Parry-Romberg-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim Parry-Romberg-Syndrom handelt es sich um eine Krankheit, die mit sehr niedriger Prävalenz in der Bevölkerung vorkommt. Im Rahmen der Erkrankung entwickelt sich bei den erkrankten Personen eine fortschreitende Atrophie, die in der Regel eine Hälfte des Gesichts betrifft. Die Atrophie entsteht kontinuierlich über einen langen Zeitraum.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Parry-Romberg-Syndrom?

Der Kopf wird mit Hilfe von MRT- oder CT-Techniken untersucht. Zudem werden Biopsien der betroffenen Hautbereiche eingesetzt.
© Lena Balk – stock.adobe.com

Das Parry-Romberg-Syndrom ist in der Medizin auch als Halbseitiger Gesichtsschwund oder Progressive faziale Hemiatrophie bekannt. Es handelt sich um eine sehr selten auftretende Krankheit, deren genaue Auslöser noch nicht ausreichend erforscht sind. Im Rahmen des Parry-Romberg-Syndroms erleiden die Betroffenen eine Atrophie beziehungsweise Hemiatrophie, die sich auf einer Hälfte des Gesichts zeigt.

Der Name der Erkrankung leitet sich von den beiden Ärzten ab, die das Parry-Romberg-Syndrom zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben. Dabei handelt es sich um Caleb Parry und Moritz Romberg. Die exakte Häufigkeit des Parry-Romberg-Syndroms ist noch nicht erforscht.

Allerdings zeigen bisherige Beobachtungen von Patienten, dass das Parry-Romberg-Syndrom im überwiegenden Teil der Fälle weibliche Patienten betrifft. Diese weisen oftmals ein relativ geringes Lebensalter auf. Circa drei Viertel der Krankheitsfälle finden sich bei Frauen, die ihr zweites Lebensjahrzehnt noch nicht vollendet haben.

Ursachen

Aktuell liegen noch keine medizinischen Forschungsstudien vor, die die exakten Ursachen des Parry-Romberg-Syndroms betreffen. Die mangelnden Kenntnisse in Bezug auf die Pathogenese der Krankheit sind auch durch die Seltenheit der Krankheit bedingt. Vermutungen gehen jedoch davon aus, dass der einseitigen Atrophie des Gesichts eine Schädigung von Nerven zu Grunde liegt.

Aus dieser Läsion ergibt sich eine verminderte Blutversorgung der jeweiligen Hälfte des Gesichts. In der Folge davon entwickelt sich durch eine Mangelversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen eine Atrophie beziehungsweise Hemiatrophie des Gewebes im Gesicht. Darüber hinaus stehen weitere potenzielle Ursachen des Parry-Romberg-Syndroms zur Diskussion.

Einige Forscher gehen beispielsweise davon aus, dass bestimmte Bakterien, etwa Borrelien, an der Entstehung des Parry-Romberg-Syndroms beteiligt sind. Außerdem werden Autoimmunkrankheiten als Ursachen der Krankheit in Betracht gezogen. Bei zahlreichen am Parry-Romberg-Syndrom erkrankten Personen stoppt die Atrophie einer Gesichtshälfte nach einer bestimmten Zeit von selbst.

Zudem wird über die Möglichkeit diskutiert, dass genetische Merkmale oder traumatische Ereignisse für die Entstehung des Parry-Romberg-Syndroms verantwortlich sind. Für eine Beteiligung des körpereigenen Abwehrsystems spricht das Vorhandensein von sogenannten antinukleären Antikörpern, die bei über 50 Prozent der Patienten vorliegen. Außerdem werden bei etwa 30 Prozent der Krankheitsfälle Rheumamarker bei den Erkrankten identifiziert.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome des Parry-Romberg-Syndroms sind sehr charakteristisch und deuten schnell auf die Krankheit hin. Die typische Atrophie betrifft beim Parry-Romberg-Syndrom stets eine Hälfte des Gesichts. Zusätzlich verziehen sich in der Regel die Lippen der betroffenen Personen.

