Humane Adenoviren

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. September 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Humane Adenoviren sind eine Gruppe von DNA-Viren, die im Jahr 1953 von Wallace P. Rowe entdeckt wurden. Der US-amerikanische Krebsforscher und Virologe isolierte die Viren aus den Rachenmandeln des Menschen, den sogenannten Adenoiden. Daraus leitet sich für die den Menschen befallenden Virustypen die Bezeichnung humane Adenoviren her.

Inhaltsverzeichnis

Was sind humane Adenoviren?

Am häufigsten von humanen Adenoviren befallen werden die Atemwege. Die Ausprägung der Infektion kann hier von einer einfachen Erkältung mit Schnupfen und Halsschmerzen über eine Bronchitis bis hin zur Lungenentzündung reichen.
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Von den humanen Adenoviren sind bis heute 19 Arten mit mehr als fünfzig Serotypen bekannt. Die Viren besitzen keine Hülle sondern ein sogenanntes Kapsid mit einem Durchmesser von siebzig bis neunzig Nanometern. Das Kapsid besteht aus regelmäßig angeordneten Proteinen in der Form eines Zwölfecks, das an den Ecken antennenartige Fortsätze trägt.

Da humane Adenoviren keine empfindliche Hülle besitzen, können sie lange außerhalb eines Wirtes überleben. Der Kern der Viren besteht aus einer linearen, doppelsträngigen DNA. Diese spezielle Form der DNA macht sie sehr resistent gegen physikalische und chemische Einflüsse. So sind die Viren recht robust gegenüber alkoholischen Desinfektionsmitteln.

Auch stark saure oder basische pH-Werte können sie tolerieren. Jedoch sind sie recht temperaturempfindlich. Setzt man humane Adenoviren mindestens zehn Minuten lang Temperaturen von 56 Grad Celsius oder höher aus, werden sie komplett inaktiviert.

Bedeutung & Funktion

Von den bekannten 19 Arten humaner Adenoviren können sechs eine Erkrankung bei ihrem Wirt hervorrufen. Jedoch wird längst nicht jede Infektion erkannt.

Etwa die Hälfte aller Ansteckungen verlaufen, ohne dass der Betroffene sichtbare Symptome entwickelt. Infektionen, bei denen Symptome ausgebildet werden, nehmen in der Mehrzahl der Fälle einen milden Verlauf. Eine Behandlung erfolgt dann gar nicht oder nur symptomatisch. Bei schwereren Verläufen können ebenfalls nur Komplikationen und Symptome therapiert werden, da virushemmende Medikamente fehlen. Die Schwere des Infektionsverlaufes kann dabei von der Eintrittspforte des Virus abhängen. So verläuft eine orale Infektion eventuell symptomlos oder mild, während die Ansteckung durch Inhalation zu einer schwerwiegenden Erkrankung führen kann.

Übertragen werden Adenoviren durch direkten Kontakt zu einem Wirt, bei mangelnder Hygiene auch fäkal-oral als Schmierinfektion. Gelegentlich kann eine Ansteckung auch über Wasser erfolgen. Sind humane Adenoviren in den Körper eingedrungen, befallen sie gewöhnlich die Epithelzellen des Nasen-, Hals- und Rachenraumes, sowie der Lunge und des Verdauungstraktes. Seltener infizieren sie auch das Auge. Neben den akut auftretenden Infektionskrankheiten als Folge einer Ansteckung wird auch ein Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und einem bestimmten Serotyp von Adenoviren vermutet.

Abgesehen von ihrer Schadwirkung können Adenoviren auch zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden. So lassen sich mit ihrer Hilfe genmanipulierte Impfstoffe etwa gegen die hochgradig gefährlichen Ebolaviren herstellen. In der Krebstherapie helfen sie bei der Hemmung des Tumorwachstums. Auch die Gentherapie profitiert von den Viren. So werden humane Adenoviren bei der Gentherapie einer bestimmten Form von Muskelschwund eingesetzt.


Biologische Eigenschaften

Humane Adenoviren (HAdVs) sind DNA-Viren, die zur Familie Adenoviridae gehören und in die Gattung Mastadenovirus klassifiziert werden. Sie sind in 7 Spezies (A bis G) unterteilt, wobei jede Spezies mehrere Serotypen umfasst. Insgesamt gibt es mehr als 50 Serotypen, die unterschiedliche Erkrankungen wie Atemwegsinfektionen, Bindehautentzündungen, Gastroenteritis und Harnwegsinfektionen verursachen können.

Morphologisch sind Adenoviren ikosaedrisch (20-seitiger Kapsidaufbau) mit einem Durchmesser von etwa 70 bis 90 nm. Das Kapsid besteht aus Kapsomeren und trägt an den Ecken faserartige Anhänge, die an spezifische Zellrezeptoren binden, um eine Infektion einzuleiten. Adenoviren besitzen keine Lipidhülle, was sie besonders widerstandsfähig gegenüber Umwelteinflüssen macht.

