Kyphose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Kyphose ist eine nach außen gewölbte (konvexe) Krümmung von Bereichen der Wirbelsäule. Dabei besteht in ihrem Brust- und im Endbereich jeweils eine natürliche Kyphose. Die konvexe Krümmung der Wirbelsäule wird erst pathologisch, wenn sie an untypischer Stelle auftritt oder wenn der Cobb-Winkel nicht mehr im Normbereich liegt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Kyphose?

Eine Kyphose äußert sich durch eine übermäßige konvexe Krümmung bestimmter Bereiche der Wirbelsäule. In vielen Fällen verursachen die Krümmungen keine Beschwerden.
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Eine konvexe (nach außen gewölbte) Krümmung der Wirbelsäule wird als Kyphose bezeichnet. Dabei ist zur Stabilität der gesamten Wirbelsäule die natürliche Kyphose der Brust- und Endwirbelsäule sowie die natürliche Lordose (nach innen gewölbt) der Lendenwirbelsäule notwendig. Pathologisch wird eine Kyphose erst, wenn sie an untypischer Stelle auftritt oder die natürliche Krümmung erheblich überschreitet. Bei einer krankhaften Verstärkung der Kyphose der Brustwirbelsäule wird von Hyperkyphose oder umgangssprachlich von Buckel gesprochen.

Im Lateinischen heißt es Gibbus. Dabei dient der sogenannte Cobb-Winkel als Maß für die Beurteilung einer Kyphose. Der Normbereich liegt zwischen 30 und 50 Grad. Auch die Lendenwirbelsäule kann untypischerweise von einer Kyphose betroffen sein. Normalerweise ist sie konkav (nach innen) gewölbt. Bei krankhaften Veränderungen ist unter Umständen ein Flachrücken oder in Extremfällen sogar eine Kyphose der Lendenwirbelsäule möglich.

Ursachen

Die Ursachen von pathologischen Kyphosen sind meist Haltungsschäden. Während der Evolution musste sich die menschliche Wirbelsäule in den letzten 5 Millionen Jahren an den aufrechten Gang anpassen. Dieser Vorgang ist anscheinend noch nicht vollständig abgeschlossen. Die Wirbelsäule ist noch nicht so stabil, dass extreme Krümmungen während der Entwicklung ausgeschlossen werden können. Deshalb treten über das Maß hinausgehende Kyphosen unter der heutigen Bevölkerung verstärkt auf.

Besonders in den Industriestaaten wird die Kyphose durch häufig sitzende Tätigkeit verstärkt. So ist die posturale Kyphose, welche oft durch Haltungsfehler in der Jugend entsteht, die häufigste Form der Kyphose. Im Alter wird sie als Witwenbuckel bezeichnet und ist hier die Folge von Wirbelfrakturen oder dem Verlust der Muskel-Skelett-Integrität. Als weitere Ursache kommt Morbus Scheuermann infrage. Beim Morbus Scheuermann handelt es sich um eine Fehlentwicklung der Anpassung während der Pubertät. Im Pubertätsalter findet ein Wachstumsschub statt.

Werden die Rückenwirbel bei schwach ausgeprägter Muskulatur falsch belastet, kommt es zum ungleichmäßigen Wachstum der Wirbelkörper. Der außen liegende Teil der Wirbelkörper wächst schneller als der innen liegende Teil, sodass sie keilförmig werden. Dabei entwickelt sich eine extreme Krümmung der Wirbelsäule im Brustbereich.

Des Weiteren gibt es auch angeborene Formen der Kyphose. Dabei können die Wirbelkörper missgebildet oder zusammengewachsen sein. Manchmal treten angeborene Kyphosen erst im Teenager-Alter auf. Auch ernährungsbedingte Kyphosen sind möglich bei einem Vitamin-D-Mangel. Kyphosen entstehen auch in der Folge von Tuberkulose oder nicht ausgeheilten Wirbelfrakturen nach Unfällen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Kyphose äußert sich durch eine übermäßige konvexe Krümmung bestimmter Bereiche der Wirbelsäule. In vielen Fällen verursachen die Krümmungen keine Beschwerden. Sie müssen aber überwacht und konservativ behandelt werden. Manchmal kommt es jedoch zu starken Schmerzen, Atemproblemen, Problemen mit der Verdauung, Herz-Kreislauf-Störungen, neurologischen Problemen oder gar neurologischen Ausfällen in Form von Lähmungen.

