Ischämie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Von einer Ischämie spricht man im Fall einer Minderdurchblutung oder einer vollständig ausgefallenen Durchblutung eines Gewebegebietes. Eine Ischämie kann überall im Körper vorkommen und je nach Lokalisation, Ausmaß und Dauer lebensgefährlich sein.
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Was ist eine Ischämie?
Als Ischämie wird die Unterversorgung eines Gewebegebietes mit Blut bezeichnet. Dabei kann es sich um einen unzureichenden Blutfluss oder einen vollständigen Durchblutungsstopp handeln.
Dauert eine Ischämie nur kurze Zeit an, kann sich das Gewebe nach Reperfusion in der Regel schnell wieder erholen. Bei länger andauernder Ischämie kommt es durch den gestörten Stoffwechsel zu - unter Umständen irreparablen - Gewebeuntergängen.
Wie lange eine Ischämie toleriert werden kann, hängt dabei v. a. von ihrer Lokalisation ab: Bestimmte Organsysteme wie das zentrale Nervensystem reagieren besonders empfindlich auf Sauerstoffmangel, andere Gewebe wie etwa die Haut können eine Ischämie für mehrere Stunden tolerieren.
Ursachen
Plötzliche Gefäßverschlüsse durch Thrombosen oder Embolien führen zu akuten Ischämien. Auch die traumatische Zerstörung eines Blutgefäßes bewirkt einen Durchblutungsausfall. Seltener wird eine Ischämie extern verursacht, z. B. durch Abbinden eines Körperteils zwecks Blutungsstillung, durch Tumore oder durch chronische Druckbelastung bei Bettlägerigkeit.
Die Konsequenzen für den Stoffwechsel des betroffenen Gebietes sind in beiden Fällen die gleichen: Wegen der ungenügenden Sauerstoffzufuhr bildet sich vermehrt Lactat und das ischämische Gebiet übersäuert (metabolische Azidose).
Aufgrund des Energiemangels können die Zellen ihren Teilchen- und Flüssigkeitshaushalt nicht mehr aufrecht erhalten: Sie schwellen an und gehen schließlich unter. Bei einsetzenden Nekrosen spricht man nun nicht nur von Ischämie, sondern vom Krankheitsbild des Infarkts.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Eine Ischämie äußert sich typischerweise durch eine akute Bewusstseinstrübung. Die Betroffenen verspüren meist eine leichte Benommenheit oder Müdigkeit, im weiteren Verlauf kann es zu Bewusstlosigkeit und Koma kommen. Ein leichter ischämischer Schlaganfall bedingt Übelkeit und Erbrechen.
Außerdem können sich Sehstörungen und Gesichtsfeldausfälle einstellen. Charakteristisch für einen Hirninfarkt sind außerdem pathologische Reflexe der Babinski-Gruppe und neurologische Ausfallerscheinungen. Bei Beteiligung der Hirnnerven treten Schluckstörungen und ein Fremdkörpergefühl im Hals auf. Die Sprache kann verwaschen und undeutlich sein.
Viele Patienten erleiden einen Blackout und erinnern sich nicht mehr an den Vorfall. Auch zu einem teilweisen oder vollständigen Gedächtnisverlust kann es kommen, abhängig von der Schwere der Ischämie. Oft stellt sich außerdem eine Halbseitenlähmung ein. Viele Betroffene können die Arme oder Beine nicht mehr oder nur noch unter großer Anstrengung bewegen.
Eine Lähmung aller Extremitäten tritt allerdings nur selten auf. In schweren Fällen führt der Schlaganfall innerhalb weniger Minuten zum Tod des Betroffenen. Zunächst stellt sich ein Atemstillstand ein, der zu einer Sauerstoffunterversorgung des Gehirns und dadurch schließlich zum Hirntod führt. Die Symptome einer Ischämie sind normalerweise nicht umkehrbar. Die meisten Betroffenen leiden an Spätfolgen.
Diagnose & Verlauf
Der Verlauf einer Ischämie hängt fundamental davon ab, welches Organsystem betroffen ist. Die Ischämie eines kleinen Hautareals durch Druckschäden macht sich womöglich erst nach vielen Stunden bemerkbar.
Ein Durchblutungsausfall im Gehirn führt hingegen in nur 15-20 Sekunden zur Bewusstlosigkeit und ist akut lebensbedrohlich, da binnen 7-10 Minuten irreparable Nekrosen entstehen. Auch der arbeitende Herzmuskel reagiert sehr empfindlich auf Sauerstoffmangel und kann eine Ischämie nur wenige Minuten tolerieren. Typisch für größere Ischämien sind Schmerz- und Schockzustände; die weiteren klinischen Symptome unterscheiden sich aber je nach Lokalisation sehr stark.
Hinweise auf schwere Extremitätenischämien liefern etwa die 6 P-Zeichen nach Pratt: Schmerz (Pain), Blässe (Pallor), Pulslosigkeit (Pulselessness), Sensibilitätsstörung (Paresthesia), Lähmung (Paralysis), Schock (Prostration). Wichtig ist eine gründliche Anamnese, da Gefäßverschlüssen fast immer Vorerkrankungen vorausgehen.