Außerdem leiden die Patienten an einer Trigeminusneuralgie, die mit einer Schmerzempfindung in der erkrankten Hälfte des Gesichts einhergeht. Die Betroffenen verlieren oftmals an Körpergewicht und weisen einen kreisrunden Haarausfall auf. Dieser zeigt sich vor allem in der Anfangsphase des Parry-Romberg-Syndroms.

Bei den betroffenen Personen handelt es sich meist um vergleichsweise junge Frauen. Die Atrophie der Gesichtshälfte verläuft progressiv und betrifft entweder nur manche oder aber sämtliche Gewebe. Zu Beginn der Atrophie entwickeln die betroffenen Bereiche mitunter eine Hyperpigmentierung. Auch eine Hypopigmentation ist möglich. Von der Atrophie sind oftmals auch Muskeln, Knochen sowie Knorpel- und Fettegewebe betroffen.

Zudem sind in einigen Fällen auch die Gliedmaßen der Patienten durch die Beschwerden des Parry-Romberg-Syndroms beeinträchtigt. Darüber hinaus leidet ein Teil der am Parry-Romberg-Syndrom erkrankten Patienten an fokalen Epilepsien und Migräneanfällen. Mitunter fallen die Haare auf den betroffenen Stellen der Haut aus.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Bei der Diagnose des Parry-Romberg-Syndroms führt der Arzt zuerst eine Anamnese mit der erkrankten Person durch. Neben Sichtuntersuchungen der betroffenen Hälfte des Gesichts stehen anschließend vor allem bildgebende Verfahren im Vordergrund. Der Kopf wird mit Hilfe von MRT- oder CT-Techniken untersucht. Zudem werden Biopsien der betroffenen Hautbereiche eingesetzt. Die Gewebeproben werden im Labor histologisch ausgewertet und tragen zur Diagnose des Parry-Romberg-Syndroms bei.

Komplikationen

Aufgrund des Parry-Romberg-Syndroms leiden die Betroffenen an schwerwiegenden Beschwerden im Gesicht oder in der Regel an einer Gesichtshälfte. Dabei kann es weiterhin auch zu einer deutlich erhöhten Schmerzempfindung in dieser Gesichtshälfte kommen. Die Betroffenen leiden häufig auch an Minderwertigkeitskomplexen oder an einem verringerten Selbstwertgefühl und fühlen sich nicht mehr schön.

Es kommt zu einem Haarausfall, der die Lebensqualität des Patienten weiterhin verringert. Ebenso führt das Parry-Romberg-Syndrom zu einer Hyperpigmentierung, die sich ebenso negativ auf die Ästhetik des Betroffenen auswirken kann. Die meisten Patienten leiden weiterhin auch an starken Kopfschmerzen und an Migräne. Es kann ebenso zu epileptischen Anfällen und damit zu starken Krämpfen und Schmerzen kommen.

Aufgrund der ästhetischen Beschwerden leiden die meisten Patienten auch an psychischen Beschwerden oder an Depressionen. Mit Hilfe von Antibiotika oder anderen Medikamenten können die Beschwerden des Parry-Romberg-Syndroms gut eingeschränkt werden. Weitere Komplikationen treten bei der Behandlung nicht auf. Auch mit Hilfe von UV-Strahlen können die Beschwerden relativ gut behandelt werden. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird vom Parry-Romberg-Syndrom nicht beeinflusst.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wenn die typische Atrophie in einer Hälfte des Gesichts bemerkt wird, empfiehlt sich ein Arztbesuch. Bei weiteren, für das Parry-Romberg-Syndrom typischen Symptomen wie Muskel-, Knorpel- oder Knochenveränderungen muss umgehend ärztlicher Rat eingeholt werden. Das Parry-Romberg-Syndrom tritt im Zusammenhang mit Borrelien, Traumata und einer autoimmunen Genese auf. Sollten die beschriebenen Symptome in Verbindung mit diesen Leiden auftreten, wird am besten der zuständige Arzt informiert. Das Parry-Romberg-Syndrom wird von einem Hautarzt oder einem Internisten diagnostiziert. Die Behandlung erfolgt chirurgisch und medikamentös.

