Helicobacter pylori
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Helicobacter pylori ist ein Bakterium, das häufig auf der menschlichen Magenschleimhaut zu finden ist. Die Infektion mit Helicobacter pylori stellt einen wichtigen Risikofaktor für Entzündungen, Geschwüre und Krebs im Magen- und Darmbereich dar. Eine Besiedlung mit Helicobacter pylori lässt sich durch orale Antibiotika bekämpfen.
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Was ist Helicobacter pylori?
Helicobacter pylori ist ein gramnegatives Stäbchenbakterium, das den menschlichen Magen besiedelt. Es handelt sich um den mit Abstand wichtigsten humanpathogenen Erreger der Gattung Helicobacter.
Der Name Helicobacter pylori leitet sich vom spiralförmigen Aussehen der Bakterien und vom Magenpförtner (Pylorus) ab. Das Bakterium besitzt Geißeln zur Fortbewegung und spezielle Haftstrukturen für die Einnistung. Entdeckt wurde Helicobacter pylori 1983 von den australischen Forschern Robin Warren und Barry Marshall.
Die weitreichende klinische Bedeutung des Bakteriums wurde allerdings erst im folgenden Jahrzehnt offenbar. 2005 erhielten die Entdecker von Helicobacter pylori den Nobelpreis für Medizin.
Biologische Eigenschaften
Helicobacter pylori ist ein gramnegatives, spiral- oder schraubenförmiges Bakterium, das den Magen von etwa der Hälfte der Weltbevölkerung besiedelt. Es gehört zur Familie der Helicobacteraceae in der Klasse der Epsilonproteobacteria. Seine spiralförmige Morphologie und die Geißeln ermöglichen es dem Bakterium, sich durch den zähen Magenschleim zu bewegen und sich an die Magenwände zu heften.
H. pylori ist mikroaerophil, das heißt, es benötigt eine sauerstoffarme Umgebung für das Wachstum. Es produziert das Enzym Urease, das Harnstoff in Ammoniak umwandelt, wodurch das Bakterium die Magensäure neutralisieren kann und in der extrem sauren Umgebung des Magens überlebt. Dies macht es besonders pathogen, da es den Magenzellen schadet und Entzündungen verursacht, die zu Magengeschwüren oder sogar Magenkrebs führen können.
Das Genom von H. pylori wurde vollständig sequenziert und besteht aus etwa 1,6 bis 1,7 Millionen Basenpaaren. Es zeigt eine hohe genetische Variabilität, was das Bakterium in die Lage versetzt, sich an unterschiedliche Wirte und Umgebungen anzupassen. Ein bemerkenswertes Merkmal ist das Vorhandensein von Pathogenitätsinseln, die Gene codieren, die für die Virulenz und die chronische Infektion von Bedeutung sind, wie das cagA-Gen, das stark mit schweren Krankheitsverläufen assoziiert wird.
Vorkommen & Verbreitung
Helicobacter pylori kommt primär im menschlichen Magen vor und gilt als einer der am weitesten verbreiteten bakteriellen Krankheitserreger weltweit. Schätzungen zufolge sind etwa 50 % der Weltbevölkerung mit H. pylori infiziert, wobei die Prävalenz in Entwicklungsländern höher ist als in Industrienationen. Der natürliche Lebensraum dieses Bakteriums ist die Magenschleimhaut, wo es sich dank seiner Ureaseproduktion gegen die aggressive Magensäure schützt.
Das Bakterium wird vorwiegend über den fäkal-oralen oder oral-oralen Weg übertragen. Häufig geschieht die Infektion bereits im Kindesalter, wobei beengte Lebensverhältnisse und mangelnde Hygiene die Übertragung fördern. Wasserquellen, die mit Fäkalien kontaminiert sind, spielen ebenfalls eine Rolle bei der Verbreitung in der Umwelt, insbesondere in Regionen mit unzureichender Trinkwasserversorgung.
In der Umwelt überlebt H. pylori nur begrenzt, da es auf die mikroaerophilen Bedingungen im menschlichen Magen spezialisiert ist. Außerhalb des Wirts ist das Bakterium empfindlich gegenüber Sauerstoff und kann nicht lange ohne Schutzmechanismen überleben. Seine Rolle in anderen Ökosystemen ist daher begrenzt, und es gibt keine Hinweise darauf, dass H. pylori Teil der normalen Darmflora oder anderer natürlicher mikrobieller Gemeinschaften ist. In menschlichen Populationen ist es jedoch ein bedeutender Faktor für die Entwicklung von Magenkrankheiten, einschließlich Gastritis, Magengeschwüren und Magenkrebs.
