Haloperidol

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. Oktober 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine psychische Krankheit kann das Leben von Betroffenen und Angehörigen sehr erschweren. Doch das bereits vor einigen Jahrzehnten entwickelte Haloperidol kann Abhilfe schaffen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Haloperidol?

Haloperidol zählt zu den hochpotenten, also am stärksten wirksamen Medikamenten in der Gruppe der Neuroleptika.

Haloperidol zählt zu den hochpotenten, also am stärksten wirksamen Medikamenten in der Gruppe der Neuroleptika. Neuroleptika oder Antipsychotika sind Psychopharmaka, welche eine sedierende, also beruhigende und dem Realitätsverlust psychisch Kranker entgegen steuernde Wirkweise haben.

Haloperidol zählt zu den Butyphenonen und wird bei akuten Erregungszuständen wie manischen Phasen oder akuten wie chronischen schizophrenen Krankheitsformen angewendet.

Pharmakologische Wirkung

Haloperidol hat eine etwa fünfzigfach höhere antipsychotische Wirkung als Vorgängerarzneimittel wie Chlorpromazin. Es ist imstande, einige Dopamin-Rezeptoren zu blockieren. Es kommt im Zuge der Behandlung mit Haloperidol zur Blockade von muscarinischen und adrenergen Rezeptoren.

Wie bei allen Neuroleptika unterscheidet man zwischen der akuten und langfristigen Wirkung: Die primäre Wirkung ist, dass Haloperidol sediert – es kommt zu einer besseren Ausdrucksfähigkeit der Patienten, was bei Erregungszuständen nicht selbstverständlich ist. Die antipsychotische Wirkung tritt erst ein paar Tage bis Wochen nach Erstanwendung ein – dann werden Symptome akuter Manien oder von Schizophrenie gebessert.

Im Vergleich zu Blut kommt es bei Haloperidol zu einer zwanzigfach größeren Kumulation im Hirn und in anderen Organen. Durch das Absetzen von Haloperidol sinkt die Gehirnkonzentration nur langsam, das führt dazu, dass die Begleitwirkungen von Haloperidol nach dem Absetzen auch nur langsam abnehmen.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Desweiteren wirkt Haloperidol auch angstlösend. Die Patienten werden im allgemeinen bei der Behandlung ausgeglichener und die Unruhe verschiedener Krankheitsbilder wird gemäßigt. Die Wahnvorstellungen nehmen bei der Gabe von Haloperidol ab – Denk- und Ich- Störungen werden gelindert. Die seelische Erregung und gefühlsmäßige Anspannung nehmen bei den psychisch Kranken bei Haloperidolgabe ab. Auch krankhaft ausgeformte Stimmungslagen oder Steigerungen des Antriebs wie bei der bipolaren Erkrankung üblich, werden mit Haloperidol gelindert.

Im deutschen Raum ist Haloperidol zugelassen zur Behandlung von akuten wie chronischen Erscheinungsformen der Schizophrenie, von organisch verursachten Psychosen, zur Behandlung von akuten Manien sowie psychomotorischen Zuständen der Erregung.

Zur Erklärung: Psychosen sind schwere psychische Störungen, die mit Realitätsverlust verbunden sind. Manien sind affektive Störungen, also Störungen der Stimmungslage und des Antriebs, verbunden mit dem Gefühl, fast keinen Schlaf zu brauchen und extrem energiegeladen zu sein. Primär dient Haloperidol zur Sedierung, es wird aber auch prophylaktisch eingesetzt, um Rückfälle bei allen eben beschriebenen Krankheiten zu verhindern. Ein weiteres Anwendungsgebiet von Haloperidol sind Tic-Erkrankungen, wie das Tourette-Syndrom.

In der Schweiz ist Haloperidol zugelassen für zerbralsklerotisch verursachte Unruhezustände (diese treten im Rahmen schwerer Durchblutungsstörungen des Gehirns auf), Oligophrenie ( geistige Behinderung in Verbindung mit psychischen Krankheiten) und als Begleitmedikation für den Alkoholentzug. Außerdem kann es zum Lindern von Schmerzen bei chronischen Schmerzleiden aufgrund diverser Leiden eingesetzt werden.

Wie wird Haloperidol angewendet?

