Diethylcarbamazin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Wirkstoffe Diethylcarbamazin

Wer an einer Wurmerkrankung leidet, kommt um Diethylcarbamazin nicht herum. Der Wirkstoff ist sogar so wichtig, dass er von der WHO (Weltgesundheitsorganisation) in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel aufgenommen wurde. Das verwundert nicht, sterben doch immer noch gut 200.000 Menschen jährlich an Wurmerkrankungen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Diethylcarbamazin?

Diethylcarbamazin wirkt gegen bestimmte Arten von parasitärem Wurmbefall und wird deshalb zur Gruppe der Anthelmintika gezählt.

Diethylcarbamazin ist chemisch gesehen ein Piperazinderivat. Es wirkt gegen bestimmte Arten von parasitärem Wurmbefall und wird deshalb zur Gruppe der Anthelmintika gezählt. Verabreicht wird es stets als Citrat.

Diethylcarbamazincitrat ist ein weißes, kristallines Pulver mit einem Schmelzpunkt von ca. 138 °C. Es ist sehr gut wasserlöslich, aber nur wenig löslich in Alkohol (1 g in 35 ml). Es nimmt relativ schnell Luftfeuchtigkeit auf. Die Patentierung des Wirkstoffes erfolgte zuerst im Jahr 1949 von der Firma American Cyanamid.

Diethylcarbamazin kursiert unter den Handelsnamen Hetrazan®, Carbilazine®, Caricide®, Cypip®, Ethodryl®, Notézine®, Spatonin®, Filaribits® und Banocide Forte®. Die üblichen Verabreichngsformen sind Tabletten zu 50 mg oder Suspensionen zu 24 g/ml.

Pharmakologische Wirkung

Diethylcarbamazin wird nach oraler Aufnahme fast vollständig über den Darm aufgenommen und in allen Körperregionen außer den Fettgeweben verteilt.

Die maximale Blutkonzentration liegt nach 1-2 Stunden vor. Wie das Molekül gegen die Würmer wirkt, ist nicht vollständig geklärt; eine Annahme lautet, dass Diethylcarbamazin ähnlich wie Nikotin auf das zentrale Nervensystem der Parasiten wirkt und sie dadurch lähmt. Weiterhin geht man davon aus, dass die Oberflächenstruktur der Würmer verändert wird, so dass die körpereigenen Fresszellen sie leichter erkennen und eliminieren können.

Der Wirkstoff wird schnell verarbeitet und hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden. In den ersten 24 Stunden nach Einnahme werden bereits 70 % der Dosis im Urin nachgewiesen, davon 10-25 % in unveränderter Form.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Grundsätzlich kann Diethylcarbamazin nur gegen bestimmte Wurmarten eingesetzt werden. Es handelt sich dabei um sogenannte Filarien, die der Gruppe der Fadenwürmer (Nematoden) zugerechnet werden. Diese Parasiten befallen den Menschen als Wirt, vermehren sich aber nicht in ihm - man spricht dabei von einer Infestation. Das größte Anwendungsgebiet ist die Loiasis, eine durch die Filarie Loa loa hervorgerufene tropische Wurmerkrankung des Menschen.

Von ihr sind nach WHO-Schätzungen weltwelt ca. 13 Millionen Menschen infiziert. Diethylcarbamazin kann hier sowohl in der zeitlich begrenzten Vorbeugung (Prophylaxe) als auch in der Behandlung verwendet werden.

Für Hundebesitzer war das Medikament ebenfalls interessant, da es gegen frühe Larvenstadien von Dirofilaria immitis wirkt. Dieser Fadenwurm wird von Stechmücken übertragen und befällt das Herz des Hundes, wo sich die 20-30 cm langen, erwachsenen (adulten) Herzwürmer entwickeln. Mittlerweile sind in Deutschland für Tiere jedoch keine Präparate auf Diethylcarbamazin-Basis mehr zugelassen.

Bei Onchozerkose ist eine Wirksamkeit nur gegen Mikrofilarien, die sehr frühen Larvenstadien der Fadenwürmer, beschrieben. Die Krankheit kommt in den tropischen Gegenden Afrikas und Amerikas vor und wird durch Filarien der Art Onchocerca volvulus hervorgerufen. In etwa 10 % der Fälle führt sie zur Erblindung, der sogenannten Flussblindheit.

