Humanes Herpesvirus 6
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Humane Herpesvirus 6, kurz HHV-6 genannt, gehört zur Familie der Herpesviren, die in eine Alpha-, Beta- und Gamma-Unterfamilie unterschieden werden. HHV-6 gehört zur Unterfamilie der Beta-Herpesviren, die ein sehr enges Wirtsspektrum haben und sich im Körper nur langsam vermehren. Das Virus kann beim Menschen verschiedene Krankheiten hervorrufen, jedoch auch ohne jegliche Symptome im Körper überdauern.
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Was ist das Humane Herpesvirus 6?
Insgesamt acht humanpathogene Herpesviren, die beim Menschen Krankheiten hervorrufen können, sind bisher charakterisiert. Von HHV-6 gibt es zwei Subtypen, den Subtyp A und den Subtyp B. Das Virus wurde im Jahr 1986 entdeckt und ist ein DNA-Doppelstrang-Virus. HHV-6 infiziert CD4-positive T-Lymphozyten, spezifische Zellen des menschlichen Immunsystems.
Das Virus verbreitet sich über Speichel und Tröpfcheninfektion. HHV-6 ist weltweit verbreitet und kommt sehr häufig vor: Mehr als 90% der Erwachsenen tragen das Virus in sich. Die Infektion erfolgt ab dem sechsten Lebensmonat meist bereits im Säuglings- oder frühen Kindesalter. Vor dem sechsten Lebensmonat sind die Säuglinge noch durch die mütterlichen Antikörper, die sie vor der Geburt über die Plazenta aufgenommen haben, gegen eine Infektion geschützt.
Im Alter zwischen zwei und fünf Jahren sind bereits ungefähr 80% der Kinder mit dem Virus infiziert. Kommt es bei einer schwangeren Frau zu einer Erstinfektion mit HHV-6, kann es zu einer Übertragung auf den Embryo kommen, so dass das Kind bereits bei der Geburt den Virus in sich trägt.
Bedeutung & Funktion
Eine vollständige Elimination ist meist nicht möglich. Bei der Erstinfektion mit dem Virus kann dieser im Blut, im Speichel und im Stuhl im Labor nachgewiesen werden. Es kommt zur Erkrankung des lymphatischen Systems und des zentralen Nervensystems. Da sich das Virus entlang der Nervenfasern ausbreiten und so die Blut-Hirn-Schranke umgehen kann, gelangt es in Rückenmark und Gehirn.
Hier infiziert es Gliazellen und Neurone. In der latenten Phase findet sich HHV-6 in den Speicheldrüsen, über die es ausgeschieden und verbreitet wird. In dieser Phase produziert das Virus keine für den Körper infektiösen Partikel. Es kann jedoch reaktiviert werden und erneut in den Infektionszyklus eintreten. Dies kann vor allem bei einem geschwächten Immunsystem passieren. So kann es bei immunsupprimierten Patienten, die eine HIV-Infektion haben oder deren Immunsystem aufgrund einer Transplantation unterdrückt wird, zu einem Anstieg in der Virusvermehrung kommen.
Kommt es zu einer Reaktivierung des Virus, kann sich dies im Wiederauftreten der gleichen oder ähnlichen Symptome wie bei der Erstinfektion äußern. HHV-6 hat verschiedene pathogene Mechanismen: Das Virus kann zu degenerativen Veränderungen der Zellmorphologie in infizierten Zellen führen (zytopathischer Effekt). Es kann sogenannte Zytokine, bestimmte Proteine, die für Wachstum und Differenzierung der Zellen verantwortlich sind, induzieren. HHV-6 kann die Immunfunktion beeinflussen, indem es diese teilweise unterdrückt. Außerdem kann Das Virus zur Trans-Aktivierung anderer Viren im Falle einer Co-Infektion führen.
Krankheiten & Beschwerden
Das Dreitagefieber heilt von selbst wieder aus und ist selten mit Komplikationen verbunden, so dass eine Therapie meist nicht nötig ist. Es wird in Europa meist durch den Subtyp B des HHV-6 ausgelöst. In einzelnen Fällen kann die Erkrankung auch bei Erwachsenen auftreten und äußert sich in Grippe-ähnlichen Symptomen. In seltenen Fällen kann es zu Komplikationen mit Durchfall und Erbrechen kommen. Außerdem können die Augenlider und Lymphknoten am Hals anschwellen, Papeln auf Gaumen und Zäpfchen kommen vor und es können Fieberkrämpfe auftreten.
Verschiedene andere Erkrankungen, bei denen ein Zusammenhang mit der HHV-6 Infektion vermutet wird, sind in sehr seltenen Fällen ebenfalls beobachtet worden. So kann HHV-6 ein chronisches Erschöpfungssyndrom auslösen, dass mit starker Müdigkeit und Abgeschlagenheit sowie Depressionen einhergeht. Hiervon sind jedoch vermutlich weniger als 1% aller HHV-6 Infizierten betroffen. Eine Herzmuskelentzündung, eine Pneumonie oder Hepatitis ist ebenfalls möglich.
Es wurden auch Erkrankungen wie Meningitis und Enzephalitis beobachtet. HHV-6 könnte neben anderen Faktoren Einfluss auf das Entstehen einer Multiplen Sklerose haben. Ebenso vermuten Forscher, dass HHV-6 als zusätzlicher Faktor die Entstehung von Basalzellkarzinomen und Plattenepithelkarzinomen begünstigen kann. Kommt es durch HHV-6 zu schweren Komplikationen, kann eine antivirale Therapie durchgeführt werden.
Quellen
- Ableitner, O.: Einführung in die Molekularbiologie. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2018
- Dülligen, M., Kirov, A., Unverricht, H.: Hygiene und medizinische Mikrobiologie. Schattauer, Stuttgart 2016
- Gries, O., Ly, T.: Infektologie - Kompendium humanpathogener Infektionskrankheiten und Erreger. Springer, Berlin 2019