Long-QT-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Long-QT-Syndrom ist die Bezeichnung für eine Herzerkrankung, die lebensgefährliche Ausmaße annehmen kann. Dabei kommt es zu einem krankhaft verlängerten QT-Intervall.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Long-QT-Syndrom?

Neben der angeborenen Form, die durch eine Genmutation entsteht, gibt es aber auch erworbene Formen der Herzerkrankung.
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Beim Long-QT-Syndrom handelt es sich um eine lebensgefährliche Erkrankung des Herzens, die nur selten vorkommt. Sie kann sowohl erblich bedingt sein als auch im Laufe des Lebens erworben werden. Menschen, deren Herz ansonsten gesund ist, können durch ein Long-QT-Syndrom den plötzlichen Herztod erleiden.

Es gibt unterschiedliche kongenitale Long-QT-Syndrome, zu denen das Jervell-und-Lange-Nielsen-Syndrom (JLNS) sowie das Romano-Ward-Syndrom zählen, die meist autosomal-dominant vererbt werden. Die Bezeichnung Long-QT-Syndrom geht auf eine Verlängerung der QT-Zeit bei einem EKG (Elektrokardiogramm) zurück. Dabei beträgt die frequenzkorrigierte QT-Zeit mehr als 440 Millisekunden.

Als typisches Merkmal der Herzerkrankung gilt Herzrasen, das anfallsartig auftritt. Nicht selten zeigen sich die als lebensgefährlich geltenden Torsade-de-pointes-Tachykardien. Durch die Herzrhythmusstörungen drohen Schwindelanfälle, abrupter Bewusstseinsverlust sowie Kammerflimmern mit Herzstillstand. In vielen Fällen leiden die betroffenen Personen jedoch nicht unter Beschwerden.

Ursachen

Ausgelöst wird das Long-QT-Syndrom durch kleinere Abweichungen bei der elektrischen Übermittlung von Signalen in den Herzmuskelzellen. Es erfolgt dabei eine verzögerte Repolarisation des Aktionspotentials, was die Plateauphase betrifft, die auch die Bezeichnung Phase 2 trägt. Durch abnorme Eigenschaften der Ionenkanäle tritt eine Verlängerung der Plateauphase beim kongenitalen (angeborenen) Long-QT-Syndrom auf.

Dabei geht der Ionentransport des Kalium-Ionenkanals entweder zurück oder es liegt eine erhöhte Transportleistung des Natrium-Ionenkanals vor. Das Aktionspotential bildet eine wichtige Grundlage für das Erregen der Herzmuskelzellen. Geregelt wird es durch das Zusammenspiel der Ionenströme. Als Phase 0 des Aktionspotentials gilt die Depolarisation der Herzmuskelzellen, die durch das Einströmen von Kalzium- und Natrium-Ionen zustande kommt.

Die Repolarisation wird durch Phase 1 eingeleitet, bei der das Ausströmen von Kalium aus der Zelle stattfindet. An Phase 1 schließt sich Phase 2 oder die Plateauphase an, in deren Verlauf das langanhaltende Einströmen von Kalzium-Ionen erfolgt. Von diesen Ionen wird das Freisetzen von zusätzlichen Kalzium-Ionen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum getriggert.

Es dauert ungefähr 100 Millisekunden, bis sich die Kalzium-Kanäle wieder schließen, das Kalzium aus der Zelle hinaus gelangt oder wieder in die Speicher zurückkehrt und das Erschlaffen des Herzmuskels einsetzt. Es schließt sich Phase 3 an, in der das Membranpotential wieder in seine Ausgangsposition zurückkehrt. Dort bleibt es im Ruhezustand, bis die nächste Erregung erfolgt.

Hervorgerufen wird das kongenitale Long-QT-Syndrom durch eine Ionenkanalfunktionsstörung, die mutationsbedingt ist und eine strukturelle Veränderung eines Ionenkanals zur Folge hat. Neben der angeborenen Form, die durch eine Genmutation entsteht, gibt es aber auch erworbene Formen der Herzerkrankung. Sie können durch Entzündungen des Herzmuskels (Myokarditis), Durchblutungsstörungen, Elektrolytstörungen oder die Einnahme verschiedener Medikamente verursacht werden.