Der Patient muss stationär behandelt werden und auch nach Abschluss der initialen Therapie Rücksprache mit dem Arzt halten, um weitere rekonstruktive und plastische chirurgische Maßnahmen zu besprechen. Migräne, Epilepsien und andere Begleiterscheinungen werden von Neurologen, Internisten und weiteren, für die individuellen Symptome zuständigen Fachärzten behandelt. Da die schweren äußerlichen Missbildungen auch eine erhebliche seelische Belastung darstellen können, ist außerdem eine psychologische Behandlung sinnvoll. Eltern von betroffenen Kindern sollten hierzu einen Kinderpsychologen hinzuziehen.

Behandlung & Therapie

Das Parry-Romberg-Syndrom ist nicht ursächlich therapierbar, da die genauen Entstehungsfaktoren bisher noch weitgehend unbekannt sind. Sobald die Atrophie zu einem Ende gekommen ist, wünschen sich die meisten Patienten eine kosmetische Therapie. In diesem Bereich sind heutzutage enorme Fortschritte erreicht worden.

Dabei kommen operative Rekonstruktionen der erkrankten Gesichtshälfte in Frage, sodass die Symmetrie des Gesichts so weit wie möglich wiederhergestellt wird. Grundsätzlich limitiert sich das Parry-Romberg-Syndrom in seinem Verlauf selbst. Die Atrophie schreitet in der Regel in einem Zeitraum von sieben bis neun Jahren progressiv voran. In dieser Phase lässt sich die Krankheit weder aufhalten noch heilen.

In Einzelfällen zeigen sich jedoch Erfolge mit verschiedenen Behandlungsansätzen. Dazu gehören zum Beispiel Kortikosteroide sowie weitere immunsuppressive Medikamente. Auch bestimmte Antibiotika wie etwa Ceftriaxon wirken sich unter Umständen positiv auf den Verlauf des Parry-Romberg-Syndroms aus. Zudem ist es von großer Hilfe, eine vorliegende Lyme-Borreliose frühzeitig zu diagnostizieren. Außerdem nimmt eine Therapie mit UV-A-Strahlen einen positiven Einfluss auf das Parry-Romberg-Syndrom.


Aussicht & Prognose

Am Parry-Romberg-Syndrom erkranken aus unbekannten Gründen meistens Frauen, die jünger als zwanzig Jahre sind. Bisher gibt es keine wirklich erfolgreiche Therapie. Die Erkrankung kann jedoch nach einigen Jahren plötzlich zum Stillstand kommen. Das bedeutet jedoch keine Heilung. Insofern ist die Prognose nur bedingt positiv. Immerhin kann die betroffene Gesichtshälfte nach dem Stillstand der entstellenden Erkrankung operativ wieder hergestellt werden.

Das Parry-Romberg-Syndrom schreitet in den ersten Jahren fort. Ein normaler Krankheitsverlauf dauert etwa sieben bis neun Jahre. Um die Folgeerscheinungen für die Betroffenen zu erleichtern, haben Mediziner mit verschiedenen Therapieversuchen mehr oder weniger gute Erfolge verzeichnet. So wird das Parry-Romberg-Syndrom in Ermangelung anderer Alternativen während der Akutphase mit Kortikosteroiden, Immunsuppressiva oder Antibiotika behandelt.

