Leaky-Gut-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Leaky-Gut-Syndrom ist durch Permeabilitätsverluste der Darmwand gekennzeichnet. Übergetretene Toxine und Bakterien rufen beim "Leaky Gut" eine Entzündungsreaktion des gesamten Körpers hervor. Das Syndrom ist keine medizinisch oder wissenschaftlich anerkannte Erkrankung, sondern eine alternativmedizinische Hypothese.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Leaky-Gut-Syndrom?

Das Leaky-Gut-Syndrom ist medizinisch und wissenschaftlich keine anerkannte Erkrankung. Aus diesem Grund stellen nicht Schulmediziner die Diagnose eines „Leaky Gut“ (durchlässiger Darm).
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Das Leaky-Gut-Syndrom beschreibt eine hypothetischen, medizinisch bislang nicht anerkannten Zustand. Heilpraktiker und Ernährungswissenschaftler haben die Theorie entwickelt. Die Hypothese fokussiert die Permeabilität des menschlichen Darms.

Durch ihre selektiv permeablen Eigenschaften stellt die Darmwand eines gesunden Menschen eine Barriere dar, die nur bestimmte Stoffe hindurchtreten lässt und dadurch in den Organismus aufnimmt. Bei Patienten mit Leaky-Gut-Syndrom soll die Durchlässigkeit der Darmwand stark erhöht sein. Die Folge sind Selektivitätsverluste, die vor allem die Darmwand des Dünndarms zu betreffen scheinen.

Die Hypothese stellt zwischen erhöhter Durchlässigkeit der Darmwand und einer Vielzahl von Erkrankungen einen ursächlichen Zusammenhang her. Unter anderem sollen die rheumatoide Arthritis, chronische Müdigkeit, Migräne, multiple Sklerose und Autismus durch das Leaky-Gut-Syndrom begünstigt werden. Nur wenige Beweise für die Hypothese existieren.

Ursachen

Das Leaky-Gut-Syndrom geht laut der Hypothese auf unterschiedliche Faktoren zurück. Zu diesen Faktoren zählen zum Beispiel Bakterien und Hefepilze der Gattung Candida, deren übermäßiges Wachstum die Permeabilität der Darmwand stören soll. Auch schlechte Ernährung und Vergiftungen durch übermäßigen Antibiotika- oder Alkoholkonsum verursachen laut Anhängern der Theorie Selektivitätsverluste der Darmwand.

Speziell im Bereich des Dünndarms entstehen so „Lücken“ in der natürlichen Barriere. Anstatt nur Wasser und darin gelöste Nährstoffe ins Blut aufzunehmen, lässt die Darmwand fortan zahlreiche Proteine, Toxine und Bakterien aus dem Darminneren in den Blutkreislauf übertreten.

Dieser Übertritt von schädlichen Substanzen ruft gemäß der Theorie eine chronische Entzündungsreaktion im ganzen Körper hervor, die durch immunologische Reaktionen ausgelöst wird. So wird ein breites Spektrum von Folgeerkrankungen begünstigt. Speziell Autoimmunerkrankungen werden in diesem Zusammenhang mit dem Leaky-Gut-Syndrom assoziiert.

Symptome, Beschwerden und Anzeichen

Patienten mit Leaky-Gut-Syndrom leiden Anhängern der Hypothese zufolge an einem symptomatisch breiten Spektrum, das von chronischen Gelenkschmerzen bis hin zu Muskelschmerzen und Konzentrationsstörungen reichen kann. Neben Blähungen und Migräne werden Stimmungsschwankungen, Depressionen, Nervosität und Hauterkrankungen wie Akne mit dem Syndrom in Verbindung gebracht.

Dasselbe gilt für Ekzeme und Infektanfälligkeit, die auf eine Schwächung des Immunsystems zurückgeht. Oft handelt es sich bei den Infekten um wiederkehrende Blasen- und Vaginalinfekte. Darüber hinaus leiden viele Patienten an chronischen Müdigkeitszuständen und Lebensmittelunverträglichkeiten wie Gluten- oder Laktoseintoleranz.

Hinzu kommen oft Reizdarmbeschwerden, die sich im Laufe der Jahre bis hin zur chronisch entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa entwickeln können. Auch Allergien, Asthma und Autoimmunerkrankungen wie multiple Sklerose sollen durch das Syndrom hervorgerufen werden.