Zu den verantwortlichen Arzneimitteln gehören vor allem Antiarrhythmika der Klasse I, II und III, Psychopharmaka sowie unterschiedliche Antibiotika, die sich hemmend auf die Repolarisation auswirken und ein arzneimittelinduziertes Long-QT-Syndrom auslösen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Treten durch das Long-QT-Syndrom Beschwerden auf, handelt es sich dabei um abrupt einsetzende Torsades-de-pointes-Tachykardien. Bemerkbar macht sich die ventrikuläre Tachykardie durch Schweißausbrüche, allgemeines Unwohlsein, Engegefühle in der Brust und Herzunruhe. Außerdem kann ein Kreislaufkollaps (Synkope) einsetzen.

Zu einem Kollaps und Tachykardien kommt es vorwiegend in Stresssituationen oder bei körperlichen Belastungen. Werden die ventrikulären Tachykardien nicht medizinisch behandelt, besteht die Gefahr eines Kammerflimmerns, das einen endgültigen Herzstillstand nach sich zieht und mit dem Tod des Patienten endet.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Besteht Verdacht auf ein Long-QT-Syndrom, führt der behandelnde Arzt ein Ruhe-EKG durch. Mitunter kann auch ein Belastungs-EKG sinnvoll sein. Verlängert sich während des Ruhe-EKG der QT-Intervall, gilt dies als wegweisender Hinweis auf das Syndrom. Die frequenzkorrigierte QT-Zeit (QTC) beträgt bei Männern 450 Millisekunden, während sie bei Frauen bei 470 Millisekunden liegt.

Weil das Long-QT-Syndrom in der Regel vererbt wird, gilt die Familienanamnese für die Diagnostik als sehr wichtig. Außerdem ist ein molekulargenetischer Mutationsnachweis innerhalb der Leukozyten-DNA möglich. Zu diesem Zweck erfolgen eine PCR-Amplifikation sowie das Sequenzieren der Risikogene, die bekannt sind. Für das Probenmaterial finden zwei bis fünf Milliliter EDTA-Blut Verwendung.

Der Verlauf des Long-QT-Syndroms hängt davon, ob Symptome auftreten oder nicht. So gilt die Prognose als negativ, wenn sich Beschwerden zeigen und keine Behandlung durchgeführt wird. Es besteht jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, den meisten Patienten mit einer entsprechenden Therapie zu helfen.

Komplikationen

Beim Long-QT-Syndrom handelt es sich um eine sehr gefährliche Krankheit, die im schlimmsten Falle auch zum Tode des Patienten führen kann. Aus diesem Grund ist beim Long-QT-Syndrom auf jeden Fall eine Behandlung von einem Arzt notwendig. In der Regel leiden die Betroffenen dabei an starken Schweißausbrüchen und ebenso an einem Unwohlsein. Dadurch wird die Lebensqualität deutlich eingeschränkt und verringert.

Im weiteren Verlauf kann der Betroffene auch einen Kreislaufkollaps erleiden und dabei das Bewusstsein verlieren. Ein Bewusstseinsverlust führt dabei nicht selten auch zu Verletzungen, die bei einem Sturz auftreten können. Vor allem in stressigen Situationen kommt es zu deutlichen Beeinträchtigungen durch das Long-QT-Syndrom. Die Belastbarkeit des Betroffenen wird erheblich verringert und es kommt zu einer Müdigkeit und zu einer Abgeschlagenheit.