Bedeutung & Funktion
In westlichen Ländern sind etwa 20% aller 40-Jährigen mit Helicobacter pylori infiziert. Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Prävalenz an, sodass sie bei den 60-Jährigen bereits 50% beträgt. In Entwicklungsländern finden sich noch weit höhere Infektionsraten. Insgesamt gelten 30%-50% der Weltbevölkerung als infiziert. Es handelt sich somit um eine der häufigsten chronischen bakteriellen Infektionen überhaupt.
Das Bakterium gelangt vermutlich auf fäkal-oralem Weg über verunreinigtes Wasser oder verunreinigte Nahrung in den Magen. Diskutiert werden auch oral-orale und gastro-orale Infektionswege (z. B. Kontakt mit infiziertem Erbrochenem). Sobald es einmal in den Magenvorhof gelangt ist, kann sich Helicobacter pylori mithilfe seiner Geißeln über die gesamte Magenschleimhaut ausbreiten. Dabei verfügt es über zwei Mechanismen, um sich vor der antibakteriell wirksamen Magensäure zu schützen: Zum einen nistet es sich innerhalb oder unterhalb der Schleimschicht ein, mit der die Magenschleimhaut sich selbst vor ihrem sauren Sekret schützt.
Zum anderen spaltet Helicobacter pylori mithilfe des Enzyms Urease Harnstoff in Ammoniak und Kohlendioxid. Das basische Ammoniak neutralisiert die Magensäure und hebt den pH-Wert in der unmittelbaren Umgebung von Helicobacter pylori an. Neben der Urease besitzt das Bakterium weitere Enzyme und Zellgifte, welche die Epithelzellen des Magens angreifen und die Magensaftproduktion steigern. Wird die Magenschleimhautbarriere zusätzlich durch weitere Faktoren wie Medikamente, Alkohol oder Stress angegriffen, entstehen Geschwüre, v. a. im Bereich des Magenpförtners und des Zwölffingerdarms (Duodenum).
Dass Helicobacter pylori eine positive Funktion im menschlichen Organismus erfüllt, ist nicht bekannt. Das menschliche Immunsystem ist nicht in der Lage, den Keim zu eliminieren. Unbehandelt bleibt die Infektion mit Helicobacter pylori daher lebenslang bestehen.
Krankheiten
Eine Infektion mit Helicobacter pylori kann bei intakter und widerstandsfähiger Magenschleimhaut unauffällig verlaufen. Das Bakterium gilt jedoch als wichtigster Risikofaktor für die Entstehung von Magenschleimhautentzündungen (Gastritis) sowie von Magen- bzw. Zwölffingerdarmgeschwüren.
Die Gastritis Typ B (bakterielle Form) wird in 90% der Fälle von Helicobacter pylori hervorgerufen. Bei Magengeschwüren werden rund 75%, bei Zwölffingerdarmgeschwüren sogar so gut wie 100% aller Fälle auf den Erreger zurückgeführt. Bei chronischen Magenbeschwerden wird daher heute routinemäßig auf Helicobacter pylori-Befall getestet. Den sichersten Nachweis liefert eine endoskopische Biopsieentnahme mit anschließender histologischer Untersuchung. In der Gewebeprobe kann v. a. die Urease durch den einfach durchführbaren Helicobacter-Urease-Test nachgewiesen werden.
Nicht-invasive Methoden sind ein Atemgastest sowie Antikörpernachweise im Serum oder im Stuhl. Antikörpertests eignen sich jedoch eher für epidemiologische Untersuchungen und weniger für die akute klinische Diagnostik. Wird bei einem Patienten Helicobacter pylori nachgewiesen, kann eine Antibiotika-Therapie die Besiedlung vollständig ausräumen. Üblich sind eine sogenannte Triple-Therapie oder eine Quadruple-Therapie. Dabei werden Antibiotika mit Protonenpumpenhemmern und im Falle der Quadruple-Therapie mit Bismutsalz kombiniert.
Eine radikale Ausräumung ist sinnvoll, da Helicobacter pylori langfristig die Entstehung von Krebs begünstigt. Die WHO stuft Helicobacter pylori seit 1994 als Kanzerogen I. Ordnung ein. Das Bakterium gilt als wichtiger Risikofaktor für Magenkarzinome und MALT-Lymphome (Krebserkrankungen des mukosa-assoziierten Lymphgewebes). Seit einiger Zeit wird auch an Impfstoffen gegen Helicobacter pylori geforscht.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung einer Infektion mit Helicobacter pylori basiert typischerweise auf einer Kombinationstherapie, die als Triple-Therapie bekannt ist. Diese besteht aus zwei Antibiotika, meist Clarithromycin und Amoxicillin (oder Metronidazol, falls eine Penicillin-Allergie besteht), sowie einem Protonenpumpenhemmer (PPI) wie Omeprazol. Der PPI reduziert die Magensäureproduktion, was die Wirkung der Antibiotika verbessert und die Magenschleimhaut schützt. Diese Therapie wird in der Regel über 7 bis 14 Tage durchgeführt.
