Glucagonom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Glucagonom ist ein bösartiger Tumor in der Bauchspeicheldrüse, der aus den A-Zellen wächst. Funktionell aktive Glucagonome produzieren Hormone und verursachen potenziell eine Vielzahl von Symptomen, während funktionell inaktive Glucagonome beschwerdefrei bleiben können. Ist eine operative Entfernung nicht möglich, kommt eine Chemotherapie infrage.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Glucagonom?

Süßlich riechender Urin, gesteigerte Harnproduktion, starker Durst, Müdigkeit, subjektiver Energiemangel, Juckreiz, Dermatitis, verlangsamte Wundheilung und neurologische Symptome können auf die Zuckerkrankheit hinweisen.
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Beim Glucagonom handelt es sich um einen bösartigen Tumor in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), die im Oberbauch liegt. Ihre Sekrete enthalten Enzyme, die im Zwölffingerdarm die Verdauung von Kohlenhydraten, Eiweißen und Fetten unterstützen. Darüber hinaus produziert sie die Hormone Insulin, Glucagon, Somatostatin, Ghrelin und das pankreatische Polypeptid.

Eines der Hormone, Glucagon, reguliert den Glucosespiegel des Blutes und entsteht in den A-Zellen der Pankreas; von diesen Zellen geht auch das Tumorwachstum beim Glucagonom aus. Je nach Verhalten des Tumors unterscheidet die Medizin zwischen funktionell aktiven und funktionell inaktiven Glucagonomen.

Letztere können sowohl gutartig als auch bösartig sein und führen nicht in jedem Fall zur Ausprägung von Symptomen. Im Gegensatz dazu sind funktionell aktive Glucagonome oft bösartig und manifestieren sich in vielfältigen Beschwerden. Die Erkrankung ist insgesamt äußerst selten: Nur rund ein Prozent der Bauchspeicheldrüsen-Tumore sind Glucagonome, davon sind die meisten funktionell inaktiv.

Ursachen

Die multiple endokrine Neoplasie vom Typ I kann zur Entstehung von funktionell inaktiven Glucagonomen führen. Bei dieser Grunderkrankung, die auch als Wermer-Syndrom bekannt ist, handelt es sich um eine erbliche Krankheit. Betroffen ist ein Gen auf dem elften Chromosom, das für gewöhnlich die Entstehung von Tumoren verhindert.

Die multiple endokrine Neoplasie vom Typ I kann nicht nur Glucagonome verursachen, sondern auch andere Bauchspeicheldrüsen-Tumore wie Insulinome und Gastrinome. Auch Neubildungen in den Nebenschilddrüsen, der Hirnanhangdrüse und anderen Organen sind möglich. Unabhängig davon können Glucagonome ohne Vorerkrankungen auftreten; die genaue Ursache für das unkontrollierte Zellwachstum im Tumor ist im Einzelfall oft nicht feststellbar.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Für funktionell aktive und funktionell inaktive Glucagonome sind jeweils verschiedene Anzeichen charakteristisch. Mögliche Symptome des funktionell aktiven Glucagonoms umfassen nekrotisierende wandernde Ekzeme (Erythema necrolyticum migrans), Anämie und Diabetes mellitus.

Süßlich riechender Urin, gesteigerte Harnproduktion, starker Durst, Müdigkeit, subjektiver Energiemangel, Juckreiz, Dermatitis, verlangsamte Wundheilung und neurologische Symptome können auf die Zuckerkrankheit hinweisen.

Darüber hinaus nehmen Patienten oft an Körpergewicht ab, da die Körperzellen trotz ausreichendem Glucosespiegel im Blut den Zucker nicht nutzen können. Funktionell inaktive Glucagonome können ohne spürbare Beschwerden entstehen, da sie kein zusätzliches Glucagon produzieren und dementsprechend nicht in den Stoffwechsel des menschlichen Körpers eingreifen.