Dabei können starke Belastungen auch zum Herzstillstand und damit auch zum Tode beim Patienten führen. In der Regel können die Beschwerden des Long-QT-Syndroms mit Hilfe von Medikamenten eingeschränkt und behandelt werden. Generell treten keine besonderen Komplikationen auf. In akuten Notfällen ist allerdings der Einsatz eines Defibrillators notwendig, um den Betroffenen wieder zu beleben. Die Lebenserwartung wird durch das Long-QT-Syndrom eingeschränkt und verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Falls Krampfanfälle oder Anzeichen von Herzrhythmusstörungen auftreten, wird am besten der Notarzt gerufen. Symptome dieser Art deuten auf ein ernstes Leiden hin und können im schlimmsten Fall zum Tod des Patienten führen. Wenn der Betroffene das Bewusstsein verliert, muss der Notarzt gerufen werden. Parallel dazu sollten die Angehörige erste Hilfe leisten und sicherstellen, dass der Betroffene Luft bekommt und einen Puls hat. Weniger schwerwiegende Symptome, die einer Abklärung bedürfen, sind Atemnot, schnelle Erschöpfung sowie ein hörbares Herzklopfen.

Auch Brustschmerzen sollten rasch von einem Mediziner abgeklärt werden. Zu den Risikopatienten zählen Menschen, die regelmäßig Medikamente einnehmen oder an einem niedrigen Kaliumblutspiegel im Serum leiden. Auch ein langsamer Herzrhythmus kann ein Long-QT-Syndrom bedingen. Wer zu den Risikogruppen zählt, sollte gut auf etwaige Warnzeichen achten und im Zweifelsfall einen Arzttermin vereinbaren. Der geeignete Arzt ist der Kardiologe. Das individuelle Symptombild wird vom Hausarzt und diversen Fachärzten und Spezialisten (etwa Neurologen oder Physiotherapeuten) behandelt.

Behandlung & Therapie

Die Standardbehandlung eines kongenitalen Long-QT-Syndroms besteht in der Gabe von Betarezeptorenblockern. Diese sind in der Lage, die schweren Herzrhythmusstörungen deutlich zu reduzieren. Zeigen sich dennoch weiterhin Synkopen, gilt das Einsetzen eines implantierbaren Defibrillators (ICD) als ratsam. Die Implantation sollte auch nach einem überstandenen Herzstillstand stattfinden.

Wird das Long-QT-Syndrom durch die Einnahme von bestimmten Medikamenten hervorgerufen, ist der auslösende Wirkstoff umgehend abzusetzen. Im Unterschied zur kongenitalen Form ist die Darreichung von Betablockern nicht sinnvoll, weil durch sie die Gefahr einer Bradykardie besteht, wodurch sich wiederum das Risiko für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen erhöht. Als bewährtes Mittel gilt dagegen die Zufuhr von Magnesium.

Als problematisch wird körperliche Belastung bei einem Long-QT-Syndrom eingestuft. Dies gilt besonders bei einer plötzlich einsetzenden oder endenden Belastung sowie bei Druckschwankungen und Kälte.


Aussicht & Prognose

Unbehandelt führt das Long-QT-Syndrom in den meisten Fällen zu einem Kreislaufkollaps, dem Verlust des Bewusstseins sowie zu einem vorzeitigen Ableben. Da es sich um eine lebensbedrohliche gesundheitliche Entwicklung handelt, besteht akuter Handlungsbedarf. Eine intensivmedizinische Betreuung ist notwendig, damit keine dauerhaften Schäden eintreten und das Überleben des Betroffenen gesichert ist. Bereits bei den ersten Unregelmäßigkeiten der Herztätigkeit sollte die Rücksprache mit einem Mediziner gesucht werden.

Bei einer frühzeitigen Diagnosestellung ist der weitere Krankheitsverlauf deutlich verbessert und die Überlebenswahrscheinlichkeit erhöht. Der Betroffene benötigt die Implantation eines Defibrillators. Dieser stellt langfristig die ausreichende Herztätigkeit sicher und kann Einschränkungen der Herztätigkeit regulieren. Wenngleich der operative Eingriff mit Risiken verbunden ist, handelt es sich dennoch um einen Routineeingriff. Treten keine weiteren Komplikationen auf, wird dadurch dem Patienten ein Weiterleben ermöglicht.