Insgesamt ist bei den extremen Formen der Kyphose die Lebenserwartung herabgesetzt. Mögliche langfristige Folgen sind unter anderem chronische Schmerzen mit Schlafstörungen, Zerstörung der Wirbelkörper, Beeinträchtigungen der inneren Organe, Empfindungsstörungen, Schädigungen des Rückenmarks bis zu Lähmungserscheinungen, herabgesetzte Beweglichkeit oder psychische Belastungen aufgrund der Entstellungen.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Zur Diagnostik der Ursachen von Kyphosen stehen bildgebende Verfahren wie Wirbelsäulenaufnahmen, CT oder MRT bereit. Auf seitlichen Röntgenaufnahmen kann der Cobb-Winkel bestimmt werden. Diese Verfahren erlauben es, Zeichen alter Frakturen zu identifizieren. Eine wichtige Rolle bei der Diagnostik spielt jedoch die Anamnese der Krankengeschichte, um zwischen Haltungsschäden und organisch bedingten Ursachen für die Kyphose differenzieren zu können.

Komplikationen

Eine Kyphose kann zu einer Reihe von gesundheitlichen Problemen führen. Die Dysbalance der Wirbelsäule geht in der Regel mit chronischen Schmerzen einher, die Schlafstörungen und psychische Erkrankungen zur Folge haben können. Die seelische Belastung nimmt durch die kosmetische Entstellung häufig noch zu und löst bei den Betroffenen mitunter Depressionen und Angststörungen aus.

Langfristig können Fehlstellungen und Folgefrakturen auftreten, die auch die inneren Organe (vor allem Lunge und Herz) belasten können. Auch das Rückenmark kann Schaden nehmen und bisweilen Lähmungen und Funktionsstörungen hervorrufen. Generell ist bei einer Kyphose die Mobilität eingeschränkt. Dadurch kann es zu Problemen im Alltag und Beruf kommen.

Die oftmals begleitend auftretenden Sensibilitätsstörungen verstärken diese Komplikationen noch. Darüber hinaus können auch bei der Operation einer Kyphose Komplikationen auftreten. Es kann zu Entzündungen der Weichteile, Beeinträchtigungen der Atmung, Nachblutungen und Nervenschädigungen kommen. Verordnete Schmerzmittel können Nebenwirkungen hervorrufen.

Häufig kommt es zu vorübergehenden Verdauungsbeschwerden, Bluthochdruck oder Infektionen. Manche Menschen reagieren auf die Präparate, die die Beschwerden lindern sollen, mit Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Darmblutungen oder Bewusstseinstrübungen. Wenn mehrere Arzneimittel gleichzeitig eingenommen werden, können Wechselwirkungen auftreten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine Kyphose ruft nicht immer Beschwerden hervor. Dennoch ist eine Überwachung durch den Arzt notwendig. Wenn Symptome wie Schmerzen, Atembeschwerden oder Verdauungsprobleme bemerkt werden, liegt womöglich eine Kyphose zugrunde, die abgeklärt werden muss. Auch neurologische Probleme und Herz-Kreislauf-Störungen zählen zu den Warnzeichen, die von einem Arzt zu untersuchen sind. Chronische Schmerzen, Empfindungsstörungen und Lähmungserscheinungen deuten darauf hin, dass die Krümmung der Wirbelsäule bereits fortgeschritten ist und müssen deshalb abgeklärt werden. Sollten weitere Komplikationen wie Bluthochdruck oder Infektionen bemerkt werden, wird am besten sofort mit einem Mediziner gesprochen.