Eine Herausforderung bei der Behandlung ist das zunehmende Auftreten von Antibiotikaresistenzen, insbesondere gegen Clarithromycin und Metronidazol. In solchen Fällen greifen Ärzte auf die Quadruple-Therapie zurück, die zusätzlich Wismut enthält, ein Mittel, das die Bakterienmembran angreift. Resistente Stämme erfordern oft die Verwendung von alternativen Antibiotika wie Levofloxacin oder Rifabutin.
Neue Therapieansätze werden erforscht, um die Resistenzproblematik zu überwinden. Dazu zählen phytotherapeutische Ansätze mit pflanzlichen Extrakten, die antimikrobielle Eigenschaften besitzen, sowie probiotische Therapien, die das Mikrobiom des Magens beeinflussen und die Wirkung von Antibiotika unterstützen können. Experimentelle Therapien umfassen die Entwicklung von Impfstoffen gegen H. pylori sowie den Einsatz von bakteriophagen Viren, die gezielt H. pylori abtöten könnten. Solche Ansätze befinden sich jedoch noch in der Forschungsphase.
Zusammenhang zwischen Helicobacter pylori und Magenkrebs
Der Zusammenhang zwischen Helicobacter pylori und Magenkrebs ist seit den 1980er Jahren bekannt und gilt heute als eine der wichtigsten Entdeckungen in der Krebsforschung. H. pylori ist das erste Bakterium, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als karzinogen eingestuft wurde, da es das Risiko für die Entwicklung von Magenkarzinomen erheblich erhöht.
Die Infektion mit H. pylori führt zu einer chronischen Entzündung der Magenschleimhaut, auch als chronische Gastritis bekannt. Diese langfristige Entzündung kann zu Atrophie der Magenschleimhaut führen, bei der die Drüsenzellen der Magenschleimhaut verkümmern und ihre Funktion verlieren. In weiteren Schritten entwickelt sich häufig eine Intestinale Metaplasie, ein Zustand, bei dem die Zellen der Magenschleimhaut beginnen, sich wie Darmschleimhautzellen zu verhalten. Dieser Prozess ist eine Vorstufe für die Entstehung von Magenkrebs.
Ein spezifischer Virulenzfaktor von H. pylori, das sogenannte cagA-Gen, spielt dabei eine besonders wichtige Rolle. Dieses Gen kodiert für ein Protein, das in die Magenzellen injiziert wird und dort eine starke Entzündungsreaktion auslöst. Studien haben gezeigt, dass Infektionen mit cagA-positiven Stämmen von H. pylori mit einem deutlich höheren Risiko für Magenkrebs verbunden sind. Neben der Entzündung können diese Bakterien auch genetische Schäden in den Zellen verursachen, die das Tumorwachstum fördern.
Interessanterweise entwickelt nicht jeder mit H. pylori Infizierte Magenkrebs. Genetische Faktoren des Wirts sowie Umweltbedingungen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Rauchen, ungesunde Ernährungsgewohnheiten (insbesondere eine salzreiche Ernährung) und andere Faktoren wie mangelnde Frischkost erhöhen das Krebsrisiko zusätzlich.
Frühzeitige Diagnose und Behandlung der H. pylori-Infektion kann das Risiko für die Entwicklung von Magenkrebs erheblich senken. In Ländern mit einer hohen Magenkrebsrate, wie Japan oder Südkorea, gehören Tests und Behandlungen für H. pylori oft zur Standardgesundheitsvorsorge. Durch die Eradikationstherapie kann die Infektion beseitigt und das Fortschreiten der Schleimhautveränderungen gestoppt werden.
Ein weiteres spannendes Forschungsfeld ist die Entwicklung von präventiven Maßnahmen gegen H. pylori. Derzeit laufen Untersuchungen zur Entwicklung eines Impfstoffs, der vor einer Infektion mit dem Bakterium schützen könnte. Solche Impfstoffe würden nicht nur das Krebsrisiko reduzieren, sondern auch die Ausbreitung der Infektion verhindern, insbesondere in Ländern mit hoher H. pylori-Prävalenz.
Die Verbindung zwischen H. pylori und Magenkrebs hat weitreichende Konsequenzen für die öffentliche Gesundheit und präventive Medizin und zeigt, wie wichtig die Bekämpfung von chronischen Infektionen zur Vermeidung von Krebs sein kann.
Quellen
- Buselmaier, W.: Biologie für Mediziner. Springer, Berlin Heidelberg 2006
- Graw, J. et al.: Genetik. Springer, Berlin Heidelberg 2005
- Groß, U.: Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Thieme, Stuttgart 2009