Je nach Lage und Größe kann der Tumor jedoch indirekt Beschwerden verursachen, indem er gesundes Gewebe verdrängt, den Hauptgallengang (Ductus choledochus) teilweise versperrt und dadurch Gelbsucht (Ikterus) hervorruft, (Druck-)Schmerzen provoziert oder die Blutgefäße beeinträchtigt und dadurch zu Blutungen führt. Metastasen in anderen Organen wie der Leber rufen eventuell weitere Symptome hervor.

Diagnose & Verlauf

Möglicherweise vorliegende Symptome liefern erste Hinweise auf das Glucagonom. Bildgebende Verfahren ermöglichen eine direkte Betrachtung des Tumors, die auch für die spätere Entfernung notwendig ist. Ultraschall-Sonografie, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) kommen dabei vorzugsweise zum Einsatz. In vielen Fällen fällt das Glucagonom im Rahmen solcher Untersuchungen zufällig auf.

Im Blut lässt sich vor allem bei einem funktionell aktiven Glucagonom eine erhöhte Glucagon-Konzentration feststellen: Der Wert kann zehn- bis tausendfach über dem Normbereich liegen. Darüber hinaus fahndet die Laboruntersuchung des Blutes gezielt nach dem Tumormarker Chromogranin A, dessen Auftreten für Glucagonome typisch ist.

Komplikationen

Da es sich beim Glucagonom um einen bösartigen Tumor handelt, hängt der weitere Verlauf stark von der Ausbreitung und von der Ausprägung des Tumors ab. In den meisten Fällen tritt durch das Glucagonom ein Diabetes auf, welcher den Alltag des Betroffenen stark belastet. Ebenso riecht der Urin stark süßlich und der Patient leidet an einem vermehrten Durst.

Es kommt zu einem ständigen Gefühl der Müdigkeit, welches nicht mit Hilfe von Schlaf ausgeglichen werden kann. Ebenso tritt an unterschiedlichen Stellen des Körpers ein Juckreiz auf und Wunden heilen nur verlangsamt. Sollten sich die Metastasen in andere Regionen des Körpers ausbreiten, kann es auch an anderen Stellen und Organen zu Beschwerden kommen. Im schlimmsten Falle kommt es dabei zum Tode.

Der Tumor wird in der Regel entweder durch einen operativen Eingriff oder durch eine Chemotherapie behandelt. Dabei kommt es zu Übelkeit, Erbrechen und auch zu Haarausfall. Ob der Tumor komplett geheilt werden kann und ob dieser nochmals auftreten wird, kann allerdings nicht vorausgesagt werden. In den meisten Fällen wird durch das Glucagonom die Lebenserwartung verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn Symptome wie ein süßlicher Uringeruch, starker Durst oder Abgeschlagenheit bemerkt werden, sollte ein Arzt konsultiert werden. Ein Glucagonom muss frühzeitig erkannt und behandelt werden, um einen positiven Heilungsverlauf zu ermöglichen. Personen, die sich körperlich oder seelisch unwohl fühlen und beispielsweise ständig müde sind oder einen ungewöhnlichen Juckreiz verspüren, sollten dies umgehend abklären lassen.

Ob es sich dabei um ein Glucagonom handelt, kann nur von einem Arzt beantwortet werden. Patienten, die an einer multiplen endokrinen Neoplasie vom Typ I leiden, sind besonders anfällig für die Entstehung eines Glucagonoms. Sollten genannte Symptome bemerkt werden, oft begleitet durch Anzeichen eines Diabetes mellitus oder einer Anämie, ist ärztlicher Rat gefragt.

Wenn es während der Behandlung zu ungewöhnlichen Beschwerden kommt, wird am besten der zuständige Arzt informiert. Bei ernsten Komplikationen wie zum Beispiel Blutungen oder starken Druckschmerzen sollte der Betroffene in das nächste Krankenhaus gebracht werden.

