Granulozyten
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Anatomie Granulozyten
Granulozyten sind Blutzellen, die zur Reihe der Leukozyten zählen. Mit einem Anteil von etwa 50 bis 70% an der Gesamtleukozytenzahl handelt es sich bei ihnen sogar um die am stärksten vertretene Fraktion dieses Zelltyps.
Inhaltsverzeichnis |
Was sind Granulozyten?
Grundsätzlich übernehmen die Granulozyten wichtige Aufgaben der zellulären Immunabwehr. Sie werden noch einmal in mehrere Untergruppen unterteilt. Diese ergeben sich aus dem mikroskopischen Aussehen der einzelnen Zellen sowie ihrem jeweiligen Färbeverhalten und korrelieren mit ihren spezifischen Funktionen. Im Einzelnen existieren polymorphkernige neutrophile Granulozyten, die in stabkernige sowie segmentkernige neutrophile Granulozyten differenziert werden sowie eosinophile und basophile Granulozyten.
Alle Granulozyten sind Mitglieder des Systems der angeborenen Immunantwort. Darunter wird die unspezifische Bekämpfung von Pilzen, Bakterien und Parasiten verstanden. Teilweise können die Granulozyten sogar Schädlinge phagozytotisch in sich aufnehmen und sie unschädlich machen, indem sie sie zerstören. Ihre Bildung erfolgt beim Erwachsenen im Knochenmark. Dieser Vorgang wird fachsprachlich als Granulozytopoese bezeichnet und beginnt mit einer multipotenten hämatopoetischen Stammzelle, die verschiedene Transformationsschritte durchläuft und letztlich zum entsprechenden Zelltyp wird.
Physiologisch wird erst dann der betreffende Granulozyt in das periphere Blut abgegeben. Sind frühere Reifungsstufen im Blut nachweisbar, so kann dies ein Hinweis auf eine ernsthafte Erkrankung sein.
Anatomie & Aufbau
Anhand des Zellkerns erfolgt bei den Neutrophilen noch eine erweiterte Differenzierung: Ist er bandförmig und weist nur geringfügige Einschnitte auf, so handelt es sich um einen stabkernigen neutrophilen Granulozyten. Finden sich jedoch Einschnitte, die mehr als zwei Drittel der Breite des Zellkerns ausmachen, dann liegt ein segmentkerniger neutrophiler Granulozyt vor. Diese besitzen meist aus zwei bis fünf Segmenten bestehende Zellkerne.
Eosinophile kommen mit einem Anteil von 2 bis 4% an der Gesamtzahl der Granulozyten schon eher selten vor. In ihrer Morphologie ähneln sie den Neutrophilen stark, jedoch enthält ihr Cytoplasma rot-orange Granula und ihr Kern besteht nur aus zwei Segmenten. Auch die Basophilen besitzen meist nur zwei Kernsegmente. Ihr Zytoplasma enthält zahlreiche violettfarbene Granula. Sie machen 0 bis 1% der Granulozyten aus.
Funktion & Aufgaben
Alle Typen der Granulozyten stehen im Dienste der Immunabwehr. Sie erfüllen dabei je nach Untergruppe spezifische Funktionen.
Die polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten sind für die Phagozytose sowie für die Zerstörung mikrobieller Erreger zuständig. Damit sie bei Bedarf schnell verfügbar sind, zirkuliert die eine Hälfte der Neutrophilen im Blut, während die andere Hälfte an den Wänden kleiner Blutgefäße sitzt. Werden sie aktiviert, so wandern sie in Gewebe und in Exsudate ein und kommen dort ihrer Aufgabe nach. Zur Unschädlichmachung von Erregern sind ihre Granula sehr wichtig: Diese enthalten Peroxidasen und Esterasen, die auf Bakterien und Pilze zytotoxisch wirken. Eosinophile Granulozyten fungieren als Immunregulatoren.
Sie kommen beispielsweise zum Einsatz, wenn als Allergen wirkende Fremdproteine in den Körper gelangen. Weiterhin übernehmen sie die Abwehr von Parasiten sowie den Fibrinabbau, falls im Rahmen von Entzündungsgeschehen eine Fibrinbildung stattgefunden hat. Wie auch die Neutrophilen erfüllen die eosinophilen Granulozyten ihre Aufgaben vor allem im Gewebe sowie in entzündlichen Exsudaten.
Die basophilen Granulozyten werden bei der allergischen Sofortreaktion aktiv. Diese wird auch als Typ-I-Allergie bezeichnet und umfasst zum Beispiel die allergische Rhinokonjunktivitis bei Heuschnupfen. Werden die Basophilen zur Tätigkeit angeregt, so entleeren sich ihre Granula. Diese sind normalerweise mit Mediatoren wie Histamin, Heparin, Serotonin, Prostaglandine und Leukotrienen gefüllt, welche die immunologischen Abwehrvorgänge vermitteln.
Krankheiten
Eine pathologische Vermehrung der neutrophilen Granulozyten wird als Neutrophilie bezeichnet. Hierbei liegt ihre Absolutzahl über 8000 pro Mikroliter. Die Neutrophilie wird vor allem durch drei Pathomechanismen ausgelöst. Zum einen kann eine vermehrte Mobilisation der eigentlich an den Gefäßwänden haftenden neutrophilen Granulozyten vorliegen. Dies geschieht gelegentlich infolge von großem Stress. Zum anderen kann es sein, dass zum Beispiel als Reaktion des Körpers auf akute Infekte mehr Blutzellen aus dem Knochenmark freigesetzt werden. Außerdem ist es möglich, dass die Granulozytenbildung im Knochenmark an sich gesteigert ist.
Wenn die Zahl der Neutrophilen unter 1500/µl liegt, ist eine Neutropenie vorhanden. Befindet sie sich sogar unter 500/µl, liegt ein besonders kritischer Zustand vor, der als Agranulozytose bezeichnet wird. Bei einer Neutrophilenzahl von unter 200/µl besteht akute Lebensgefahr, da dann keine effiziente Immunabwehr erfolgen kann. Ursächlich hierfür sein können ein Knochenmarksversagen, Allergien oder Autoimmunerkrankungen.
Erhöhte Eosinophilen- und Basophilenzahlen, also eine Eosino- bzw. Basophilie, sind meist durch Immunreaktionen bedingt. Ihnen kann aber auch ein Malignom zugrunde liegen. Da Eosinophile und Basophile bereits physiologischerweise einen sehr geringen Anteil der Granulozytenzahl ausmachen, sind Verminderungen schwer zu diagnostizieren. Für die Beurteilung der Granulozyten ist aus diesem Grund die Neutrophilenzahl der ausschlaggebende Faktor. Insgesamt erfüllen die Granulozyten zentrale Aufgaben der Immunabwehr, weshalb Abweichungen dringend einer weiteren Abklärung bedürfen.
Typische & häufige Bluterkrankungen
- Akute lymphatische Leukämie
- Akute myeloische Leukämie
- Chronische lymphatische Leukämie
- Chronische myeloische Leukämie
- Blutvergiftung
Quellen
- Lang, F., et al.: Basiswissen Physiologie. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2007
- Michl, M.: BASICS Hämatologie. Elsevier/Urban & Fischer, München 2016
- Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012