Selbiges gilt für chronische Kopfschmerzen, Übelkeit, Bewusstseinstrübungen und andere Beschwerden, die nicht eindeutig auf eine Erkrankung zurückzuführen sind. Personen, die an Haltungsschäden leiden oder bei denen eine Erkrankung wie Morbus Scheuermann diagnostiziert wurde, entwickeln häufig auch eine Kyphose. Auch Vitamin-D-Mangel, Tuberkulose und schlecht ausgeheilte Wirbelfrakturen begünstigen eine Krümmung der Wirbelsäule und bedürfen einer medizinischen Untersuchung. Betroffene Personen ziehen am besten den Hausarzt oder einen Orthopäden zurate. Die individuellen Symptome müssen von den jeweils zuständigen Fachärzten behandelt werden.

Behandlung & Therapie

Die Behandlungsmethoden der Kyphose richten sich nach ihren Ursachen. In den meisten Fällen reicht eine konservative Behandlung. Dabei werden regelmäßig physiotherapeutische Übungen durchgeführt. Während dieser Übungen wird gleichzeitig die Rücken- und Brustmuskulatur trainiert. Nur bei einer kräftigen Muskulatur ist eine konstante Aufrichtung der Wirbelsäule möglich. Zu den Übungen gehört auch ein regelmäßiges Strecken der Wirbelsäule, um die Verschlechterung der Haltungsschäden zu verhindern.

Die Standard-Therapie für Morbus Scheuermann und Lendenkyphose ist in Deutschland die Anwendung der Schroth-Methode. Dabei werden dreidimensionale Übungstechniken zur Wirbelsäulenaufrichtung, Atemübungen zur Vergrößerung des Atemvolumens und Bewegungsstrategien für den Alltag durchgeführt. Bewährt hat sich auch das Tragen von Korsetts bei Jugendlichen mit starken Kyphosen. Da das Korsett jedoch über 3/4 des Tages getragen werden muss, ist die Mitarbeit der Jugendlichen gefragt, was nicht immer so einfach ist.

In extremen Fällen einer Kyphose hilft oft nur eine chirurgische Behandlung. Diese kann jedoch nur bei Erwachsenen durchgeführt werden, weil bei Jugendlichen der Wachstumsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Bei der chirurgischen Behandlungsmethode wird eine Versteifung von zwei bis drei Wirbeln durchgeführt, um die volle Belastbarkeit der Wirbelsäule wiederherzustellen. Diese Methode wird auch als Spondylodese bezeichnet. Des Weiteren müssen natürlich die einer Kyphose eventuell zugrunde liegenden Erkrankungen behandelt werden.


Aussicht & Prognose

Die Prognose fällt abhängig vom Alter des Patienten, der Ausprägung und Schwere der Symptome und der Deformation der Wirbelsäule unterschiedlich aus. Die zugrunde liegende Erkrankung, Begleiterkrankungen und Übergewicht sind weitere Faktoren einer Prognose. Nicht selten leben Patienten mit Kyphose ohne größere Beeinträchtigungen im Alltag.

Haltungsbedingte Kyphosen können lange unbemerkt bleiben, da sich Beschwerden oft erst zeigen, wenn der Patient längere Zeit eine falsche Körperhaltung eingenommen hat. Unbehandelt kann es zu Rückenschmerzen, Bewegungseinschränkungen oder auch zu Atembeschwerden führen. Bei einer zeitigen und konsequent durchgeführten Behandlung ist die Prognose meist günstig.

Durch Morbus Scheuermann verursachte Kyphosen limitieren sich mit Abschluss der Wachstumsphase selbst, sind jedoch nicht heilbar. Die Prognose ist oft günstig, durch eine frühzeitige Diagnose können schwere Deformationen vermieden werden. Durch Morbus Bechterew bedingte Kyphosen haben heute nur selten eine schwere Ausprägung. Rechtzeitiger Therapiebeginn und Zugabe geeigneter Medikamente beugen einer Invalidisierung vor.

Leidet der Patient an Kyphose durch Knochenschwund, ist eine regelmäßige Kontrolle wichtig. Durch Osteoporose verursachte Wirbelbrüche bedürfen einer dringenden Behandlung, da ein hohes Risiko für weitere Wirbelbrüche besteht. Ungünstig fallen die Prognosen bei einer Kyphose über 60 % aus. Eine starke Degeneration der Wirbelsäule beeinträchtigt die Lebensqualität. Diese kann durch die operative Therapie wieder deutlich verbessert werden.