Das Genom der Adenoviren besteht aus einer linearen doppelsträngigen DNA mit einer Länge von etwa 26-45 kb. Es kodiert für etwa 30 bis 40 Proteine. Eine Besonderheit des Adenovirus-Genoms ist die Verwendung von viralen Proteinen zur Replikation, ohne direkt auf die zellulären DNA-Polymerasen angewiesen zu sein. Die Replikation erfolgt im Zellkern infizierter Wirtszellen. Adenoviren sind zudem dafür bekannt, latente Infektionen im Wirt etablieren zu können, ohne sofortige Krankheitssymptome hervorzurufen.

Vorkommen & Verbreitung

Humane Adenoviren (HAdVs) kommen weltweit vor und sind besonders häufig in der Umwelt und in menschlichen Gemeinschaften anzutreffen. Sie infizieren verschiedene Organsysteme und sind sowohl in der Atemluft als auch im Verdauungstrakt weit verbreitet. Besonders häufig sind sie in der Darmflora von Menschen, wo sie auch latent verbleiben können, ohne sofort Symptome zu verursachen.

Die Hauptübertragungswege der Adenoviren sind Tröpfcheninfektion und Schmierinfektion. Sie können durch direkten Kontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten, wie Nasensekreten oder Stuhl, sowie über kontaminierte Oberflächen verbreitet werden. In Schwimmbädern, bei unzureichender Chlorierung, kann die Übertragung durch kontaminiertes Wasser erfolgen. Da Adenoviren eine hohe Umweltresistenz haben, können sie in der Umwelt, etwa in Wasserquellen oder auf Oberflächen, über längere Zeiträume überleben.

In verschiedenen Ökosystemen spielen Adenoviren eine Rolle als Umweltpathogene. Sie sind nicht nur in menschlichen Gemeinschaften verbreitet, sondern auch in Abwässern und Oberflächengewässern nachweisbar. Ihre Resistenz gegen viele Umwelteinflüsse macht sie zu robusten Viren, die in der Umwelt zirkulieren und potenziell als Indikatoren für fäkale Verunreinigung verwendet werden können, insbesondere in Gewässern, die durch Abwässer beeinflusst werden.

Krankheiten

Am häufigsten von humanen Adenoviren befallen werden die Atemwege. Die Ausprägung der Infektion kann hier von einer einfachen Erkältung mit Schnupfen und Halsschmerzen über eine Bronchitis bis hin zur Lungenentzündung reichen.

Eine besondere Bedeutung kommt ihnen daher bei epidemisch auftretenden grippalen Infekten unterschiedlicher Schwere zu. Besonders immunschwache Menschen laufen dabei Gefahr, schwere Komplikationen zu entwickeln. Bei ihnen kann es beispielsweise zu akutem Lungenversagen kommen.

Setzen sich humane Adenoviren im Verdauungstrakt fest, können sie eine Magen-Darm-Entzündung mit Durchfällen, Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen verursachen. Im weiteren Verlauf des Verdauungstraktes können sie auch die Schleimhäute der Blase befallen und eine Blasenentzündung verursachen.

Etwa durch Reiben mit verunreinigten Händen ist die Verschleppung von Adenoviren ins Auge möglich. Dort führen sie zu einer Entzündung von Binde- und Hornhaut und zu trockenen Augen. Häufig rühren Erkrankungen des Auges durch diese Viren vom Baden in kleinen Seen oder mangelhaft gechlorten Schwimmbecken her.

Werden Infektionen mit humanen Adenoviren verschleppt, können ernsthafte Erkrankungen die Folge sein. So kann sich ein Befall der Lunge zu einer Entzündung des knorpellosen Bronchiengewebes entwickeln, welche mit asthmaartigen Beschwerden einhergeht. Wandern die Viren im Körper, können sie auch Schmerzen in Gelenken oder Störungen der Herzmuskelfunktion verursachen. Ein Hörsturz oder die Entwicklung einer Typ 1-Diabetes sind ebenfalls mögliche Spätfolgen einer Infektion mit humanen Adenoviren.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlung von Infektionen mit Humanen Adenoviren (HAdVs) gestaltet sich oft symptomatisch, da es keine spezifische antivirale Standardtherapie gibt. Bei milden Fällen, wie Atemwegsinfektionen oder Bindehautentzündungen, konzentriert sich die Therapie auf die Linderung der Symptome, etwa durch Fiebersenkung, Schmerzmittel und ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Eine Antibiotikabehandlung ist in der Regel nicht wirksam, da es sich um eine virale Infektion handelt.

Bei schwereren Adenovirus-Infektionen, insbesondere bei immungeschwächten Patienten wie Organtransplantierten oder HIV-Infizierten, können jedoch antivirale Medikamente zum Einsatz kommen. Cidofovir ist eines der wenigen antiviralen Mittel, das bei schweren Adenovirus-Infektionen verwendet wird. Es hemmt die Replikation des viralen Genoms, hat aber teils starke Nebenwirkungen und ist daher nicht immer ideal.

