Locus caeruleus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Anatomie Locus caeruleus
Der Locus caeruleus ist ein Teil der Formatio reticularis in der Brücke (Pons) und besteht aus vier Kernen.
Seine Verbindungen zum Vorderhirn (Prosencephalon), Zwischenhirn (Diencephalon), Hirnstamm (Truncus cerebri), Kleinhirn (Cerebellum) und Rückenmark sind an spezifischen Arousal-Prozessen beteiligt. Neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimersche Demenz, das Down-Syndrom oder das Parkinson-Syndrom können den Locus caeruleus schädigen, der außerdem bei verschiedenen psychischen Erkrankungen eine Rolle spielt.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist der Locus caeruleus?
Beim Locus caeruleus handelt es sich um einen Teil des zentralen Nervensystems. Er liegt in der Brücke (Pons), die ihrerseits zum Hinterhirn (Metencephalon) und damit zum Rautenhirn (Rhombencephalon) gehört. Funktionell lässt sich der Locus caeruleus dem aufsteigenden retikulären Aktivierungssystem (ARAS) zuordnen.
Der Name des Locus caeruleus stammt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt etwa „himmelblauer Ort“. Die Bezeichnung geht auf die Färbung in dieser Hirnregion zurück, die frühe Anatomen bei ihren Untersuchungen fanden und die auf Pigmente zurückgeht. Andere Schreibweisen für den Locus caeruleus sind Locus coeruleus und Locus ceruleus.
Anatomie & Aufbau
Innerhalb des Pons repräsentiert der Locus caeruleus einen Teil der Formatio reticularis. Dabei handelt es sich um ein Netz aus verschiedenen Kerngebieten und Nervenbahnen, die sich durch den gesamten Hirnstamm (Mittelhirn, Brücke und verlängertes Mark) ziehen.
Vier Strukturen schließen sich zum Locus caeruleus zusammen, in deren Mitte der zentrale Nucleus liegt; sein Gewebe ist gegenüber den umliegenden Gebieten deutlich abgegrenzt. Im vorderen Teil des Locus caeruleus befindet sich der anteriore Nucleus, während im hinteren Bereich der dorsale Subnucleus liegt. Den vierten Teil des Locus caeruleus bildet der Nucleus subcaeruleus, den einige Definitionen jedoch als eigenständigen Bereich betrachten. Zahlreiche Nervenfasern verbinden den Locus caeruleus mit Strukturen im Vorderhirn (Prosencephalon), Zwischenhirn (Diencephalon), Hirnstamm (Truncus cerebri), Kleinhirn (Cerebellum) und Rückenmark. Diese neuronalen Bahnen spielen eine entscheidende Rolle bei der Funktion des Locus caeruleus.
Funktion & Aufgaben
Ursprünglich nahmen Forscher an, dass der Locus caeruleus eine unspezifische Aufgabe bei der Steuerung des Arousals einnimmt. Tatsächlich sind die Funktionen des Locus caeruleus jedoch sowohl umfangreicher als auch spezifischer als zunächst vermutet. Noradrenalin tritt als wichtigster Neurotransmitter des Locus caeruleus auf, wo er an verschiedene Adrenorezeptoren binden kann und damit ein elektrisches Signal in der nachgeschalteten Nervenzelle auslöst.
Zu den Verbindungen zwischen Prosencephalon und Locus caeruleus gehören Nervenfasern, welche die Struktur im Pons mit dem Neocortex verbinden. Der Neocortex gehört zur Großhirnrinde (Cortex cerebri) und verkörpert aus evolutionärer Perspektive ihren jüngsten Bereich. Eine Aktivierung im Locus caeruleus geht mit einer Aktivitätssteigerung im Neocortex einher und spiegelt sich im subjektiven Erleben nach derzeitigem Kenntnisstand als erhöhte Wachheit wider. Diese Funktion des Locus caeruleus trägt auch zum allgemeinen Arousal bei.
Andere Fasern führen zum Pars basalis telencephali und sind dort unter anderem ebenfalls an Wachheit und Arousal beteiligt. Des Weiteren ist der Locus caeruleus mit dem limbischen System verbunden, das für emotionale Prozesse verantwortlich ist. Zu den entscheidenden Strukturen gehören der Hippocampus, der für die Funktion des Gedächtnisses bedeutsam ist, sowie die Amygdala, deren Aktivität mit Angst korreliert ist.
Nervenbahnen zwischen Locus caeruleus und Hirnstamm bilden eine Verbindung zu motorischen und prämotorischen Funktionen, sensorischer Verarbeitung, parasympathischer Aktivität und Wachheit. Im Diencephalon enden Nervenfasern aus dem Locus caeruleus am Thalamus und Hypothalamus; das Kleinhirn, zu dessen Aufgaben die Bewegungssteuerung und Koordination gehören, ist ebenfalls mit dem Locus caeruleus verbunden. Einige Fasern, die im Locus caeruleus ihren Ursprung haben, gehen direkt uns Rückenmark über.
Krankheiten
Ein Beispiel dafür ist die Alzheimersche Demenz, die durch den fortschreitenden Verlust von Neuronen charakterisiert ist. Die Degeneration führt zu verschiedenen psychischen und neurologischen Symptomen, darunter Gedächtnisstörungen, Agnosie, Sprach- und Sprechstörungen sowie die Unfähigkeit (auch einfache) praktische Aufgaben auszuführen. Insbesondere im dritten und letzten Stadium leiden Betroffene unter Apathie und sind in der Regel bettlägerig. Die genaue Ursache der Alzheimerschen Demenz ist noch unbekannt. Die drei führenden Hypothesen gehen von einer Störung im Zusammenhang mit Plaques, Neurofibrillen oder bestimmten Gliazellen aus, die den Schwund der Nervenzellen auslösen, ihn begleiten oder auf ihn folgen.
Auch das Down-Syndrom kann mit einer Beeinträchtigung des Locus caeruleus einhergehen. Die angeborene Erkrankung beruht auf einem genetischen Fehler: Betroffene verfügen über ein drittes Chromosom 21. Aus diesem Grund ist das Down-Syndrom auch als Trisomie 21 bekannt.
Im Rahmen des Parkinson-Syndroms kann der Locus caeruleus ebenfalls betroffen sein. Das Krankheitsbild manifestiert sich in Form von vier Kardinalsymptomen: Muskelzittern (Tremor), Muskelsteifheit (Rigor), Verlangsamung der Bewegungen (Bradykinese) sowie Haltungsinstabilität (posturale Instabilität). Für eine Diagnose müssen dabei mindestens Bradykinese und ein weiteres Kernsymptom auftreten. Die Symptome gehen auf den Schwund der Substantia nigra zurück, die zum extrapyramidalen motorischen System gehört.
Der Locus caeruleus scheint darüber hinaus mit verschiedenen psychischen Erkrankungen im Zusammenhang zu stehen. Auffälligkeiten zeigten sich beispielsweise im Rahmen von Depression, Angststörungen, Panikstörung und Stress. Außerdem trägt der Locus caeruleus zur Entwicklung von körperlicher Substanzabhängigkeit bei; eine entsprechende Korrelation konnten Forscher für Opiate und Alkohol zeigen.
Quellen
- Grillparzer, M.: Körperwissen. Gräfe und Unzer, München 2007
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Weniger, W.: Gehirn und Nervensystem. Facultas, Wien 2019