Die WHO empfiehlt zur Bekämpfung von Wurmerkrankungen beim Menschen unter anderem die Gabe von Diethylcarbamazin in Kombination mit Praziquantel. Hierdurch kann ein breites Spektrum von Würmern erfasst werden - das ist deswegen so wichtig, weil man den oder die Erreger oft nicht genau bestimmen kann. Diethylcarbamazin wird nicht verabreicht bei eingeschränkt arbeitenden Nieren (Niereninsuffizienz) und Urinalkalose.


Verabreichung & Dosierung

Diethylcarbamazin (DEC) ist ein Medikament, das vor allem zur Behandlung von Filariasis, einer durch Fadenwürmer verursachten Erkrankung, eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Diethylcarbamazin sind verschiedene wichtige Punkte zu beachten, um die Wirksamkeit zu maximieren und Nebenwirkungen zu minimieren.

Dosierung: Die Dosierung von DEC hängt von der spezifischen Erkrankung sowie vom Körpergewicht des Patienten ab. Allgemein wird das Medikament in einer Dosierung von 6 mg pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag für die Behandlung von Lymphatischer Filariasis verabreicht, verteilt auf drei Dosen täglich nach den Mahlzeiten. Die Behandlung dauert normalerweise 12 Tage. Für die genaue Dosierung sollte jedoch immer die Empfehlung eines Arztes eingeholt werden.

Verabreichung: DEC sollte nach den Mahlzeiten eingenommen werden, um die gastrointestinale Verträglichkeit zu verbessern und die Absorption zu erhöhen. Das Medikament ist in Form von Tabletten verfügbar und sollte mit Wasser eingenommen werden.

Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen: Die häufigsten Nebenwirkungen von DEC sind Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Müdigkeit. Schwerere Reaktionen können Fieber, Gelenkschmerzen und Hautausschlag umfassen. Da DEC immunologische Reaktionen auf die absterbenden Parasiten auslösen kann, ist es wichtig, die Behandlung unter medizinischer Aufsicht durchzuführen.

Interaktionen: DEC kann Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben, daher sollten Patienten ihren Arzt über alle anderen Medikamente, die sie einnehmen, informieren.

Überwachung: Während der Behandlung mit DEC sollten regelmäßige medizinische Kontrollen erfolgen, um die Reaktion auf das Medikament zu überwachen und eventuelle Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.

Die sorgfältige Beachtung dieser Richtlinien ist entscheidend, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung mit Diethylcarbamazin sicherzustellen.

Risiken & Nebenwirkungen

Charakteristische Nebenwirkungen von Diethylcarbamazin sind Störungen und Überreaktionen des Immunsystems, welche besonders bei der Behandlung einer Onchozerkose auftreten. Dazu zählen Juckreiz, Fieber und starke Kopfschmerzen. Weitere Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen, Druckgefühl im Bauchbereich, Schwindel und Müdigkeit.

Auch von Atemnot, Husten, beschleunigtem Herzschlag (Tachykardie) und Proteinurie (erhöhte Proteinausscheidung durch den Urin) wurde berichtet. Alle diese Symptome lassen sich durch die sprunghaft ansteigende Konzentration an toxischen Abfallprodukten aus dem Abtöten und Zersetzen der Würmer erklären. Die Nebenwirkungen treten einige Stunden nach Verabreichung auf, verschwinden aber meist nach etwa fünf Tagen wieder.

Kontraindikationen

Diethylcarbamazin (DEC) ist ein wirksames Medikament zur Behandlung von Filariasis, doch gibt es bestimmte Kontraindikationen, die bei der Verschreibung und Verwendung beachtet werden müssen, um gesundheitliche Risiken zu vermeiden:

Allergie gegen Diethylcarbamazin: Personen, die eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegen DEC oder einen der Inhaltsstoffe des Medikaments haben, sollten es nicht einnehmen.

Schwere Nierenfunktionsstörungen: Patienten mit schweren Nierenerkrankungen sollten DEC vermeiden, da das Medikament über die Nieren ausgeschieden wird und bei eingeschränkter Nierenfunktion zu erhöhten Konzentrationen und potenziell toxischen Effekten führen kann.

Schwangerschaft und Stillzeit: DEC wird während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht empfohlen, da nicht ausreichend Daten vorliegen, die die Sicherheit des Medikaments für den Fötus oder den Säugling bestätigen. Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung eine wirksame Verhütungsmethode anwenden.

Koinfektion mit Loa Loa: Bei Patienten, die auch mit dem Parasiten Loa Loa infiziert sind, kann die Anwendung von DEC schwere Nebenwirkungen wie Enzephalopathie auslösen. Vor Beginn der Behandlung sollte daher auf diese Koinfektion getestet werden.

