Onchocerca volvulus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Onchocerca volvulus handelt es sich um einen Fadenwurm, der in den Tropen vorkommt. Der schädliche Parasit kann bei Menschen die Flussblindheit hervorrufen.
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Was ist der Onchocerca volvulus?
Die Bezeichnung „Onchocerca“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt soviel wie „Schwanz“ oder „Haken“. Mit dem lateinischen Begriff „Volvulus“ ist „rollen“ oder „drehen“ gemeint. Der Onchocerca volvulus gehört den Filarien an, die eine Überfamilie der Fadenwürmer (Nematoden) bilden. Er gilt als Parasit, der Menschen befällt und Erkrankungen auslöst.
Die Geschichte des Onchocerca volvulus lässt sich bis 1890 zurückverfolgen. In diesem Jahr erhielt der deutsche Helminthologe und Zoologe Rudolf Leuckart (1822-1898) aus dem afrikanischen Ghana ein Gebilde von Würmern, um diese an seinem Institut in Leipzig zu identifizieren. Die Proben stammten aus dem Körper von zwei afrikanischen Patienten und stellten taubeneigroße Tumore dar. In diesen Geschwülsten waren Fadenwürmer enthalten, deren weibliche Exemplare doppelt so lang ausfielen wie die Männchen. Darüber hinaus befand sich eine Vielzahl an Embryos in der Nähe der Knotenhöhle.
Ohne die Entdeckung publik zu machen, schickte Leuckart eine eigene Probe und Beschreibung an den britischen Tropenmediziner Patrick Manson (1844-1922), der 1891 auf einem Londoner Kongress von dem Fadenwurm berichtete. 1893 erschien auch eine schriftliche Berichterstattung in einem tropenmedizinischen Lehrbuch. Daher gelten die Jahre 1891 bzw. 1893 als Entdeckungszeitraum des Onchocerca volvulus.
Seinen Namen erhielt der Wurm allerdings erst 1910 von Railliet und Henry, die mit der griechisch-lateinischen Wortkombination einen „drehenden Hakenschwanz“ bezeichneten.
Vorkommen, Verbreitung & Eigenschaften
Zu den typischen Merkmalen des Onchocerca volvulus gehört seine fadenförmige schmale Gestalt. Sein Durchmesser liegt unterhalb eines Millimeters. Während die Männchen etwa 23 bis 50 Zentimeter lang werden, können die weiblichen Exemplare bis zu 70 Zentimeter erreichen. Die Larven, die auch als Mikrofilarien bezeichnet werden, weisen eine Länge zwischen 220 und 280 Mikrometern auf. In der Haut des Menschen ist der Fadenwurm in der Lage, 15 bis 17 Jahre zu überleben.
Der Onchocerca volvulus stellt einen Parasiten dar, dessen einziger Endwirt der Mensch ist. In den betroffenen Endemieregionen können mitunter fast 100 Prozent der Bevölkerung infiziert sein. Als Zwischenwirt benutzt der Fadenwurm die Weibchen der Kriebelmücke (Simulium damnosum). Diese nimmt die Mikrofilarien beim Stechvorgang in sich auf. Innerhalb der Mücke findet eine Häutung der Larven statt, die anschließend ein infektiöses Stadium erreichen. Beim erneuten Stechen überträgt die Kriebelmücke den Onchocerca volvulus auf den Menschen.
Innerhalb des Organismus wandern die Onchocercen in einem Zeitraum von zwei Jahren durch das Binde- oder Fettgewebe. In manchen Fällen ziehen sie auch durch die Augen, wenn sie die Kopfregion erreichen.
Nach ungefähr einem Jahr bilden die Fadenwürmer Knäuel oder Knoten, die Onchozerkome genannt werden. Auf diese Weise legen sie im Unterhautbindegewebe oder tieferen Gewebsschichten ihre Larven ab. Von den weiblichen Onchocercen werden Mikrofilarien in Hautknoten und Gewebespalten abgesetzt. Von diesen Stellen aus können sie zu anderen Hautpartien gelangen. Im Anfangsstadium befallen die Larven die Beine des Menschen. Einige Jahre später wandern sie weiter in die oberen Abschnitte des Körpers wie Augen und Kopf.
Krankheiten & Beschwerden
Die Bezeichnung Flussblindheit lässt sich auf den Umstand zurückführen, dass die Erkrankung in den meisten Fällen in der Nähe von Flüssen auftritt. So wachsen dort die Larven der Kriebelmücken auf, die dem Onchocerca volvulus als Zwischenwirt dienen.
Zu den typischen Symptomen der Onchozerkose gehört das Auftreten von schmerzfreien Knoten innerhalb der Unterhaut. Später verursachen die Mikrofilarien Hautentzündungen, die sich durch starken Juckreiz bemerkbar machen. Außerdem werden die elastischen Anteile des Bindegewebes zerstört, was wiederum die Entstehung von sogenannter Greisenhaut oder Papierhaut zur Folge hat. Möglich ist weiterhin die Ausprägung eines Leopardenfellmusters aufgrund einer Hyperpigmentierung.
Subkutane Onchozerkome sind in der Regel im Beckenkammbereich, am Kreuzbein, den Rippen sowie an Schultern, Hals und Kopf zu finden. Größere Knoten erreichen einen Umfang von 10 Zentimetern und lassen sich auf der Haut erkennen.
Es dauert Jahre, bis die Mikrofilarien das Auge erreichen. Dann drohen jedoch von ihnen hervorgerufene Sehbehinderungen und sogar eine Erblindung. Als Hinweise gelten eine sklerosierende Keratitis und eine Trübung der Hornhaut.
Festgestellt wird eine Onchozerkose vom Arzt in der Regel durch eine Hautbiopsie. Bei diesem Vorgang entfernt der Mediziner 2 bis 3 Millimeter Gewebe von der Haut und nimmt eine mikroskopische Untersuchung vor. Treten die Mikrofilarien aus der Hautprobe aus, ist der Befund positiv.
Zur Behandlung der Onchozerkose erhält der Patient Antiparasitika wie Ivermectin, Albendazol oder Diethylcarbamazin. Diese rufen den Zerfall der Larven hervor und führen zum Freisetzen von Antigenen.
Quellen
- Bornhöft, G.: Pathologie Kompakt. Springer, Berlin 1997
- Groß, U.: Kurzlehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Thieme, Stuttgart 2013
- Ringelmann, R., Heym, B.: Parasiten des Menschen. Protozoen, Helminthen und Arthropoden Krankheit, Diagnose und Therapie. Steinkopff, Berlin 2015