Behandlung & Therapie

Die Entfernung des Glucagonoms stellt die Standardbehandlung dar. Wenn ein operativer Eingriff nicht möglich oder nicht sinnvoll ist, kommt auch eine Chemotherapie in Betracht. Dabei erhält der Patient meist intravenös starke Medikamente, die das Zellwachstum hemmen. Die Wirkung betrifft nicht nur den Tumor, sondern auch alle anderen Zellen.

Behandelte leiden deshalb typischerweise an Haarausfall, da Haarzellen sich ebenfalls sehr häufig teilen und vom Chemotherapeutikum besonders getroffen werden. Als Wirkstoff kommt beispielsweise Streptozotocin infrage, auf das in erster Linie Pankreas-Zellen reagieren. Häufige Nebenwirkungen von Streptozotocin sind Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Leber- und Niereninsuffizienz.

Darüber hinaus kann der Wirkstoff selbst karzinogen wirken und die Entstehung von Tumoren fördern; Wissenschaftler konnten diesen Effekt bislang jedoch nur an Tieren beobachten. Insbesondere unbehandelte, funktionell aktive Glucagonome können tödliche Folgen haben. Der Tumor produziert Glucagon, das die Freisetzung von Glucose fördert.

Insulin, das der Organismus ebenfalls in der Bauchspeicheldrüse produziert, wirkt wie ein Schlüssel auf die Körperzellen und erlaubt ihnen, die Glucose aufzunehmen. Ein Übermaß an Glucagon hemmt dadurch im Effekt die Wirkung von Insulin – die Folge ist einerseits ein Überangebot an Glucose im Blut und andererseits Zellen, die unter Energiemangel leiden und schließlich verhungern. Dieser Zustand entspricht der Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus.

Die Zuckerkrankheit muss unter Umständen mitbehandelt werden; dasselbe gilt auch für andere Symptome. Nach Entfernung des Tumors und bei Einnahme der verordneten Hormon-Substitute verschwinden die Folgen möglicherweise. Regelmäßige Nachuntersuchungen stellen sicher, dass der Tumor nicht zurückkehrt oder aufgrund von Metastasierung andere Organe befällt.

Aussicht & Prognose

Die Prognose des Glucagonom ist gebunden an den Krankheitsfortschritt bei Diagnosestellung und Behandlungsbeginn. Unbehandelt führt der bösartige Tumor der Bauchspeicheldrüse zu einem vorzeitigen Ableben des Patienten. Alternative Heilmethoden, die zu einer Beschwerdefreiheit führen, sind derzeit nicht bekannt und eine Spontanheilung ist in diesen Fällen nicht zu erwarten.

Das Glucagonom erfordert einen operativen Eingriff und je nach den individuellen Umständen den Einsatz einer Chemotherapie. Haben sich die Krebszellen im Organismus bereits über die Bauchspeicheldrüse hinaus ausgebreitet und andere Organe befallen, sinkt die Aussicht auf eine Heilung drastisch. Bei diesen Patienten wird der Behandlungsplan auf die Linderung der vorhandenen Beschwerden ausgerichtet.

Damit der Betroffene möglichst wenige Beeinträchtigungen verspürt und sich keinen unnötigen Schmerzen ausgesetzt sieht. Kann der Tumor in einer Operation erfolgreich entfernt werden, nimmt die Aussicht auf eine Linderung der Beschwerden zu. Mit einer anschließend Nachbehandlung sowie weiteren Krebsvorsorge kann eine Heilung erzielt werden. Dennoch ist im weiteren Verlauf eine Krebstherapie notwendig, die zu starken Einschränkungen der Lebensführung führt.

Insgesamt ist die Lebenserwartung des Patienten bei einem Glucagonom trotz aller derzeitigen medizinischen Möglichkeiten deutlich herabgesetzt. Es ist bei vielen Betroffenen mit einer Wiederkehr der Tumorerkrankung zu rechnen und zahlreiche Komplikationen sowie Folgeerkrankungen sind möglich.