Die Darreichungsformen von Haloperidol sind oral in Form von Tabletten oder Tropfen beziehungsweise intravenös und intramuskulär, hierbei wird dem Patienten das Mittel injiziert – und dies meist in Depotform. Doch die intravenöse Gabe ist eine heikle Angelegenheit, es kann zu kardialen Nebenwirkungen kommen. Deswegen ist hierbei ein ständiges EKG-Monitoring des Patienten vonnöten.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Haloperidol, einem typischen Antipsychotikum, sind mehrere Aspekte zu beachten, um Nebenwirkungen zu minimieren und eine wirksame Behandlung zu gewährleisten. Die Dosierung hängt vom individuellen Patienten, der Erkrankung und der Art der Verabreichung ab.

Bei akuten psychotischen Zuständen wird Haloperidol meist intravenös oder intramuskulär verabreicht. Die Initialdosis liegt in der Regel bei 2-10 mg, kann jedoch abhängig von der Schwere der Symptome wiederholt werden. Für chronische Therapien, beispielsweise bei Schizophrenie, erfolgt die Gabe oral, beginnend mit 0,5 bis 5 mg pro Tag, aufgeteilt in mehrere Dosen. Bei Langzeitbehandlungen kann die Erhaltungsdosis zwischen 5 und 15 mg täglich liegen. Höhere Dosierungen sind möglich, sollten jedoch nur unter strenger medizinischer Überwachung erfolgen.

Besondere Vorsicht ist bei älteren Patienten geboten, da sie empfindlicher auf das Medikament reagieren und eine niedrigere Anfangsdosis von 0,5 bis 2 mg benötigen. Ebenso sollte bei Patienten mit Lebererkrankungen oder Herzproblemen die Dosis angepasst werden, da Haloperidol das Risiko von Herzrhythmusstörungen erhöhen kann. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, insbesondere solchen, die das ZNS beeinflussen, müssen berücksichtigt werden.

Es wird empfohlen, die niedrigste wirksame Dosis zu verwenden und regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchzuführen, um unerwünschte Wirkungen wie extrapyramidale Symptome oder QT-Verlängerungen zu erkennen.

Risiken & Nebenwirkungen

Nebenwirkungen bzw. Spätfolgen von der Einnahme oder der Injektion von Haloperidol sind beispielsweise Spätdyskinesien, also Schluck- oder Schlundkrämpfe, kloßige Sprache, unregelmäßige Bewegungen, Störungen der Motorik, etc. – es kann auch zu Zuckungen oder unwillkürlichen Schmatz- oder Kaubewegungen kommen.

Im Rahmen der Haloperidolgabe leiden die Patienten meist unter massiver Müdigkeit, Bewegungs- und Sitzunruhe. Außerdem kann das extrapyramidale Syndrom auftreten – darunter versteht man eine Zunahme bzw. Abnahme der Bewegungen in Verbindung mit einem veränderten Spannungszustand der Muskeln. Auch Hypotonie ist eine mögliche Begleiterscheinung der Haloperidoltherapie.

Weitere Nebenwirkungen bzw. Spätfolgen von Haloperidol sind Erregungsleitstörungen wie Herzrhythmusstörungen, leichtere Formen bleiben oft unbemerkt und daher unbehandelt, bei schwereren Formen kann es zu einem langsameren Herzschlag bis zu einem Herzstillstand kommen – dann ist ein Herzschrittmacher für den Patienten erforderlich. Es können Sprachstörungen während oder nach einer Haloperidoltherapie auftreten. Hunger sowie Gewichtszunahme stehen ebenfalls an der Tagesordnung, wenn man Haloperidol nimmt.

Allgemein kann man sagen, dass die vegetativen Nebenwirkungen eher zu vernachlässigen sind, während die Hauptproblematik in der Beeinflussung der Motorik liegt. Diese Symptomatik, die auch an Morbus Parkinson erinnert, ist nach der Einnahme von Haloperidol meist reversibel und hängt von der verabreichten Dosis ab. Während des Verabreichens von Haloperidol kann man Nebenwirkungen durch Antiparkinsonsubstanzen abfedern.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Haloperidol betreffen vor allem Patienten, bei denen bestimmte Vorerkrankungen oder Zustände bestehen, die das Risiko schwerwiegender Nebenwirkungen erhöhen können. Eine absolute Kontraindikation ist eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Haloperidol oder einen seiner Bestandteile.

Patienten mit schwerwiegenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere solchen mit einer Verlängerung des QT-Intervalls, sollten kein Haloperidol erhalten, da das Medikament das Risiko für Herzrhythmusstörungen, einschließlich Torsade de Pointes, erhöht. Bei bestehenden Arrhythmien, Bradykardie oder Elektrolytstörungen (wie Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie) ist besondere Vorsicht geboten.