Letzteres wird besonders dann eingesetzt, wenn eine Lyme-Borreliose vorliegt, oder als Auslöser vermutet wird. Erfolgreich scheint manchmal auch eine Behandlung mit UV-A-Strahlen zu sein. Ist das Parry-Romberg-Syndrom nicht mehr aktiv, werden je nach Ausmaß der sichtbaren Schädigungen im Gesicht operativ-rekonstruktive bzw. plastisch-chirurgische Maßnahmen eingesetzt.

Möglich ist beispielsweise der Einsatz einer gestielten und freien Fettgewebeplastik. Damit kann die atrophierte Gesichtshälfte zumindest optisch wieder hergestellt werden. Manche Mediziner nutzen auch autologe Lipo-Injektionen oder Fremdkörperinjektionen, sogenannte Hydroxyapatid-Granula. Ziel dieser Maßnahmen ist es, das entstellte Gesicht der Betroffenen wieder ansehnlicher zu machen.

Vorbeugung

Eine Prävention des Parry-Romberg-Syndroms ist nicht möglich, denn die Pathogenese der Krankheit ist nicht genügend erforscht.

Nachsorge

Dem Betroffenen stehen beim Parry-Romberg-Syndrom in den meisten Fällen keine besonderen und direkten Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung, sodass bei dieser Krankheit im Vordergrund die frühzeitige Erkennung mit der anschließenden Behandlung der Krankheit steht. Je früher die Krankheit dabei von einem Arzt erkannt und behandelt wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Erkrankung.

Daher sollte der Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen einen Arzt aufsuchen, um eine weitere Verschlechterung der Beschwerden zu verhindern. Die meisten Betroffenen sind bei dieser Krankheit auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen. Dabei ist immer auf eine richtige Einnahme und weiterhin auch auf die richtige Dosierung zu achten, um die Beschwerden dauerhaft und vor allem richtig zu lindern.

Bei Unklarheiten oder bei Fragen ist zuerst ein Arzt zu konsultieren. Weiterhin sind auch regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen der Haut sehr wichtig, damit Schäden an der Haut frühzeitig erkannt werden können. In der Regel verringert das Parry-Romberg-Syndrom nicht die Lebenserwartung des Betroffenen. Weitere Maßnahmen oder Möglichkeiten einer Nachsorge stehen dem Betroffenen dabei nicht Verfügung, wobei diese meistens auch nicht notwendig sind.

Das können Sie selbst tun

Menschen, die am Parry-Romberg-Syndrom leiden, benötigen ärztliche Hilfe. Je nach Ausprägung der Erkrankung können einzelne Symptome selbstständig gelindert werden. Bei Migräne sowie fokalen Epilepsien hilft Schonung. Der Patient sollte zudem seine Ernährung umstellen, um das Risiko für Migräneattacken oder epileptische Anfälle zu reduzieren. Bewährte Methoden sind die ketogene Diät und die Rohkost-Diät. Bei Haarausfall ist unter Umständen ebenfalls eine Ernährungsumstellung sinnvoll. Begleitend dazu kann ein Haarteil getragen oder ein natürliches Haarwuchsmittel verwendet werden.

Bei einem stark ausgeprägten Parry-Romberg-Syndrom, welches sich unter anderem auch durch Fehlbildungen und Gewebeschäden äußert, ist moderater Sport ein Teil der Selbsthilfe. Die Patienten sollten gemeinsam mit dem Arzt und einem Physiotherapeut ein geeignetes Therapiekonzept erarbeiten. Je enger sich die Behandlung an den einzelnen Beschwerden orientiert, desto höher sind die Chancen auf eine rasche Genesung.

Da das Syndrom trotz aller Maßnahmen über einen langen Zeitraum bestehen bleiben kann, sind auch therapeutische Maßnahmen sinnvoll. Die Erkrankten sollten beispielsweise mit anderen Betroffenen sprechen oder sich mit Freunden und Angehörigen über das Leiden austauschen. Der Hausarzt kann geeignete Anlaufstellen für eine Gesprächstherapie an die Hand geben.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Mattle, H., Mumenthaler, M.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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