Diagnose und Krankheitsverlauf

Das Leaky-Gut-Syndrom ist medizinisch und wissenschaftlich keine anerkannte Erkrankung. Aus diesem Grund stellen nicht Schulmediziner die Diagnose eines „Leaky Gut“ (durchlässiger Darm). In der Regel wird die Diagnose stattdessen von Heilpraktikern oder Ernährungsberatern gestellt.

Ärztlich diagnostiziert werden lediglich die angeblichen Folgen des Leaky-Gut-Syndroms, so zum Beispiel die entzündliche Darmerkrankung Morbus Crohn. Die Prognose ist für Patienten mit Leaky-Gut-Syndrom laut der Hypothese hervorragend. Nicht nur lässt sich das Syndrom mit einfachen Mitteln heilen.

Auch eventuelle Folgeerkrankungen sollen nach der Behebung des "Leaky Gut" verschwinden. Für viele Patienten mit unheilbaren Autoimmunerkrankungen ist die Leaky-Gut-Hypothese daher ein gern genommener Hoffnungsschimmer.

Komplikationen

Das Leaky-Gut-Syndrom verursacht eine poröse Darmschleimhaut, welche vorwiegend den Dünndarm betrifft und als Mitverursacher für verschiedene chronische Krankheiten, Allergien sowie nichtheilbare Autoimmunerkrankungen angesehen wird. Solange die natürliche Barriere der Darmschleimhaut intakt ist, werden ausschließlich Nährstoffe und Wasser in den Blutkreislauf abgegeben. Beim Leaky-Gut-Syndrom entstehen jedoch Löcher in der Darmbarriere und es gelangen unverdaute Substanzen, Giftstoffe und Pilze in den Blutkreislauf, die zahlreiche Komplikationen verursachen.

Die körpereigene Abwehr beginnt gegen sich selbst zu arbeiten und eine Immunreaktion ist die Folge. Stellen Betroffene unerklärliche Müdigkeitsschübe, eine Lebensmittelunverträglichkeit sowie Kraftverlust, Magen-Darm-Probleme und eine Infekt-Zunahme fest, sollte eine medizinische Abklärung erfolgen. Das Syndrom kann sonst die Schilddrüse und Bauchspeicheldrüse entzündlich befallen.

Es drohen Krankheiten wie rheumatoide Arthritis, Diabetes und multiple Sklerose. Betroffene, die eine genetische Vorbelastung wie Zöliakie haben oder an Akne, Allergien, Neurodermitis, Asthma, Osteoporose leiden sowie starkem Stress ausgesetzt sind, können eher am Leaky-Gut-Syndrom erkranken. Im Labor kann das Krankheitsbild anhand von Blut-, Urin- und Stuhlproben eingehend untersucht und nachgewiesen werden.

Ein besonderer Hinweis dahingehend sind erhöhte Leber- und Zonulinwerte sowie der Nachweis von Alpha-1-Antitrypsin. Neben der medizinischen Therapie wird eine radikale gluten- und zuckerfreie Ernährungsweise im Rahmen einer Paleo-Diät empfohlen, bei der auch auf künstliche Zusatzstoffe verzichtet werden muss.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Typische Warnzeichen wie Magenschmerzen, Blähungen, Migräne oder eine Gluten- oder Laktosintoleranz deuten auf ein Leaky-Gut-Syndrom hin, welches unbedingt von einem Arzt untersucht werden muss. Sollten Anzeichen eines Reizdarms oder einer anderen Darmerkrankung auftreten, ist ebenfalls ärztlicher Rat gefragt. Vor allem länger andauernde Beschwerden, die auf keinen bestimmten Auslöser zurückzuführen sind, müssen von einem Mediziner untersucht und gegebenenfalls behandelt werden. Personen, die bereits einmal eine Vergiftung durch Alkohol oder Antibiotika erlitten haben, sind besonders anfällig für die Entstehung eines Leaky-Gut-Syndroms.

