Opsonierung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Opsonierung ist ein Prozess des Immunsystems. Antikörper oder Proteine des Komplementsystems binden dabei an körperfremde Zellen und markieren sie, um sie für die Fresszellen auffindbar zu machen. Mangelnde Opsonierung kommt einer Abwehrschwäche gleich und entspricht oft einem erblichen Mangel an bestimmten Komplementfaktoren.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Opsonierung?

Die Opsonierung ist ein Prozess des Immunsystems. Antikörper oder Proteine des Komplementsystems binden dabei an körperfremde Zellen und markieren sie, um sie für die Fresszellen auffindbar zu machen.

Der medizinische Terminus der Opsonisierung oder Opsonierung stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie "Zuspeise". Im menschlichen Körper ist die Opsonisierung ein immunologischer Mechanismus.

Das Abwehrsystem schützt den Menschen vor Fremdzellen und Krankheitserregern. Fremdzellen werden vom Immunsystem als solche erkannt und durch Antikörper oder das sogenannte Komplementsystem markiert. Diese Markierung ermöglicht die Abwehrreaktion.

Die Markierungsprozesse entsprechen der Opsonisierung. Sie finden auf der Oberfläche von Fremdzellen wie Viren und Bakterien statt. Nach der Opsonierung erkennen immunologische Zellen wie Granulozyten und Makrophagen die eingedrungenen Mikroorganismen als körperfremd und gehen zur Phagozytose (der Abwehr) über.

Ein Opsonin-Antikörper ist das Immunglobulin G, das mit seinem Fc-Anteil an die Fc-Rezeptoren von Phagozyten bindet und so Phagozytose anregt. Im Komplementsystem ist C3b das wichtigste Opsonin. Es bindet sich an die CR1-Rezeptoren auf Monozyten, Phagozyten, neutrophilen Granulozyten, Makrophagen und manchen dendritischen Zellen. So leitet es die Phagozytose eines Partikels ein, ohne dass spezifische Antikörper notwendig sind.

Damit ist die Opsonierung ein wichtiger Prozess des angeborenen Immunsystems und kann zum Teil unabhängig von erlernten Immunantworten stattfinden. Häufig findet eine Opsonierung auch gleichzeitig durch Antikörper und das Komplementsystem statt.

Funktion & Aufgabe

Bei der Opsonierung werden Erreger, wie Bakterien, für die Fresszellen des Immunsystems gekennzeichnet. Die immunologischen Phagozyten oder Makrophagen fressen Krankheitserreger dadurch schneller und effektiver.

Eine Möglichkeit der Opsonierung ist die Bindung von Antikörpern. Die Opsonin-Antikörper zählen fast ausschließlich zur Klasse IgG. In den meisten Fällen handelt es sich um IgG1 und IgG2. Diese Antikörper bestehen aus zwei schweren und zwei leichten Proteinketten und weisen Y-Form auf. An ihren kurzen Enden tragen sie Bindungsstellen, die an die Oberflächenstrukturen von Fremdzellen und Haptene binden. Der antigenbindende Teil heißt Fab-Fragment. Die Immunglobuline markieren die Fremdzellen so für das Abwehrsystem und machen sie damit besser auffindbar und angreifbar.

Die IgG-Antiörper gehören zur sekundäre Immunantwort und sind spezifische Immunzellen, die erst durch einen Erstkontakt mit Antigenen und die so erreichte Sensibilisierung des Immunsystems produziert werden. Bei der primären Immunantwort findet die Antigen-Markierung meist durch das Komplementsystem statt. Dabei handelt es sich um ein Plasmaproteinsystem, das auf den Oberflächen von Mikroorganismen zur Aktivierung kommt.

Das Komplementsystem beinhaltet über 30 Proteine, die selbst zellzerstörende Eigenschaften besitzen. Bei der Opsonierung bedecken die Proteine des Komplementsystems die Oberfläche der Krankheitserreger und ermöglichen den Phagozyten so die Erkennung und Zerstörung. Am klassische Weg der Komplementsystemaktivierung sind mehrere Glykoproteine beteiligt.