Die Diagnose einer Ischämie wird durch Laborbefunde, Funktionsdiagnostik (z. B. EKG) sowie bildgebende Verfahren (Duplex-Sonografie, Katheter-Angiografie, Computersonografie oder Magnetresonanztomografie) unterstützt.
Komplikationen
Weiterhin kann es im schlimmsten Falle auch zu einem Herzinfarkt und damit schließlich auch zum Tode des Patienten kommen. Die Betroffenen können auch einen Ausfall im Gehirn erleiden und dabei das Bewusstsein verlieren. Sollte dieser über einen längeren Zeitraum anhalten, kann es auch zu Folgeschäden am Gehirn kommen, sodass die Patienten an Lähmungen oder an einer Spastik leiden.
Ebenso kommt es zu Schmerzen, Störungen der Sensibilität oder zu einer starken Blässe. Bei Ischämie bedarf es einer sofortigen Behandlung, um irreversibele Folgeschäden und Komplikationen zu vermeiden. Dabei können auch operative Eingriffe notwendig sein. In der Regel wird die Lebenserwartung des Patienten durch die Ischämie deutlich verringert und eingeschränkt. Der weitere Krankheitsverlauf hängt allerdings von der Ursache dieser Krankheit ab.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bemerkt der Betroffene Durchblutungsstörungen, sollte er rechtzeitig einen Arzt konsultieren. Kommt es zu kalten Gliedmaßen, Taubheitsgefühlen auf der Haut, einer plötzlichen blassen Färbung im Gesicht oder Sensibilitätsstörungen, ist ein Arztbesuch notwendig. Bei Druckschmerzen, einem allgemeinen Schmerzempfinden oder Unwohlsein sollten weitere Untersuchungen zur Klärung der Ursache durchgeführt werden. Kommt es zu Herz-Rhythmus-Störungen, einem Herzrasen, einer Veränderung des Blutdrucks oder einer Bewusstseinstrübung, wird ein Arzt benötigt.
Bei einem Verlust des Bewusstseins muss ein Notarzt gerufen werden. Der Betroffene erleidet in diesen Fällen binnen weniger Minuten einen lebensbedrohlichen Zustand und benötigt eine sofortige intensivmedizinische Versorgung. Stellen sich Störungen der Gehirntätigkeit ein, kommt es zu Unterbrechungen der Aufmerksamkeit oder Konzentration und leidet der Betroffene unter einem Druckgefühl im Kopfinnern, sollte er einen Arzt konsultieren.
Zeigen sich Lähmungserscheinungen am Körper, ist kein Puls zu spüren und fühlt sich der Betroffene unverhofft krank, muss eine medizinische Versorgung erfolgen. Bei einem Abfall des Leistungsniveaus, Schwindel, Gangunsicherheiten und einem Verlust der gewohnten Kräfte ist ein Arztbesuch anzuraten. Bei einer inneren Schwäche, Trübungen der Wahrnehmungen, Müdigkeit und Abgeschlagenheit ist ein Arzt zu konsultieren. Nehmen die Beschwerden an Umfang zu, sollte schnellstmöglich eine ärztliche Untersuchung stattfinden, da sich eine akute Lebensbedrohung einstellen kann.
Behandlung & Therapie
Ziel jeder Ischämietherapie ist es, wieder eine ausreichende Blutversorgung des ischämischen Gebietes sicherzustellen. Akute Ischämien mit Infarktgeschehen erfordern ein rasches Handeln:
Sofern keine Kontraindikationen vorliegen, wird zunächst eine medikamentöse systemische oder lokale Lysetherapie versucht. Schlägt diese nicht an oder ist das Zeitfenster für die Lysetherapie bereits abgelaufen, sind gefäßchirurgische Revaskularisierungen möglich: die chirurgische Ausräumung eines Thrombus, Gefäßaufdehnungen oder Bypass-Operationen. Manchmal sind diese Eingriffe über Katheter durchführbar, in anderen Fällen erfordern sie größere Operationen.
Bei subakuten Ischämieformen werden auch präventiv aufdehnende Gefäßprothesen (Stents) eingesetzt. Bei Patienten mit Ischämien ist darüber hinaus eine medikamentöse Antikoagulation, d. h. eine Herabsetzung der Blutgerinnungsneigung, sinnvoll, um (weitere) Embolien und Thrombosen zu verhindern. Für diesen Zweck werden beispielsweise Heparin oder Vitamin-K-Antagonisten gegeben. Außerdem erhalten chronisch ischämiegefährdete Patienten oft Calciumantagonisten, Betablocker und/ oder Nitropräparate.
Aussicht & Prognose
Die Prognose einer Ischämie ist im allgemeinen ungünstig. Unabhängig davon, wo sie im Körper lokalisiert wird, führt sie zu schweren Beeinträchtigungen der Lebensqualität oder in schlimmen Fällen zu einer Lebensbedrohung. Der Betroffene leidet unter verschiedenen Beschwerden, die einen zunehmenden Charakter aufweisen. Unbehandelt ist mit dem vorzeitigen Ableben des Betroffenen zu rechnen, da die Gefahr eines Herzinfarktes besteht.