Vorbeugung

Zu den allgemeinen Präventionsmaßnahmen, die zur Vorbeugung von Glucagonomen und anderen Krebserkrankungen beitragen können, gehört die Vermeidung von radioaktiver Strahlung, UV-Strahlung, chemischen Karzinogenen und anderen Faktoren. Auch der persönliche Lebensstil übt einen Einfluss auf das individuelle Krebsrisiko aus.

Rauchen, Übergewicht und schlechte Ernährungsgewohnheiten gehören zu den wichtigsten Faktoren in diesem Bereich. Darüber hinaus empfehlen Ärzte und Krankenkassen regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen für bestimmte Krebsarten, um Tumore frühzeitig zu erkennen.

Nachsorge

Die Möglichkeiten zur Nachsorge sind bei einem Glucagonom in der Regel sehr stark eingeschränkt. Dabei ist der Betroffene in erster Linie auf die medizinische Behandlung durch einen Arzt angewiesen, damit weitere Komplikationen und Beschwerden vermieden und eingeschränkt werden. Eine Selbstheilung tritt bei einem Glucagonom nicht ein. Im schlimmsten Fall verstirbt der Betroffene an den Folgen dieser Erkrankung.

Je früher der Tumor erkannt wird, desto besser ist der weitere Verlauf. Aus diesem Grund ist eine frühzeitige Diagnose und Behandlung von großer Bedeutung. Die Behandlung selbst erfolgt dabei meist durch eine Chemotherapie. Dabei sind die Betroffenen auf die Unterstützung durch Freunde und durch die Familie angewiesen, wobei sie nicht nur physische, sondern auch psychologische Unterstützung benötigen.

Weiterhin kann sich auch eine gesunde Ernährung und im Allgemeinen eine gesunde Lebensweise positiv auf den Verlauf dieser Erkrankung auswirken. Häufig sind die Betroffenen auf die Einnahme von Arzneimitteln angewiesen, wobei auf eine regelmäßige und vor allem richtige Einnahme zu achten ist.

Auch nach einer erfolgreichen Behandlung sind regelmäßige Untersuchungen des Körpers notwendig, um weitere Tumore früh zu erkennen. Weiterhin kann sich auch der Kontakt zu anderen Betroffenen dieser Erkrankung positiv auf den weiteren Verlauf auswirken.

Das können Sie selbst tun

Wenn ein Glucagonom diagnostiziert wurde, ist eine ärztliche Behandlung erforderlich. Die Betroffenen können jedoch auch selbst einiges tun, um die Beschwerden zu lindern und die Genesung zu fördern.

Zunächst gilt es, die Nebenwirkungen individuell zu behandeln. Gegen Übelkeit, Durchfall, Erbrechen und andere Nebenwirkungen der verordneten Medikamente helfen Maßnahmen wie Bettruhe, warme Auflagen und eine schonende Diät. Der Haarausfall ist meist nicht permanent. Wird er allerdings als störend empfunden, empfiehlt sich ein Haarteil oder ein sanftes Haarwuchsmittel.

Letzteres sollte jedoch zuvor mit dem zuständigen Arzt besprochen werden, um Wechselwirkungen mit den verordneten Medikamenten auszuschließen. Daneben gilt es, die auslösende Erkrankung zu behandeln. Liegt dem Glucagonom eine Zuckerkrankheit zugrunde, so muss die Ernährung umgestellt werden. Auch sollte etwaiges Übergewicht reduziert und regelmäßig Sport getrieben werden. Dies hilft auch gegen Begleitsymptome wie Müdigkeit, Energiemangel und eine verlangsamte Wundheilung.

Gegen neurologische Beschwerden helfen physiotherapeutische Maßnahmen, wie zum Beispiel Krankengymnastik, Pilates oder Yoga.

Da die geeigneten Selbsthilfe-Maßnahmen sich von Fall zu Fall unterscheiden, sollte regelmäßig mit dem Arzt gesprochen werden. Der Mediziner kann weitere Tipps nennen, mit denen die Genesung selbstständig gefördert werden kann.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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