Haloperidol darf nicht bei Patienten mit einer Schädigung des zentralen Nervensystems (ZNS) verabreicht werden, z. B. bei Koma oder schweren depressiven Zuständen des ZNS. Es sollte ebenfalls nicht bei Personen mit der Parkinson-Krankheit angewendet werden, da es die Symptome dieser Erkrankung verschlechtern kann. Bei Patienten mit einer Vorgeschichte von maligner neuroleptischer Störung oder schwerer Leberfunktionsstörung ist der Einsatz von Haloperidol kontraindiziert, da diese Zustände die Verträglichkeit des Medikaments beeinträchtigen können.

Schwangere Frauen sollten ebenfalls auf die Anwendung verzichten, da Haloperidol plazentagängig ist und die fetale Entwicklung beeinflussen kann. Es wird nicht empfohlen, während der Stillzeit angewendet zu werden, da Haloperidol in die Muttermilch übergeht.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Haloperidol kann mit einer Vielzahl von Medikamenten interagieren, was die therapeutische Wirksamkeit beeinflusst oder das Risiko von Nebenwirkungen erhöht. Eine bedeutende Interaktion besteht mit Medikamenten, die das QT-Intervall verlängern, wie bestimmte Antiarrhythmika (z. B. Amiodaron), Antidepressiva (z. B. Citalopram), und einige Antibiotika (z. B. Makrolide). Die gleichzeitige Anwendung erhöht das Risiko für schwerwiegende Herzrhythmusstörungen, insbesondere Torsade de Pointes.

Haloperidol wird hauptsächlich über das Cytochrom-P450-System, insbesondere CYP3A4 und CYP2D6, metabolisiert. Inhibitoren dieser Enzyme, wie Ketoconazol oder Paroxetin, können die Konzentration von Haloperidol im Blut erhöhen, was das Risiko von Nebenwirkungen wie extrapyramidalen Symptomen und Sedierung steigert. Umgekehrt können Induktoren dieser Enzyme, wie Rifampicin oder Carbamazepin, die Wirksamkeit von Haloperidol verringern, da sie dessen Abbau beschleunigen.

Die gleichzeitige Gabe von zentral dämpfenden Substanzen wie Benzodiazepinen, Opioiden oder Alkohol kann die sedierende Wirkung von Haloperidol verstärken und zu verstärkter Atemdepression oder Koma führen. Auch Anticholinergika, wie beispielsweise Atropin oder bestimmte Antiparkinsonmittel, können mit Haloperidol interagieren und anticholinerge Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Verstopfung oder Harnverhalt verstärken.

Bei der Kombination von Haloperidol mit blutdrucksenkenden Medikamenten kann es zu einer verstärkten Hypotonie kommen, insbesondere bei Patienten, die Antihypertensiva einnehmen.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Haloperidol nicht vertragen wird, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, die je nach zugrunde liegender Erkrankung gewählt werden können. Ein gängiger Ansatz bei der Behandlung von psychotischen Störungen ist die Verwendung von atypischen Antipsychotika. Diese haben in der Regel ein geringeres Risiko für extrapyramidale Nebenwirkungen als Haloperidol.

Zu den Alternativen gehören Risperidon, Olanzapin und Quetiapin. Risperidon wirkt ähnlich wie Haloperidol, hat jedoch ein günstigeres Nebenwirkungsprofil, insbesondere hinsichtlich motorischer Nebenwirkungen. Olanzapin wird häufig bei Schizophrenie und bipolaren Störungen eingesetzt und verursacht weniger Bewegungsstörungen, kann jedoch zu Gewichtszunahme und metabolischen Veränderungen führen. Quetiapin zeichnet sich durch eine besonders gute Verträglichkeit bei Patienten mit erhöhtem Risiko für extrapyramidale Symptome aus.

Aripiprazol ist eine weitere Option. Es wirkt als partieller Dopamin-Agonist und verursacht weniger sedierende Nebenwirkungen und motorische Störungen, wodurch es für viele Patienten gut verträglich ist. Auch Clozapin kann bei therapieresistenter Schizophrenie in Betracht gezogen werden, jedoch erfordert es eine engmaschige Überwachung aufgrund des Risikos einer Agranulozytose.

Falls eine medikamentöse Therapie insgesamt problematisch ist, können psychotherapeutische Verfahren wie kognitive Verhaltenstherapie oder die Elektrokonvulsionstherapie (ECT) in Betracht gezogen werden, besonders bei schwerwiegenden, medikamentenresistenten Fällen von Psychosen oder Depressionen.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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