Lafora-Krankheit
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Lafora-Krankheit ist auch unter der Bezeichnung progressive myoklonische Elepsie 2 oder Lafora-Einschlusskörperchen-Krankheit bekannt. Es handelt sich um eine neurologische Erberkrankung, die in die Gruppe der Polyglukosankrankheiten und der progressiven Myklonus-Epilepsien gehört. Sie ist gekennzeichnet durch Muskelkrämpfe, Halluzinationen, Demenz und dem vollständigen Verlust der kognitiven Fähigkeiten. Diese letale neurodegenerative Erkrankung setzt schleichend im Kindes- oder Jugendalter ein.
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Was ist die Lafora-Krankheit?
Die Lafora-Krankheit ist eine autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, die sich durch unwillkürliche, heftige und generalisierte Muskelzuckungen charakterisiert. Die ersten Symptome und Beschwerden zeigen sich bei jungen Menschen im Kindes- oder Jugendalter. Diese neurologische Erkrankung ist bisher nicht heilbar und verläuft regelmäßig letal.
Die Betroffenen werden selten älter als 25 Jahre. Sie leiden an Halluzinationen, mit fortschreitender Krankheit stellen sich zudem Demenz und der Verlust der kognitiven Fähigkeiten ein. Die Prävalenz in der westlichen Welt liegt bei eins zu einer Million und erhöht sich in geografisch isolierten Landstrichen und Regionen, in denen die Ehe unter Verwandten nicht selten ist.
Ursachen
In seltenen Fällen wird die Lafora-Krankheit nicht rezessiv vererbt, sondern ist das Ergebnis einer zufälligen Genmutation. Im Gehirn befinden sich mehrere Kontrollsysteme, die eine Anhäufung von zu großen Zuckermengen in den Nervenzellen verhindern. Wächterproteine sorgen dafür, dass diese Kontrollsysteme reibungslos funktionieren. Für die meisten Körperzellen ist Zucker in seiner Speicherform Glykogen ein willkommener Energielieferant.
Für die Gehirnzellen ist er jedoch tödlich. Bei gesunden Menschen bleibt der Kohlenhydratspeicher ausgeschaltet, so dass er nicht versehentlich aktiviert wird. Bei Menschen, die unter der Lafora-Krankheit leiden, wird dieser Kontrollmechanismus ausgesetzt und kleine Zuckerklümpchen in Form Glykogen docken an den Gehirnzellen an und schalten diese aus.
Die beiden Eiweiße der zuständigen Gene verhindern die Glykogen-Produktion. Sie sind so eng miteinander verbunden, dass bereits der Defekt eines Proteins auch das beteiligte zweite Gen außer Gefecht setzt. Der Kontrollmechanismus ist unterbrochen und stößt unterschiedliche Reaktionen an, die die Speicherung von Glykogen-Körnchen an den Gehirnzellen begünstigt und so schließlich zum Tod der Nervenzellen führt.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Folgen dieser Glykogen-Ansammlung in den Gehirnzellen haben für den Organismus verheerende Folgen. Die Betroffenen leiden unter epileptischen Anfällen, die sich durch heftige und willkürliche Muskelkrämpfe und Muskelzuckungen auszeichnen. Der Patient hat Schwierigkeiten, seine Bewegungen und Muskelfunktionen zu koordinieren.
Zudem stellen sich Halluzinationen, Gedächtnislücken und Denkschwierigkeiten ein, die mit fortschreitender Krankheit zur Demenz führen. Im Endstadium stellt sich ein erheblicher Verfall der kognitiven Leistungen mit vorübergehender Blindheit ein. Die Epilepsieanfälle treten immer häufiger und heftiger auf.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Mit fortschreitender Krankheit verschlimmern sich die Symptome und Beschwerden, da bisher noch keine erfolgreiche Therapie für diese neurodegenerative Erbkrankheit existiert. Aus diesem Grund verläuft sie immer letal, die Patienten sterben in der Regel innerhalb von zehn Jahren nach der Diagnose. Im Endstadium der Krankheit sind die kognitiven Fähigkeiten und der körperliche Zustand des Patienten so eingeschränkt, dass er zum Pflegefall wird.
Auch ein Krankenhausaufenthalt kann notwendig sein. Der behandelnde Arzt führt eine Hautbiopsie, alternativ eine Leber- oder Gehirnbiopsie, durch, um abschließende Gewissheit darüber zu bekommen, ob der Patient tatsächlich unter der Lafora-Krankheit leidet. Die Biopsie wird durch verschiedene genetische Tests unterstützt. Neben dem Patienten werden auch die Eltern des Patienten getestet, um festzustellen, ob sie Träger dieses Gendefekts sind.