Auch im Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen tritt das Syndrom relativ häufig auf. Wer zu diesen Risikogruppen gehört, sollte mit genannten Symptomen in jedem Fall zum zuständigen Arzt gehen. Neben dem Hausarzt kann ein Gastroenterologe oder Internist hinzugezogen werden. Der Mediziner wird je nach Ausprägung der Beschwerden weitere Ärzte hinzuziehen. So müssen chronische Gelenk- oder Muskelschmerzen von einem Orthopäden behandelt werden, während seelische Störungen wie Depressionen oder Ängste im Rahmen einer Psychotherapie aufzuarbeiten sind.

Behandlung und Therapie

Die Therapie des Leaky-Gut-Syndroms setzt bei den Substanz an, die die Permeabilität der Darmwand ursprünglich gestört haben. Diese Substanzen gilt es in Zukunft konsequent zu meiden. Vor allem Gluten- und Lektin-haltige Produkte wie beispielsweise Getreide- sowie Vollkornprodukte werden vom Speiseplan gestrichen. Brot, Nudeln oder Hülsenfrüchte sind vorerst verboten.

In eingeschränktem Maß gilt fas auch für Nachtschattengewächse wie Kartoffeln, Paprika und Tomaten. Außerdem sind bestimmte Pflanzen-Öle, Milchprodukte und Mehle vorerst Tabu. Diese Umstellung greift relativ tief in die Ernährungsgewohnheiten ein und erfolgt daher unter professioneller Betreuung durch einen Ernährungsberater.

Der Wechsel zu einer sogenannten Paleo- oder Steinzeiternährung verspricht laut Anhänger der Hypothese nachhaltigen Erfolg, da sich die Darmschleimhaut so regenerieren kann. An die Stelle von Getreide- und Milchprodukten treten Gemüse, Wildfleisch, Fisch oder Meeresfrüchte, Obst, Eier, Nüsse, Honig und Kräuter.

Über die Ernährungsumstellung hinaus werden unterschiedliche Probiotika sowie pflanzliche Heilmittel als supportive Behandlungsmaßnahmen propagiert. Nur wenige Anzeichen sprechen für die Nützlichkeit der Behandlungsmaßnahmen im Bezug auf die Darmschleimhaut. Zweifler weisen darauf hin, dass sich Ernährungsberater und alternative Mediziner mit der Leaky-Gut-Hypothese einen neuen Einsatzbereich geschaffen haben.

Hinter dem Leaky-Gut-Syndrom vermuten sie eine aufwendig aufgebaute Marketingstrategie für unterschiedliche Naturheilmittel und verwandte Produkte. Da die Ernährungsumstellung im Rahmen des Leaky-Gut-Syndroms nur in Betreuung eines Ernährungsberaters zu erfolgen hat und die Branche von diesen Anweisungen entsprechend profitiert, haben alle Zweifler starke Argumente. Zumindest sollte bei geplanten Maßnahmen wie der Ernährungsumstellung oder der Befürchtungen von Darmwandpermeabilitätsverlusten das Gespräch mit einem Schulmediziner gesucht werden.


Aussicht & Prognose

Die Aussichten, bei einem Leaky-Gut-Syndrom Hilfe zu finden, sind nicht überall gleich gut. Problematisch ist, dass die Diagnose unter Medizinern umstritten ist. Die Symptome eines Leaky-Gut-Syndroms werden daher oft nicht ernst genommen. Es kommt zu einer falschen Reizdarmdiagnose. Viele der Betroffenen gehen mit ihren Beschwerden gar nicht erst zum Arzt. In diesem Fall sind die Aussichten auf eine Besserung der Beschwerden schlecht.

Da der Darm beim Leaky-Gut-Syndrom über lange Sicht geschädigt wird, ist es eine gute Idee, einen Heilpraktiker aufzusuchen. Denn durch den durchlässigen Darm können Spaltprodukte, Allergene und Toxine aus der Nahrung ungehindert in den Blutkreislauf übergehen. Dadurch kommt es zu Entzündungen und anderen Folgeerkrankungen.

Da das Leaky-Gut-Syndrom durch verschiedene Untersuchungen klar diagnostiziert werden kann, ist die Prognose an sich gut. Durch eine sinnvolle Ernährung, die Meidung der möglichen Auslöser und Begünstiger, sowie gegebenenfalls der Gabe von Medikamenten kann das Leaky-Gut-Syndrom gut behandelt werden. Je naturbelassener die Nahrung ist, desto besser ist es für den geschädigten Darm.

