Glykogenolyse
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Glykogenolyse dient dem Organismus zur Bereitstellung von Glucose-1-phosphat und Glucose aus der Kohlenhydratspeicherform Glykogen. Besonders in der Leber und in der Skelettmuskulatur wird viel Glykogen gespeichert. Unter anderem wird auch der Blutzuckerspiegel durch den Glykogenstoffwechsel in der Leber beeinflusst.
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Was ist die Glykogenolyse?
Die Glykogenolyse ist durch den Abbau von Glykogen in Glucose-1-phosphat und Glucose gekennzeichnet. Dabei entsteht zu etwa 90 Prozent Glucose-1-phosphat und zu zehn Prozent Glucose. Glykogen ist die Speicherform von Glucose, ähnlich dem, wie es die Stärke in Pflanzen ist.
Es erscheint als verzweigtes Molekül, in dessen Ketten die Glucoseeinheiten alpha-1-4 O-glykosidisch miteinander verbunden sind. An der Verzweigungsstelle besteht neben einer alpha-1-4 O-glykosidischen Bindung noch eine alpha-1-6 O-glykosidische Bindung.
Glykogen wird nicht vollständig abgebaut. Das Grundmolekül besteht immer. An diesem werden entweder neue Glucosemoleküle glykosidisch gebunden oder abgespalten. Nur in Form dieses baumartig verzweigten Moleküls ist eine effektive Energiespeicherung möglich.
Glykogen ist in allen Zellen vorhanden und steht so direkt für die Energieversorgung bereit. In der Leber und in der Skelettmuskulatur wird es jedoch gespeichert, um die Energieversorgung auch bei Nahrungskarenz für eine gewisse Übergangszeit zu gewährleisten. Bei Bedarf wird es hauptsächlich in die intrazelluläre Form Glucose-1-phosphat abgebaut. Zur Regelung des Blutzuckerspiegels wird in der Leber durch enzymatische Reaktionen verstärkt freie Glucose gebildet.
Funktion & Aufgabe
In der Skelettmuskulatur und in der Leber wird Glykogen zusätzlich gespeichert. So kann der hohe Energiebedarf der Skelettmuskeln auch bei Nahrungskarenz schnell gedeckt werden. Die Leber sorgt außerdem für die Bereitstellung einer ausreichenden Menge an Glucose zur Regulierung des Blutzuckerspiegels. Dazu ist in der Leber ein zusätzliches Enzym, die Glucose-6-phosphatase, vorhanden, um Glucose-1-phosphat in Glucose-6-phosphat zu verwandeln. Glucose-6-phosphat kann dann der Glykolyse, also der Bildung von Glucose, zugeführt werden.
Die ersten Schritte der Glykogenolyse sind in Skelettmuskulatur und Leber grundsätzlich gleich. Die alpha-1-4 O-glykosidischen verknüpften Glucosemoleküle in den Ketten des baumartig verzweigten Moleküls Glykogen werden durch das Enzym Glykogen-Phosphorylase abgespalten. Dabei wird das jeweilig abgespaltene Glucosemolekül mit einem Phosphatrest verbunden. Es entsteht Glucose-1-phosphat, welches sofort zur Energiegewinnung oder zur Transformation in andere Biomoleküle verwendet werden kann.
Dieser Abspaltungsprozess findet nur bis zur vierten Glucoseeinheit der Kette vor der Verzweigungsstelle statt. Um die restlichen Glucoseeinheiten aufzuspalten, kommt nun das sogenannte Debranching-Enzym (4-alpha-Glucanotransferase) zum Einsatz. Dieses Enzym leistet zwei Aufgaben. Es katalysiert zum einen die Trennung von drei der vier Glucoseeinheiten vor der Verzweigungsstelle und dessen Übertragung an ein freies nicht reduzierendes Ende des Glykogens. Zum anderen katalysiert es die Hydrolyse der Alpha-1-6 Verzweigungsstelle, wobei freie Glucose entsteht.
Aufgrund des Verhältnisses von Ketten und Verzweigungsstellen im Glykogen entstehen bei diesem Prozess immer nur zehn Prozent freie Glucose. In der Leber werden jedoch noch größere Mengen an freier Glucose gebildet. Wie bereits erwähnt, besitzt die Leber noch ein zusätzliches Enzym (Glucose-6-phosphatase), welches die Isomerisierung des Moleküls Glucose-1-phosphat in Glucose-6-phosphat katalysiert.
Glucose-6-phosphat kann leicht in freie Glucose umgebaut werden. So sorgt die Leber dafür, dass bei einer Nahrungskarenz der Blutzuckerspiegel konstant bleibt. Wenn der Blutzuckerspiegel durch körperlichen Stress oder Nahrungskarenz fällt, werden die Hormone Glukagon und Adrenalin verstärkt gebildet. Beide Hormone regen die Glykogenolyse an und sorgen so für einen ausgeglichenen Blutzuckerspiegel.
Glukagon ist der Gegenspieler des Hormons Insulin, welches bei hohem Blutzuckerspiegel vermehrt gebildet wird. Insulin hemmt die Glykogenolyse.
Krankheiten & Beschwerden
Bei einer erhöhten Konzentration des Hormons Glukagon findet also ein verstärkter Abbau von Glukogen statt. Im Endeffekt entstehen größere Mengen an Glucose, sodass es zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel kommt. Stark erhöhte Konzentrationen von Glukagon kommen beim sogenannten Glucagonom vor. Das Glucagonom ist ein neuroendokriner Tumor der Bauchspeicheldrüse, welcher dauerhaft enorme Mengen an Glukagon produziert. So kann der Glukagon-Plasmaspiegel bis zum 1000-Fachen der Norm erhöht sein.
Symptome der Erkrankung sind Diabetes mellitus, durch die verstärkte Glykogenolyse, stark zerstörende Ekzeme an Gesicht, Händen und Füßen sowie Anämie. Der Tumor ist meist bösartig. Die Behandlung besteht in seiner chirurgischen Entfernung. Bei Metastasen oder Inoperabilität wird eine Chemotherapie durchgeführt.
Auch bei der verstärkten Bildung von Adrenalin wird Glukogen vermehrt abgebaut. Adrenalin wird unter anderem bei einem Phäochromozytom in hohen Konzentrationen gebildet, ohne dass der Hormonspiegel reguliert werden kann. Ein Phäochromozytom stellt hormonell aktive Tumoren des Nebennierenmarks dar. Die Ursachen dieser Tumore lassen sich meist nicht feststellen. In den überwiegenden Fällen handelt es sich jedoch um gutartige Tumore, die allerdings auch maligne entarten können.
Neben Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen ist der Blutzuckerspiegel durch die gesteigerte Glykogenolyse stark erhöht. Unspezifische Symptome sind Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Blässe sowie Unruhe, Müdigkeit und Leukozytose. Die Therapie besteht hauptsächlich in der chirurgischen Entfernung des Tumors.
Quellen
- Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
- Müller-Esterl, W.: Biochemie. Eine Einführung für Mediziner und Naturwissenschaftler. 2. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, München, 2011
- Schartl, M., Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. 1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München 2009