Die geistigen wie auch körperlichen Belastungen sind jedoch den Möglichkeiten des Organismus anzupassen und müssen reduziert werden. In vielen Fällen ist die Umstrukturierung des Alltags notwendig, damit keine Störungen auftreten und Risikofaktoren minimiert werden. Der Betroffene muss sich langfristig regelmäßigen Kontrolluntersuchungen bei einem Arzt stellen, damit Unregelmäßigkeiten frühzeitig erkannt und korrigiert werden können. Es kann dadurch zu emotionalen Zuständen der Belastung kommen. Zudem müssen ab dem Einsatz des Defibrillators Medikamente verabreicht werden. Diese sind mit Nebenwirkungen behaftet.

Vorbeugung

Um Herzrhythmusstörungen durch ein Long-QT-Syndrom vorzubeugen, sollte auf das Ausüben von Sportarten wie Tauchen, Schwimmen, Surfen, Tennis, Gewichtheben und Bodybuilding verzichtet werden. Dagegen gelten moderate physische Aktivitäten wie Skaten, Walking oder Jogging als sinnvoll.

Nachsorge

Da beim Long-QT-Syndrom keine Selbstheilung eintreten kann, konzentriert sich die Nachsorge in erster Linie darauf, die bestehenden Beschwerden zu lindern. Die Betroffenen leiden an starken Schmerzen am Herzen und weiterhin an einer dauerhaften Müdigkeit und an einer Abgeschlagenheit. Dadurch sind sie in den meisten Fällen auf Hilfe aus ihrem sozialen Umfeld angewiesen. Da die Belastung aller Beteiligten mitunter sehr hoch ist, kann dies zu Depressionen und zu anderen psychischen Verstimmungen führen.

Es empfiehlt sich daher, professionelle, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um den Umgang mit der Erkrankung zu erleichtern. Ein schonender Modus im Alltag mit vielen Ruhephasen kann helfen, die dauerhaft bestehende, innere Unruhe und eventuell auftretende Schlafbeschwerden zu kompensieren. Da der weitere Verlauf der Krankheit stark vom Zeitpunkt der Diagnose abhängt, kann keine allgemeine Voraussage gestellt werden. Zudem kann der Austausch mit anderen Betroffenen des Long-QT-Syndroms die eigene Hilflosigkeit abfangen und einen selbstbewussteren Umgang mit der Situation fördern.

Das können Sie selbst tun

In der Regel sind die Möglichkeiten zur Selbsthilfe beim Long-QT-Syndrom stark eingeschränkt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn das Syndrom nicht durch bestimmte Medikamente ausgelöst, sondern auf eine Herzerkrankung zurückzuführen ist.

Sollte das Long-QT-Syndrom allerdings durch die Einnahme von Medikamenten ausgelöst werden, so müssen diese sofort abgesetzt oder durch andere Medikamente ersetzt werden. Das Ändern und Absetzen von Medikamenten sollte dabei immer nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen. Weiterhin können die Beschwerden des Long-QT-Syndroms durch die Einnahme von Beta-Blockern reduziert werden. Hierbei sollte der Patient auf eine regelmäßige Einnahme achten. Ebenso kann sich die erhöhte Zufuhr an Magnesium positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken und die Beschwerden lindern. Magnesium kann dabei entweder durch die Einnahme von Ergänzungsmitteln oder durch verschiedene Nahrungsmittel, wie zum Beispiel Nüsse oder Fisch eingenommen werden.

Aufgrund des Long-QT-Syndroms sollte der Betroffene weiterhin auf starke körperliche Belastungen verzichten. Dazu gehört auch der Verzicht auf anstrengende Sportarten. Belastungen sollten dabei vor allem nicht plötzlich einsetzen, da das Herz dadurch unnötig belastet wird. Ebenso sollte sich der Betroffene nicht zu lange in der Kälte aufhalten und Druckschwankungen vermeiden, die zum Beispiel beim Fliegen oder Tauchen auftreten können.

Quellen

  • Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004

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