Musculus occipitofrontalis
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Musculus occipitofrontalis ist ein Hautmuskel aus Musculus occipitalis und Musculus frontalis, der der mimischen Muskulatur angehört. Die Muskeln heben und senken die Augenbrauen, um die Stirn zu runzeln oder zu straffen. Bei Läsionen des Nervus facialis treten Lähmungserscheinungen des Musculus occipitofrontalis auf.
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Was ist der Musculus occipitofrontalis?
Als Musculi epicranii ist eine Muskelgruppe bekannt, die der mimischen Muskulatur zugerechnet wird und eng am Schädel anliegt. Der Ansatz der Muskelgruppe liegt an der Galea aponeurotica. Unterschiedliche Muskeln zählen zu den Musculi epicranii, so zum Beispiel der Musculus frontalis und der Musculus occipitalis. Bei ersterem handelt es sich um einen Hautmuskel.
Zusammen mit dem Musculus occipitalis wird er als Musculus occipitofrontalis oder, in der deutschen Übersetzung, als Hinterkopf-Stirn-Muskel bezeichnet. Innerviert werden die beiden Muskeln vom Nervus Facialis, der die gesamte Muskulatur der Mimik steuert. Die beiden Bäuche des Musculus occipitofrontalis liegen an einander gegenüberliegenden Schädelpolen. Die Galea aponeurotica stellt die Verbindung zwischen den beiden Anteilen her. Synonyme Bezeichnungen für die beiden Muskelbäuche des Musculus occipitofrontalis sind die Ausdrücke Venter frontalis und Venter occipitalis.
Anatomie & Aufbau
Der gegenpolige Muskelbauch des Musculus occipitofrontalis occipitalis nimmt seinen Ursprung an der Linea nuchae suprema des Os occipitale und anteilig am Os temporale. Beide Muskelbäuche entsenden ihre Fasern senkrecht in kraniale Richtung, um in die Sehnenplatte des Schädeldachs einzustrahlen. An dieser Galea aponeurotica finden sie gemeinsam Ansatz. Jeder der Muskelbäuche besitzt einen fast viereckigen Grundriss. Allerdings gelangt der Venter frontalis zu stärkerer Ausprägung und zeigt längere Faserzüge.
Wie alle Hautmuskeln liegt speziell der Musculus frontalis zwischen Faszie und Haut. Motorisch innerviert wird der Venter frontalis von den Rami temporales des Nervus facialis. Beim Venter occipitalis übernimmt der Nervus auricularis posterior des Nervus Facialis die Innervation.
Funktion & Aufgaben
Wie alle mimischen Muskeln ist auch der Musculus occipitofrontalis an der menschlichen Mimik beteiligt. Die Mimik besitzt für den Menschen Ausdrucks- und Kommunikationswert. Mit der sprachlichen Kommunikation verglichen, entspricht die mimische Kommunikation einer ursprünglicheren und relativ übergreifenden Verständigungsform.
Schon Säuglinge sind zur Interpretation von mimischen Signalen in der Lage. Dieser Zusammenhang bestätigt die genetisch tiefe Verwurzelung mimischer Kommunikation. Weit bevor es die Sprache gab, war der Mensch dank der mimischen Ausdrucksform bereits zum Selbstausdruck in der Lage. Darüber hinaus ist der mimische Ausdruck von weitaus geringeren Kulturunterschieden geprägt als der Sprachausdruck. Während der verbalen Kommunikation erhalten Menschen durch Kleinstbewegungen der Mimik Hinweise auf die tatsächliche Gefühlslage ihres Gesprächspartners. Viele mimische Bewegungen verlaufen annähernd automatisch und 'verraten' damit verbal Zurückgehaltenes.
Wie jeder mimische Muskel übernimmt der Musculus occipitofrontalis damit kommunikative und expressive Funktionen. Die Kontraktion Musculus frontalis runzelt die Stirn und hebt die Augenbrauen an. Damit ist der Muskel am mimischen Ausdruck des Zweifels oder Unverständnisses beteiligt. Die Kontraktion des Musculus occipitalis glättet die gerunzelte Stirn und senkt die Augenbrauen. Als Musculus occipitofrontalis zusammengefasst werden damit zwei antagonistische Muskeln der Mimik. Während einer der Muskelbäuche spannt, muss der andere entspannen. Die gleichzeitige Kontraktion beider Muskeln ist unmöglich.
Da der Musculus occipitofrontalis einzelne Fasern in andere Muskeln der Mimik abgibt, ist er im weitesten Sinn an weiteren Bewegungen der Mimik beteiligt. Durch die Beteiligung am Musculus procerus entfällt auf einzelne Fasern des Musculus occipitofrontalis zum Beispiel auch der Zornesausdruck in Form einer Zornesfalte. Darüber hinaus sind Fasern des Muskels im Musculus orbicularis oculi an der Verteilung der Tränenflüssigkeit beteiligt. Als Hautmuskel wird der Musculus occipitofrontalis deshalb bezeichnet, weil seine Kontraktion letztlich die Stirnhaut bewegt.
Krankheiten
Schädigungen des Nervs können den Musculus occipitofrontalis und alle weiteren Muskeln der mimischen Muskulatur in ihrer Arbeit beeinträchtigen. Einer Lähmung des Nervus facialis können angeborene, aber auch erworbene Ursachen wie Frakturen des Schädels vorausgehen. Auch entzündliche Ursachen wie die Mittelohrentzündung, eine chronische Hirnhautentzündung oder die Lyme-Borreliose sind als Ursache denkbar. Davon abgesehen rufen Tumore des Kleinhirnbrückenwinkels und immunologische Prozesse wie das Guillain-Barré-Syndrom, das Heerfordt-Syndrom oder das Melkersson-Rosenthal-Syndrom Fazialisparesen hervor.
Leichte Fazialislähmungen zeigen nur diskrete Symptome. Stärkere Lähmungen ziehen Veränderungen der gesamten Gesichtsmimik nach sich, so häufig mit aufgehobenem oder abgeschwächtem Stirnrunzeln sowie inkomplettem Lidschluss und herabhängenden Mundwinkeln. Weil der Nervus facialis die Zunge sensibel innerviert, können außerdem Geschmacksstörungen eintreten. Isolierte Lähmungen des Musculus occipitalis zeigen auf die Mimik weniger Auswirkungen als isolierte Paresen des Musculus frontalis.
Zu einer isolierten Lähmung eines einzigen Muskelbauchs kommt es bei lokal begrenzten Schädigungen des Nervus facialis wie sie vor allem durch Entzündungen entstehen können. Wie jeder andere Muskel kann auch der Musculus occipitofrontalis von typischen Muskelerkrankungen wie Myopathien oder Atrophie betroffen sein. Muskelfaserrisse und verwandte Erscheinungen sind in der mimischen Muskulatur extrem selten.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Kugler, P.: Der Menschliche Körper. Anatomie, Physiologie, Pathologie. Urban & Fischer/ Elsevier, München 2017
- Schwegler, J., Lucius, R.: Der Mensch – Anatomie und Physiologie. Thieme, Stuttgart 2016