Durch diese erbgenetische Untersuchung erhält der behandelnde Arzt die abschließende Gewissheit, dass es sich um einen autosomal-rezessiven Erbgang und nicht um eine zufällige Genmutation handelt.
Komplikationen
Die Patienten zeigen unwillkürliche Bewegungen und können ihre Muskeln nicht mehr selbstständig kontrollieren. In vielen Fällen sind sie daher auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Alltag angewiesen. Ebenso können auch Gedächtnislücken auftreten. Die Betroffenen leiden auch an Denkschwierigkeiten und an Symptomen einer Demenz. Vor allem für Angehörige oder für Eltern kann es durch die Lafora-Krankheit zu schweren psychischen Beschwerden oder zu Depressionen kommen.
Weiterhin kann die Krankheit auch zu einer Erblindung führen. Es ist nicht möglich, die Lafora-Krankheit kausal zu behandeln. Aus diesem Grund findet die Behandlung symptomatisch statt und richtet sich nach den Beschwerden. Ein vollständig positiver Krankheitsverlauf stellt sich allerdings nicht ein, sodass die Patienten in den meisten Fällen ihr gesamtes Leben lang auf die Hilfe und Unterstützung anderer Menschen angewiesen sind.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Eltern, die bei ihrem Kind Anzeichen der Lafora-Krankheit bemerken, sollten umgehend mit dem Kinderarzt sprechen. Die Erkrankung schreitet zügig voran und ist bislang nicht ursächlich behandelbar, weshalb frühzeitig eine symptomatische Therapie eingeleitet werden muss. Charakteristische Symptome wie Krampfanfälle, Halluzinationen oder Lernstörungen bedürfen einen raschen Abklärung. Sollten sich weitere Symptome einstellen, ist in jedem Fall ärztlicher Rat gefragt. Der Arzt kann eine Biopsie vornehmen und die Erkrankung ausschließen oder diagnostizieren.
Sollte tatsächlich die Lafora-Krankheit vorliegen, muss zeitnah mit den therapeutischen Maßnahmen begonnen werden. Während der Therapie muss in regelmäßigen Abständen Rücksprache mit einem Arzt gehalten werden. Sollten die verordneten Medikamente Nebenwirkungen auslösen oder keine Wirkung zeigen, ist der zuständige Mediziner darüber zu informieren. Da es sich bei der Lafora-Krankheit um eine Erbkrankheit handelt, ist bei einem konkreten Verdacht eine Diagnose im Mutterleib möglich. Wenn ein Elternteil an der Erkrankung leidet, sollte deshalb eine genetische Untersuchung stattfinden. Dadurch kann unmittelbar nach der Geburt mit der Behandlung begonnen werden.
Behandlung & Therapie
Diese neurodegenerative Erkrankung ist bisher nicht heilbar, die Symptome und Beschwerden verschlimmern sich innerhalb einer vergleichsweise kurzen Zeit, so dass die Patienten in der Regel nicht älter 25 Jahre werden. Der behandelnde Arzt kann lediglich antikonvulsive Medikamente verschreiben, um die Muskelkontraktionen und damit den Leidensdruck des Patienten zu verringern.
Vorzugsweise verschreibt der behandelnde Arzt ein Muskelrelaxans (Myotonolytikum) wie Clonazepam und Antiepileptika wie Valproinsäure. Clonazepam aus der Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine wird bereits bei Kindern, die unter Epilepsie leiden, angewendet. Es entfaltet eine krampfunterdrückende Wirkung und sorgt für die Entspannung der Muskeln. Valproinsäure ist eine wirkungsvolle Therapieform bei generalisierten Formen der Epilepsie, das zudem noch eine impuls- und stimmungsstabilisierende Wirkung entfaltet.
Diese beiden Medikamente können den Verlauf der Lafora-Krankheit lediglich positiv begleiten und die Beschwerden mindern, nicht jedoch heilen oder dem Patienten auf Dauer ein den Umständen entsprechend normales Leben ermöglichen. Neben der medikamentösen Therapie empfiehlt sich auch eine psychologische Begleitung von Patient und Eltern.