Je nach Lage der Minderdurchblutung, kann es auch bei der Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung zu lebenslangen Beeinträchtigungen oder zu einer lebensbedrohlichen Situation kommen. Für eine günstige Prognose ist eine frühzeitige und umfassende medizinische Untersuchung notwendig. Je länger eine Behandlung hinausgezögert wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen oder dauerhaften Beeinträchtigungen. Neben Störungen des Stoffwechsels drohen Beschädigungen des Gehirns. Es treten irreparable Gewebeschäden ein, die in schweren Fällen neben den Organstörungen zusätzlich zu Funktionsstörungen führen.
Bei einer akuten Ischämie ist sofortiges Handeln notwendig, um das Überleben des Betroffenen zu sichern. Es ist mit lebenslangen Beeinträchtigungen sowie einer verminderten Lebensqualität zu rechnen, da Folgeerscheinungen auftreten. Die Leistungsfähigkeit ist insgesamt vermindert und es kann zu Einschränkungen der Bewegungsabläufe oder der Koordination kommen. Der Alltag muss umstrukturiert werden, da die Erfüllung gewohnter Aufgaben nach dem Vorfall meist nicht mehr ausreichend gewährleistet werden kann.
Vorbeugung
Einer Ischämie vorbeugen lässt sich generell mit Maßnahmen, die das Herz-Kreislauf-System gesund halten: mit Sport, guter Ernährung unter besonderer Berücksichtigung gesunder Fette und mit Verzicht auf Zigaretten. Bei Patienten mit Vorerkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, die für Gefäßverschlüsse prädisponieren, sowie bei Bettlägerigkeit nach Operationen sollte auf eine sorgfältige Antikoagulation geachtet werden. Außerdem darf das Abbinden von Extremitäten nur im absoluten Notfall erfolgen, denn nach zu lang anhaltender Ischämie kann eine Amputation des betroffenen Körperteils notwendig werden.
Nachsorge
Nach der Therapie durch den behandelnden Arzt ist bei einer Ischämie besonders wichtig, auf eine gesunde und ausgewogene Lebensweise zu achten. Der Verzicht auf Alkohol und Nikotin (in jeder Form) ist hier unumgänglich. Ebenfalls sollte in der Folge auf die Cholesterinwerte geachtet werden. Zu hohe Cholesterinwerte können zu weiteren Komplikationen im Gefäßsystem führen. Störungen im Fettstoffwechsel sind unbedingt zu vermeiden.
Auch auf das Körpergewicht sollte geachtet werde; Übergewicht kann zu weiteren Problemen führen, die der Patient unbedingt vermeiden sollte. Unterstützend und in jedem Fall gesundheitsfördernd ist Sport und ausreichend Bewegung wie Spaziergänge, Jogging, Mannschaftssportarten oder Radfahren. Auch eine laufende Überwachung bezüglich Bluthochdruck und Diabetes empfiehlt sich.
Eine ausgewogene Ernährung mit vielen Ballaststoffen ist in der Nachsorge bei Ischämie ebenfalls förderlich. Ballaststoffe senken nicht nur den Cholesterinspiegel, sondern sorgen auch für eine gesunde Darmtätigkeit. Vitamine helfen, weiteren Gefäßerkrankungen vorzubeugen. Hier seien vor allem die Vitamine E und C genannt. Ebenfalls positive Wirkung können Carotinoide zeigen.
Vermeiden sollte der Patient den Genuss von stark fetthaltigen oder frittierten Nahrungsmitteln. Gehärtete Fette sollten vom Speiseplan verschwinden. Auch der Faktor „Stress“ spielt in der Nachsorge von einer Ischämie eine wichtige Rolle. Im beruflichen als auch privaten Umfeld sollte dieser so weit als möglich minimiert werden.
Das können Sie selbst tun
Eine leichte Ischämie kann durch Arzneimittel und Schonung relativ rasch auskuriert werden. Auch nach einer Operation gilt für die Betroffenen Bettruhe und Schonung. Bei anhaltenden Schmerzen wird am besten der Arzt informiert. In Rücksprache mit dem Mediziner können Mittel aus der Natur wie Johanniskraut oder Belladonna eingesetzt werden, um die Beschwerden zu reduzieren. Auch Massagen, Akupunkturen und andere alternative Behandlungsmethoden sind mit Einverständnis des Arztes erlaubt.
Nachdem die Erkrankung auskuriert wurde, muss der Lebensstil umgestellt werden. Wichtig sind vor allem Maßnahmen, die das Herz-Kreislauf-System stärken, zum Beispiel Sport, eine gesunde und ausgewogene Ernährung und der Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol und Nikotin. Ischämie-Patienten sollten auch Stress vermeiden und auf einen erholsamen Nachtschlaf achten. Parallel dazu sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen im Krankenhaus angezeigt, denn, abhängig von der Grunderkrankung, kann es immer wieder zu einer Ischämie kommen.
Quellen
- Bubendorf, L., Feichter, G.E., Obermann, E.C., Dalquen, P.: Pathologie – Zytopathologie. Springer, Berlin 2011
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015