Mangelnde medizinische Überwachung: Die Anwendung von DEC sollte unter medizinischer Überwachung erfolgen, insbesondere bei Patienten mit weiteren chronischen Erkrankungen oder denen, die gleichzeitig andere Medikamente einnehmen, um potenzielle Wechselwirkungen und Nebenwirkungen zu überwachen.

Diese Kontraindikationen unterstreichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen medizinischen Beurteilung und Überwachung vor und während der Behandlung mit Diethylcarbamazin, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten und das Risiko unerwünschter Wirkungen zu minimieren.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Diethylcarbamazin (DEC) kann mit einer Reihe von Medikamenten interagieren, was zu unerwünschten Effekten oder einer Verringerung der Wirksamkeit des Medikaments führen kann. Hier sind einige der wichtigsten Wechselwirkungen:

CYP450-Inhibitoren: DEC wird durch das Cytochrom P450-Enzymsystem metabolisiert. Medikamente, die dieses Enzymsystem hemmen, können die Abbaurate von DEC verlangsamen und dadurch das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen. Zu diesen Medikamenten gehören bestimmte Antidepressiva, Antifungale und Antibiotika.

Antiepileptika: Einige Antiepileptika, die ebenfalls das CYP450-System induzieren, können den Abbau von DEC beschleunigen, was zu einer verminderten Wirksamkeit von DEC führen kann. Zu diesen Medikamenten zählen Phenytoin und Carbamazepin.

Corticosteroide: Die gleichzeitige Anwendung von Corticosteroiden und DEC kann das Risiko für Nebenwirkungen wie Enzephalopathie erhöhen, insbesondere bei Patienten, die gleichzeitig mit dem Parasiten Loa Loa infiziert sind.

Antikoagulantien: DEC kann die Wirkung von Antikoagulantien wie Warfarin potenzieren, was zu einem erhöhten Blutungsrisiko führen kann. Es ist wichtig, die Blutgerinnungswerte während der Behandlung sorgfältig zu überwachen.

Antihypertensive Medikamente: DEC kann zu einer Erhöhung des Blutdrucks führen, daher sollten Patienten, die gleichzeitig blutdrucksenkende Medikamente einnehmen, engmaschig überwacht werden.

Vor Beginn einer Behandlung mit DEC ist es daher wichtig, den behandelnden Arzt über alle aktuellen Medikamente zu informieren, einschließlich rezeptfreier Präparate und Nahrungsergänzungsmittel. Dies hilft, mögliche gefährliche Wechselwirkungen zu vermeiden und sicherzustellen, dass DEC sicher und effektiv wirkt.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Diethylcarbamazin (DEC) aufgrund von Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht verwendet werden kann, stehen alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, um Filariasis und ähnliche parasitäre Erkrankungen zu behandeln:

Ivermectin: Dieses Medikament ist besonders wirksam bei der Behandlung der Onchozerkose (Flussblindheit) und wird auch bei der lymphatischen Filariose eingesetzt. Ivermectin wirkt, indem es das Nervensystem der Würmer lähmt und tötet. Es wird oft in Kombination mit Albendazol verabreicht, um die Wirksamkeit zu erhöhen.

Albendazol: Albendazol ist ein Anthelminthikum, das bei verschiedenen Arten von Wurminfektionen eingesetzt wird, einschließlich der lymphatischen Filariose. Es verhindert, dass Würmer Glukose aufnehmen, was zu ihrem Energieverlust und letztlich zum Tod führt.

Doxycyclin: Doxycyclin, ein Breitbandantibiotikum, wird in einigen Fällen zur Behandlung der lymphatischen Filariose verwendet, insbesondere bei erwachsenen Würmern. Es wirkt, indem es eine bakterielle Symbiose in den Würmern stört, was für deren Überleben notwendig ist. Diese Behandlung dauert in der Regel mehrere Wochen.

Mebendazol: Ähnlich wie Albendazol kann Mebendazol bei bestimmten Filariose-Infektionen eingesetzt werden. Es wird jedoch seltener verwendet und ist möglicherweise nicht gegen alle Arten von Filarien wirksam.

Diese alternativen Behandlungen bieten wirksame Optionen für Patienten, die DEC nicht vertragen, und sollten immer in Absprache mit einem Gesundheitsdienstleister erfolgen, um eine geeignete und sichere Behandlungsstrategie zu gewährleisten.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

Das könnte Sie auch interessieren