Davon ist der Lektin-Weg zu unterscheiden, bei dem das Mannose-bindende Lektin an N-Acetylglucosamin auf pathogenen Oberflächen bindet und so die MBL-assoziierte Serinprotease aktiviert. Der alternative Weg der Komplementsystemaktivierung wird durch den Spontanzerfall eines instabilen Komplementfaktors ausgelöst. Der erste Weg ist also meist über Antikörper vermittelt. Der zweite Weg basiert auf Lektinvermittlung. Der dritte und alternative Weg entspricht einer spontanen Reaktion, die von Antikörpern vollständig unabhängig ist.

Alle drei Wege stimulieren das Komplementsystem dazu, C3-Konvertasen an die Oberfläche von Fremdzellen binden zu lassen. Durch diesen Prozess kommt es zu einer sogenannten Spaltungskaskade, die eine chemotaktische Anlockung von Makrophagen in Gang setzt. So findet verstärkt Phagozytose statt, die zur Lyse der Fremdzellen führt.


Krankheiten & Beschwerden

Speziell ein Mangel an Komplementfaktoren hat schwerwiegende Auswirkungen auf die immunologische Konstitution. Wenn der Arzt bezüglich des Komplementsystems erniedrigte Werte feststellt, kann das zum Beispiel an einer Immunkomplexerkrankung liegen.

Krankheiten wie die akute Pankreatitis können mit dem Phänomen in Zusammenhang stehen. Dabei handelt es sich um eine akut verlaufende Bauchspeicheldrüsenentzündung. Auch autoimmunhämolytische Anämien können erniedrigte Komplementsystemwerte zu verantworten haben. Bei diesen Erkrankungen richten sich Antikörpern gegen körpereigene Erythrozyten und lösen damit eine Blutarmut aus.

Ebenso oft liegt einem Mangel an Komplementfaktoren eine Dermatose zugrunde. Erkrankungen wie eine blasenbildende Hauterkrankung oder eine blasenbildende Autoimmundermatose sind mögliche Ursachen. Mangelnde Komplementfaktoren sind außerdem ein Symptom von Glomerulonephritiden wie Poststreptokokken-GN oder SLE-Nephritis, die von einem Komplementverbrauch begünstigt werden.

Auch Kollagenosen und damit entzündlich-rheumatische Erkrankungen im Bindegewebe stehen häufig mit Mangelerscheinungen des Komplementsystems in Zusammenhang. Dasselbe gilt für Kryoglobulinämien und damit chronisch wieder auftretende Immunerkrankungen der Gefäße. Diese Erkrankungen lassen sich durch den Nachweis von abnormen und kältepräzipitierenden Serumproteinen diagnostizieren. Andererseits kann ein Mangel an Komplementfaktoren auch auf Leberparenchym-Schädigungen, die Entzündung von Blutgefäßen oder rheumatoide Arthritis hinweisen.

Nicht-immunkomplexbedingte Krankheiten, mit assoziierten Mangelerscheinungen im Komplementsystem, sind alle chronischen Entzündungen und Tumore. Manchmal sind die Mangelerscheinungen auch genetisch bedingt. So kann ein C4-Mangel zum Beispiel hereditäre und damit erbliche Basis haben. Der häufigste hereditäre Defekt des Komplementsystems ist ein Mangel an C1-Inhibitoren, der ein Angioödem hervorruft.

Patienten mit Komplementsystemdefekten leiden besonders oft am Leitsymptom der bakteriellen Infektion. Ihr Komplementsystem ist in der Opsonierungsaktivität eingeschränkt. So werden eingedrungene Krankheitserreger weniger effektiv und weniger schnell von den immunologischen Fresszellen gefunden und vernichtet. Dieses Phänomen kommt einer Abwehrschwäche gleich, kann jedoch symptomatisch ebenso gut mit autoimmunähnlichen Erkrankungen assoziiert sein.

Quellen

  • Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
  • Clark, D.P.: Molecular Biology: Das Original mit Übersetzungshilfen. Spektrum Akademischer Verlag., Heidelberg 2006
  • Schartl, M., Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. 1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München 2009

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