Wichtig für eine gute Prognose ist auch die Mäßigung von exzessivem Sport oder eine Minderung von Stressfaktoren. Auch die Feststellung von Unverträglichkeiten auf Nahrungsmittel oder Nahrungsbestandteile kann die Prognose verbessern. Ballaststoffreiches Essen ist bei einem Leaky-Gut-Syndrom ebenso wichtig wie Prä- und Probiotika.

Vorbeugung

Dem Leaky-Gut-Syndrom lässt sich laut der Theorie vorbeugen. Als eine der wichtigsten Vorbeugemaßnahmen propagieren Anhänger der Hypothese die stimmige Ernährungsweise, wie sie in Begleitung eines Ernährungsberaters entwickelt werden kann. Außerdem wird der Markt mittlerweile von unterschiedlichen Naturheilmitteln überschwemmt, die den Permeabilitätsverlusten vorbeugen sollen. Eine vollumfängliche Vorbeugung garantieren die meisten Hersteller allerdings nicht, da das Syndrom laut seiner Anhänger auf eine Vielzahl unterschiedlichster Faktoren zurückgehen kann.

Nachsorge

Eine Nachsorge erweist sich beim Leaky-Gut-Syndrom in der Regel als relativ schwierig, da es sich dabei um eine erblich bedingte Krankheit handelt, die dabei auch nicht vollständig wieder geheilt werden kann. Der Betroffene ist auf eine intensive und umfassende Behandlung angewiesen, um alle Beschwerden dauerhaft zu lindern. Im Falle eines Kinderwunsches sollte daher immer eine genetische Untersuchung und Beratung durchgeführt werden, damit das Syndrom selbst nicht erneut bei den Kindern auftritt.

Eventuell ist aufgrund der Erkrankung die Lebenserwartung des Betroffenen eingeschränkt. Die meisten Beschwerden können mit Hilfe einer richtigen Ernährung gelindert werden, wobei der Betroffene im Allgemeinen auf eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung achten sollte. Dabei können sich auch regelmäßige sportliche Aktivitäten positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken.

In vielen Fällen kann der Arzt dem Patienten einen Ernährungsplan erstellen, welcher dann befolgt werden sollte. Bei Kindern müssen vor allem die Eltern auf eine richtige und vor allem auf eine ausgewogene Ernährung achten. Ebenso sollte der Darm des Betroffenen regelmäßig von einem Arzt untersucht werden, damit es zu keinen weiteren Schäden kommt. Eine allgemeine Prognose über die Lebenserwartung des Patienten kann beim Leaky-Gut-Syndrom meist nicht gemacht werden.

Das können Sie selbst tun

Begleitend zur schulmedizinischen Behandlung des Leaky-Gut-Syndroms ist vor allem die richtige Ernährung eine sinnvolle unterstützende Maßnahme, die der Patient selbst vornehmen kann.

Zunächst sollte der Darm mittels Heilfasten komplett gereinigt werden. Der Patient verzichtet hierbei über einen längeren Zeitraum, der unbedingt mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden muss, auf feste Nahrung. Im Anschluss daran erfolgt der Aufbau des Darms sukzessive und langsam. Je nach Diagnose verzichtet der Patient konsequent auf die Lebensmittel bzw. Nahrungsbestandteile, die die jeweiligen Symptome zuvor ausgelöst haben. Beide Phasen - Heilfasten und sukzessiver Aufbau der Darmflora - erfordern sehr viel Disziplin und Durchhaltevermögen bei gleichzeitigem eher langsamen Nachlassen der Symptome. Der Patient sollte daher seinen Alltag soweit möglich stressfrei gestalten. Besonders während des Heilfastens ist der Patient häufig müde, manchmal auch gereizt; die Gestaltung des Alltags sollte beidem gerecht werden.

Zusätzlich kann ein Leaky-Gut-Syndrom-Patient den Aufbau der Darmflora unterstützen, in dem er Kartoffel- und Sauerkrautsaft zu sich nimmt. Probiotische Joghurts ohne Farb- und Konservierungsstoffe sind ebenfalls ein geeignetes Mittel zur Selbsthilfe.

Quellen

  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Peter, H.-H., Pichler, W.J. (Hrsg.): Klinische Immunologie. Urban & Fischer, München 2012
  • Schütt, C., Bröker, B.: Grundwissen Immunologie. Spektrum, Heidelberg 2011

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