Vorbeugung

Zur Vorbeugung einer Kyphose sollte auf die richtige Körperhaltung geachtet werden. Auch die Stärkung der Rückenmuskulatur durch entsprechende Übungen kann die Ausbildung eines krummen Rückens verhindern. Bei sitzenden Tätigkeiten sollte die Rücken- und Nackenmuskulatur regelmäßig durch Strecken und Aufstehen entspannt werden. Am Arbeitsplatz ist für ergonomische Büromöbel zu sorgen.

Nachsorge

Die Kyphose als an sich physiologische Erscheinung bedarf nur bei zu hoher Ausprägung und damit verbundenen Beschwerden einer Therapie sowie der anschließenden Nachsorge. Die Nachsorge wird in Zusammenarbeit mit dem Orthopäden oder Physiotherapeuten gestaltet, setzt aber die Mitarbeit des Patienten für den Erfolg in vielen Fällen voraus. Das betrifft vor allem im Rahmen der Krankengymnastik erlernte Übungen, die zu Hause konsequent weitergeführt werden.

Dies sind in der Regel Übungen, die vor allem zwei Zwecken dienen. Zum einen wird die verkürzte Muskuatur im Bereich der Brust sanft gedehnt, um der ungesund nach vorne gekrümmten Haltung nachhaltig entgegenzuwirken. Zum anderen werden die Muskeln im Bereich des oberen Rückens gekräftigt, was eine physiologische Aufrichtung der Wirbelsäule begünstigt, wenn die Übungen regelmäßig durchgeführt werden. Im Fitnessstudio oder Rehasport kann an Geräten trainiert werden, die die für eine gezielte Kräftigung erforderlichen Übungen exakt führen. Das steigert die Effizienz und reduziert die Verletzungsgefahr spürbar.

Wichtig ist bei der Nachsorge der Kyphose zudem, auch auf eine aufrechte Haltung zu achten. Dazu gehört auch die ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes. Gerade das Vorbeugen des Oberkörpers am Schreibtisch darf nicht zu stark ausfallen und ist auch immer wieder durch aktive Pausen zu unterbrechen. Yoga kann dabei helfen, für einen gerade Rücken zu sensibilisieren.

Das können Sie selbst tun

Alternativ zu ärztlichen Maßnahmen, kann eine Kyphose mit verschiedenen Rückenübungen selbst behandelt werden. Methoden der Krankengymnastik oder des Yogas bauen Rücken- und Brustmuskulatur gezielt auf und reduzieren den Rundrücken. Eine beispielhafte Übung ist die Dehnung der Brustmuskulatur. Dabei wird ein Unterarm gegen eine Wand gelehnt und der Oberkörper und Kopf zur Seite gedreht, bis eine Dehnung der Brust zu spüren ist. Ähnlich wirksam sind Rückbeugen im Stehen und auf dem Bauch. Spezielle Atemtechniken unterstützen diese Übungen, indem sie die Muskulatur entspannen und entlasten.

Um eine Kyphose auf Dauer zu beheben, müssen die genannten Maßnahmen regelmäßig durchgeführt werden. Vor allem im Alter ist ein zielgerichtetes und konsequentes Training essentiell für den Behandlungserfolg. Im täglichen Leben muss bewusst auf eine gerade Haltung geachtet werden. Bei einem ausgeprägten Rundrücken ist es mitunter notwendig, ein Korsett zu tragen. Das Kleidungsstück stützt den gesamten Halteapparat und gleicht die Fehlhaltung aus.

Sollten Schmerzen oder anderweitige Beschwerden auftreten, muss der Arzt die Kyphose untersuchen und gegebenenfalls ein geeignetes Arzneimittel verschreiben. Bei größeren Komplikationen ist unter Umständen eine Operation erforderlich.

Quellen

  • Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
  • Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
  • Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015

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