssen erst verarbeitet werden.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen beim Durchgangssyndrom in den meisten Fällen nur sehr wenige Möglichkeiten und Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung, sodass diejenigen dabei auf eine umfassende Untersuchung und Behandlung durch einen Arzt angewiesen sind. Es kann dabei auch nicht zu einer Selbstheilung kommen, sodass im Vordergrund beim Durchgangssyndrom die frühzeitige Untersuchung der Krankheit ist, um eine weitere Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern.

Die Behandlung der Krankheit erfolgt dabei meistens mit Hilfe von Medikamenten. Dabei sind die Betroffenen auf eine regelmäßige Einnahme und auch auf eine richtige Dosierung der Medikamente angewiesen, um die Beschwerden dauerhaft zu lindern. Sollte es zu Unklarheiten oder zu Fragen kommen, ist es ratsam, einen Arzt zu konsultieren.

Weiterhin sind viele Patienten mit Durchgangssyndrom auf die Hilfe und die Unterstützung durch ihre Freunde und durch die Familie im Alltag angewiesen, um diesen zu erleichtern. Dabei wirkt sich auch eine liebevolle Pflege positiv auf den weiteren Verlauf des Durchgangssyndroms aus. Im Allgemeinen kann sich dabei auch ein gesunder Lebensstil mit einer gesunden Ernährung positiv auf die Krankheit auswirken, wobei der Betroffene in erster Linie Alkohol und Tabak vermeiden sollte.

Das können Sie selbst tun

Ein Durchgangssyndrom als organisches Psychosyndrom lässt sich nur bei bekannten Ursachen erfolgreich medizinisch behandeln. Eine Selbsthilfe ist für die Betroffenen aufgrund der häufig vorkommenden Verwirrtheit und Desorientierung nicht möglich. Zudem sind die Patienten normalerweise stationär aufgenommen, so dass auch Maßnahmen zur Alltagsbewältigung im akuten Zustand keine Option darstellen.

Angehörige können dagegen durch einige Maßnahmen dafür sorgen, dass für die Patienten eine möglichst stressfreie Umgebung geschaffen und die Orientierung gestärkt wird.

Ein abgeschwächtes Licht bei Nacht kann zum Beispiel hilfreich sein, um Angstzuständen und Desorientierung vorzubeugen. Auch sollten die Patienten immer wieder mit Namen angesprochen werden, um die Erinnerung zu stimulieren. Bekannte Musik oder auch Gerüche können im individuellen ebenfalls hilfreich sein.

Auch regelmäßige Besuche in freundlicher und ruhiger Atmosphäre können für die Erkrankten mit einem Durchgangssyndrom hilfreich sein. Auf die ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit zur Aufrechterhaltung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes ist zu achten, da es hier bei Mangelzuständen zusätzlich zu Desorientierung kommen kann.

Da die Patienten bei einem Durchgangssyndrom nicht selbst zu helfenden Maßnahmen in der Lage sind, sollten Angehörige und Besucher darauf achten, dass die pflegerische und sensorische Umgebung möglichst optimal gestaltet wird. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankten sich erholen.

Quellen

  • Grüne, S., Schölmerich, J.: Anamnese, Untersuchung, Diagnose. Springer, Heidelberg 2007
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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