Aussicht & Prognose
Die Lafora-Krankheit ist bisher wenig erforscht. Sie kommt etwa bei einem aus eine Millionen Menschen vor. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie vererbt wird und durch die Kindszeugung unter Verwandten übertragen wird. Heilungsaussichten sind nicht gegeben. Ärzte versuchen akute Beschwerden zu stillen. Die Lebenserwartung ist deutlich minimiert. Fast alle Betroffene erreichen nicht einmal das 25. Lebensjahr. Der Beginn der typischen Beschwerden liegt in der zweiten Lebensdekade. Anschließend bleiben Patienten noch vier bis zehn Jahre, in denen die kognitiven Fähigkeiten abfallen und Krämpfe kontinuierlich zunehmen.
Es ist nicht ratsam, auf eine Behandlung zu verzichten. Zwar bleibt die Lebenszeit dieselbe, Ärzte können aber viele Beschwerden mildern. So können die Schmerzen des Verfalls eingedämmt werden. Die Erkrankung ist nicht nur für den Patienten, sondern auch für die Angehörigen belastend.
Psychotherapien können sinnstiftenden Fragen nachgehen und den Weg auf das Lebensende hin thematisieren beziehungsweise gliedern. Die Prognose nach einer diagnostizierten Lafora-Krankheit könnte also nicht ungünstiger ausfallen. Erkrankte sind in ihrem kurzen Leben hilfsbedürftig. Dem Aufbau einer beruflichen Perspektive sind im Vornherein enge Grenzen gesetzt.
Vorbeugung
Die meisten Betroffenen wissen bis zur abschließenden Diagnose nicht, dass sie unter dieser Erkrankung leiden. Da es sich um eine seltene Genmutation handelt, die durch beide Elternteile auf das Kind übertragen wird, ist eine Vorbeugung im klinischen Sinne nicht möglich. In der Regel erfahren die Eltern erst mit der abschließenden Diagnose und den weiteren Gentests, dass auch sie Träger dieses Gendefekts sind, der bei ihnen selbst jedoch nicht ausgebrochen ist.
Nachsorge
Bei der Lafora-Krankheit sind die Maßnahmen der Nachsorge in den meisten Fällen stark eingeschränkt, sodass Betroffene bei dieser Krankheit auf jeden Fall auf eine intensive medizinische Behandlung angewiesen sind. In erster Linie ist diese darauf angelegt, eine weitere Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern. Eine Selbstheilung kann bei der Lafora-Krankheit nicht eintreten, sodass immer eine Behandlung durch einen Arzt stattfinden muss.
In den meisten Fällen müssen bei dieser Krankheit verschiedene Medikamente eingenommen werden, die die Beschwerden lindern können. Eine vollständige Heilung kann dabei jedoch nicht erfolgen, sodass die meisten Betroffenen schon in einem sehr jungen Alter versterben. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch die Lafora-Krankheit daher deutlich verringert. Aufgrund der Beschwerden sind die meisten Betroffenen in ihrem Leben auf die Hilfe und auch auf die Unterstützung durch Freunde und Familie angewiesen.
Dabei wirken sich auch liebevolle und intensive Gespräche positiv auf den psychischen Zustand des Betroffenen aus und können weitere psychische Verstimmungen oder sogar Depressionen verhindern. Im Fall eines Kinderwunsches sollte bei der Lafora-Krankheit immer eine genetische Untersuchung und Beratung erfolgen, um das erneute Auftreten der Krankheit zu verhindern.
Das können Sie selbst tun
Meist muss das betroffene Kind einen Förderkindergarten und später eine Förderschule besuchen – beides sollte möglichst früh in die Wege geleitet werden, um spätere Probleme zu vermeiden. Eine ärztliche Betreuung ist bei der Lafora-Krankheit ebenfalls erforderlich. Der Erkrankte muss regelmäßig in der Arztpraxis untersucht werden, damit gegen etwaige Komplikationen schnell und zielgerichtet vorgegangen werden kann. Gegen die typischen Muskelkrämpfe und die unkoordinierten Bewegungen können verschiedene Medikamente verschrieben werden.
Eltern sollten stets darauf achten, das Kind im Blick zu behalten und bei Krämpfen sofort einzugreifen. Wenn das Kind direkt beruhigt und ruhiggestellt wird, können zumindest Unfälle und Stürze vermieden werden. Zudem wird das Risiko für Panikattacken gesenkt, wenn eine Vertrauensperson in der Nähe ist, die den Betroffenen beruhigt.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010