Eine besondere Herausforderung ist die Behandlung resistenter Adenovirus-Stämme. Diese Stämme zeigen eine verminderte Empfindlichkeit gegenüber Cidofovir und machen alternative Therapieansätze notwendig. Brincidofovir, ein Lipid-Derivat von Cidofovir, befindet sich in der klinischen Erprobung und zeigt vielversprechende Ergebnisse mit weniger Nebenwirkungen.

Experimentelle Therapien wie Immuntherapien oder virusspezifische T-Zell-Therapien gewinnen ebenfalls an Bedeutung, besonders bei immungeschwächten Patienten. Diese Ansätze zielen darauf ab, das Immunsystem zu stärken, um das Virus effektiver zu bekämpfen. Auch die Forschung zu spezifischen Adenovirus-Impfstoffen wird weiter vorangetrieben, um Prävention zu ermöglichen.

Humane Adenoviren: Risiken bei Immungeschwächten Patienten

Humane Adenoviren (HAdVs) stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko für Menschen mit geschwächtem Immunsystem dar. Während Adenovirus-Infektionen bei gesunden Individuen meist mild verlaufen und sich auf Atemwegsinfektionen, Bindehautentzündungen oder Gastroenteritis beschränken, können sie bei immungeschwächten Patienten schwerwiegende Komplikationen verursachen. Menschen, die sich einer Organtransplantation unterzogen haben, Patienten mit HIV/AIDS, Chemotherapie-Patienten und Neugeborene sind besonders gefährdet.

Schwere Verläufe bei Immunsuppression

Bei immungeschwächten Personen kann sich eine Adenovirus-Infektion rasch zu einer systemischen Infektion entwickeln. Das Virus kann mehrere Organe befallen, was zu einer Vielzahl schwerer Erkrankungen führt, darunter Lungenentzündungen, Hepatitis, Nephritis (Nierenentzündung) oder sogar Enzephalitis (Entzündung des Gehirns). Bei Organtransplantierten kann eine Adenovirus-Infektion zu einer Transplantatabstoßung führen, da das Virus die Immunreaktion verstärken und eine Entzündung im transplantierten Organ auslösen kann.

Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass bei immunsupprimierten Patienten die üblichen antiviralen Abwehrmechanismen des Körpers geschwächt sind, was es dem Virus ermöglicht, sich ungehindert zu vermehren. Zudem können latente Adenovirus-Infektionen, die zuvor keine Symptome verursacht haben, bei einer Immunsuppression reaktiviert werden und schwere Krankheitsverläufe auslösen.

Behandlungsmöglichkeiten und Herausforderungen

Die Behandlung von Adenovirus-Infektionen bei immungeschwächten Patienten stellt eine Herausforderung dar. Cidofovir, ein antivirales Medikament, ist eine der Hauptbehandlungsoptionen, doch seine Anwendung ist wegen starker Nebenwirkungen, wie Nierenschäden, begrenzt. Zudem gibt es resistente Adenovirus-Stämme, bei denen Cidofovir nur eingeschränkt wirksam ist.

Brincidofovir, ein Lipid-Derivat von Cidofovir, wird als potenziell sicherere Alternative getestet und zeigt weniger nephrotoxische Effekte, weshalb es bei immungeschwächten Patienten bevorzugt wird. Dennoch sind auch hier Langzeitstudien erforderlich, um seine Wirksamkeit und Sicherheit vollständig zu bewerten.

Eine weitere vielversprechende Option ist die virusspezifische T-Zell-Therapie. Hierbei werden dem Patienten virusspezifische T-Zellen übertragen, die gezielt gegen die Adenovirus-Infektion vorgehen. Diese Methode hat das Potenzial, besonders bei schwer immunsupprimierten Patienten erfolgreich zu sein, da sie das Immunsystem direkt stärkt und auf den Kampf gegen das Virus fokussiert. Allerdings ist diese Therapie derzeit noch experimentell und nicht weit verbreitet.

Prävention als wichtiger Ansatz

Da die Behandlung von Adenovirus-Infektionen bei immungeschwächten Patienten schwierig sein kann, ist die Prävention besonders wichtig. In Krankenhäusern und Transplantationszentren wird großen Wert auf strikte Hygienemaßnahmen gelegt, um die Ausbreitung von Adenoviren zu verhindern. Eine frühzeitige Diagnostik und engmaschige Überwachung von Risikopatienten auf mögliche Adenovirus-Infektionen sind entscheidend, um schwere Verläufe zu verhindern.

Zudem wird an der Entwicklung von Adenovirus-Impfstoffen geforscht, die für immunsupprimierte Patienten ein wichtiger Schutzmechanismus sein könnten. Erste Fortschritte in der Impfstoffentwicklung wurden gemacht, jedoch sind diese Impfstoffe bislang nicht für den breiten Einsatz zugelassen.

Quellen

  • Doerfler, W.: Viren. Fischer Taschenbuch, Berlin 2015
  • Hofmann, F., Tiller, F.,W.: Praktische Infektiologie. ecomed-Storck, Hamburg 2011
  • Neumeister, B., Geiss, H., Braun, R.: Mikrobiologische Diagnostik. Thieme, Stuttgart 2009

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